Kompakt informieren
- Fast 30 CAD-Programme für den TGA-Bereich werden hierzulande offeriert, mit individuellen Schwerpunkten und Zielgruppen. Neben Allround-Lösungen für alle haustechnischen Gewerke, gibt es Spezialanwendungen für Trinkwasser-, Sprinkler-, Gas- oder Elektroinstallationen.
- Unterschiedliche Programmkonzepte, neue softwaretechnische Entwicklungen und Trends innerhalb der CAD-Branche erschweren eine Produktauswahl zusätzlich.
- Diese Marktübersicht vergleicht aktuelle deutschsprachige TGA-CAD und -CAE-Lösungen tabellarisch und bietet eine erste Hilfe bei der Auswahl.
Berechnungs- und Konstruktionsprogramme sind die wichtigsten Werkzeuge des TGA-Planers. Damit werden Heizungs-, Klima- und Lüftungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen dimensioniert, Anlagen konstruiert und visualisiert, Pläne generiert – und nicht zuletzt ein großer Teil der Honorare erwirtschaftet. Ohne Software kann angesichts steigender Ansprüche und sinkender Erträge heute kein Ingenieurbüro wirtschaftlich arbeiten. Immer früher im Planungsprozess müssen haustechnische Anlagen konzipiert, immer schneller muss auf Änderungen bis in die Bauphase hinein reagiert werden.
Der Wahl des richtigen Werkzeugs kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu. Knapp 30 deutschsprachige CAD/CAE-Lösungen für die Haustechnik machen eine Auswahl nicht gerade einfacher. Viele sind für alle TGA-Gewerke konzipiert, andere haben ihren Schwerpunkt in den Bereichen Heizung, Klima/Lüftung und Sanitär, teilweise auch im Gewerk Elektro. Während ein Teil sich auf die Konzeption und Berechnung konzentriert, haben andere ihre Stärken in der Ausführungsplanung.
Ein Markt im Umbruch
Der Markt ist auch rund 30 Jahre nach der Einführung von CAD noch immer in Bewegung. Während reine CAD-Anbieter in ihre Produkte nach und nach Berechnungsmodule integriert oder zumindest entsprechende Schnittstellen zu externen Kalkulationsprogrammen geschaffen haben, wurden (und werden) ursprünglich nur für die Berechnung ausgelegte Lösungen zunehmend um grafische Funktionen erweitert.
Solche CAE-Lösungen (Computer Aided Engineering) bieten Geschwindigkeitsvorteile gegenüber klassischer CAD-Software (siehe Hinweis auf weitere TGA-Artikel), denn Leitungsstränge müssen nicht manuell dreidimensional konstruiert werden. Stattdessen generiert sie die Software anhand eines vom Anwender definierten Schemaplans automatisch als 3D-Volumenmodell, sodass CAD-Kenntnisse nicht zwingend erforderlich sind. Für die Definition der Gebäudestruktur, die Erstellung von Fertigungs- und Montageplänen oder die Änderung des Leitungsnetzes erforderliche CAD-Funktionen sind allerdings meist begrenzt, sodass in den Planungsprozess vielfach doch wieder ein „echtes“ CAD-Programm eingebunden werden muss.
Der allgemeine Trend geht eindeutig in Richtung 3D-Planung aller Gewerke, was unter anderem die Möglichkeit von Visualisierungen und Kollisionsprüfungen bietet. Neben branchenspezifischen Aufgaben fließt zunehmend die Elektroinstallation in das Aufgabengebiet des TGA/SHK-Planers ein. Komplettlösungen haben hier Vorteile.
In die Planungsmethode des Building Information Modeling (BIM) ist derzeit etwa ein Drittel aller Programme eingebunden. Die Mehrzahl der Anbieter sieht die Entwicklung noch skeptisch, zumal die strikte Trennung von Gewerken und Verantwortlichkeiten, die aktuelle Arbeitsteilung und die unzureichende Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten, Arbeits- und Projektabläufe innerhalb der Planungsbüros, aber auch die Honorarordnung dafür noch nicht das passende Umfeld bieten (siehe Hinweis auf weitere TGA-Artikel).
Was sollte TGA-Software können?
Die Ansprüche an haustechnische Planungsprogramme wurden mit den Jahren immer größer. Zur reinen Konzeption und Konstruktion der Anlagen kamen sukzessive integrierte Berechnungs-, Simulations-, Analyse- und Optimierungsfunktionen für die technische, energetische und wirtschaftliche Anlagenoptimierung hinzu. Zu den Kernaufgaben gehört aber immer noch die Unterstützung von Routinetätigkeiten wie die Dimensionierung von Heizungs- und Abflussrohren oder Lüftungskanälen, die Generierung von Schema-, Übersichts- und Leitungsplänen in Form von Grundrissen, Aufsichten, Untersichten, Schnitten oder Isometrien sowie die Ausgabe von Stücklisten, Längen, Flächen und Mengen für Ausschreibungen und Kostenermittlungen.
Da TGA/SHK-Planer häufig um eine komplette Eingabe der Gebäudestruktur nicht herumkommen, sollten aber auch Gebäudebauteile möglichst effizient, wahlweise im Grundriss oder anderen Projektionen eingegeben werden können. Gebäude- und Installationsbauteile sollten automatisch auf passende Zeichnungsfolien abgelegt werden, um in den komplexen TGA-Plänen Chaos zu vermeiden und die gezielte Darstellung ausgewählter Planinformationen zu ermöglichen. Ein mehrstufiges Undo/Redo (möglichst für jede Funktion und wahlweise aus einer Liste) erleichtert nicht nur den Einstieg, sondern auch die tägliche Arbeit.
Für die Ausschreibung relevante Daten sollten automatisch ermittelt und per Standardformat exportiert werden. Die ermittelten Einzelmassen sollten den Leitungssträngen, Räumen und Geschossen prüfbar zugeordnet werden können. Auch 3D-Darstellungen von Lüftungskanälen, Heizungsleitungen etc. sind wichtig, da komplexe Leitungsführungen visualisiert, präsentiert und dokumentiert werden müssen, die später im Boden, in der Wand oder abgehängten Decke verschwinden.
Die Benutzerführung sollte ferner so flexibel sein, dass sich der Profi beispielsweise nicht durch mehrere Menüebenen „durchhangeln“ muss, sondern sein Ziel auch schnell über Kurzwegtasten erreicht.
Ein wichtiger Aspekt sind Änderungen. Sie machen ohne dafür konzipierte Software schnell den größten Teil des Planungsaufwands aus. Problematisch wird es, wenn haustechnische Installationen zunächst grafisch konzipiert, extern berechnet und die Ergebnisse in das CAD-System übertragen werden. Wird im weiteren Planungsverlauf die Grafik weiterentwickelt, die Berechnungen aber nicht nachgeführt, weil der Aufwand für das Zurückschreiben der CAD-Daten in die Berechnungsprogramme zu aufwendig ist, kommt es zu Dateninkonsistenzen und Fehlern. Integriertes TGA-CAD macht dagegen eine parallele Berechnung nach DIN, EN, ISO etc. und geometrische Konstruktion möglich, die jede geometrische Änderung auch in der Berechnung automatisch nachführt und umgekehrt.
Darauf sollten Sie achten…
Folgende (und weitere) Aspekte spielen bei der Software-Auswahl eine wichtige Rolle: Mit dem Produkt entscheidet sich der Anwender auch für einen Anbieter, der möglichst auch der Hersteller sein sollte. Das ist im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Software, das Kosten-/Nutzenverhältnis von Wartungsverträgen, die Supportqualität und nicht zuletzt auf die Investitionssicherheit nicht unerheblich. Geht der Anbieter im schlimmsten Fall in den Konkurs oder wird er übernommen, kann mühsam und teuer erworbenes Programm-Know-how und der CAD-Datenbestand schnell wertlos werden.
Deshalb vorher prüfen: Seit wann gibt es den Anbieter? Steht er für Kontinuität und Sicherheit? Wird die Software regelmäßig aktualisiert etc.? Das Programm-Konzept gibt einen ersten Eindruck, um welche Software es sich handelt. Beim klassischen CAD-Programm steht die zwei- oder dreidimensionale Konstruktion haustechnischer Anlagen im Vordergrund. Die Berechnung erfolgt parallel oder extern. Bei Computer-Aided-Engineering-Programmen (CAE) steht die Berechnung und Simulation im Zentrum und die Konstruktion von Plänen erfolgt weitgehend automatisch.
BIM-Lösungen verfügen über ein zentrales, digitales Bauwerksdatenmodell, indem alle planungs-, ausführungs- und nutzungsrelevanten Geometrie- und Objektdaten abgelegt und mit anderen BIM-Lösungen weitgehend verlustfrei ausgetauscht werden können.
Ob die Software über einen eigenen CAD-Kern verfügt oder ob es sich um eine Applikation eines oder mehrerer CAD-Programme handelt, ist aus mehreren Gründen bedeutsam. Etwa die Hälfte aller Lösungen verfügt über einen eigenen CAD-Kern, die andere Hälfte ist ein „Aufsatz“ auf einem branchenunabhängigen CAD-Programm (AutoCAD, Bricscad, Microstation etc.). Beides hat Vor- und Nachteile: Bei der Weiterentwicklung kann sich ein Applikations-Hersteller voll auf Haustechnik-spezifische Funktionen konzentrieren und muss seine Kapazitäten nicht parallel auch noch in die CAD-Basis stecken. Andererseits ist man vom Applikationsentwickler und vom Basis-CAD-Hersteller abhängig. Bei der Softwareinvestition muss man zu den Kosten des TGA-Aufsatzes die Kosten des Basis-CAD-Programms hinzuzählen und wird bei den jährlichen Software-Wartungskosten doppelt zur Kasse gebeten.
TGA-CAD/CAE läuft nahezu ausschließlich unter dem Betriebssystem Windows, wobei offensichtlich erst ein Teil der Hersteller auf die neue, für Ende Oktober 2012 avisierte Version 8 vorbereitet ist.
Einsatzbereiche, Berechnung und Ausgabe
Ein wesentliches Auswahlkriterium sind natürlich die Einsatzbereiche. Für Ingenieurbüros und planende Installationsbetriebe, die alle haustechnischen Gewerke inklusive Elektrotechnik abdecken, erscheinen Komplettlösungen sinnvoller. Schließlich lassen sich damit Abhängigkeiten und Wechselwirkungen optimal berücksichtigen und Eingabedaten effizient nutzen. Umgekehrt können auf bestimmte Bereiche (z.B. Trinkwasser- oder Sprinkleranlagen) spezialisierte CAD-Programme über Stärken und Vorzüge verfügen, die andere Lösungen nicht bieten.
Unterschiede weisen die Programme beim Eingeben und Ändern auf. Zwar sind reine 2D-Lösungen eindeutig in der Minderheit, aber keineswegs zum Standard gehören beispielsweise parametrisierbare Bauteile oder das beliebige Ändern von HLSE-Objekten. Auch das so wichtige mehrstufige Undo/Redo zuletzt ausgeführter Aktionen ist nicht bei allen Programmen selbstverständlich, erst recht nicht das Undo/Redo aus einer Auswahlliste.
Ein zentrales Auswahlkriterium für Planer sind die Bereiche Berechnung und Ausgabe, die man sich pro Gewerk im Detail anschauen sollte. Ist die Berechnung wichtiger Kenngrößen, beispielsweise des U-Werts, des Wärmebedarfs, der Heizlast, der Heizkörper, des Rohrnetzes, der Verteiler etc. integriert oder laufen diese extern ab? Werden dabei alle relevanten Normen erfüllt?
Kollisionsprüfungen innerhalb eines oder mehrerer Gewerke bietet nur ein Teil der Programme, dagegen beherrschen fast alle Lösungen grundlegende Plandarstellungen, wie Grundriss, Ansicht oder Schemaplan. Unterschiede gibt es auch bei den 3D-Präsentationstechniken, die vom einfachen Einfärben von Objektflächen (Shading), über eine nahezu fotorealistische Objektdarstellung (Rendering), bis zur virtuellen, interaktiven „Begehung“ haustechnischer Anlagen (Walkthrough) reichen können.
Erhebliche Unterschiede weisen die Programme auch bei der Auswertung und Übergabe von Objekt- und Berechnungsdaten auf. Während insbesondere einfache 2D-Lösungen meist überhaupt keine Übergabe alphanumerischer Daten bieten, verfügen andere über die volle Bandbreite. Diese reicht von der einfachen ASCII-, über die Tabellenkalkulations- und Datenbankausgabe, die Übergabe von Ausschreibungsdaten per GAEB- oder Ö-Norm an AVA-Programme oder die Anbindung an kaufmännische Software – bis hin zum Abgleich und zur Verknüpfung von Daten mit Facility-Management-Programmen.
Für den Austausch von Vektorgrafik-Daten verfügen, mit einer Ausnahme, alle Programme über eine DXF-Import- und Exportschnittstelle. Weitere wichtige Austauschformate sind DWG, DWF sowie das PDF-Format. Über eine IFC-Schnittstelle zum Austausch von BIM-Daten verfügen lediglich 11, zum Austausch von Herstellerdaten in der Heizungs-/Sanitärtechnik gemäß VDI 3805 immerhin 19 Programme.
Worauf sollte man noch achten?
Neben den programmtechnischen und gewerkspezifischen Punkten sollte man bei der Auswahl auch Aspekte rund um den Einstieg und die Programmnutzung nicht aus dem Fokus verlieren. So verfügt über ein gedrucktes Handbuch nur noch etwa die Hälfte aller Programme. Das gilt auch für Schritt-für-Schritt-Anleitungen (Tutorials) zum Selbststudium. Dafür werden immer häufiger Lernprogramme und/oder Lernvideos offeriert, die jedoch keine – in der Regel kostenpflichtigen – Schulungen ersetzen können, bei denen auch auf individuelle Fragen eingegangen werden kann.
Support per Telefon oder E-Mail bieten nahezu alle Anbieter. Erheblich seltener sind Foren, bei denen häufig wiederkehrende Fragen (FAQ) beantwortet oder Anwender sich untereinander austauschen können (Online-Foren). Zum Standard zählt mittlerweile die für beide Parteien vorteilhafte Fernwartung per Desktop-Sharing, da sie Zeit und Kosten spart.
Bei den Preisen ist darauf zu achten, ob zum fachspezifischen H/L/S/E-Aufsatz ein kostenpflichtiges Basisprogramm hinzukommt. Dies gilt auch für einen Wartungsvertrag, der in der Regel separat abgeschlossen werden muss. Letzterer sollte neben Grundleistungen wie Updates und Upgrades, d.h. Weiterentwicklungen innerhalb der jeweils aktuellen Version, respektive neuen Programmversionen mit elementaren Neuerungen, auch möglichst umfassende Supportleistungen per Telefon, Fax, E-Mail und Fernwartung sowie Service-Zusatzleistungen beinhalten.
Was ein Tabellenvergleich nicht leistet
Tabellarische Produktvergleiche dienen der ersten Orientierung bei der Auswahl und können Kaufentscheidungen unterstützen. Was sie nicht leisten (können), sind qualitative Vergleiche. Neben der Frage, ob eine Funktion vorhanden ist oder nicht, ist auch wichtig, wie intuitiv und effizient sie in der Praxis genutzt werden kann. Zu den „Siegern“ eines Produktvergleichs muss also nicht zwangsläufig das Programm gehören, das die meisten Abfragepunkte erfüllt.
Auch Software, die sich auf essenzielle Bereiche beschränkt, dort aber eine größere Programmtiefe aufweist als die Mitbewerber und aufgrund eines schlanken Programmkonzepts einfacher bedienbar ist, kann ein effizientes Planungswerkzeug sein.
Insbesondere für Fachplaner ist die Integration von Berechnung und Konstruktion wichtig, die Berücksichtigung aktueller TGA-Normen, die Umsetzung von Änderungen, das Programmhandling oder die Supportqualität. Entscheidend ist aber stets die Frage, wie gut ein Büro in seiner individuellen Situation (Leistungsspektrum, Planungsschwerpunkte, Mitarbeiter-Know-how, Kooperation mit Fachplanern, Kompatibilität mit deren Planungswerkzeugen etc.) mit der Software zurechtkommt und wie schnell man Projekte damit bearbeiten kann.
Deshalb sollte man sich nicht von Programmfunktionen blenden oder vom Kaufpreis leiten lassen. Der ohnehin meist viel zu große Funktionsumfang – Untersuchungen zufolge nutzen Anwender meist nur etwa 20 bis 30 % davon – ist bei den Marktführern mittlerweile ohnehin ähnlich. Ein Pflichtenheft leistet bei der Auswahl gute Dienste. Damit lässt sich die Vielzahl der Lösungen eingrenzen. Bleiben nach dieser Vorauswahl 2 bis 3 Produkte übrig, fällt es leichter, über eine Vorführung und anschließende Teststellung „die Richtige“ zu finden. Marian Behaneck
Hinweis auf weitere TGA-Artikel
„Haustechnik-Planung: Was ist schneller – CAE oder CAD?“ in TGA 02-2009 (Webcode 235609) klärt auf, ob CAE (Computer Aided Engineering) hält, was die Werbung verspricht: Eine Beschleunigung der TGA-Planung um mindestens das 10-fache. „Building Information Modeling (BIM): Wege aus der Sackgasse“ in TGA 08-2012 (Webcode 369732) beantwortet folgende Fragen rund im BIM: Wofür steht dieser Begriff? Wie weit ist diese Technologie heute? Wo und wie wird sie bereits eingesetzt? Was ändert sich für Planer? https://www.tga-fachplaner.de/