„Das Angebot an Heizungs-Wärmepumpen mit dem Kältemittel Propan (R290) steigt schnell. Die zahlreichen Entwicklungen verbessern auch laufend die Benchmarks.“
GV
Die Aussteller der Chillventa 2022 haben gezeigt, dass Kältetechnik mit natürlichen Kältemitteln für sehr viele Anwendungsbereiche verfügbar und oft auch energieeffizienter als mit synthetischen Kältemitteln ist. Das breite Spektrum bedeutet zwar noch nicht, dass der Markt quasi „umgeschaltet“ werden kann, es zeigt aber, wo die Reise sehr schnell hingehen wird. Wobei man auch nicht verkennen darf, dass es nicht für alle Anwendungen gleichartige Lösungen mit natürlichen Kältemitteln gibt oder geben wird. Trotzdem sind natürliche Kältemittel jetzt auf der Überholspur.
Kleiner GWP ist nicht automatisch umweltschonend
Es gibt auch synthetische Kältemittel, die ein vernachlässigbares Treibhauspotenzial aufweisen, entweichen sie in die Atmosphäre, ist die vermeintliche „Umweltschonung“ jedoch nicht mehr gegeben. Werden beispielsweise die HFO-Kältemittel R1234yf und R1234ze(E) freigesetzt, bilden sie das Abbauprodukt Trifluoressigsäure (TFA). Es ist hochmobil, gilt als wassergefährdend und gelangt bis ins Grund- und Trinkwasser. Derzeit ist laut Umweltbundesamt keine Methode bekannt, mit der TFA mit verhältnismäßigen Mitteln aus dem Wasserkreislauf entfernt werden könnte.
Auch synthetische Kältemittel mit geringem GWP-Wert sind nicht „umweltschonend“ oder „klimafreundlich“. Schon vor über zehn Jahren stellte das Landgericht Hannover fest, dass die Werbeaussage „Umweltschonendes Kühlmittel (R410A)“ eine zur Täuschung geeignete Angabe über die Beschaffenheit von Klimageräten ist. Die Verwendung von Treibhausgasen nutze nicht der Umwelt und sei eine dahingehend gesetzeswidrige Werbung. Es kommt also immer auf den Basiswert an, und der liegt sinnvollerweise in der Nähe von Null und nicht nur deutlich unter dem aktuellen Standard.
Wird Propan der neue Wärmepumpen-Standard?
Während es bei der gewerblichen Kältetechnik schon immer alternative Konzepte und Lösungen mit natürlichen Kältemitteln gab, war das Angebot bei kleineren Heizungs-Wärmepumpen lange überschaubar. Dies dreht gerade. Zwar konzentriert sich das Angebot aufgrund der Brennbarkeit des Kältemittels Propan (R290; GWP 3) auf außen aufgestellte Monoblock-Wärmepumpen, doch das Heizungshandwerk favorisierte diese Bauart ohnehin. Und noch etwas ist offensichtlich: Nach den Gerätedaten nehmen Propan-Wärmepumpen bei Energieeffizienz, Schallleistung und Temperaturen Spitzenpositionen ein oder sind die Benchmark.
Für den Schwenk dürfte auch eine Ankündigung in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG EM) gesorgt haben: „… die Bundesregierung [wird] bis spätestens 1. Januar 2025 überprüfen und bewerten, ob Wärmepumpen und Klimaanlagen, die fluorierte Treibhausgase enthalten, von der Förderung im Rahmen der BEG künftig ausgeschlossen werden.“
Wer fördert, kann die Bedingungen stellen
Das lässt zwar alles offen, würde aber jeden Hersteller ohne ein entsprechendes Angebot Marktanteile kosten. Zwar sollte niemand darauf spekulieren, dass ab 2024 das politisch gewollte Volumen von etwa 400 000 Wärmepumpen in der Modernisierung so üppig wie bisher gefördert wird, aber Förderung wird auch künftig ein wichtiger Anreiz sein.
Die gesamte Branche ist also gut beraten, sich auf einen zunehmenden Anteil von Propan-Wärmepumpen einzustellen. Mit Panasonic hat der erste japanische Hersteller angekündigt, bis Mai 2023 drei Propan-Wärmepumpen zum Heizen und Kühlen für Privathaushalte auf den Markt zu bringen. Das dürfte nicht die letzte R290-Offensive sein.
Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de
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