Die Energiepreise sind im Höhenflug, Eckpunkte für die Gas- und Strompreisbremsen liegen auf dem Tisch. Lohnen sich nun Wärmepumpen noch?
Die Gaskommission hat Vorschläge für Entlastungen bei Erdgas und Fernwärme vorgelegt. Sie werden laut einem zwischen der Bundesregierung und Ländern abgestimmten Eckpunktepapier wohl weitgehend übernommen und das Grundprinzip auch auf eine Strompreisbremse übertragen. Wenngleich die rechtliche und organisatorische Umsetzung noch große terminliche und administrative Herausforderungen bedeuten, ermöglichen die Eckpunkte, die Energiekosten im Jahr 2023 für Raumheizung und Trinkwassererwärmung unter bestimmten Annahmen abzuschätzen.
Gleichzeitig will die Bundesregierung den bereits in Gang gesetzten Wärmepumpenhochlauf noch erheblich beschleunigen und ab 2024 die Installation von mindestens 500 000 Heizungswärmepumpen pro Jahr erreichen. Dies wird naturgemäß nur zu realisieren sein, wenn schon 2023 ein steiler Markthochlauf stattfindet und die investierenden Heizungsmodernisierer in der Wärmepumpe auch kurzfristig eine wirtschaftliche Perspektive erkennen können.
Weil sie in den Wärmemarkt eingreifen, ist eine Bewertung der Gas- und Strompreisbremse auch aus dieser Perspektive geboten.
Referenzfall Gas-Heizung mit bisher 20 000 kWh/a
Als Ausgangssituation sei ein Einfamilienhaus im Stadtgebiet München mit Gas-Heizung, für die der Abschlagsrechnung im September 2022 ein Erdgasbezug von 20 000 kWh/a zugrunde gelegen hat. Aus einer Presseinformation der Stadtwerke München (SWM) beträgt hierfür mit der bereits berücksichtigten Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 % auf 7 % ab Januar 2023 der Monatsabschlag 307,41 Euro (bisher 159,17 Euro). Die Gaspreisbremse ist dabei noch nicht berücksichtigt. Zieht man von den sich ohne Gaspreisbremse ergebenden 3688,92 Euro Jahreskosten einen Grundpreis von 162,20 Euro/a ab, ergibt sich ein Brutto-Arbeitspreis von 18,4446 Ct/kWh.
Unklar ist bisher, ob die ab 2023 etablierte Gaspreisbremse (2. Stufe) finanziell ab März oder Februar wirksam wird. Nachfolgend wird aufgrund der im Eckpunktepapier angestrebten Wirksamkeit ab Februar auch von diesem Zeitpunkt ausgegangen. Gleichzeit wird angenommen, dass der Gaskunde gegenüber 2022 eine Einsparung von 10 % realisiert, also nur 18 000 kWh abzurechnen sind.
Im Januar 2023 müsste der Gaskunde aufgrund der unveränderten Jahresprognose (20 000 kWh) einen Abschlag von 307,41 Euro bezahlen. Ab Februar 2023 würden dann 80 % der gemittelten Verbrauchsprognose [0,8 ∙ 20 000 kWh/a : 12 = 1333,3 kWh/Monat] mit dem über die Gaspreisbremse garantierten Brutto-Arbeitspreis von 12,0 Ct/kWh und 166,7 kWh [(18 000 kWh – 12 ∙ 1333,3 kWh)/12] mit dem vertraglichen Brutto-Arbeitspreis von 18,4446 Ct/kWh abgerechnet. Zuzüglich des Grundpreises ergibt sich dann rechnerisch eine Pauschale von 204,26 Euro/Monat. Der monatliche Abschlag wäre allerdings etwas höher, weil die angenommene Einsparung erst am Ende des Abrechnungszeitraums berücksichtigt werden kann.
Für 2023 ergeben sich dann Gaskosten von 2554,24 Euro/a. Ohne die Gaspreisbremse müsste der Gaskunde statt 10 % Einsparung eine Einsparung von gut 35 % realisieren, um dieses Kostenniveau zu erreichen. Bei einer Einsparung von 10 % würden seine Gaskosten ohne Gaspreisbremse 3428,23 Euro/a betragen, ohne Verbrauchsreduktion wären es dann 3688,92 Euro/a.
Unabhängig vom realen Verbrauch würde die Entlastung bis zu einer maximalen Einsparung von 20 % mit den getroffenen Annahmen 1031,17 Euro betragen.
Übertragung auf eine Wärmepumpe-Heizung
Da das Eckpunktepapier keine Hinweise liefert, wie bei einem den Stromverbrauch steigerndem Wechsel auf eine Wärmepumpen-Heizung zu verfahren ist, der sich in einer Jahresprognose der Abschlagszahlung im September 2022 noch nicht manifestiert hat, wird angenommen, dass ein baugleiches Gebäude schon Ende 2020 auf eine Wärmepumpenheizung umgestellt worden ist. Mit einem Nutzungsgrad von 0,9 für die Gas-Heizung ergibt sich ein Nutzwärmebedarf von 0,90 ∙ 20 000 kWh/a = 18 000 kWh/a, der von der Wärmepumpe zur Verfügung gestellt werden muss. Mit einer Jahresarbeitszahl von 3,2 ergibt sich ein Strombedarf von 5625 kWh/a.
Mit Preisstand Juli 2022 (Preisblatt M-Strom der SWM) und einem separaten Eintarifzähler würde eine Jahresabnahme von 5625 kWh Gesamtkosten von 1009,78 Euro/a bedeuten (Brutto-Arbeitspreis: 17,74 Ct/kWh; 11,90 Euro/a Messpreis).
Ab Januar 2023 steigt im gleichen Tarif der Brutto-Arbeitspreis auf 50,42 Ct/kWh. Ohne Strompreisbremse und ohne Einsparung würde sich die Stromrechnung 2023 auf 2848,03 Euro/a erhöhen.
Die Strompreisbremse soll ab Januar 2023 finanziell wirksam werden und dann für 80 % der Jahresverbrauchsprognose, die der Monatspauschale im September 2022 zugrunde lag, einen Brutto-Arbeitspreis von 40 Ct/kWh garantieren.
Nimmt man wieder an, dass eine Einsparung von 10 % (bei unveränderter Jahresarbeitszahl) realisiert wird, sind im Jahr 2023 nur 5625 KWh ∙ 0,9 = 5062,5 kWh abzurechnen.
Im Jahr 2023 würden trotzdem 80 % der Verbrauchsprognose [0,8 ∙ 5625 kWh/a = 4500 kWh/a] mit dem über die Strompreisbremse garantierten Brutto-Arbeitspreis von 40,0 Ct/kWh und folglich nur 562,5 kWh [5062,5 kWh – 4500 kWh] mit dem vertraglichen Brutto-Arbeitspreis von 50,42 Ct/kWh abgerechnet.
Zuzüglich des Messpreises ergeben sich dann für den Wärmepumpenbetrieb rechnerisch Stromkosten von 2095,51 Euro/a. Ohne die Strompreisbremse müsste statt 10 % Einsparung eine Einsparung von 25,5 % realisiert werden, um die gleichen Stromkosten zu erreichen. Bei einer Einsparung von 10 % würden die Stromkosten ohne Strompreisbremse 2564,41 Euro/a betragen, ohne Verbrauchsreduktion wären es dann 2848,03 Euro/a.
Unabhängig vom realen Verbrauch würde die Entlastung bis zu einer maximalen Einsparung von 20 % mit den getroffenen Annahmen 468,90 Euro betragen.
Bewertung
Aufgrund noch laufender Verträge sind aktuell die Energiepreise für jeden Verbraucher individuell und klaffen teilweise sehr weit auseinander. Es ist also für jeden Einzelfall eine individuelle Betrachtung erforderlich.
Mit den getroffenen Annahmen zeigt sich aber sowohl für die Gas-Heizung als auch für eine bestehende Wärmepumpen-Heizung: Die Preisbremsen führen zu Entlastungen, die unter normalen Nutzungsbedingen nicht allein durch sparsames Heizverhalten zu realisieren sind.
Es zeigt sich jedoch auch, dass die Energiekosten mit einer zusätzlichen Einsparung von 10 % im Jahr 2023 gegenüber dem aktuellen Preisstand auch mit den Preisbremsen deutlich steigen werden. Für die gewählten Beispiele steigen sie bei der Gas-Heizung von 1910,04 Euro/a auf 2554,24 Euro/a um 33,7 %, bei der Wärmepumpen-Heizung von 1009,78 Euro/a auf 2095,51 Euro um 109,7 %.
Trotzdem sind die absoluten Heizkosten bei der Wärmepumpe noch geringer. Auch ist zu berücksichtigen, dass der bis Ende 2022 geltende Wärmepumpentarif der SWM auch ohne Energiekriseneinfluss ausgesprochen günstig und nur über angerechnete Netzdienstleistungen realistisch ist. Laut Monitoringbericht 2021 der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts lag der Bruttogesamtpreis für den Abnahmefall Wärmepumpe im bundesweiten Mittel am 1. April 2021 schon bei 23,80 Ct/kWh.
Basiskontingent für neue Wärmepumpen öffnen
Der Gesetzgeber sollte nun bei der Strompreisbremse darauf achten, dass er ein einfaches und im Voraus zu kalkulierendes Verfahren anbietet, um auch für neu installierte Wärmepumpen das Basiskontingent der Strompreisbremse zur Verfügung zu stellen. Ansonsten dürfte an vielen Orten die Heizungsmodernisierung mit einer Wärmepumpe unattraktiv sein.
Dass es dafür auch finanziellen Spielraum gibt, zeigt das Berechnungsbeispiel: Eine verbleibende Gas-Heizung würde im Jahr 2023 aus dem Doppelwumms-Budget rund 1031 Euro entnehmen, eine stattdessen neu installierte Wärmepumpe lediglich 469 Euro.
Bezogen auf die Betriebskosten ist eine neue Wärmepumpe weiterhin attraktiv. Bei den gewählten Annahmen ließen sich im Jahr 2023 bei einer 10%igen Einsparung ähnliche Energiekosten erreichen: Gas-Heizung mit Gaspreisbremse (2554,24 Euro/a) und Wärmepumpen-Heizung ohne Strompreisbremse 2564,50 Euro/a). Zudem würden andere Betriebskosten sinken (Wartung und Schornsteinfeger).
Auch mit einer höheren Jahresarbeitszahl würden die Stromkosten deutlich unter die Gaskosten sinken. Der erreichbare Abstand ist allerdings kaum geeignet, einen maßgeblichen Beitrag zur Refinanzierung der Investition einer neuen Wärmepumpe zu leisten. Dieser ergibt sich aber bei der Anwendung der Strompreisbremse.
Im Entwurf für das „Gesetz über eine Soforthilfe für Letztverbraucher von leitungsgebundenem Erdgas und Kunden von Wärme (Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz – EWSG)“ finden sich übrigens Regelungen, wie ein Ersatzwert zu ermitteln ist, wenn keine Verbrauchsprognose vorliegt. Bleibt zu hoffen, dass dies auch bei den Preisbremsen berücksichtigt wird. ■
Quelle: SWM, Entwurf zum EWSG / jv
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