Politiker aller Parteien machen sich im Wahlkampf für sinkende Strompreise stark. Doch der größte Treiber ist und bleibt der deutsche Staat selbst. 2021 zahlen private Haushalte über 20 Mrd. Euro für Steuern, Abgaben und Umlagen auf Strom. Das entspricht einer Abgabenquote von 53 %.
2021 werden sich die Stromkosten der privaten Haushalte auf rund 38,6 Mrd. Euro summieren. Geschätzt 9,3 Mrd. Euro (24 %) entfallen dabei auf die Netznutzung, 8,8 Mrd. Euro (23 %) bleiben den Stromversorgern für Beschaffung, Marge und Vertrieb. Die restlichen 20,5 Mrd. Euro – also über die Hälfte – machen staatlich veranlasste Preisbestandteile aus. 2006 lag dieser Kostenblock noch bei 40 % und erreichte 2011 rund 46 %. Seit 2014 liegt er über der 50-%-Marke.
„Mehrwertsteuer, EEG-Umlage, Konzessionsabgabe, Stromsteuer, KWKG-Umlage, §19-NEV-Umlage, Offshore-Netzumlage und die Umlage für abschaltbare Lasten: Acht verschiedene Steuern und Umlagen lasten derzeit auf Strom. Damit ist Elektrizität eines der am stärksten besteuerten Güter in Deutschland“, sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox.
Wegfall der EEG-Umlage spart 309 Euro/a
Für die EEG-Umlage, mit der der Ausbau erneuerbarer Energien finanziert wird, werden aktuell 6,5 Ct/kWh fällig. Für eine dreiköpfige Muster-Familie bedeutet das eine jährliche Belastung von 309 Euro brutto (inkl. MwSt.). Bei einem Wegfall der Umlage könnten die Strompreise entsprechend stark sinken.
Ermäßigte Mehrwertsteuer: Einsparpotenzial von 123 Euro/a
Die Mehrwertsteuer macht mit einem Anteil von 16 % (19 % auf den Nettopreis) einen wesentlichen Posten auf der Stromrechnung aus. Aus Verbrauchersicht besonders ärgerlich: Sie wird auch auf sämtliche Umlagen und Abgaben aufgeschlagen – und Strom damit de facto doppelt besteuert.
Die Mehrwertsteuer auf Strom belastet die dreiköpfige Muster-Familie mit einer Stromabnahme von 4000 kWh/a mit 194 Euro/a. Würde Strom als lebensnotwendiges Gut eingestuft und damit unter den reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 % fallen, entspräche das einer jährlichen Entlastung von 123 Euro.
Jeder Haushalt in Deutschland könnte also schlagartig 10 % weniger für Strom bezahlen, wenn der Gesetzgeber ihn für lebensnotwendig erachten würde, sagt Storck.
Senkung der Stromsteuer: Entlastung von 50 Euro/a
Die Stromsteuer für private Verbraucher macht mit 2,05 Ct/kWh rund 7 % der Stromrechnung aus. Für den Musterhaushalt entstehen Kosten von 98 Euro/a brutto. Auf nationaler Ebene kann die Stromsteuer aufgrund von EU-Regeln zwar nicht gänzlich abgeschafft werden. Die Europäische Union sieht einen Mindestsatz von 1 Ct/kWh für die Stromsteuer vor. Eine entsprechende Senkung würde Haushalte aber um 50 Euro/a brutto entlasten.
Methodik: Der jährliche Stromverbrauch privater Haushalte für das Jahr 2021 wurde auf Basis der Daten des Statistischen Bundesamtes geschätzt. Die Stromkosten wurden anhand des Verivox-Verbraucherpreisindex Strom für einen Haushalt mit einer durchschnittlichen Abnahme von 4000 kWh/a ermittelt. Der Verivox-Verbraucherpreisindex berücksichtigt die Preise der örtlichen Grundversorger sowie die der wichtigsten überregionalen Versorger. ■
Entlastungspotenzial für elektrisch angetriebene Wärmepumpen
Strom für Wärmepumpen wird von vielen Energieversorgern günstiger als Haushaltsstrom angeboten. Ausgangspunkt der Kostensenkung sind Netznutzung, Beschaffung, Marge und Vertrieb. Die staatlich veranlassten Preisbestandteile werden als absolute Größe pro kWh wie beim Haushaltsstrom fällig. Die Abgabenquote bei vergünstigtem Strom für Wärmepumpen liegt also noch höher als 53 %.
Andererseits würden die vorgeschlagenen Entlastungen pro kWh in vollem Umfang fällig. Im Durchschnitt lag die Stromabnahme von Zählpunkten für Heizungswärmepumpen bei 5940 kWh/a (Quelle: Monitoringbericht 2020 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt). Der Stromverbrauch des Muster-Haushalts inklusive einer durchschnittlichen Wärmepumpe beträgt 9940 kWh/a. Die oben genannten Einsparungen liegen also um den Faktor 9940 / 4000 = 2,485 höher.