Die Deutsche Umwelthilfe fordert als Konsequenz aus dem Ukraine-Krieg den Ausstieg aus Erdgas und einen Booster für Wärmepumpen und Gebäudesanierungen.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert von der Bundesregierung angesichts des Kriegs in der Ukraine ein entschlossenes energiepolitisches Handeln. Neben einer weiteren Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien gehört dazu der Ausstieg aus fossilem Gas.
Die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, zwei Terminals für Flüssigerdgas (liquified natural gas, LNG) in Brunsbüttel und Wilhelmshaven zu bauen, hält die DUH für verfrüht. Die Terminals ließen sich nur nach jahrelanger Bauzeit realisieren und würden die Abhängigkeit von fossilem Gas weiter erhöhen. Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband fordert von der Bundesregierung deshalb einen Fahrplan für den Erdgas-Ausstieg und ein Konzept für den Import von erneuerbarer Energie bzw. grünem Gas.
So schnell wie möglich aus fossilen Energien aussteigen
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Der Krieg in der Ukraine hat eine zentrale energiepolitische Botschaft: Wir müssen so schnell wie möglich aus den fossilen Energien aussteigen. Das gilt für den Bezug von Kohle, Öl und Gas aus Russland aber auch aus anderen konfliktbehafteten und undemokratischen Teilen der Welt.
Für die Entwicklung der Alternativen muss die Bundesregierung ihre Anstrengungen noch einmal vervielfachen. Das gilt nicht nur für den Ausbau Erneuerbarer Energien, sondern insbesondere für den Wärmemarkt. Der Bundeswirtschaftsminister muss schon im Osterpaket dringend ein Booster-Programm für die Gebäudesanierung und für den Einbau von Wärmepumpen auf den Weg bringen.“
Auch im BMWK werden solche Maßnahmen diskutiert
Laut einem Bericht von Zeit Online vom 26.02.2022 enthält der Entwurf eines im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK, Robert Habeck) erstellten Krisenplans zur Erdgasversorgung auch den Vorschlag, „ab 2023 einen ‚Ausschluss der Erdgasverbrennung in neuen Gebäuden‘“.
Im Prinzip wäre dies im Neubau ein verschärftes Vorziehen der 65-%-Klausel für erneuerbare Energien. Diese Festlegung aus dem Ampel-Koalitionsvertrag sieht vor, dass ab 2025 jede neu eingebaute Heizung (auch bei der Heizungsmodernisierung) auf der Basis von mindestens 65 % erneuerbarer Energien betrieben wird. Nun könnte sie im Neubau für 100 % erneuerbare Energien ab 2023 auf den Tisch kommen und hier zu einem schnellen Erdgas-Ausstieg führen.
Für ganz neue Bauprojekte wird Erdgas ohne künftig nur noch eine untergeordnete Rolle spielen, wie die Auswertung von Baugenehmigungen bis November 2021 zeigt. Allerdings gibt es derzeit einen enormen Überhang von genehmigten aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen in einer Größenordnung von 800 000 Wohnungen.
Die Wärmepumpe rückt wieder in den Mittelpunkt
Weiterhin berichtet Zeit Online, dass der Krisenplan die Option aufführt, Wärmepumpen stärker zu begünstigen. Auch sei für Großwärmepumpen (mutmaßlich für Wärmenetze) eine Betriebskostenförderung im Gespräch.
Eine stärke Förderung von Heizungs-Wärmepumpen ist zwar bisher noch nicht vom BMWK konkretisiert, aber bereits angedeutet. Schon Anfang Januar 2022 hatte Habeck angekündigt, die Anpassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) inklusive der 65-%-Klausel für erneuerbare Energien bis Ende April 2022 als Bestandteil des ersten Teils des Klimaschutz-Pakets der Bundesregierung „aufs Gleis zu setzen“. Weiterhin wurde angekündigt: Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) soll parallel dazu zügig angepasst werden; sie soll die neuen Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes flankieren und bis 2025 den Markt durch effiziente Anreize an diese Schritte heranführen.
Schon die GroKo hatte intern Anfang Juni 2021 im Vorfeld ihres „Klimaschutz-Sofortprogramms 2022“ über eine Sonderförderung von Wärmepumpen nachgedacht. Hintergrund war die Zielverfehlung des Gebäudesektors bei den zulässigen Treibhausgasemissionen gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz. Realisiert wurde die Sonderförderung allerdings nicht, stattdessen wurde von der GroKo ein gelichtetes Klimaschutz Sofortprogramm beschlossen, dessen Eckpfeiler – das Nachschießen von insgesamt 11,5 Mrd. Euro in die Bundesförderung für effiziente Gebäude – durch den fehlgeleiteten Ansturm auf die Neubauförderung am 23. Januar 2022 wegbrach und zeitweise einen Antragsstopp und Bewilligungsstopp bei der KfW auslöste.
Neubau von LNG-Terminals hilft in der aktuellen Lage nicht
Am Bau der LNG-Terminals hat die DUH dagegen weiter große Zweifel. Bisher sind in Deutschland die Standorte Wilhelmshaven, Stade und Brunsbüttel diskutiert worden. Für keinen gibt es jedoch bisher vollständige Genehmigungsunterlagen oder gar eine Genehmigung oder Baurecht. Das Projekt in Wilhelmshaven war vom Vorhabenträger Uniper im vergangenen Jahr abgesagt worden. In Brunsbüttel ist zuletzt ein wichtiger Investor abgesprungen. In Stade sind die Planungen erst sehr viel später aufgenommen worden. Darüber hinaus ist der energiepolitische Nutzen eines LNG-Terminals aus Sicht der DUH bis heute höchst zweifelhaft.
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH: „Es bleibt völlig schleierhaft, wie LNG-Terminals angesichts der langen Bauzeit in der aktuellen Lage helfen sollten. Die Anlagen schaffen dagegen eine weitere Abhängigkeit von fossiler Energie. Für einen Import von Wasserstoff sind sie rein technisch nicht geeignet. Mit dem Bau von LNG-Terminals würden wir nur von Krise zu Krise schlittern.“ ■
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