Wärmepumpen sind die Heiztechnik der Zukunft. Aktuell sind die Marktpreise aber nicht wettbewerbsfähig. Schlüsselfaktoren sind Masseproduktion und Vereinfachungen.
Der Wärmepumpenmarkt boomt und damit auch die Phantasie von Marktforschern, Branchenverbänden und Politikern: Geplant ist in Deutschland ein Bestand von 3 Mio. Heizungs-Wärmepumpen bis zum Jahr 2025, 6 Mio. bis 2030 und 16 Mio. bis 2050.
Weitgehend unbeachtet bleibt bei dieser eher optimistischen bis unrealistischen Annahme, welche Art von Wärmepumpe sich für den Massenmarkt eignet, wer diese installieren soll und wie der Wettbewerb um den zur Verfügung stehenden ökologisch korrekt erzeugten Strom zwischen Wärmepumpe, Elektroauto und einer grün ausgerichteten Industrie gelöst werden kann.
Bislang unberücksichtigt bei der Prognose bleiben der allgemeine Trend zur Kreislaufwirtschaft und die damit verbundene gesamtheitliche CO2-Bilanzierung, die politischen Vorgaben zu verlängerten Lebenszeiten von Gebrauchsgütern sowie die Auswirkungen des Facharbeitermangels im Heizungsgewerbe.
Da der Wärmemarkt von starken Interessensgruppen beeinflusst wird, sprach die Redaktion mit dem international angesehenen Wissenschaftler und Wärmepumpenspezialisten Dr.-Ing. Marek Miara vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), Freiburg. Wegen der bis Ende September 2021 beim ISE laufenden Corona-Vorsichtsmaßnahmen fand das Interview im Freiburger Öko-Stadtquartier Vauban statt. Das Gespräch führte Wolfgang Schmid, Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München.
Schmid: Herr Dr. Miara, sind die heutigen Wärmepumpen kreislauffähig?
Miara: Es gibt noch keine spezifischen Zahlen über die Recyclingfähigkeit von Wärmepumpen, aber grundsätzlich eignen sich die verwendeten Materialien einer Wärmepumpe für das Recycling. Wir haben es hauptsächlich mit Aluminium, Kupfer und Stahl zu tun. Diese Materialien lassen sich sortenrein recyceln.
Kältemittel werden in der Regel wiederverwendet und auch das Kältemaschinenöl kann geordnet entsorgt werden. Durch die F-Gase-Verordnung und die damit verbundene Verknappung besteht eine hohe Motivation zur Wiederverwendung synthetischer Kältemittel.
Im Grunde haben wir es bei Verdampfern und Verflüssigern mit Standardprodukten zu tun, die routinemäßig recycelt werden können. Expansionsventile sind in der Regel aus Messing, ein Material, das sich einfach in den Materialkreislauf zurückführen lässt. Am aufwendigsten ist es wahrscheinlich, den Kältemittelverdichter zu recyceln, da dieser aus vielen Einzelteilen und unterschiedlichen Materialien besteht. Hinzu kommen noch elektronische Bauteile, für die vorgegebene Recyclingmethoden vorliegen.
Eher aufwendig ist das Recycling beziehungsweise die Entsorgung von Akustikmaterial zur Geräuschdämpfung, also von Schäumen und Kunststoffen. Aber auch hier haben wir es mit Standardmaterialien zu tun, für die sich definierte Wege für das Recycling beziehungsweise die Entsorgung anbieten.
Schmid: Gibt es bereits Wärmepumpenhersteller, die recyclinggerechte Wärmepumpen anbieten und die Kreislauffähigkeit ihrer Produkte auch werblich propagieren?
Miara: Mir ist kein Hersteller bekannt, der dezidiert die Recyclingfähigkeit oder Kreislauffähigkeit seiner Wärmepumpen herausstellt. Ich glaube wir sind noch weit davon entfernt, dass die Recyclingfähigkeit einer Wärmepumpe ein Entscheidungskriterium für den Kunden sein könnte. Aktuell sind eher kompaktere Wärmepumpen mit minimierten Kältemittelfüllmengen gefragt. Hier hat unser Institut beispielsweise mit der Propan-Wärmepumpe maßgebliche Pionierarbeit geleistet (siehe Info-Kasten).
Schmid: Im Zuge einer ganzheitlichen CO2-Bilanz von Gebäuden geraten die Bilanzierung Grauer Energie von Baumaterialien und Geräten sowie der Import Grauer Energie über die Lieferketten mehr in den Fokus der Gebäudezertifizierer. Gibt es schon Daten über den CO2-Fußabdruck von Wärmepumpenkomponenten, insbesondere von Importen aus Drittländern?
Miara: Viele Komponenten, wie Wärmeübertrager oder Kompressoren, werden heute überwiegend in China hergestellt, ebenso manche Vorprodukte. Auch die Außeneinheiten von Luft/Wasser-Wärmepumpen werden oftmals aus Asien importiert. Hinzu kommen die Geräte der klassischen asiatischen Wärmepumpenhersteller, beispielsweise aus Japan, Korea und China. Bislang erkenne ich noch keine Ansätze für Produkt-Ökobilanzen bei Wärmepumpen. Der Fokus der Entwicklung liegt derzeit, wie bereits erwähnt, auf den eingesetzten Kältemitteln und nicht auf den Materialien.
Dr.-Ing. Marek Miara
verfügt über langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien. Er ist Master-Absolvent der Technischen Universität Breslau (2000) und der Universität Kassel (2004). Im Jahr 2014 promovierte er an der Technischen Universität Breslau. Seit mehr als 18 Jahren arbeitet er am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg, derzeit ist er dort als „Business Developer Heat Pumps“ tätig. Neben nationalen Projekten betreut er internationale EU-Projekte und Aktivitäten im Rahmen von IEA – Heat Pump Technologies. Für Annex 50 (Heat Pumps in Multi-Family Buildings for Space Heating and DHW) wurde ihm die Rolle des „Operating Agent“ anvertraut. Er ist Mitglied in mehreren Gremien des Verbands Deutscher Ingenieure (VDI), Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kälte- und Klimatechnik (DKV), Vorstandsmitglied des Europäischen Wärmepumpenverbands (ehpa) und Mitbegründer des polnischen Wärmepumpenverbands (PORT PC).
Schmid: Eine wichtige allgemeine umweltpolitische Forderung ist die Verlängerung der Lebenszeit von Produkten. Sie haben mehrere Generationen von Wärmepumpenanlagen untersucht. Mit welcher Lebenszeit kann der Verbraucher rechnen?
Miara: Nach VDI 2067 über die Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen liegt die zu erwartende Lebenszeit einer Wärmepumpe bei 20 Jahren. Diese Zielvorgabe ist nach meinen Erfahrungen bei Standard-Wärmepumpen zu halten. Es gibt auch Wärmepumpen im Bestand, die 30 Jahre und mehr in Betrieb sind.
Zur Lebenserwartung der heute üblichen invertergeregelten Wärmepumpen kann ich noch keine abgesicherte Aussage treffen. Durch die Vermeidung des Start-Stopp-Betriebs kann man davon ausgehen, dass sich die Lebenszeit der Kompressoren verlängert. Über die Lebenszeit der elektronischen Inverterregelung oder des elektronischen Expansionsventils kann ich noch nichts Endgültiges sagen.
Schmid: Wie steht es mit der Wartungsfreundlichkeit von Wärmepumpen und wie könnte man diese gegebenenfalls verbessern?
Miara: Eine Fehlersuche vor Ort ist immer aufwendig und damit teuer; Diagnosesysteme erleichtern allerdings die Fehlersuche. Da wir es künftig mit immer kompakteren, hermetischen Systemen zu tun haben, bietet sich der Austausch von Modulen oder des kompletten Systems an. Wichtig ist die Vereinfachung der Wärmepumpen. Einfacheren robusten und kostengünstigeren Geräten gehört die Zukunft. In Konsequenz ist das alleinige Ziel einer maximalen Energieeffizienz weniger wichtig.
Schmid: Die Effizienz einer Wärmepumpe ist jedoch bisher mit das wichtigste Entscheidungskriterium. Was muss sich Ihrer Ansicht nach ändern?
Miara: Die Steigerung der Effizienz ist zumeist mit hohen Investitionskosten verbunden. Ich sehe einen Trend zu einfacheren und einfach zu installierenden Wärmepumpen. Die heutigen Geräte sind bezüglich der Installation aus meiner Sicht noch zu aufwendig.
Eine Wärmepumpe kostet aktuell etwa 10 000 Euro und die Installation nochmals 10 000 Euro. Die realen Preisen liegen momentan sogar noch höher. Das können wir uns auf Dauer nicht leisten. Mit solchen Preisen ist die Wärmepumpe nicht wettbewerbsfähig. Der hohe Preis für den Endverbraucher hängt jedoch auch mit der staatlichen Förderung zusammen. Fördergelder führen oft zu höheren Marktpreisen, auch bei der Wärmepumpe.
Hinzu kommt der Fachkräftemangel bei den Heizungsfachbetrieben, der sich preissteigernd auf die Wärmepumpeninstallation auswirkt. Das ist schlecht für die Wärmepumpe, schlecht für das Klima und damit schlecht für unsere Zukunft. Möglicherweise wird sich deshalb der Markt für Wärmepumpen nicht so schnell wie prognostiziert entwickeln.
Die Frage lautet also, wie müssen Wärmepumpen gebaut werden, damit sie einfacher installiert und betrieben werden können. Ideal wäre es, wenn sich Wärmepumpen anhand von Betriebsdaten selbst optimierten. Eine Industrie, die in der Lage ist, selbstfahrende Autos zu bauen, müsste auch in der Lage sein, selbstoptimierende Wärmepumpen auf den Markt zu bringen.
Zu überlegen ist, ob man beispielsweise nur noch drei Leistungsklassen von Wärmepumpen anbietet, die sich mithilfe Künstlicher Intelligenz selbst kalibrieren und auf die jeweilige Anwendung optimieren. Damit könnte man die Planungs- und Installationskosten enorm reduzieren und gleichzeitig die Stückzahlen erhöhen.
Schmid: Lange Zeit hat die Wärmepumpenbranche das Thema Kältemittel als zweitrangig angesehen. Aktuell rückt es durch die Auswirkungen der F-Gase-Verordnung und ein mögliches Verbot aller synthetischen Kältemittel mehr in den Mittelpunkt der Branche. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Miara: Viele Hersteller haben bereits die Entscheidung zugunsten natürlicher Kältemittel getroffen und dies auch offiziell verkündet, beispielsweise Vaillant, Viessmann und Bosch. Andere werden mit großer Wahrscheinlichkeit folgen. Dann gibt es die relativ große asiatische Fraktion, die auf das Kältemittel R32 setzt. Solange die F-Gase-Verordnung dieses Kältemittel zulässt, wird es die Branche auch nutzen, zumal es einige Vorteile bietet, zum Beispiel die einfachere Handhabung im Vergleich zu brennbaren Kältemitteln.
Hinzu kommen die HFO-Kältemittel, also die Hydrofluorolefine, mit einem sehr geringen Treibhauspotenzial. Allerdings werden deren Zersetzungsprodukte als umweltrelevant eingestuft. Hierzu bedarf es noch wissenschaftlicher Untersuchungen. Ich denke, die Kältemittelfrage hat keinen großen Einfluss auf die künftige Entwicklung des Wärmepumpenmarktes.
Aus meiner Sicht sollten wir das Thema Kältemittel nicht überbewerten, denn die Treibhausgasminderung durch den Wechsel vom Öl- oder Gas-Heizkessel zur Wärmepumpe ist ungleich höher als die Treibhausgasminimierung durch den Wechsel zu Kältemitteln mit niedrigem GWP (Global Warming Potential).
Und nicht jedes natürliche Kältemittel ist für den Einsatz in Wärmepumpen geeignet. So spielt das Kältemittel CO2 in Europa, abgesehen von der Lebensmittelkühlung, kaum eine Rolle. Die Alternative zu den synthetischen Kältemitteln ist Propan (R290), ein thermodynamisch gesehen sehr gutes Kältemittel, das leider brennbar ist.
Sicherheitstechnisch halte ich den Einsatz von Propan für vertretbar, vor allem wenn man bedenkt, wie häufig dieses Gas im Garten beim Grillen oder beim Camping eingesetzt wird. Dort geht es meist um 5- oder 10-kg-Gebinde; bei der vom Fraunhofer-Institut entwickelten Propan-Wärmepumpe kommen wir mit nur 150 g aus. Inzwischen beobachten wir eine hohe Akzeptanz bei den Wärmepumpenherstellern für Propan. Vor zwei Jahren herrschte da noch eine große Skepsis.
Schmid: Ist genügend Kältemittel für die Wartung von Bestands-Wärmepumpen vorhanden?
Miara: Wir haben es bei den vorherrschenden Generationen an Hauswärmepumpen mit hermetisch geschlossenen Kreisläufen zu tun, da sind Kältemittelverluste vernachlässigbar. Nur bei Großwärmepumpen oder Kälteanlagen muss im Zuge von Wartungsarbeiten Kältemittel nachgefüllt werden, denn hier kommen unter anderem offene oder halbhermetische Verdichter zum Einsatz. Noch vor 15 Jahren haben wir bei unseren theoretischen Überlegungen etwa 2 % Kältemittelverlust bei Hauswärmepumpen einkalkuliert, praktisch waren die Verluste aber unterhalb der Nachweisgrenze.
Schmid: Was muss getan werden, damit die Wärmepumpen wirtschaftlicher werden?
Miara: Das Potenzial für Preisreduktionen liegt vor allen Dingen in der Massenproduktion und in hohen Stückzahlen. Die heutigen Fertigungsverfahren von Wärmepumpen entsprechen in vielen Fällen denen einer Manufaktur. Erst bei hohen Stückzahlen lohnt es sich, auch die Wärmeübertrager zu optimieren, beispielsweise durch den Einsatz von Microchannel-Wärmeübertragern, wie sie in der Automobiltechnik inzwischen üblich sind.
Wichtig ist, dass wir künftig die Verteilung des Kältemittels im Kältekreis genauer analysieren, um den Kältekreislauf zu verschlanken. Ich sehe auch Potenziale, zum Beispiel für bionische Kältemittelverteiler, da wir damit die Kältemittelmenge reduzieren und gleichzeitig den Prozess optimieren können. Mit Sicherheit wird bei der Optimierung künftig auch Künstliche Intelligenz eine Rolle spielen. Dabei gilt es, Kompromisse zwischen Effizienzoptimierung und Stückkosten zu finden.
Schmid: Sie bemängelten die hohen Installationskosten. Was genau läuft da schief?
Miara: Wir müssen wegkommen von Individuallösungen, wir brauchen mehr Standardlösungen. Dadurch können wir die gesetzten Ziele schneller erreichen. Im IEA HPT Annex 50 versuchen wir derzeit, zusammen mit Partnern aus vielen Ländern, entsprechende Standards für Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern zu erarbeiten. Auch wenn in der Wärmepumpe immer mehr Hightech steckt, muss die eigentliche Installation künftig einfacher sein. Dabei können uns die Digitalisierung und KI helfen, aber diese Funktionen müssen wie bei einem Smartphone im Hintergrund ablaufen.
Schmid: Lassen sich auch Betriebskosten einsparen, beispielsweise durch einen Smart-Grid-Betrieb?
Miara: Bei den Betriebskosten sehe ich keine großen Einsparpotenziale, da diese in erster Linie von der Effizienz der Wärmepumpe und dem jeweiligen Stromtarif abhängig sind. Natürlich können Betriebskosten eingespart werden, wenn der Strom über eine Photovoltaik-Anlage vor Ort erzeugt wird. Dazu muss der Hausbesitzer aber zusätzlich investieren. Wie sich die Preissignale der Energieversorger, also ein Smart-Grid-Betrieb, auf die Betriebskosten auswirken, bleibt abzuwarten.
Wer Betriebskosten einsparen will, der sollte sich jedoch die Liste der Wärmepumpen mit Prüf- und Effizienznachweis des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, also die BAFA-Liste, genauer ansehen. Dort sind beispielsweise die Wirkungsgrade von Luft/Wasser-Wärmepumpen aufgelistet mit auffällig großen Bandbreiten. Beim Betriebspunkt A2/W35 liegen die COP von förderfähigen Wärmepumpen zwischen 3,1 und 4,7. Es spielt also eine große Rolle, ob ich eine Wärmepumpe wähle, die dem aktuellen Effizienzstandard entspricht oder eine Wärmepumpe, die womöglich vor 20 Jahren entwickelt wurde. Dazwischen liegen vier bis fünf Technologiesprünge. Wichtig ist, dass sich Planer, Fachunternehmen und Bauherren für die insgesamt effizientere Wärmepumpe entscheiden.
Schmid: Verträgt unser Stromnetz den gleichzeitigen Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und den für Wärmepumpen?
Miara: Bei der Bereitstellung der Strommenge sehe ich in absehbarer Zeit kein Problem. Die Herausforderungen liegen eher bei der Bereitstellung der Leistung für Ladestationen. Realistisch betrachtet liegt die Anschlussleistung einer Hauswärmepumpe in der Größenordnung eines Wasserkochers. Wir reden also über 2 bis 3 kW. Für die Beladung eines Elektroautos innerhalb einer akzeptablen Zeit benötigt man mindestens die zehnfache Leistung.
Am elegantesten lässt sich das Problem der Netzstabilisierung mittels intelligenter Netze lösen. Die Netzdienlichkeit von Wärmepumpenanlagen wird deshalb künftig eine größere Rolle spielen. Umgekehrt könnten Elektrofahrzeuge durch eine bidirektionale Lademöglichkeit auch Strom an das Netz abgeben. Das ist technisch machbar. Die Hürden liegen hier eher auf der regulatorischen Seite.
Die Herausforderungen sehe ich darin, das Ganze im Sinne der Beteiligten, also der Wärmepumpenbesitzer, Elektroautobesitzer und Stromversorger, zu steuern. Solange die Stromversorger in der bidirektionalen Lademöglichkeit kein Geschäftsmodell sehen, wird es regulatorische Hemmnisse geben. Die Smart-Grid-Ready-Wärmepumpe gibt es seit über elf Jahren, aber bisher verhindern die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine smarte Netzeinbindung.
Schmid: Die Betreiber von Wärmepumpenanlagen müssen sich künftig womöglich auf mehr oder weniger lange Betriebsunterbrechungen einstellen. Welche Art von Speichermöglichkeiten sollte man bereits bei der Planung berücksichtigen?
Miara: Grundsätzlich gilt: Je besser ein Gebäude gedämmt ist, desto länger kann eine Unterbrechung dauern. Einige Stunden ohne Heizung wird in einem Gebäude mit Fußbodenheizung, nach aktuellem Dämmstandard errichtet und bei durchschnittlichen Außentemperaturen, oft erst nach etwa vier bis sechs Stunden bemerkt. Meistens macht sich die Unterbrechung des Wärmepumpenbetriebs zuerst beim Warmwasser bemerkbar.
Die Erfahrung zeigt, dass die Nutzung der Speichermasse des Gebäudes bedeutend effizienter ist als der Einbau eines Wasserspeichers, der ja auch Platz benötigt und typische Speicherverluste aufweist. Etwa 30 % der Wärmepumpenanlagen, die ihren Strom von PV-Anlagen beziehen, sind bereits mit Stromspeicher ausgerüstet. Zumeist sind sie in den netzdienlichen Betrieb integriert und werden entsprechend bewirtschaftet.
Stromspeicher sind allerdings noch teuer, aber man kann davon ausgehen, dass die Preise sinken. Hinzu kommen preisgünstige Second-Life-Batterien aus Elektrofahrzeugen, die im Rahmen des Batterie-Recyclings nach einer definierten Gebrauchsdauer in stationäre Energiespeicher verbaut werden. Diese haben meist noch 80 % ihrer ursprünglichen Kapazität und sind damit für Gebäude bestens geeignet.
Schmid: Müssen Wärmepumpen aufgrund einer vom Versorger geforderten netzdienlichen Betriebsweise künftig größer dimensioniert werden, um die Wärmedefizite wieder auszugleichen?
Miara: Bei invertergeregelten Wärmepumpen ist meist genügend Leistungsreserve vorhanden, um Wärmedefizite auszugleichen. Bei Mehrfamilienhäusern ist es sinnvoll, die Auswirkungen eines möglichen netzdienlichen Betriebs im Modell nachzubilden. Ob eine Überdimensionierung notwendig ist, hängt von mehreren Variablen ab, besonders wenn zusätzlich PV-Strom und Speicherbatterien genutzt werden.
Schmid: Wie sehen Sie den Wettbewerb zwischen der Wärmepumpe und bestehenden Gas-Heizungen, die möglicherweise künftig ein Erdgas-Wasserstoff-Gemisch verbrennen?
Miara: Das ist ein sehr umfangreiches Thema. Es gibt große Heizungsunternehmen, die in dieser Art der Heizung eine Zukunft sehen. Ich sehe das eher kritisch. Wenn jetzt Wasserstoff-Ready-Heizkessel eingebaut werden, dann gehe ich davon aus, dass diese in den nächsten 20 Jahren nur mit Erdgas betrieben werden, da der zur Verfügung stehende Wasserstoff von anderen Wirtschaftsbereichen dringend benötigt wird, beispielsweise von der Stahlindustrie, der Chemie, der Transportindustrie oder der Zementindustrie. Es ist meiner Ansicht nach eine Illusion, dass genügend grüner Wasserstoff produziert wird, um damit auch Hausheizungen zu versorgen.
Rein nach der Effizienz betrachtet ist die Wärmepumpe einem Wasserstoff-Heizgerät haushoch überlegen. Um ein Haus mit Wasserstoff zu beheizen, benötigt man sechs- bis achtmal mehr Primärenergie. Die Ergebnisse von Metastudien deuten darauf hin, dass nicht mehr als 20 % unseres Energiebedarfs künftig mit Wasserstoff abgedeckt werden kann.
Die Gefahr der heutigen Wasserstoffstrategie liegt darin, dass sich viele Branchen auf grünen Wasserstoff verlassen und dringend notwendige Sanierungen und Modernisierungen, beispielsweise im Gebäudebereich, unterlassen werden. Wasserstoff in größeren Mengen steht frühestens in zwanzig Jahren zur Verfügung. So lange dürfen wir mit der energetischen Gebäudesanierung nicht warten.
Herr Dr. Miara, vielen Dank für das Gespräch.
Konsortium entwickelt kompakten Propan-Kältekreis für Wärmepumpen
In dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Forschungsvorhaben „LC150 Entwicklung eines kältemittelreduzierten Wärmepumpenmoduls mit Propan“ entwickelt das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE einen kompakten und kosteneffizienten Kältekreis für Wärmepumpen mit dem Kältemittel Propan (R290). Die Entwicklungsarbeiten werden durch ein breites Industriekonsortium europäischer Wärmepumpen-Hersteller finanziell unterstützt und fachlich begleitet.
Im Fokus des Projekts steht die mit Wärmepumpenherstellern und Zulieferern abgestimmte Entwicklung eines für unterschiedliche Komponenten qualifizierten, standardisierten kältemittel-reduzierten Kältekreises. Dieser soll den beteiligten Partnern konzeptionell zur Verfügung gestellt oder in einer gemeinsamen Fertigung umgesetzt werden.
Bislang entwickelt jeder europäische Hersteller seine eigenen Kältekreise für unterschiedliche Kältemittel und Leistungsklassen. Das LC150-Projekt geht nun neue Wege – mit einer gemeinsamen Plattformentwicklung, die durch höhere Stückzahlen und eine automatisierte Produktion eine deutliche Kostensenkung ermöglicht. Ähnlich wie bei den Automobilherstellern sollen auch im Wärmepumpenbereich durch die Schaffung von Standards Synergien geschaffen werden. Mit dem entstehenden Auslegungswissen können eine modulare Bauweise (Baukasten-System) für unterschiedliche Baureihen und Leistungsklassen und somit weitere Synergien erschlossen werden.
Aufgrund des in der europäischen Verordnung über fluorierte Treibhausgase (F-Gase-Verordnung) hinterlegten F-Gase-Phase-down gewinnt Propan als natürliches Kältemittel an Bedeutung. Seine Vorteile liegen in der breiten Verfügbarkeit sowie sehr guten thermodynamischen Eigenschaften, die gegenüber konventionellen Wärmepumpen eine höhere Energieeffizienz ermöglichen. Gleichzeitig ist das Erderwärmungspotenzial (Global Warming Potential, GWP = 3) um das 500-fache niedriger als bei den heute meist verwendeten klassischen fluorierten Kältemitteln (225-fach gegenüber R32 mit einem GWP von 675).
Dem Fraunhofer ISE ist es 2019 im Rahmen einer Potenzialstudie gelungen, einen auf marktverfügbaren Komponenten beruhenden Sole/Wasser-Kältekreis zu entwickeln, der für eine Heizleistung von 8 kW nur 150 g Propan benötigt. Das entspricht einer Kältemittel-Reduktion um 75 % gegenüber marktverfügbaren Systemen. Eine auf diesem Konzept beruhende Wärmepumpe dürfte – ähnlich wie Kühlschränke – auch ohne zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen im Inneren von Häusern eingesetzt werden. Ausschlaggebend für die Optimierung, die im Projekt sowohl Leistung als auch Effizienz und Betriebsstabilität adressieren wird, ist der Einsatz füllmengenreduzierter Wärmeübertrager, Verdichter sowie Verrohrungssysteme und die Entwicklung von Betriebsweisen, die eine gute Kältemittelverteilung in den Komponenten erlauben.
Durchgeführt wird das Projekt am Fraunhofer ISE, wobei ein Industriebeirat die Aufgabenstellung und den Arbeitsplan mitdiskutiert und damit die Praxisnähe sicherstellt. Das Projekt wird zu 75 % durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert (Förderkennzeichen 03EN4001A). Quelle: Fraunhofer ISE
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