Eigentlich waren Anfang 2024 steigende Energiepreise erwartet worden. Doch die Erhöhung der Netzentgelte und des CO2-Preises werden Anfang 2024 von niedrigeren Großhandelspreisen überkompensiert.
Für Neukunden sind die Strompreise Anfang 2024 innerhalb der letzten 12 Monate um 38 % gesunken. Die Gaspreise bei Neuabschluss sind im gleichen Zeitraum sogar um 49 % gefallen. Preistreibenden Faktoren, wie die Erhöhung der Stromnetzgebühren und des CO2-Preises auf fossile Brennstoffe zur Wärmeerzeugung, haben angesichts niedrigerer Großhandelspreise nicht zu einem Anstieg der Neukundenpreise geführt. Auch die meisten örtlichen Grundversorger reichen den Kostenanstieg bisher nicht an ihre Kunden weiter. Das ist das Ergebnis einer Analyse des Vergleichsportals Verivox.
Die durchschnittlichen Strom- und Gaspreise für Neukunden erhebt Verivox anhand seiner Datenbank. Für die Preisänderungen wurden die verfügbaren veröffentlichungspflichtigen Gas- und Strompreise für Bestandskunden der rund 700 örtlichen Gas-Grundversorger und der rund 800 örtlichen Strom-Grundversorger in Deutschland ausgewertet.
Strompreise für Neukunden um 38 % gesunken
Ein Drei-Personen-Haushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 4000 kWh bezahlte im Januar 2023 bei Neuabschluss im günstigsten verfügbaren Stromtarif mit Preisgarantie im bundesweiten Durchschnitt 1657 Euro/a (41,43 Ct/kWh inkl. anteiliger Grundgebühr). Im Januar 2024 liegt dieser Wert bei 1028 Euro/a und ist damit um 38 % (629 Euro) gesunken. Der Strompreis inklusive anteiliger Grundgebühr liegt damit bei 25,7 Ct/kWh.
Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox: „Obwohl die Stromnetzgebühren durch den Wegfall des angekündigten Zuschusses der Bundesregierung zum Jahreswechsel stärker anstiegen als erwartet, sind die Angebote der überregionalen Stromversorger nicht teurer geworden. Die Beschaffungskosten der Unternehmen sind niedriger als vor einem Jahr, wodurch die Mehrkosten bisher aufgefangen werden.“
Bei den regionalen Grundversorgern zeichnet sich bisher nur ein leichter Trend zu Preiserhöhungen ab. Für Februar und März wurden 32 Preissenkungen von durchschnittlich 5 % angekündigt, gleichzeitig gibt es jedoch 66 Preiserhöhungen von ebenfalls durchschnittlich 5 %. Die große Mehrheit der regionalen Versorger hat ihre Preise damit im 1. Quartal 2024 nicht erhöht.
Gaspreise bei Neuabschluss fast halbiert
Im Januar 2023 kostete Neukunden ein Bezug von 20 000 kWh/a Erdgas als typischer Wert für ein Einfamilienhaus im günstigsten verfügbaren Tarif mit Preisgarantie im Bundesschnitt 3202 Euro/a (das entspricht einem Preis von 16,01 Ct/kWh inkl. anteiliger Grundgebühr, wobei die Gaspreisbremse eine Deckelung von 12,0 Ct/kWh vorsah). Im Januar 2024 gibt es die gleiche Menge Gas für 1646 Euro/a Das entspricht einer Preissenkung von rund 49 % (1556 Euro/a). Der Gaspreis inklusive anteiliger Grundgebühr liegt damit bei 8,23 Ct/kWh.
Storck: „Die kurzfristige Erhöhung des CO2-Preises für fossile Brennstoffe auf 45 anstatt auf 40 Euro/t im Jahr 2024 hat keine sichtbaren Auswirkungen auf die Gaspreise für Neukunden. Die Gasversorger müssen diese Erhöhung nicht direkt weitergeben, da die Großhandelspreise für Erdgas im vergangenen Jahr deutlich gesunken sind.“ Zudem würde eine Preisanpassung bestehenden Kunden ein Kündigungsrecht einräumen.
Preissenkungen überwiegen auch bei den regionalen Grundversorgern. Für Februar und März 2024 wurden insgesamt 39 Preissenkungen von durchschnittlich 14 % angekündigt. Gleichzeitig gibt es 25 Preiserhöhungen von durchschnittlich 2 %.
Spätestens im zweiten Quartal wird auf Erdgas allerdings wieder die volle Mehrwertsteuer von 19 % fällig, was einer Preissteigerung von rund 11 % entspricht. Die Gaskosten steigen dann automatisch. Bezogen auf ein vollständiges Kalenderjahr und die oben angegebenen Gaskosten von 1646 Euro/a sind es dann rund 185 Euro. ■
Quelle: Verivox, eigenen Berechnungen / jv
Strom-/Gaspreisverhältnis
Für die wirtschaftliche Abwägung „Gas-Heizung oder Heizungs-Wärmepumpe?“ ist das Strom-/Gaspreisverhältnis von herausragender Bedeutung. Mit den Verivox ermittelten Preisen lag es Anfang 2023 für Neukunden ohne separaten Stromzähler für die Heizungswärmepumpe bei 41,43 / 16,01 = 2,59 ohne Preisbremsen und mit Preisbremsen bei 41,43 / 12,0 = 3,45.
Für die Verivox-Durchschnittspreise Anfang 2024 ergibt sich ein Strom-/Gaspreisverhältnis von 25,7 / 8,23 = 3,1. Mit dem Rückfall der Umsatzsteuer auf 19 % für Erdgas (Ende März 2024, eventuell vorgezogen auf Ende Februar 2024) sinkt es dann auf 2,8.
Um bei einer Heizungsmodernisierung nach Abzug der BEG-EM-2024-Förderung die Mehrkosten für eine Heizungs-Wärmepumpe gegenüber einer Gas-Heizung refinanzieren zu können, sollte das Strom-/Gaspreisverhältnis möglichst unter 2,5 liegen. Dies gilt allerdings nicht für einen bestimmten Zeitpunkt, sondern für den gesamten Lebenszyklus einer neuen Heizung, also für rund 20 Jahre. In diesem Zeitraum wird erwartet, dass die Gaskosten durch steigende CO2-Preise schneller als die Strompreise steigen.
Weitere Infos dazu: Die „Todeszone“ für die Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpe
Siehe auch: So holen Sie einen Teil der Wärmepumpen-Stromkosten zurück
Verbessern lässt sich das Strom-/Gaspreisverhältnis durch den Betrieb einer Heizungs-Wärmepumpe über einen separaten Zählpunkt und durch die Kombination mit einer Photovoltaik-Anlage oder durch eine Wärmepumpe-Photovoltaik-Speicher-Kombination.
Im Kontext:
Entscheidungsbaum: Wege zur neuen Heizung mit 65 % EE
CO2-Emissionen beim Heizen in 20 Jahren nur 12 % gesunken
20 Solarstromspeicher von 14 Herstellern getestet
Für 2023 drohen teilweise hohe Nachzahlungen bei Heizkosten
Wärmepumpen heizen langfristig günstiger als Gas-Heizungen