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Heizungswende

Schmerzgrenze als Benchmark für günstiges Heizen

„Der DVGW hat eine Studie mit als günstig erklärten End­kunden­preisen für grünen Wasser­stoff vorgelegt und verlangt, die ‚Cham­pag­ner-Dis­kuss­ionen endlich ad acta zu legen‘. Als günstig betrachtet der DVGW ausgerechnet den Referenz­preis der Gas­preis­bremse.“

GV

Das Gebäudeenergiegesetz sieht vor, dass ab 2024 vor dem Einbau und der Aufstellung einer Heizungsanlage, die mit einem festen, flüssigen oder gasförmigen Brennstoff betrieben wird, eine Beratung zu erfolgen hat, die auf mögliche Auswirkungen der Wärmeplanung und eine mögliche „Unwirtschaftlichkeit“, insbesondere aufgrund ansteigender CO2-Bepreisung, hinweist.

So wird es nicht verwundern, dass der DVGW am 26. Oktober 2023 erstmals eine Prognose mit Endkundenpreisen für grünen Wasserstoff in den Jahren 2035 und 2045 vorgelegt hat. Ob die Option mit (grünem) Wasserstoff zu heizen für einen Gebäudeeigentümer ein potenzieller Vorteil sein kann, ist laut umstritten. Ein wesentlicher Faktor bei der Bewertung ist der zeitlich Verlauf von Verfügbarkeit und Endkundenpreisen.

„Große Unsicherheit bei der Preisermittlung“ …

Insofern ist die von Frontier Economics für den DVGW erstellte Endkundenpreis-Prognose eine Enttäuschung: Es werden keine Marktpreise für Wasserstoff abgeleitet, sondern indikative Endkundenpreise auf Basis der Gestehungskosten geschätzt. So heißt es auch in der vom DVGW herausgegebenen Prognose: „Die Schätzungen aller Endkundenpreise und Kosten der Wärmeversorgungslösungen erfolgen in großer Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung zahlreicher Parameter.“

… aber doch „ein schlagkräftiges Argument“?

Die Pressemittelung des DVGW ist da weniger zurückhaltend: „Die Endkundenpreise für grünen Wasserstoff könnten mittel- und langfristig im Bereich von Erdgas bzw. der heute geltenden Gaspreisbremse von 12 Ct/kWh liegen. Vergleicht man die Gesamtkosten – also Anschaffung, Kosten für die Gebäudesanierung und Betrieb – liegt sowohl bei Einfamilien- als auch bei Mehrfamilienhäusern eine mit Wasserstoff betriebene Gastherme je nach Gebäudetyp und Effizienzklasse auf einem vergleichbaren Niveau wie eine elektrisch betriebene Wärmepumpe. […]

‚Die Ergebnisse der Untersuchung sind ein starker Indikator dafür, dass Wasserstoff auch im Wärmesektor zukünftig wettbewerbsfähig sein kann. Auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft ist dies ein weiteres schlagkräftiges Argument auf wissenschaftlicher Basis, um die teils ideologisch geführten sogenannten ‚Champagner-Diskussionen‘ endlich ad acta zu legen‘, argumentiert Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW.“

Die Hoffnung des DVGW wird kaum aufgehen

Nimmt man einen unvoreingenommenen, nur nach wirtschaftlichen Kriterien handelnden Gebäudeeigentümer an, der die in der DVGW-Studie hinterlegten Preispfade kennt und als gegeben betrachtet, wird die Hoffnung des DVGW kaum aufgehen. Es gibt zwar tatsächlich Bereiche, in denen das Warten auf Wasserstoff einen Kostenvorteil bietet. Dieser resultiert allerdings aus günstigen Annahmen für die Gas-Heizung und einer Umstellung auf Wasserstoff zu einem möglichst späten Zeitpunkt. Im Grenzfall wird die Gas-Heizung erst ab dem 1. Januar 2045 eine Wasserstoff-Heizung.

Bemerkenswert ist, dass der DVGW sich bei der Kommunikation zur Studie auf den Referenzpreis der Gaspreisbremse von 12 Ct/kWh (real) bezieht. Ende 2022 galt dieser Arbeitspreis als Schmerzgrenze. Im Herbst 2023 wird dieses Preisniveau nun vom DVGW als Benchmark für kostengünstiges Heizen mit einem Gaspreis von 11…15 Ct/kWh ab 2045 herangezogen. Wer schon 2035 umgestellt wird, musst dann laut der DVGW-Prognose zunächst mit einem wohl eher optimistischen Preis von 12…17 Ct/kWh rechnen. Spätestens dann dürfte das Kartenhaus zusammenfallen.

Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA+E Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de

Ein ausführliche Analyse finden Sie hier:
Was die DVGW-Endkundenpreise für Wasserstoff bedeuten

Alle TGAkommentare finden Sie im TGAdossier TGA-Leitartikel

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