Zahlreiche wissenschaftliche Studien und Praxistransfers untermauern die Relevanz von Großwärmepumpen für die Wärmewende im Gebäudesektor. Als Teil neuer intelligenter Netzlösungen weisen sie ein immenses Potenzial bei der Wärmeversorgung ganzer Siedlungen und Stadtteile auf. Voraussetzung dafür sind optimierte Arbeitsbedingungen für den Wärmepumpenbetrieb und ein hydraulisch präzisiertes Speicher- und Einspeisemanagement. Ein Projekt im Montafon skizziert den effizienzgetriebenen Wärmeweg vom Speicherkraftwerk bis ins Hotelzimmer.
Kompakt zusammengefasst
■ In einer Gemeinde im Vorarlberger Montafon wurde der Modernisierungsbedarf im örtlichen Biomasse-Heizkraftwerk für einen Technologiewechsel genutzt.
■ Neue Wärmeerzeuger für das 80 °C-Nahwärmenetz sind zwei NH3-Großwärmepumpen mit jeweils 1,2 MW Heizleistung. Ihre Wärmequelle ist zuvor ungenutzte Abwärme aus der Kühlung der Turbinenlager eines nahegelegenen Speicherkraftwerks.
■ Zwei heatLink-Wärmezentren gewährleiten die Volumenstromentkopplung und Temperaturtrennung sowie die Speicherstabilisierung und Präzisionsverteilung. Das schafft die hydraulischen Voraussetzungen für einen stabilen und energieeffizienten Betrieb der Wärmepumpen.
Klimaschutz beginnt vor der eigenen Haustür. Wörtlich gilt dies für den Einsatz von Wärmepumpen bei kleineren Wohngebäuden: Mit Außenluft, Grundwasser und Erdreich als Wärmequelle werden heute Einfamilienhäuser direkt am Platz beheizt und gekühlt – mit exponentiell steigenden Verkaufszahlen.
Wo eine eng begrenzte Bebauung dezentrale Lösungen unattraktiv macht, oder auch da, wo besonders energiereiche Umweltquellen erschlossen werden können, entwickeln sich hingegen in größerem Maßstab neue zentralisierte Versorgungsstrategien auf Grundlage der Wärmepumpentechnologie. Damit bietet sich Kommunen, Stadtentwicklern und anderen potenziellen Zielgruppen die Chance, eine fossil-basierte oder inzwischen ineffizient gewordene Energiebereitstellung zügig, ökologisch effektiv und sozialverträglich aus bisherigen Versorgungskonzepten zu verabschieden.
Abwärme-Auskopplung
Genau das tat eine kleine Gemeinde im Vorarlberger Montafon, nachdem ihr über viele Jahre betriebenes örtliches Biomasse-Heizkraftwerk dringenden Modernisierungsbedarf aufwies und absehbar war, dass dieses den weiter wachsenden Wärmebedarf zukünftig nicht mehr würde decken können.
Als alternative Energiequelle war das wenige Kilometer entfernte Pumpspeicherkraftwerk in doppeltem Sinn naheliegend: Die Wärmeerzeugung bzw. Nutzung würde weiterhin unmittelbar vor Ort erfolgen; gleichzeitig lässt sich die bereits regenerativ realisierte Versorgung zukünftig noch ein ganzes Stück nachhaltiger gestalten – mittels Abwärme-Auskopplung und Wärmepumpenbetrieb zur Einspeisung ins Nahwärmenetz.
Wärmezentrum heatLink
Ein entsprechendes Planungskonzept legte das Ingenieurbüro Enerplan aus Röthis, Vorarlberg, vor. Das Unternehmen ist spezialisiert auf geothermische Energielösungen für große Einsatzfelder und verfügt als Teil der Enercret-Group über jahrzehntelange Projekterfahrung und eng vernetztes Fachwissen.
Unter demselben Dach arbeitet seit Kurzem auch die eigens gegründete Enerlink GmbH an der Entwicklung hydraulischer Systemlösungen und passgenauer Komponenten, die für eine funktionierende Integration von Wärmepumpen und die effiziente Einbindung, insbesondere von Niedertemperaturen, in eine energetische Infrastruktur entscheidend sind.
Unter dem Label heatLink aus der thermoLink-Produktfamilie entwarfen die Hydraulik-Experten zwei multivalente Wärmezentren, welche die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die zwei eingesetzten NH3(Ammoniak)-Großwärmepumpen mit jeweils 1,2 MW Heizleistung unter optimalen Betriebsbedingungen arbeiten und dem Nahwärmenetz die geforderten Systemtemperaturen exakt zuführen können.
Die Anlagen eliminieren dabei bekannte prozesskritische Faktoren, indem sie folgende Verfahrensschritte technisch realisieren: die Volumenstromentkopplung und Temperaturtrennung sowie die Speicherstabilisierung und Präzisionsverteilung. Auf diese Weise lassen sich gleichzeitig sämtliche Wärme- (und Kälte-)quellen, die für eine Netzeinspeisung zur Verfügung stehen, parallel, jedoch komplett unabhängig voneinander integrieren sowie alle Vor- und Rückläufe störungs- und verlustfrei nutzen.
Für den Großwärmepumpen-Einsatz bieten die thermoLink-Hydraulik-Zentren damit optimale Systemeigenschaften, die erforderlich sind, um das heute technisch mögliche Leistungsvermögen von Wärmepumpen in der Praxis zu realisieren und thermische Ressourcen aus Prozessen oder der Umwelt so energieeffizient wie möglich auszuschöpfen.
Quelle, Erzeuger und Netz entkoppelt
Wie effektiv der Verbund aus Großwärmepumpen und Hydraulikanlagen funktioniert, zeigt der Vorgang von der Wärmegewinnung / Wärmerückgewinnung bis zur Bereitstellung am Bezugsort:
In dem 2 km entfernten Speicherkraftwerk, einem der modernsten Wasserkraftwerke der Welt, entsteht bei der Kühlung der Turbinenlager Abwärme, die bis dato – so wie üblicherweise auch bei vielen anderen Prozessen zur Kältebereitstellung – in enormem Umfang ungenutzt in die Umgebung abgegeben wurde. Das neue energetische Versorgungskonzept sieht vor, diese Abwärme zukünftig als Quellenenergie für die beiden Ammoniak-Großwärmepumpen einzusetzen.
Diese sorgen für die erforderliche Temperaturanhebung, um das 3,6-MW-Nahwärmenetz mit einer Vorlauftemperatur von 80 °C zu beliefern. Zwei neu installierte Öl-Heizkessel (2 und 3 MW thermische Leistung) dienen ausschließlich der Absicherung der Spitzenlast.
Damit die Wärmepumpen bei optimalen Betriebstemperaturen arbeiten können, muss die Quelltemperatur ein konstantes Niveau aufweisen. In einer der beiden zwischengeschalteten heatLink-Anlagen werden dafür die Volumenströme der Abwärme-Einspeisung von der Quellleitung zu den Wärmepumpen hydraulisch getrennt.
Das Wärmezentrum hat ein Speichervolumen von ca. 3500 l, das in zwei exakt getrennte Temperaturstufen mit einem Pufferraum unterteilt ist. Aus dem passenden Schichtsegment des heatLink werden die Wärmepumpen stabil mit der benötigten Quelltemperatur versorgt. Die Pufferzone korrigiert gleichzeitig Lastschwankungen, die durch variierende Zufluss- und Abnahmeverhältnisse entstehen können.
Während Anlage 1 die Abwärmezufuhr und die Wärmepumpen voneinander trennt, entkoppelt Anlage 2 die Erzeugerseite vom Netz und gewährleistet, dass dieses ebenfalls präzise mit der vordefinierten Temperatur und Leistung gespeist wird. Der heatLink 2 weist dafür ein Volumen von 12 m3 auf und ist das neue große Herzstück des bestehenden Heizkraftwerks. Auch diese Anlage verfügt über zwei Temperaturstufen und ein Puffersegment, das es den Wärmepumpen ermöglicht, laufzeitoptimiert zu arbeiten.
Mathematisch optimierte Entwicklung
Im Entwicklungsprozess der thermoLink-Technologie stand die Be- und Entladung des Pufferbereichs mit Großwärmepumpen besonders im Fokus: Dieser Vorgang ist entscheidend für die Schichtungsqualität und damit – insbesondere bei Einbindung von Niedertemperaturen – maßgebend für den realisierbaren Effizienzgrad des Gesamtsystems.
Mit komplexen CFD-Simulationen konnten die Enerlink-Ingenieure die Strömungsverhältnisse innerhalb der Anlage und ihrer angeschlossenen Heizkreise mathematisch genau ermitteln und die erhobenen Daten zur Optimierung ihrer Trennmodule heranziehen.
Die so modellierten Bauteile haben die Eigenschaft, Temperaturvermischungen auch bei Zufuhr hoher Volumenströme durch die Erzeuger sicher vorzubeugen und überströmendes Wasser über den gesamten Querschnitt mit einheitlicher Geschwindigkeit in das Puffersegment zu leiten. Die auf diese Weise erzielte Temperaturschichtung ist so trennscharf, dass keine zusätzlichen Mischventile verbaut werden müssen.
Ein Rechenmodell belegt das hohe Einsparpotenzial, das erzielt werden kann, wenn sich ungewollte Mischungseffekte sicher verhindern lassen: Konventionelle Vorhalteverfahren weisen im Schnitt zwischen 2 und 4 K Mischungsverlust auf. Entsprechend steigt der Stromverbrauch – bei 1 K sind es bereits ca. 4 %.
Überträgt man diesen Referenzwert auf den Wärmepumpenbetrieb im Montafon, resultiert daraus eine Stromeinsparung von rund 110 000 kWh bei einer Laufzeit von 8000 h/a. Darüber hinaus verbessert die optimale Temperaturnutzung den Nutzungsgrad der Wärmepumpen, sodass die Zuschaltung der Öl-Heizkessel und deren Verbrauch deutlich reduziert werden können.
Erstbilanz und Ausblick
Erste Bilanzen aus der Betriebspraxis zeigen, dass die Hydraulik-Lösung von Enerlink die planungsseitigen Anforderungen vollumfänglich erfüllt: Die geforderten Systemtemperaturen werden exakt eingehalten, die Schichtung im heatLink ist maximal stabil und homogen und das Wärmenetz kann konstant mit 80 °C Vorlauftemperatur beliefert werden. Mit einem COP von 7,6 erfüllt die Anlage klar die für sie prognostizierten Effizienzziele.
Aktuell werden im Vorarlberger Alpendorf 97 Nahwärmenetzkunden – vorwiegend aus der Hotelbranche – mit der neuartig erzeugten Wärme aus der Region versorgt. Ein Netzausbau von 7 auf 12 GWh/a Netzabgabe ist für die nahe Zukunft vorgesehen: Der Ort wächst an und mit den Herausforderungen, die der Klimawandel an ihn stellt, und optimiert eine vormals bereits nachhaltige Wärmebereitstellung hin zu einer für Mensch und Umwelt noch verträglicheren Energielösung.
Die Nutzung natürlicher Energiequellen, das Prinzip der Wärmerückgewinnung, der Einsatz von ausgereifter Großwärmepumpen-Technik und die Umsetzung eines intelligent geplanten Hydraulik-Konzepts fügen sich hier zu einem zielführenden Gesamtkonzept für die Wärmewende im Gebäudesektor zusammen.
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Siehe auch: Dekarbonisierung von Industrie und Fernwärme mit Großwärmepumpen