Das von der GroKo II initiierte Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) vom vom 12. Dezember 2019 gehört zu den wichtigsten Leitlinien der Klimaschutzpolitik. Unabhängig von der jüngsten Entwicklung gibt es für die sechs Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft sowie Abfallwirtschaft zulässige Jahresemissionsmengen für die Jahre 2020 bis 2030 vor. Nach dem Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts (April 2021) wurde das KSG noch vor der Bundestagswahl 2021 neu ausgerichtet und das 2030-Zwischenziel von 55 auf 65 % Treibhausgasminderung gegenüber 1990 erhöht.
Im Gebäudesektor wurde bei der Novelle zwar nur marginal nachgeschärft, wie der 2030-Zielwert erreicht werden soll, hatte die GroKo II jedoch weitgehend offen gelassen. Die wesentlichen Rezepte: Förderprogramme für die energetische Sanierung von Gebäuden und Heizungsanlagen sowie energetische Standards für den Neubau, die bis heute den Sanierungsbedarf im Gebäudebestand erhöhen. Erst mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) wurde dieser Missstand behoben: Bei den zum Bau genehmigte Wohnungen in neu zu errichtenden Wohngebäuden hatte im 1. Quartal 2024 Gas nur noch einem Anteil von 6,4 % als Hauptenergie.
Fossile Energieträger Erdgas und Heizöl müssen verdrängt werden
„Die Installation von mindestens 500 000 Wärmepumpen pro Jahr ist keine „Erfindung“ der Ampel, sondern eine nur geringfügig beeinflussbare Konsequenz aus Gesetzen, die von der Union geprägt worden sind.“
GV
Maßgeblich für das Erreichen der Klimaziele sind jedoch Maßnahmen im Gebäudebestand. Betrachtet man den Gebäudesektor im Lichte des KSG, sind nur die fossilen Energieträger Erdgas und Heizöl relevant, die in den Gebäuden für Raumwärme und Trinkwassererwärmung genutzt werden. Fernwärme und elektrisch betriebene Heizsysteme werden im Sektor Energiewirtschaft bilanziert.
Im Gebäudesektor entfallen rund 77 % der tatsächlichen Treibhausgasemissionen auf Wohngebäude. Überträgt man den Anteil auf die Minderungsziele, muss der Wohngebäudebestand seine Treibhausgasemissionen um 3,85 Mio. t/a CO2-Äquivalent (CO2e) mindern. Bei einer überdurchschnittlichen Sanierungsquote von 1 % mit einer Minderung um 67 % (inklusive Wohnungslüftung, Solarthermie und PV-Thermie) verbleibt eine Minderung von gut 3 Mio. tCO2e./a. Dafür stehen zur Verfügung: Umrüstung auf Fernwärme oder Biomasse-Heizungen, Umstellung auf CO2-arme Erdgas- und Heizölsubstitute oder Elektro-Wärmepumpen. Einer dieser Schritte muss jährlich für 497 000 Wohngebäude erfolgen. Das Ergreifen dieser Schritte unter dem Deckmantel Technologieoffenheit nur einer CO2-Preisung und der freien Entscheidung der Bürger zu überlassen, ist vor allem politisch feige und bedeutet keine Verantwortung zu übernehmen. Denn es würde implizieren, dass jeder Bürger die Energiepolitik für einen Zeitraum von 20 Jahren im Voraus kennt.
Der Hauptpfad zur Dekarbonisierung sind Wärmepumpen
Bewertet man die möglichen Potenziale von Fernwärme, Biomasse, Biomethan und Wasserstoff bis 2030 und berücksichtigt, dass der Überschlag nur 77 % des Gebäudesektors abdeckt, wird klar: Die Installation von mindestens 500 000 Wärmepumpen pro Jahr ist keine „Erfindung“ der Ampel, sondern eine nur geringfügig beeinflussbare Konsequenz aus Gesetzen, die von der Union geprägt worden sind.
Insofern ist es zu begrüßen, dass der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz nach über einem Jahr destruktiven Schlechtredens der über die GEG-Novelle angestoßenen Heizungswende einen Schwenk vollzogen hat. Dass er sich besinnt, ist allerdings nicht verwunderlich. Denn auch die Union wird keine andere umsetzbare Lösung als einen steilen Wärmepumpenhochlauf präsentieren können – außer den Hochlauf gezielt mit Photovoltaik und Stromspeichern zu kombinieren.
Dass die Kehrtwende bei einer Veranstaltung von Enpal kam, hat einen Beigeschmack. Wenn sie aber dazu führt, dass sich die Union nun zur Heizungswende realistisch positioniert und Heizungsmodernisierern ein klares Bekenntnis zur Grundidee des „Heizungsgesetzes“ und zur bestehenden Heizungsförderung sendet – es wird nicht die letzte Dummheit für eine gute Sache sein.
Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA+E Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de
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