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Johannes Reichelt: Elektro-Wärmepumpe löst klassische Wärmeerzeuger ab

Mehr Effizienz bei optimierter Wärmenutzungsanlage

Schmid: Herr Professor Reichelt, der Boom bei Wärmepumpen hält an. 2008 wurden allein in Deutschland rund 62500 Anlagen verkauft – fast 18000 mehr als im Vorjahr. Nun gibt es kritische Stimmen, die besagen, die hohe Nachfrage wirke als Innovationsbremse. Wie beurteilen Sie die Effizienz ­heutiger Wärmepumpen?

Reichelt: Hierbei beziehen Sie sich offenbar auf eine Aussage von Peter Hubacher, dem schweizerischen Wärmepumpendoktor, beim 5. Biberacher Geothermietag am 27. November 2008. Die Wärmepumpenhersteller zu mehr Innovationen aufzufordern, ist grundsätzlich richtig. Man muss die Kritik jedoch auch vor dem historischen Hintergrund der Wärmepumpe in Deutschland sehen. Die Wiedergeburt der Wärmepumpe in Deutschland erfolgte erst vor ca. fünf Jahren. Von Mitte der 1980er-Jahre bis Anfang dieses Jahrzehnts war sie bei uns so gut wie tot; die verkauften Stückzahlen waren unbedeutend.

Woher sollten unter diesen Umständen die finanzielle Kraft und das Interesse einer Firma zur Weiterentwicklung von Wärmepumpen kommen, wenn der Umsatz dies lange Zeit nicht erlaubte? Erst als 2003/04 wieder nennenswerte Stückzahlen verkauft wurden, konnte sich die Branche der Weiterentwicklung der Wärmepumpe widmen. Bis die neuen Ideen dann aber in die Fertigung einfließen, muss man mit mindestens zwei bis drei Jahren rechnen.

Schmid: Wird sich denn der Boom fortsetzen?

Reichelt: Der Wärmepumpen-Boom wird sich sehr rasant fortsetzen – das zeigt auch der Markt in den Nachbarländern – und in gleichem Umfang werden auch die Innovationen in die Weiterentwicklung einfließen.

Natürlich wissen wir als Wärmepumpen-Test- und -Weiterbildungszentrum von den zahlreichen Neuentwicklungen bei deutschen Herstellern, das heißt, die Effizienz von Wärmepumpen wird kurzfristig deutlich zunehmen. Ich denke hier hauptsächlich an innovative Luft/Wasser-Wärmepumpen, die aus meiner Sicht künftig den Markt dominieren werden. Wärmepumpen für die Wärmequellen „Wasser“ und „Sole“ – zurzeit liegt deren Anteil bei 7 % beziehungsweise 48 % – werden zwar bezüglich der installierten Stückzahlen pro Jahr ebenfalls zunehmen, prozentual gegen­über der Wärmequelle „Luft“ aber abnehmen.

Schmid: Sie sprechen jetzt über künftige ­Geräte: Wie beurteilen Sie den Innovationsgrad einer heute angebotenen StandardWärmepumpe? Sind diese überhaupt noch zeitgemäß? Da steckt ja oft noch alte Technik drin. Nehmen wir nur mal die Ein-/AusRegelung solcher Geräte.

Reichelt: Die Wärmepumpen der maßgeblichen deutschen Hersteller halte ich für ausgereift und absolut zeitgemäß. Leider gibt es unter den Wärmepumpenherstellern einige schwarze Schafe, auf die ­Installateure wie auch Endkunden immer wieder reinfallen. Das scheint für die Branche symptomatisch zu sein: 1982 stellten auf der ISH in Frankfurt am Main rund 140 Wärmepumpenhersteller aus, darunter ­waren überwiegend Anbieter mit wenig Erfahrung. Die meisten dieser Lieferanten gibt es heute zum Glück nicht mehr. Man muss jedoch damit rechnen, dass immer noch ältere, nicht ganz so innovative Geräte am Markt sind. Das zeigte beispielsweise der Wärmepumpentest von Stiftung Warentest im Juni 2007. Dort wurden neueste Wärmepumpen mit älteren, aber noch marktgängigen Geräten ver­glichen. So ein Testergebnis hat natürlich einen enormen Einfluss auf das Kaufverhalten der Verbraucher.

Schmid: Auf Tagungen und Kongressen wird oft die geringe Effizienz ausgeführter Wärmepumpenanlagen angesprochen. Wo liegen die Schwachstellen? Beim Gerät?

Reichelt: Am allerwenigsten.

Schmid: Bei der Planung und Auslegung, also bei der Berechnung des Heizwärme­bedarfs, der Art des Heizsystems, der Speicherdimensionierung oder bei der Installation?

Reichelt: Sicherlich.

» Zu niedrige Jahresarbeitszahlen liegen meist am Wärmeverteilsystem bzw. an der Wärmequellenanlage – selten an der Wärmepumpe.«

Schmid: Werden beim Betrieb Fehler gemacht?

Reichelt: Nicht wesentlich.

Schmid: Tragen womöglich alle Beteiligten dazu bei, dass die Anlagen nicht so optimal laufen?

Reichelt: Generell ja. Aber nicht das Wärmepumpengerät selbst ist das schwächste Glied, sondern die Wärmepumpen-Anlagentechnik. Dazu zählt auch der Nutzer, der beim Wärmeverteilsystem an der falschen Stelle spart oder gar keine ausreichende Wärmenutzungsanlage – so die genormte Fachbezeichnung – zur Verfügung stellt. Diesen Fall haben wir oft bei Altbauten. Bei Neubauten könnten die Wärmenutzungsanlagen in vielen Fällen noch besser an den Wärmepumpenbetrieb angepasst werden. Die Vorlauftemperatur sollte dabei nicht höher als 30 °C sein. Gelegentlich liegen die Vorlauftemperaturen bei 50 °C und darüber. Viele Bauherren wollen für ihr bestehendes Gebäude jedoch unbedingt eine Wärmepumpe, obwohl sich die bestehende Wärmenutzungsanlage nicht dafür eignet. Leider spielen viele Wärmepumpeninstallateure das Spiel mit, da ihnen das Detailwissen über die Effizienz-Kriterien von Wärmepumpen-Heizungsanlagen fehlt.

Um das nochmals zusammenzufassen: Die Schwachstellen liegen am allerwenigsten beim Gerät, sondern in der Anlagentechnik, am ehesten auf der Seite der Wärmenutzungsanlage, bei „Wasser“ und „Sole“ zum Teil auch auf der Seite der Wärmequellenanlage. Sicher gibt es auch bei der Regelungstechnik noch Verbesserungspotenzial. Man könnte auch sagen, die Leistungszahl der Geräte ist in Ordnung, aber die Jahresarbeitszahlen lassen zu wünschen übrig, und das liegt am Wärmeverteilsystem beziehungsweise an der Wärmequellenanlage. Natürlich ist auch die Leistungszahl noch verbesserungsfähig.

Schmid: Welche Art von Wärmepumpen­anlagen ist aus Ihrer Sicht am effizientesten?

Reichelt: Abgesehen von dem zu erwartenden Effizienzzuwachs bei der Luft/Wasser-Wärmepumpe ist die erdreichgekoppelte Wärmepumpe am effizientesten. Ideal ist die Kombination von Erdsonde in kontinuierlich fließendem Grundwasser. Regen und Sonneneinstrahlung bei waagerecht verlegten Soleleitungen beziehungsweise der Grundwasserfluss bei Sonden sind ja die wichtigsten Energielieferanten für die geothermische Wärmepumpe. Nur etwa 1 % der Wärme stammt aus dem Erdinneren.

Schmid: In welchen Bereich sollte die Branche im Moment investieren? In die Gerätetechnik, die Systemtechnik oder in die Ausbildung der Installateure?

Reichelt: Die Geräte sind in Ordnung. Die großen Defizite haben wir bei der Ausbildung, also ist Fortbildung angesagt. Das gilt für alle Berufs­sparten, die mit Wärmepumpen zu tun haben, also Heizungs-, Sanitär-, Kälte- und Elektroinstallateure. Wir haben es heute mit einer kleinen Gruppe von Könnern auf dem Gebiet der Wärmepumpe zu tun. Wenn wir die ambitionierten Ziele von Klimaschutz und Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen erreichen wollen, brauchen wir jedoch eine sehr große Gruppe von Spezialisten rund um die Wärmepumpe.

Schmid: Brauchen wir verfeinerte Auslegungskriterien für Wärmepumpenanlagen, die ­beispielsweise auch das Speichervermögen des Gebäudes berücksichtigen? Viele Wärmepumpen scheinen überdimensioniert zu sein.

Reichelt: Die Bauart und das Speichervermögen eines Gebäudes sind sicherlich von nicht unerheblicher Bedeutung. Es ist zu beobachten, dass Wärmepumpen immer noch zu groß ausgewählt werden. Jedoch sind die Zuschläge längst nicht so groß wie in der Vergangenheit bei Öl- und Gasheizungen. Das scheint wohl branchenüblich zu sein. Ich möchte bei dieser Gelegenheit einen Wärmepumpeninstallateur zitieren: „Ich lasse erst gar nicht den Vorwurf auf mich zukommen, dass die installierte Wärmepumpenleistung nicht ausreicht und die Wärmepumpe das Haus nicht schnell genug aufheizt. Würde ein Wärmepumpennutzer vor Gericht ziehen, weil die Aufheizzeit zu lang ist, bekäme ich von den meisten Richtern die Schuld zugeschoben. Um das zu verhindern, wähle ich lieber die Wärmepumpe eine Stufe größer aus.“

Offensichtlich brauchen die Wärmepumpeninstallateure noch einige Jahre an Erfahrung, um eine exaktere Auslegung zu riskieren. Der Hang zu größeren Wärmepumpen hat aber auch ganz tri­viale Gründe. An einer größeren Wärmepumpe verdient der Installateur auch mehr als an einem kleineren Gerät.

» Bei Neubauten sollte man die Wärmenutzungsanlagen mit einer maximalen Vorlauftemperatur von 30 °C besser auf Wärmepumpen ausrichten.«

Schmid: Brauchen wir ein Down-sizing für die Auslegung innovativer Heizsysteme? Wohin geht der Trend?

Reichelt: Wenn man in Richtung „Passivhaus“ denkt, was der Gesetzgeber in Zukunft fordern wird, werden die Leistungen der Wärmepumpen im Laufe der Zeit immer kleiner und erreichen im Einfamilienhaus eines Tages Wärmeleistungen in der Größenordnung einer größeren Tiefkühltruhe bzw. eines größeren Kühlschranks. Sofern es sich um ein Einfamilienhaus mit 100 bis ca. 120 m2 beheizter Wohnfläche handelt, reichen dann Wärmepumpen mit nur wenigen kW Wärmeleistung, in fernerer Zukunft sogar mit nur einigen hundert Watt aus. Ich kann mir sogar Verbundlösungen von Kühl- und Gefriereinrichtungen mit Trinkwassererwärmung vorstellen, wie diese bereits in der Vergangenheit entwickelt wurden, aber kaum zum Einsatz kamen.

Die Wärmequelle Luft wird dann bei diesen Kleinwärmepumpen dominieren, weil sich für die­se kleinen Leistungen eine Erdsonde wirtschaftlich nicht mehr lohnt. Ein Beispiel ist die Entwicklung der Luft/Wasser-Wärmepumpe in Frankreich, die heute schon den Markt dominiert. (Anmerkung: 2008 wurden in Frankreich 133000 Luft/Wasser-Wärmepumpen und rund 20000 erdreichgekoppelte Wärmepumpen installiert.). Ich halte 70 bis 80 % Marktanteil der Luft/Wasser-Wärmepumpe künftig durchaus für realistisch. Zurück zu Ihrer Frage: Wir müssen eine Wärmepumpe auch nicht unbedingt zu 100 % auf den Heizwärmebedarf auslegen. Bei einem gut wärmegedämmten Haus würde ich beispielsweise eine Luft/Wasser-Wärmepumpe nur auf etwa 70 % des Heizwärmebedarfs auslegen – oder weniger. ­Insbesondere wenn ein Kaminofen vorhanden ist, kann die Wärmepumpe kleiner sein. Das vermindert den Taktbetrieb und verlängert ihre ­Lebenszeit. Das Problem bei einer knapperen Auslegung ist jedoch die längere Aufheizzeit nach einem längeren Absenkbetrieb. Generell enthalten Heizlastberechnungen große Sicherheiten. Das sollte man bei der Auslegung der Wärmepumpe berücksichtigen.

Schmid: Welche Wärmepumpen-Innovationen sind marktreif, werden aber noch nicht oder nur zum Teil in die Geräte eingebaut? Neue Verdichterbauarten?

Reichelt: Ich sehe da im Moment keine Neuheiten. Der Scrollverdichter ist Stand der Technik.

Schmid: Drehzahlgeregelte Verdichter?

Reichelt: Ja. Der Invertertechnik gehört die Zukunft! Allerdings müssen Verdichter und Inverter gut aufeinander abgestimmt sein. Das Know-how dafür liegt hauptsächlich bei japanischen Firmen, die schon seit mehr als zwei Jahrzehnten Inverter bei der Regelung von Klimageräten einsetzen. Wir müssen damit rechnen, dass diese Firmen künftig mit optimierten Luft/Wasser-Wärmepumpen auf den Markt kommen, die effizienter und preisgünstiger sind als deutsche Wärmepumpen gleicher Leistung.

Schmid: Elektronisches Expansionsventil?

Reichelt: Das wird von einigen Herstellern bereits eingesetzt und ist weiter im Kommen; inzwischen auch bei kleineren Leistungen.

» Es ist zu beobachten, dass Wärmepumpen immer noch zu groß ausgewählt werden. An einer größeren Wärmepumpe verdient der Installateur mehr.«

Schmid: Die Wettervorhersage-Regelung…

Reichelt: …könnte durchaus eine Option sein; aber auch Mischsysteme aus Außentemperatur- und Raumtemperaturregelung.

Schmid: Microchannel-Wärmeübertrager für Luft/Wasser-Wärmepumpen?

Reichelt: Bei manchen luftbeaufschlagten Verdampfern brauchen wir eher solche mit ­größeren Rippenabständen – dann sind die Abtauvorgänge seltener. Das führt jedoch zwangsläufig zu größeren Abmessungen. Ich sehe den Einsatz der Microchannel-Wärmeübertrager deshalb eher auf der Verflüssigerseite. Im Übrigen hat sich diese Wärmeübertragertechnik bei Autoklimaanlagen bestens bewährt. Warum soll man sie dann nicht auch für Wärmepumpen nutzen? Die Kältemittelfüllmenge kann dadurch enorm reduziert ­werden.

Schmid: Werden Smart meter und smart grid relevant für die Wärmepumpe?

Reichelt: Ja. Ich kann mir vorstellen, dass es dadurch günstigere Wärmepumpentarife geben wird. Die Abschaltzeiten werden somit flexibilisiert. In einem gut wärmegedämmten Haus wirkt sich eine Abschaltzeit von zwei Stunden kaum auf die Raumtemperatur aus.

Schmid: Welcher Effizienzzuwachs ist in den nächsten fünf Jahren durch Innovationen bei Wärmepumpen zu erwarten?

Reichelt: Aus meiner Sicht werden die Leistungszahlen merklich ansteigen. Es wäre wünschenswert, dass sich auch die Arbeitszahlen, die von der Wärmenutzungs- und Wärmequellenanlage abhängen, nach oben entwickeln. Wie gesagt liegt das größte Potenzial für effizientere Wärmepumpen in der Auslegung der Wärmenutzungsanlage. Solche Anlagen gibt es bereits, sogar mit Jahresarbeitszahlen von 6. Aber leider sind das die Ausnahmen.

Schmid: Inwieweit tangiert das Thema Kältemittel die Entwicklung von Wärmepumpen?

Reichelt: Im Moment noch nicht. Das natürliche Kältemittel CO2 ist für die Hausheiz-Wärmepumpe nur bei bestimmten Voraussetzungen geeignet, zum Beispiel bei Wärmenutzungsanlagen mit großer Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf. Anders sieht es mit dem brennbaren Kältemittel R290, also Propan, aus. Das ist aus meiner Sicht eine zukünftige Alternative zu den H-FKW. Einige Hersteller setzen Propan seit langem bei außen aufgestellten Wärmepumpen ein. Andere Hersteller haben dieses Kältemittel aus den Wärmepumpen zur Wassererwärmung wieder verbannt und durch R134a ersetzt.

Das liegt unter anderem auch an den Verdichterherstellern, die keine Garantie mehr bei Nutzung von Propan als Kältemittel übernehmen wollten. Es ist anzunehmen, dass es in Zukunft eine Renaissance des Kältemittels Propan geben wird. Ein generelles Verbot der synthetischen Kältemittel ist für den Wärmepumpenbereich bisher nicht angekündigt. Wenn ein Verbot käme, hätte dies sicherlich negative Auswirkungen auf den Markt. Ein Verbot würde nach dem aktuellen Stand der Entwicklung mit Sicherheit das Kältemittel Propan begünstigen und nicht CO2.

» 70 bis 80 % Marktanteil für die Luft/WasserWärmepumpe sind künftig durchaus realistisch. Insgesamt wird der Markt deutlich wachsen.«

Schmid: Wie sinnvoll sind Prüfsiegel bei Wärmepumpen?

Reichelt: Wir haben es hier mit einer Verschiebung von der DIN-Prüfung (Anmerkung: DIN-Prüf- und Überwachungszeichen) zu EN-Normen zu tun. Die Entscheidungsfindung der Installateure und Endverwender wird heute hauptsächlich durch das „Gütesiegel für Wärmepumpen“ beeinflusst. Deutschland, Österreich und die Schweiz haben sich auf Prüfreglements für Wärmepumpen geeinigt und danach werden die Leistungszahlen auf neutralen Prüfständen ermittelt. Das Gütesiegel halte ich für eine wichtige Orientierung – für Verbraucher und Installateure.

Schmid: Der Massenmarkt für Heiz-Wärmepumpen wird bei den kleinen Geräten unter 20 kW Heizleistung liegen, künftig auch unter 10 kW. In welchem Leistungs­spektrum entwickeln sich die interessanten Wärmepumpensegmente?

Reichelt: Generell kann man sagen, je größer die Leistung, desto geringer die Innovation. Großwärmepumpen werden in der Regel ganz ­individuell für den jeweiligen Einsatz gefertigt. Das gilt sowohl für Anwendungen in der Industrie als auch für Fernwärmesysteme. Über die Wärmepumpen kleiner und kleinster Leistung haben wir ja bereits im Zusammenhang mit dem Passivhaus gesprochen, Tendenz: Die kleineren Leistungsgrößen sind mehr gefragt. Das ist auch der interessantere Markt.

Schmid: Welche Chancen geben Sie thermisch angetriebenen Wärmepumpen?

Reichelt: Für das Einfamilienhaus sehe ich den technischen Aufwand als zu groß an, für größere Heizleistungen ist das jedoch interessant. Leider kam die vom ehemaligen Sibir-Besitzer Hans Stirlin in der Schweiz entwickelte Diffusions-Absorptionswärmepumpe bisher nie über den Status von Prototypen hinaus. Auch andere Entwicklungen von Absorptionswärmepumpen sind im Frühstadium der Entwicklung stecken geblieben. Das Problem bei Absorbern ist, dass praktisch alle Teile neu entwickelt werden müssen und keine Serienteile – wie bei Elektro-Wärmepumpen – zugekauft werden können. Das macht den Absorber vergleichsweise teuer.

Schmid: Haben wir künftig genügend Strom für Wärmepumpen? Führt die Einführung von Elektroautos womöglich zu Versorgungsengpässen oder Strompreissteigerungen?

Reichelt: Strompreissteigerungen wird es sicherlich geben, aber längst nicht so stark wie beim Öl- und Gas-Preis. Versorgungsengpässe bei der Stromversorgung halte ich für unwahrscheinlich. Bereits jetzt wird Strom zu 15 % regenerativ erzeugt, und dieser Anteil wird stark zunehmen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass der Strom für die Wärmepumpen künftig auf dem eigenen Dach mittels PV-Anlage erzeugt wird. Smart metering und smart grid werden sicher zu intelligenteren Stromversorgungskonzepten führen – auch im Hinblick auf die Betankung von Elektroautos. Intelligente Stromnetze schaffen die Möglichkeit, vorhandene Stromkapazitäten wirtschaftlicher zu nutzen. Davon profitiert auch die Wärmepumpe.

» Das größte Effizienzpotenzial besteht in der Auslegung der Wärmenutzungsanlage. So sind Jahresarbeitszahlen von 6 möglich.«

Schmid: Haben klassische Wärmeerzeuger auf der Basis Heizöl, Erdgas und Biobrennstoffe gegenüber der Elektro-Wärmepumpe dann künftig noch eine Chance?

Reichelt: Im Laufe der nächsten Jahre wird die Bedeutung der klassischen Heizgeräte stetig abnehmen. Je besser wir unsere Gebäude dämmen, desto mehr lohnen sich Wärmepumpen. Dieser Ablösungsprozess wird gleitend erfolgen, über ein bis zwei Jahrzehnte.

Schmid: Herr Professor Reichelt, vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Johannes Reichelt

1966 Abschluss des Maschinenbaustudiums an der Universität Stuttgart (Dipl.-Ing.)

1967 – 1971 Versuchsingenieur im Kälte-Klima-Labor der Firma BBC in Ladenburg bei Mannheim

1972 – 1973 wiss. Mitarbeiter und Promotion (Dr.-Ing.) an der Universität Stuttgart bei Prof. Dr.-Ing. Theodor Emil Schmidt

1974 – 1978 wiss. Mitarbeiter an der Universität Essen bei Prof. Dr.-Ing. Fritz Steimle

1978 – 1980 Abteilungsleiter für Konstruktion und Versuchslabor „Wärmepumpen“ bei Stiebel Eltron, Holzminden

1980 – 2004 Prof. an der Fachhochschule Karlsruhe, Fachbereich Maschinenbau, Studienschwerpunkt „Kälte-, Klima- und Umwelttechnik“; Leiter der „DIN-Prüfstelle für Wärmepumpen und Kältetechnik“ an der Fachhochschule Karlsruhe

2001 Gründung der Valerius-Füner-Stiftung zur Förderung der Ingenieuraus- und -weiter­bildung im Bereich der Kälte-, Klima- und ­Wärmepumpentechnik an der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft mithilfe von Sponsorenmitteln aus der Industrie

2004 Übereignung der TWK Test- und Weiter­bildungszentrum Wärmepumpen und Kältetechnik GmbH an die Valerius-Füner-Stiftung

Die TWK GmbH in Kürze

Die TWK GmbH, Test- und Weiterbildungszentrum Wärmepumpen und Kältetechnik, beschäftigt aktuell 20 Mitarbeiter, ca. die Hälfte im Bereich der Weiterbildung auf den Gebieten „stationäre Kältetechnik“, „Wärmepumpen“ und „mobile Klimatechnik“ für Fahrzeuge auf Straße und Schiene, die andere Hälfte im Prüfstellenbereich mit Mess- und Untersuchungsaufgaben auf den genannten Gebieten.

Im Weiterbildungsbereich werden aktuell 21 unterschiedliche Themen angeboten, meist in Ein-Wochen-Kursen. Themen sind u.a.: Grundlagen der Kältetechnik A, B, C und D in Deutsch und Englisch; Grundlagen der Wärmepumpentechnik A, B und C; Dichtheitsprüfung und Praxis an Kälteanlagen; Hydraulik in Kälteanlagen und indirekte Kühlung; Kälteanlagen mit natürlichen Kältemitteln, wie NH3, R723 und CO2; Klimatisierung von Schienenfahrzeugen und Kraftfahrzeugen in Deutsch und Englisch; Elektrotechnik in Kälteanlagen und Wärmepumpen, Sachkunde-Lehrgänge und -prüfungen. Ferner finden interne und externe Firmenschulungen statt sowie 1 bis 3 Symposien pro Jahr über aktuelle Themen der drei Fachgebiete.

Im Prüfstellenbereich werden u.a. folgende Themen bearbeitet: Leistungs- und Betriebsuntersuchungen an Einzelkomponenten und Systemen von Kälteanlagen, Wärmepumpen und mobilen Klimaanlagen; Lebensdauerprüfungen; Dichtheits-, Reinheits- und Restfeuchteprüfungen; Erprobungen von Fahrzeugen unterschiedlicher Art in den verschiedensten Klimazonen; Projektierung von Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen; Konstruktion und anschließende Erprobung von Prüfständen und Prüfstandskomponenten; Konstruktion und Bau von kälte-, klima- und wärmepumpentechnischen Schulungsmodellen; thermographische Bauteiluntersuchungen.

http://www.twk-karlsruhe.de

Wolfgang Schmid

ist Freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, E-Mail: wsm@tele2.de