„Um mit einem SGV von 2,5 ohne Förderung auszukommen, müsste sich zusätzlich etwas stark ändern, beispielsweise müsste die Energiepreisentwicklung verbindlich(er) bekannt sein.“
GV
Ein kleines Strom-/Gaspreis-Verhältnis (SGV) statt Heizungsförderung? Das sollte man der Politik nicht anbieten. Auf dem Forum Wärmepumpe 2024 wurde dafür ein SGV von 2,5 in den Raum gestellt. Die Zahl basiert mutmaßlich auf einem oft benutzten Diagramm, in dem viele Länder mit einer Wärmepumpen-Installationsquote beim landesspezifischen SGV mit nur bedingt relevanten Energiepreisen eingetragen sind.
Hohe Quoten korrelieren mit einem kleinen SGV. Das ist auch nicht verwunderlich und ein günstiges SGV dafür unabdingbar. Fakt ist: Strom ist zu teurer für eine schnellere Heizungswende. Aber ein SGV von 2,5 statt Förderung wird den aktuellen Heizungsmarkt in Deutschland kaum beflügeln.
Überschlagsrechnung
Das verdeutlicht schon eine Überschlagsrechnung für ein Gebäude mit einer Gas-Heizung mit einem Jahresnutzungsgrad von 0,9 (Hs) und einem Nutzwärmebedarf von 18 000 kWh/a. Der Gasverbrauch beträgt dann 20 000 kWh/a und auf der Gasrechnung summieren sich 10 Ct/kWh am Jahresende 2000 Euro.
Eine Wärmepumpe mit einer Jahresarbeitszahl (JAZ) von 3,6 hat dann einen Strombedarf von 5000 kWh/a. Bei einem SGV von 2,5 kostet Wärmepumpenstrom 25 Ct/kWh, das ergibt eine Wärmepumpenstromrechnung von 1250 Euro/a. Die Differenz bei den Heizenergiekosten beträgt 750 Euro/a. Sie ist beachtlich, kann aber die Mehrkosten für eine Wärmepumpe ohne Förderung bei aktuellen Marktpreisen nicht vollständig ausgleichen: Bei einer Kreditfinanzierung könnte man extrem ausgeknautscht (20 Jahre Laufzeit und 3,5 % Zinsen) den 14-fachen Betrag ansetzen: 10 500 Euro. Addiert man 10 000 Euro für die Erneuerung einer Gas-Heizung, dürfte auf dem Bierdeckel der Umstieg auf eine Wärmepumpe 20 500 Euro kosten.
Gleiche Kosten ist (zu) geringer Anreiz
Aber: Dann sind die Gesamtkosten erst identisch, es gibt noch keinen finanziellen Anreiz zum Umstieg. Ob man den „verlangen“ kann, sei hier dahingestellt. Jeder finanzielle Anreiz würde jedoch den Markt beleben.
Wer spitzer und mit steigendem CO2-Preis und Eigenstromnutzung aus einer Photovoltaik-Anlage kalkuliert, wird einen solchen Vorteil für die Wärmepumpe aufzeigen können. Für einen steilen Wärmepumpen-Rollout wird das (momentan) aber kaum ausreichen – Endkunden müssten dafür auf die Entwicklung der CO2-Preise und der Gas-Netzentgelte „wetten“.
Bleiben wir im Heute: Bei einem SGV von 2,0 steigt das mögliche Investitionsbudget bei sonst unveränderten Randbedingungen auf 24 000 Euro. Bei einem SGV von 1,0 mit einem Strompreis von 10 Ct/kWh steigt die Heizenergiekostendifferenz auf 1500 Euro/a. Das ergibt dann ein Investitionsbudget von 31 000 Euro in dem Bereich wo heute Angebote liegen. Steht 20 Jahre Strom umsonst zur Verfügung, sind es 38 000 Euro.
SGV von 2,5 ist nicht hinreichend
Um mit einem SGV von 2,5 ohne Förderung auszukommen, müsste sich also zusätzlich etwas stark ändern: Die Jahresarbeitszahl müsste erheblich über 3,6 steigen, die Kosten für eine Wärmepumpen-Installation müssten stark sinken, die Energiepreisentwicklung verbindlich(er) bekannt sein oder eine viel höhere Bereitschaft zu persönlichen Heizungswende existieren. An allen Parametern kann und sollte man arbeiten, aber die notwendigen Erfolge sind schwerlich in wenigen Wochen oder Monaten nach einer Bundestagswahl zu erreichen.
Das Strom-/Gaspreis-Verhältnis ist eine praktische Kennzahl, die TGA+E-Redaktion verwendet sie regelmäßig. Ein niedriges SGV statt Heizungsförderung könnte die Nachfrage nur für einige Gebäudegruppen erhöhen; für neue Biomasse-Heizungen wäre es das Aus.
Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA+E Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de
Alle TGAkommentare finden Sie im TGAdossier TGA-Leitartikel
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