Kompakt informieren
- Ein Werbeverbot für Ingenieure und Architekten gibt es nicht (mehr), jedoch in den Ländern eigene Richtlinien.
- Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (PR) wird Planungsbüros zum Selbstmarketing ausdrücklich empfohlen und unterliegt keinen besonderen Beschränkungen.
- PR ist kein Instrument zur direkten Kundenansprache, sie erfolgt mittelbar über die redaktionelle Veröffentlichung, Journalisten fungieren dabei als Torwächter.
- Damit PR ankommt, muss sie zu den fokussierten Medien passen, ihre Zielgruppe(n) inhaltlich und sprachlich adressieren und journalistische Regeln berücksichtigen.
„Eigenlob stinkt“? Vergessen Sie diese Volksweisheit – oder halten Sie dagegen: „Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.“ Denn: „Werbung (...) ist ein Teil der Berufsausübung“ erkennt beispielsweise auch die Bayerische Architektenkammer1) an. Und: „Wer potenzielle Bauherren gewinnen und Marktchancen erfolgreich nutzen will, muss mit Marketingmitteln auf sich aufmerksam machen“, stellt die Bayerische Ingenieurekammer-Bau2) fest.
Doch jahrzehntelang war das für freie Berufsgruppen wie Ingenieure und Architekten nicht möglich. Es galt ein striktes Werbeverbot – das in den 1990er-Jahren gelockert und mittlerweile gekippt wurde. „Doch immer noch wird die Leistung der Ingenieure im öffentlichen Leben nur unzureichend wahrgenommen.“2) Denn nach wie vor gibt es Beschränkungen – und jedes Bundesland hat seine eigenen Richtlinien in Sachen Selbstmarketing. Das ist verwirrend und hemmend; ein möglicher Grund, weshalb zum Teil nur zögerlich kommuniziert wird. Schließlich will sich keiner einen Fehltritt erlauben – was leicht passieren könnte, sobald die Kommunikation die Grenze eines Bundeslandes überschreitet.
Es gibt Grenzen
Eine bundesweite Regelung ist noch Zukunftsmusik. Einen einheitlichen Grundtenor gibt es hingegen schon:
Zurückhaltung ist gefragt, in der aufdringlichen Manier eines Marktschreiers – beispielsweise mit Superlativen und Leuchtschrift – Reklame zu machen, ist verboten. Verboten bleibt außerdem jede Werbemaßnahme, die zu Lasten eines Kollegen geht, ihn herabsetzt oder vorführt. Ein selbstständiger Ingenieur darf nur unter Nennung seines Ingenieurbüros werben. Wer unabhängig ist, muss das auch bleiben und darf zum Beispiel seine Internetseite nicht mit einem Hersteller von Baustoffen verlinken, auch wenn er dessen Produkte für empfehlenswert hält. Die Werbung muss informativ, sachlich und berufsbezogen sein. Sie darf keine falschen Erwartungen beim Kunden wecken und muss nachprüfbar sein. Sie darf dem Berufsstand nicht schaden.3)
Diese Richtlinien entsprechen der hohen fachlichen und ethischen Verantwortung, die der Beruf des Ingenieurs mit sich bringt4). Sie führen zu einer Versachlichung der Werbung, für die eigentlich aufmerksamkeitsstarke Bilder, einprägsame Slogans, Superlative, unterhaltende Elemente und Lockangebote charakteristisch sind. Viel mehr entsprechen die Werberichtlinien der Berufsordnungen den Regeln der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations, kurz PR). Dieses Marketinginstrument war übrigens auch zu Werbeverbotszeiten erlaubt; der Ingenieur ist damit sozusagen auf der „sicheren Marketingseite“. Denn PR bedeutet im Grunde erst einmal eines: die Weitergabe aller Informationen, die für ein Unternehmen strategisch wichtig sind, an die passenden Medien – für eine transparente und vertrauenswürdige Außendarstellung.
PR wirkt mittelbar
„Passend“ sind Medien (Print- und Onlinepublikationen, Hörfunk, TV) immer dann, wenn ihr Publikum bzw. ihre Empfänger (in der PR-Sprache „Rezipienten“) zur Zielgruppe des Unternehmens zählen, sich für das Thema interessieren und aus den Informationen einen Nutzen ziehen können. PR ist kein Instrument für die direkte Kundenansprache. Sie erfolgt mittelbar über die redaktionelle Veröffentlichung Abb. 2. Vor dieser überprüfen die Journalisten sozusagen als Torwächter alle Inhalte auf Richtigkeit und Relevanz. Werbephrasen und leere Behauptungen sind K.O.-Kriterien, die Meldungen direkt in den Papierkorb und den Absender schlimmstenfalls auf die Spamliste verbannen können.
„Die Medien“ haben eine Informations- und Sorgfaltspflicht gegenüber dem Leser – und zudem ein starkes wirtschaftliches Interesse daran, als glaubwürdige Informationsquelle etabliert zu sein. Die Glaubwürdigkeit ist das höchste Gut der Medien und muss zwingend gewahrt werden – zur Not mit einer Gegendarstellung zur Berichtigung, falls doch einmal ein Fehler unterläuft. Im Umkehrschluss bedeutet das: Hat es eine Information in den redaktionellen Teil geschafft, überzeugt sie die Rezipienten nachhaltig. Das macht die PR so attraktiv.
Doch sie birgt auch Risiken: Dem Redakteur steht es völlig frei, wie er Presseinformationen verwendet. Er muss sich nicht an die Form der Pressemitteilung halten, kann weitere Recherchen anstellen und einen anderen Aspekt vertiefen, der ihn (mit Blick auf seine Leser) mehr interessiert. Dazu wird oftmals die Internetseite des Absenders besucht. Wer hier übersichtlich Bild- und Informationsmaterial bereithält, hat eher die Chance, den Fokus auf seinem Unternehmen zu halten.
Gut geplant ist halb gewonnen
Für Rückfragen ist es ratsam, einen Ansprechpartner (intern oder extern) für die Presse zu definieren. Das sorgt für eine einheitliche Kommunikation nach außen und vermeidet Widersprüche. Außerdem ist ein Zeit- und Maßnahmenplan Abb. 3 sinnvoll, der die einzelnen Themen und Aktionen für Fach- und Publikumsmedien strategisch über das Jahr verteilt. Neben der klassischen Pressemitteilung gibt es weitere PR-Möglichkeiten:
- Experteninterviews mit bzw. Fachbeiträge von Spezialisten aus dem Team.
- Referenzberichte über Objekte, die das Ingenieurbüro geplant hat.
- Anwenderberichte, die Planung, Erstellung, Nutzen und Erfahrungen, z.B. mit einem Niedrigstenergiegebäude, aufzeigen.
- Praxistests, die den Nutzen und die Tauglichkeit einer neuen Lösung belegen.
- Porträts von Mitarbeitern mit langjähriger Betriebszugehörigkeit, spannenden Hobbys oder herausragenden Leistungen, beruflich und privat.
- Aktionen initiieren, die für die Öffentlichkeit spannend und daher eine Berichterstattung wert sind – vom ehrenamtlichen Einsatz vor Ort bis zum Ausruf eines Wettbewerbs.
- Kooperationen mit Medien, beispielsweise für eine Erstberatung zu einem bestimmten Thema oder ein Tag der offenen Tür.
- Einladungen zu Meetings auf dem Messestand, Pressekonferenzen und Kamingesprächen mit der Geschäftsleitung.
- Eine Pressemappe mit den wichtigsten Informationen über das Unternehmen, seine aktuellen Produkte und Leistungen.
Bedarf, Fachkräfte, Themen und finanzielle Mittel entscheiden darüber, wie umfangreich PR gemacht werden kann. Je nach Positionierung und Zielgruppe kommt nur eine überschaubare Anzahl von Medien als Empfänger infrage und man muss zudem ereignisbezogen „auf das richtige Pferd setzen“: Ein Referenzbericht Abb. 4 oder ein Fachartikel passt zu einer Fachzeitschrift, ein Experteninterview zu einem Trend oder einem aktuellen Ereignis kann auch für eine überregionale Tageszeitung interessant sein. Der Nachbericht über einen Tag der offenen Tür mit regionalen Kunden erzielt in einer örtlichen Tageszeitung die größte Wirkung – ein Erfahrungsbericht mit Tipps und Tricks zur Organisation einer entsprechenden Veranstaltung wäre aber auch für Berufskollegen nützlicher Lesestoff.
Wichtig ist, sich die Medien und ihre Ansprache an den Empfänger bewusst zu machen, den richtigen Ansprechpartner in der Redaktion zu kennen und sich kompetent zu präsentieren. Texte müssen fehlerfrei und nach journalistischen Regeln formuliert sein. Hilfreich, gerade für kleine Unternehmen, die keinen eigenen PR-Beauftragten haben, ist da die Zusammenarbeit mit einer PR-Agentur. Geschulte, gut vernetzte Fachkräfte erledigen auf Stundenbasis schnell und routiniert die nötige Textarbeit und stellen den Kontakt zu den Journalisten her. •
1) http://www.byak.de/start/informationen-fur-mitglieder/ recht/berufsordnung/werbung
2) Bayerische Ingenieurekammer-Bau, Körperschaft des öffentlichen Rechts (Hrsg.): „Werbung für Ingenieure / Was ist zulässig? Worauf ist zu achten?“, http://www.bayika.de, 2. aktualisierte Auflage, Juni 2010
3) Vgl. exemplarisch die Berufsordnung der Ingenieur(e)kammern Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen.
4) Vgl. https://ingkh.de/ingkh/index.php „Grundsätze zur Berufsordnung (Berufsgrundsätze) für die Mitglieder der Ingenieurkammer Hessen“
Das Einmaleins der Pressemitteilung
1. Voraussetzung: Sie haben einen aktuellen Anlass, einen örtlichen Bezug, einen Nutzwert für den Leser oder eine Kuriosität („Mann beißt Hund“), über den Sie berichten können.
2. Verwenden Sie eine Überschrift, die dem Redakteur sofort das Thema verrät. Auch im Betreff bei einem Versand per E-Mail.
3. Beachten Sie die journalistischen Grundregeln: Stellen Sie die wichtigsten Informationen an den Anfang, vermeiden Sie Schachtelsätze, Substantivierungen und Anhäufungen von Adjektiven.
4. Fügen Sie eine Vorschau Ihrer druckfähigen
Bilder (300 dpi) mit Quellenangabe und Bildunterschrift ein.
5. Versehen Sie die Pressemitteilung mit Ihren Kontaktdaten für Rückfragen der Redaktion.
Glossar
Was ist was in der PR?
Agenda Setting: Aktive Ansprache der Redaktionen mit eigenen Themenschwerpunkten, als Versuch, damit eine öffentliche Diskussion zu entfachen, das Thema also oben auf die Agenda der Berichterstattung zu setzen.
BoilerPlate: Basisinformation mit Zahlen, Daten und Fakten über ein Unternehmen, die als Abbinder unter die Pressemitteilung gesetzt wird.
Clipping: Redaktionelle Veröffentlichung aufgrund einer Pressemitteilung.
Corporate Publishing: Unternehmenseigene, journalistische Publikationen (Kunden-/Mitarbeiterzeitschrift) im CI (Corporate Identity) des Unternehmens.
Fachbeitrag: Exklusiver Expertenbericht mit Hintergrundinformationen zu technischen Besonderheiten oder Produkt- und Designentwicklung.
Fachmedien: Medien einer bestimmten Fachrichtung mit branchenspezifischen Themen.
Feldstudie: Die Studie belegt den Nutzwert eines Produkts anhand eines Praxistests mit anschließender Auswertung.
Integrierte Kommunikation: Abstimmung verschiedener Kommunikationsmaßnahmen (PR, Event, Werbung…) für ein einheitliches Unternehmensbild nach außen.
Medien-/Journalistenverteiler: Verteiler mit den Kontakten zu den relevanten Medien und dem jeweiligen Ansprechpartner in der Redaktion.
Pressemitteilung: Mitteilung an die Presse. Ihre Kurzform ist die Pressemeldung, meist über ein akutes Thema.
Presseportale: Online-Plattformen, wo zum Teil kostenfrei Pressemitteilungen eingestellt werden können. Doch Vorsicht – hier entfällt der Journalist als Torwächter. Die Plattformen genießen eine geringere Glaubwürdigkeit.
Publikumsmedien: Tagesmedien und Unterhaltungsmedien mit allgemeinen Informationen.
Referenz-/Anwenderbericht: Ähnlich wie die Empfehlung eines Nachbarn funktioniert dieser Beitrag aus der Praxis, der darüber informiert, wo, mit welchem Aufwand und Erfolg ein bestimmtes Produkt/eine bestimmte Lösung eingebaut wurde – mit Stimmen vom Bauherren und Kunden.
Kleines PR-Lexikon: Praktischer Helfer in Hosentaschenformat. Kostenfrei anfordern unter info@anselmoellers.de
Katrin Möllers
ist seit 15 Jahren in der PR-Beratung tätig. Seit zehn Jahren leitet sie als geschäftsführende Inhaberin die Ansel & Möllers GmbH. Die Stuttgarter PR- und Eventagentur hat sich unter anderem auf PR für die Baubranche spezialisiert. https://amkommunikation.de/