Vor einiger Zeit sind die VDI-Lüftungsregeln DIN 1946-2 [1] durch DIN EN 13779 [2, 2a] ersetzt worden. Diese Norm muss jedoch im Zusammenhang mit DIN EN 15251 [3], DIN EN ISO 7730 [4] und einer Reihe weiterer europäischer Normen und DIN V 18599 [5] gesehen werden, die sich aus der Umsetzung der europäischen Gebäudeeffizienzrichtlinie EPBD ergeben.
Während DIN 1946-2 für den Planer gut überschaubar war, ist die Umsetzung der genannten Richtlinien im Planungsprozess unübersichtlich und kompliziert. Eine Beschreibung, wie die Normen für eine RLT-Planung kreuz und quer verzahnt sind, zeigt Tabelle 1. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass durch den Fachbereich Raumlufttechnik der VDI-Gesellschaft TGA zur Fortsetzung der Unterteilung der Lüftungsregeln nach Nutzungsbedingungen mit VDI 3804 [7] ein Entwurf (22 Seiten) für RLT-Anlagen für Bürogebäude erarbeitet worden ist. Um den Entwurf in eine Richtlinie mit hohem Nutzwert für TGA-Planer fortzuführen, werden nachfolgend einige Anregungen gegeben.
Mehr Bezug zur DIN V 18599
Durch die Integration von DIN V 18599 zur energetischen Bewertung von Nichtwohngebäuden in die Energieeinsparverordnung (EnEV) 2007 hat die Vornorm für eine bestimmte Anwendung rechtliche Verbindlichkeit erlangt. Deswegen sollte sie auch Grundlage für nachfolgend bearbeitete Regelwerke sein. Für die Raumlufttechnik sind von DIN V 18599 der Teil 3 und im Zusammenhang mit Kühlung Teil 7 besonders relevant.
Deshalb erscheint es nicht nur sinnvoll, sondern notwendig, diese in die VDI-Richtlinie 3804 einzubeziehen. In diesem Zusammenhang sei auf die Systematisierung in DIN V 18599-7 (Bild 1) verwiesen, die eine Analogie zu der Darstellung in [8] (Bild 3) aufweist. Sie verdeutlicht, dass eine Konditionierung nicht nur durch lüftungstechnische Maßnahmen möglich ist und weist auf die Vielfalt der technischen Möglichkeiten zur Konditionierung und zur Gewährleistung der Raumluftqualität nach DIN EN 15251 [3] hin.
Anwendung, Begriffe, Abkürzungen
Bei der Definition des Anwendungsbereichs von VDI 3804 sollte deutlicher hervorgehoben werden, dass die Richtlinie nur die Raumlufttechnik unter dem Aspekt der Konditionierung ohne Befeuchtung behandelt.
Der verwendet Begriff „Temperierung“ im Kapitel 7 sollte ersetzt werden durch „Konditionierung“. „Temperierung“ wird u.a. in der Heizungstechnik in einem anderen Kontext verwendet und ist teilweise auch mit einem negativen Image versehen. Zudem umfasst die Konditionierung auch das Kühlen und Entfeuchten.
Bei den Begriffen und den Abkürzungen im Zusammenhang mit DIN EN 13799 [2a] erscheint es zweckmäßig, durch eine bildliche Darstellung die Bezeichnung der Luftvolumenströme zu verdeutlichen (z.B. wie Bild 2).
Die im Abschnitt 5 gelisteten baulichen Anforderungen sind in ihrer gestrafften Form und Aussagekraft für den Planungsprozess äußerst hilfreich, wobei einige technische Termini dem aktuellen Gebrauch angepasst werden könnten (z.B. TABS für „thermisch aktive Bausteilsysteme“ anstelle von Bauteilaktivierung).
Die unter 6.1 getroffene Aussage, dass „die Abfuhr der Lasten (Stofflasten und thermischen Lasten) das Ziel der Lüftung sind“, sollte präzisiert werden. Vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass u.a. aus energetischen Aspekten der Zuluftvolumenstrom auf den entsprechend DIN EN 15251 erforderlichen Mindestaußenluftvolumenstrom zu reduzieren ist.
Die in Abschnitt 7 vorgenommene Charakterisierung und der tabellarische Vergleich der Lüftungssysteme mit Heiz- und Kühlfunktion sind positiv für die Argumentation im Planungsprozess zu werten. Dies gilt auch für die textlichen Aussagen zur Systemauswahl. Die bildliche Darstellung (Bild 19 im Entwurf der VDI 3804) trägt aber kaum dazu bei, den komplexen Zusammenhang der Komponenten für die Systemauswahl zu verdeutlichen.
Unter Berücksichtigung einer heute üblichen flexiblen Nutzung auch von Bürogebäuden sollte den VRF-Systemen (unter 7.1.5 als Direktverdampfer-Anlagen (DX-Anlagen) ausgewiesen) in der Richtlinie mehr Beachtung geschenkt werden und auf Aspekte der Anordnung der Innengeräte und Raumströmung hingewiesen werden.
Die Aussagekraft des Richtlinienentwurfes könnte erhöht werden, wenn auch textlich oder tabellarisch Aussagen zu Wartung, Wartungsaufwand und der erforderlichen Inspektion entsprechend [10] und [11] gemacht würden bzw. auf diese verwiesen würde.
Noch viel Ungereimtes
Ein Verweis auf DIN V 18599-3 mit den darin aufgeführten Anlagenlösungen und der Möglichkeit, den jährlichen bzw. monatlichen Energiebedarf als Funktion des Luftvolumenstromes und in Abhängigkeit verschiedenster Parameter [9] zu ermitteln, würde den Nutzwert der Richtlinie erhöhen (vgl. Tabelle 2). Hinsichtlich der Formelzeichen wäre es sinnvoll,
- die Bezeichnungen von DIN EN 13779 zu berücksichtigen,
- eine Bezeichnung von Luftwechsel n (nicht Luftwechselrate) und Zuordnung zur Luftbezeichnung vorzunehmen und
- nicht verwechselbare Indices zu verwenden (beispielsweise „E“ für Emission und nicht „B“, was eigentlich für Beleuchtung reserviert ist).
Die in Tabelle 1 in [7] ausgewiesenen Außenluftvolumenströme als Funktion von Personen und Fläche sollten sich auf 10 m2 beschränken und ein Hinweis auf eine Umrechnung auf andere Bezugsflächen in [2, 4] angegeben werden. Bei den ausgewiesenen Außenluftvolumenströmen qB (besser: qE) als Funktion von Gebäudeemissionen wäre der Verweis ebenso wie für die Zuordnung zu den Kategorien I bis III auf die entsprechende Quelle hilfreich.
Schlussfolgerungen
- Der vorliegende Entwurf stellt einen guten Lösungsansatz für die Planung von RLT-Anlagen für Bürogebäude dar.
- Der Anwendungsbereich sollte klarer herausgearbeitet werden und bei Werteangaben sollten entsprechende Quellen zitiert werden.
- Empfehlenswert wäre unbedingt die Berücksichtigung der Teile 3 und 7 der DIN V 18 599 und eine konsequente Verwendung von Fachtermini, Formelzeichen und Indices.
Literatur
[1] DIN 1946-2 , Raumlufttechnik, Gesundheitstechnische Anforderungen (VDI-Lüftungsregeln). Berlin: Beuth Verlag, Januar 1994, zurückgezogen
[2] DIN EN 13779 Lüftung von Nichtwohngebäuden – Allgemeine Grundlagen und Anforderungen an die Lüftungs- und Klimaanlagen. Berlin: Beuth Verlag, Mai 2005; [2a] September 2007
[3] DIN EN 15251 Eingangsparameter für das Raumklima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden – Raumluftqualität, Temperatur, Licht und Akustik, Berlin: Beuth Verlag, August 2007
[4] DIN EN ISO 7730 Ergonomie der thermischen Umgebung – Analytische Bestimmung und Interpretation der thermischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV- und des PPD-Indexes und Kriterien der lokalen thermischen Behaglichkeit. Berlin: Beuth Verlag, Mai 2006
[5] DIN V 18599 Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung. Teil 3: Nutzenergiebedarf für die energetische Luftaufbereitung. Teil 7: Endenergiebedarf von Raumlufttechnik- und Klimakältesystemen für den Nichtwohnungsbau. Berlin: Beuth Verlag, Februar 2007
[6] Trogisch, A.; Mai, R.: Die Planung von Lüftungs- und Klimatechnik unter Beachtung der aktuellen europäischen Normung. KI-Luft- und Kältetechnik, 5-2008 und 6-2008
[7] VDI 3804 (Entwurf) Raumlufttechnik für Bürogebäude (VDI-Lüftungsregeln), 04/2008, Beuth Verlag GmbH, Berlin
[8] Recknagel/Sprenger/Schramek: Taschenbuch für Heizung + Klimatechnik. München: Oldenbourg Industrieverlag, 73. Auflage, 2007/2008
[9] Trogisch, A: Erste praktische Erfahrungen in der Anwendung der DIN V 18599, Gütersloh: Bauverlag, TAB 12-2008
[10] DIN EN 15239 Lüftung von Gebäuden – Gesamteffizienz von Gebäuden – Leitlinien für die Inspektion von Lüftungsanlagen. Berlin: Beuth Verlag, August 2007
[11] DIN EN 15240 Lüftung von Gebäuden – Gesamteffizienz von Gebäuden – Leitlinien für die Inspektion von Klimaanlagen. Berlin: Beuth Verlag, August 2007
Achim Trogisch
Prof. Dr.-Ing., lehrt an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (FH) im Fachbereich Maschinenbau/Verfahrenstechnik auf dem Gebiet TGA. Telefon (03 51) 4 62 27 89 E-Mail: trogisch@mw.htw-dresden.de http://www.htw-dresden.de/mb