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Kommunale Wärmeplanung

Gutachten: KWP mit Wasserstoff ist derzeit nicht verantwortbar

Heizen mit Wasserstoff ist aus verschiedenen Gründen umstritten. Allein das „Türaufhalten“ könnte die Wärmewende bremsen.

Shawn Hempel – stock.adobe.com

Heizen mit Wasserstoff ist aus verschiedenen Gründen umstritten. Allein das „Türaufhalten“ könnte die Wärmewende bremsen.

Die Netzbetreiber können die Um­stellung ihrer Gas­netze auf Wasser­stoff noch nicht zusichern. Deshalb können Kommunen bei ihrer Wärme­planung auch nicht von einer Versorgung von Haushalten und anderen Kleinverbrauchern mit Wasserstoff aus­gehen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten der Kanzlei Günther im Auftrag des Umweltinstituts München, zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe, dem WWF, GermanZero und dem Klima-Bündnis.

Die Gutachter der Umweltrechts-Kanzlei Günther haben das Wärmeplanungsgesetz (WPG) und das Gebäudeenergiegesetz (GEG) dahingehend untersucht, welche Handlungsspielräume Kommunen bei der Bewertung von Wasserstoff im Zuge der kommunalen Wärmeplanung haben.

Die wichtigsten Ergebnisse des Gutachtens sind laut einer gemeinsame Pressemitteilung von Umweltinstitut München, Deutsche Umwelthilfe, WWF, GermanZero und dem Klima-Bündnis:

Kein Fahrplan, keine Planung. Ohne einen verbindlichen Fahrplan für die Umstellung des lokalen Gasnetzes ist eine Wärmeplanung mit Wasserstoff für Haushalte nicht verantwortbar. Der zuständige Gas-Verteilnetzbetreiber muss im Fahrplan die hohen Anforderungen des GEG erfüllen und zusichern, dass er die Mehrkosten von Gebäudeeigentümern für Umbauten am Heizsystem übernimmt, sollte die Wasserstoffversorgung scheitern [vergleiche: § 71k Absatz 4 und 6 GEG]. Steht eine Vereinbarung eines solchen Fahrplans zwischen der Kommune und dem Gasnetzbetreiber nicht verbindlich in Aussicht, kann und muss die Kommune Wasserstoff für Haushalte bereits frühzeitig aus der Wärmeplanung ausklammern, um keine Zeit und Ressourcen für unrealistische Lösungen zu verschwenden.

Fahrpläne für Gasnetzumstellung fehlen. Größere Städte müssen ihre Wärmeplanung bis Mitte 2026, die übrigen Gemeinden bis Mitte 2028 vorlegen. Die Netzbetreiber können die Fahrpläne derzeit noch gar nicht erstellen, da die regulatorischen Vorschriften für Gas- und Wasserstoffnetze noch nicht aktualisiert wurden und eine tatsächliche Lieferung des Wasserstoffs nicht sichergestellt werden kann. Realistisch gesehen werden die Fahrpläne nicht rechtzeitig vorliegen.

Industrielle Verwendung von Wasserstoff nicht ausgeschlossen. Das Gutachten betont, dass die Kommunen Wasserstoffnetzgebiete nicht vorsorglich in ihre Wärmepläne oder Satzungen aufnehmen müssen, um ihre lokale Industrie später mit Wasserstoff zu versorgen. Kommunen können unabhängig von der Wärmeplanung Wasserstoffleitungen speziell für die industrielle Nutzung planen.

Kommunen haben starke Rechte. Weder Gaskunden, Gasverteilnetzbetreiber noch Gasversorger können verlangen, dass die Kommune Wasserstoffnetzgebiete für Haushalte prüft oder festlegt. Kommunen dürfen Fahrpläne zur Umstellung des Gasverteilnetzes ablehnen. Zudem dürfen sie den Planungsdienstleistern vorschreiben, welche Studien und Leitfäden zu verwenden sind. Die entscheidenden Abwägungen müssen sie selbst vornehmen.

Gutachterliche Stellungnahme zur kommunalen Wasserstoffnetzausbauplanung der Kanzlei Rechtsanwälte Günther

„Bürger vor Fehlinvestitionen schützen“

Wiebke Hansen vom Umweltinstitut München: „Kommunen sollten nicht mit Wasserstoff zum Heizen planen, weil es unrealistisch ist, dass grüner Wasserstoff dafür verfügbar und bezahlbar sein wird. Es ist gut, dass das Gutachten die Kommunen nun auch rechtlich darin bestärkt, die von Gasbranchenverbänden forcierte Umstellung der Gasverteilnetze auf Wasserstoff abzulehnen. Kommunen können sich so besser auf den Ausbau der Stromnetze und der Fernwärme konzentrieren. Mit einer klaren Ankündigung, dass kein Wasserstoff zum Heizen kommen wird, schützen Kommunen ihre Bürger vor Fehlinvestitionen in H2-ready-Technologie.“

„Die kommunale Wärmeplanung ohne Wasserstoff schützt wertvolle finanzielle und personelle Ressourcen der Kommune, indem sie auf tatsächlich grüne und verfügbare Technologien fokussiert. Außerdem hat sie einen positiven Einfluss auf lokale Klimaziele, da die Planung und Ausweisung von Wasserstoffnetzgebieten den Ausstieg aus fossilem Gas deutlich verlangsamen könnte“, sagt Andreas Wolter, Bürgermeister der Stadt Köln und Vorstandsvorsitzender des Klima-Bündnis.

Die Verbände versenden ein Informationsschreiben mit den wichtigsten Ergebnissen der Gutachterlichen Stellungnahme zur Wasserstoffnetzausbauplanung der Kanzlei Rechtsanwälte Günther und Handlungsempfehlungen an über 7000 Kommunen und Kommunalverbände. Am 25. Juni 2024 erläutern die Gutachter Victor Görlich und Dr. Dirk Legler die Ergebnisse in einem Online-Seminar für kommunale Entscheider und Interessierte. ■
Quelle: Umweltinstitut München / jv

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