„Wir haben an der Hochschule Rosenheim beste Voraussetzungen, uns beim international ausgelobten Wettbewerb Solar Decathlon Europe mit den besten Teams der Welt zu messen.“ Mit dem Hinweis auf das Leitprojekt Solar Decathlon Europe (SDE) eröffnete der Präsident der Hochschule Rosenheim, Prof. Heinrich Köster, den 1. Forschungstag am 5. Mai 2010. Rund 50 angehende Architekten und Ingenieure aus allen Disziplinen der Hochschule Rosenheim waren am weltweiten Wettbewerb um das energieeffizienteste Solarhaus beteiligt. Und das mit großem Erfolg: Das „Team Ikaros Bavaria“ war bei dem Internationalen Hochschulwettbewerb das beste deutsche Team, bester europäischer Teilnehmer und errang insgesamt den zweiten Platz (siehe Kasten).
„Hier an der Hochschule wird die anwendungsbezogene, interdisziplinäre Forschung großgeschrieben. Der neue Studiengang Energie- und Gebäudetechnologie ist dazu eine ideale Ergänzung“, so Köster. Ohne die Unterstützung der Industrie sei jedoch ein Projekt wie der Wettbewerbsbeitrag zum Solar Decathlon Europe, das „Haus der Zukunft“, nicht machbar. Die Zusammenarbeit mit dem Institut für Fenstertechnik Rosenheim (ift) sowie dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Holzkirchen eröffneten wichtige Synergien, um auch anspruchsvolle interdisziplinäre Projekte zu stemmen.
„Peak Oil schon im Jahr 2020“
Wie dringlich die forcierte Umsetzung von Innovationen in die Praxis ist, verdeutlichte der Vortrag von Dr. Raoul Klingner, Fraunhofer Gesellschaft, Abteilung Strategie und Forschungsprogramm. So erwarte die Internationale Energie Agentur (IEA) die Produktionsspitze bei der Ölförderung bereits 2020 und nicht mehr – wie ursprünglich prognostiziert – im Jahr 2030. Der Trend zu sauberen regenerativen Energietechnologien müsse deshalb noch weiter beschleunigt werden. Wichtige Zukunftsthemen im Energiebereich seien Energiespeicher für elektrische Energie, um Wind- und Solarenergie effizienter zu nutzen.
Gleichzeitig müssten die Versorgungsnetze mit mehr „Intelligenz“ ausgestaltet werden, gerade auch in Hinblick auf die Nutzung von Windstrom aus Offshore-Windparks. Inzwischen seien bereits Windkraftanlagen mit 200 m Durchmesser, 50 t Blattgewicht und einer Leistung von bis zu 10 MW pro Anlage vorstellbar. In der Photovoltaik sei schon kurzfristig mit der Netzparität1) zu rechnen. Für das Jahr 2013 stellt das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) Konzentrator-Solarzellen mit 45 % Wirkungsgrad in Aussicht. Ein wichtiger Energierohstoff der Zukunft seien Mikroalgen, die eine 5- bis 10-mal höhere Biomasseproduktivität als Landpflanzen hätten.
Bedeutend schneller als bisher ließen sich freie Energiepotenziale aus regenerativen Energien durch den Einsatz von mehr Elektronik in Haushalt und Gebäuden nutzen, zum Beispiel durch intelligente Stromnetze, intelligente Stromzähler, verbesserte Wechselrichter und Netzteile, Einsatz drehzahlgeregelter Antriebe bei Pumpen und Ventilatoren sowie elektronische Vorschaltgeräte von Beleuchtungen, so Klingner. Besonders bedeutsam für die Nutzung regenerativ erzeugten Stroms sei die virtuelle Vernetzung regenerativer Kombikraftwerke, also von Wind-, Biomasse-, Solar- und Wasserkraftwerken. Damit könne man insbesondere im Bereich der Grundlastversorgung Kapazitäten konventioneller Kraftwerke abdecken.
„Autobahn zu EU-Fördergeldern“
Wesentliche Beschleunigungsinstrumente zur Senkung des Energieverbrauchs von Gebäuden sind nach Auffassung von Silke Tannapfel, Vertretung des Freistaats Bayern bei der EU, die verschiedenen Web-Portale zum Thema energieeffizientes Bauen und Forschungsförderung. Mithilfe des Webportals http://www.buildup.eu könne jedermann – vom Eigenheimbesitzer bis zum Bauunternehmer – Praxisempfehlungen abrufen, rechtliche Hinweise inbegriffen.
Wer aktiv an den Energie-Forschungsprojekten der EU teilnehmen möchte, bewerbe sich am besten zunächst als Gutachter über das Web-Portal (cordis.europa.eu/emmfp7/index.cfm), empfiehlt Silke Tannapfel. Ist diese Hürde erst einmal genommen, befände sich der Bewerber „auf der Autobahn zu den EU-Fördergeldern“, so Tannapfel. Besonders hohe Erfolgschancen, an EU-Forschungsprojekten teilzunehmen, hätten Wissenschaftlerinnen (Kontakt: silke.tannapfel@stk.bayern.de).
Schluss mit Nice-to-have-Projekten
Marcus Kratz vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) machte deutlich, dass die Zeit der Nice-to-have-Projekte, beispielsweise das Projekt „Solarbau“, in der Energieforschung vorbei ist und nun konkretere Forderungen mit der Vergabe von Fördergeldern verknüpft sind. Im Klartext des BMWi heißt es: Förderfähig sind Projekte der Industrie, die sich durch Exzellenz auszeichnen und wesentliche technologische Beiträge für die Umgestaltung der Energiesysteme hinsichtlich Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit liefern. Auch klein- und mittelständische Unternehmen sollen im Rahmen von Verbundprojekten von Wirtschaft und Wissenschaft stärker in die Forschungsförderung einbezogen werden.
Im Zentrum der aktuellen Förderung unter der Federführung des BMWi stehen folgende Fachbereiche:
- moderne Kraftwerkstechnologie
- Kraft-Wärme-Kopplung, Fernwärme
- Brennstoffzelle, Wasserstoff
- energieeffiziente Stromnutzung
- energieoptimiertes Bauen (EnoB) mit den Teilprojekten EnBau, EnSan, EnBop, LowEx und ViBau
- Energieeffizienz in Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen.
Neu aufgelegt sind die Programme Stromnetze der Zukunft, Stromspeicher und Elektromobilität. Ein besonderes Augenmerk soll künftig dem energieeffizienten Betrieb gebäudetechnischer Anlagen zukommen. Kratz dazu: „Es geht nicht an, dass Heizungsumwälzpumpen im Betrieb sind, wenn gar nicht geheizt wird.“ Ein neuer Bereich in der Energieforschung sind Membrankonstruktionen zur energetischen Sanierung von Gebäuden ( http://www.mesg.info ).
Die Umsetzung der Ergebnisse von Pilotprojekten und Feldtests in marktgängige Komponenten und Systeme scheint auch weiterhin die größte Schwachstelle in der Energieforschung zu sein. „Die Technologien sind da, aber sie müssen intelligent miteinander verbunden werden“, betont Kratz. Um die Umsetzungsprozesse zu beschleunigen, hat das BMWi bereits im letzten Jahr die neue Website https://www.eneff-stadt.info/ eingerichtet, die anhand städtebaulicher Aufgaben Energieeffizienzpotenziale und Maßnahmen zur Primärenergieeinsparung aufzeichnet.
Gebäude ganzheitlich sanieren
„Durch Energieeinsparung in Gebäuden kann bis 2050 so viel CO2 reduziert werden wie der ganze Verkehrssektor derzeit verursacht.“ Prof. Dr. Harald Krause von der Fakultät für Angewandte Natur- und Geisteswissenschaften, Fachgebiete Physik, Bauphysik, Gebäudetechnik, Wohnraumlüftung und Passivhaus, führte dem Plenum drastisch vor Augen, welche Herkules-Aufgaben die Gebäudebranchen künftig zu bewältigen haben. „Ohne zusätzliche Weiterbildung werden wir die Vorgaben der Energieprogramme der Regierung kaum umsetzen können, zumal auch nicht genügend Ingenieure zur Verfügung stehen.“
Krause setzt sich dafür ein, bei der energetischen Sanierung von Gebäuden nicht zu kleckern, sondern zu klotzen: „Wer heute ein Bestandsgebäude mit einem spezifischen Energieverbrauch von 30 l/(m2 a) Heizöl saniert, hat die einmalige Chance, den Energieverbrauch auf Passivhausstandard zu senken. So eine Gelegenheit ergibt sich nicht oft, denn der allgemeine Sanierungszyklus bei Gebäuden beträgt rund 30 Jahre.“
Zielsetzung des neuen Studienganges Energie- und Gebäudetechnologie sei deshalb ein ganzheitlicher Ansatz, der alle Bereiche der Gebäudetechnik umfasst. „Wir brauchen Ingenieure, die verstehen, wie ein Gebäude gesamtheitlich funktioniert und wie Endenergie effizient bereitgestellt werden kann“, so Krause. Als Upgrade zum Bachelor-Studiengang „Energie- und Gebäudetechnologie“ bietet die Hochschule Rosenheim in Zusammenarbeit mit der Universität Kuala Lumpur, Malaysia, den „Master of Green Building Energy and Management“ an. Neben Energie- und Gebäudetechnik geht es dabei auch um die Schwerpunkte effiziente Baustoffe, Fenster- und Fassadenkonstruktionen sowie Gebäudeautomation, aber auch um Management und Führungskompetenz.
Energiemonitoring erhöht Effizienz
Energiemonitoring könnte in Zukunft ein wichtiges Instrument für dauerhaft niedrige Energieverbräuche werden. Prof. Mathias Wambsganß, Vizepräsident für Forschung und Entwicklung der Hochschule Rosenheim, führte in seinem Vortrag Beispiele an, wie im Gebäudebestand immer noch enorme Mengen an Energie durch eine überkommene Architektur und nicht sachgerechte Betriebsführung verschleudert werden. Selbst bei identischen Gebäuden gäbe es Abweichungen beim Energieverbrauch von 100 %.
Besonders ineffizient seien „architektonisch anspruchsvolle“ Glasbauten wie das Arag-Hochhaus in Düsseldorf (Baujahr 2000), das Haus der Wirtschaftsförderung in Duisburg (Baujahr 1993) oder das Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in Zürich (Baujahr 1998). Nach einem Bericht des „Spiegel“ (47/2004) liegt beim Arag-Hochhaus der spezifische Primärenergieverbrauch immerhin bei 700 kWh/(m2 a), entspricht also einem 70-Liter-Haus. Im Vergleich dazu verbrauche ein modernes Bürohaus mit Lochfassade und guter Wärmedämmung lediglich 70 bis 80 kWh/(m2 a).
Heizen und Kühlen gleichzeitig sei in vielen Gebäuden heute gängige Praxis, da es oft kein Instrumentarium gäbe, solche Prozesse zu kontrollieren. Wambsganß sprach sich für eine gewerke- und komponentenorientierte Betriebs- und Verbrauchsüberwachung mittels Strom- und Wärmezählern aus, denn nur so könne man Fehler im Anlagendesign oder Defekte an Aktoren und Sensoren zeitnah erkennen. Verbrauchszahlen nur einmal pro Jahr abzulesen, reiche nach heutigen Erkenntnissen für einen energieeffizienten Betrieb nicht mehr aus.
Wer ein Gebäude langfristig energieeffizient betreiben wolle, müsse insbesondere der Inbetriebnahme mehr Beachtung schenken und die tatsächlichen Energieverbräuche messen. „Die Datenblätter der Hersteller sind oft nur die halbe Wahrheit“, so die Erfahrungen von Wambsganß. Die qualifizierte Erfassung und Verarbeitung von gebäudetechnischen Daten mittels neuer Monitoring-Methoden sei ein probates Mittel, den Energieverbrauch von Gebäuden langfristig zu senken. Das Monitoring-Programm der Hochschule Rosenheim in der Nullenergiestadt Bad Aibling (siehe Kasten) zeige beispielhaft, dass man durch systematisches Messen von Wärme- und Stromverbrauchern sowie der Betriebs- und Nutzungszeiten in erheblichem Umfang Kosten einsparen kann. Gleichzeitig lieferten solche MonitoringProgramme wichtige Erkenntnisse über energieeffizientere Anlagendesigns und Betriebsweisen, so Wambsganß.
Schlüsselfaktor intuitive Bedienung
Wie viel Elektronik braucht ein Haus und was sind uns Zusatzfunktionen wert? Prof. Dr. Michael Krödel von der Fakultät Natur- und Geisteswissenschaften mit Schwerpunkt Gebäudeautomation, Gebäudetechnik und Datenverarbeitung ist der Auffassung, dass nur intuitiv bedienbare Haus- und Gebäudeautomationssysteme langfristig eine Akzeptanz beim Endverbraucher finden. Aus seiner Sicht gehört vernetzten Systemen die Zukunft, allerdings müssten diese für den Nutzer einen Mehrwert in Form von zusätzlicher Sicherheit und Komfort generieren. „Im Brandfall muss die Kommunikation zwischen dem Brandmeldesystem und beispielsweise der Rolladen- und Sonnenschutzsteuerung möglich sein, um Fluchtwege zur Verfügung zu stellen“, so Krödel.
Gebäudeintelligenz könne am besten durch die Vernetzung von Energieeffizienz, Sicherheit und Komfort geschaffen werden. Welche Funktionen für ein Gebäude oder Haus sinnvoll sind und beim Nutzer Akzeptanz finden, werde derzeit in verschiedenen anwendungsbezogenen Forschungsprojekten erprobt und getestet, unter anderem in einem Passivhaus.
Besonders gespannt sei man auf die Erfahrungen mit dem für den Solar-Decathlon-Europe-Wettbewerb entworfenen „Haus der Zukunft“. Für dieses Vorhaben wurde von den Studenten eine eigene Integrationsplattform über OPC-Technologie geschaffen, die Gebäude-, Haus- und Kommunikationstechnik über einen Touchscreen miteinander verbindet (siehe auch Seite 26). Eine Erkenntnis stand aber für Krödel schon vor der Teilnahme am Wettbewerb fest: Gebäudeautomation liegt im Trend, ohne Gebäudeautomation gibt es auf Dauer keine energieeffizienten Gebäude. Voraussetzung für die Akzeptanz seien jedoch kreative Systeme mit einer Oberfläche, die ohne jegliche Einweisung und Anleitung funktioniere und leicht zu bedienen sei. Wichtig sei auch, dass sich beim Nutzer ein unmittelbares Erfolgserlebnis einstellt und er das Gefühl hat, dass ihm so ein System mehr Komfort bietet und das Leben leichter macht.
http://www.gebaeude-iq.de/projekte.html
1) Die Netzparität (auch: Grid Parity) gilt als erreicht, wenn Endverbraucher Elektrizität zu denselben Kosten produzieren können, die sie an einen Netzbetreiber bezahlen müssten.
Zweiter Platz beim Solar Decathlon Europe
Bestes deutsches Team, bester europäischer Teilnehmer und insgesamt ein zweiter Platz beim Internationalen Hochschulwettbewerb „Solar Decathlon Europe 2010“ in Madrid – das ist das Ergebnis für das „Team Ikaros Bavaria“ der Hochschule für angewandte Wissenschaften – Fachhochschule Rosenheim. Erstmals fand der Solar Decathlon vom 18. bis 27. Juni 2010 in Europa statt. Der Wettbewerb wurde bereits vier Mal in USA ausgetragen. In der zweijährigen Projektphase sollten Studententeams ihre Ideen von einem energieeffizienten, solarbetriebenen Haus realisieren. Die Häuser traten dann im Wettkampf in Madrid auf der Villa Solar gegeneinander an. In die Wertung des solaren Zehnkampfes gingen Jurywertung wie Architektur oder Nachhaltigkeit sowie harte Messwerte für Behaglichkeitskriterien und die Energiebilanz mit ein. Das Rosenheimer Team setzte von Anfang an auf das Passivhauskonzept. Ein äußerst kompakter Baukörper, eine Holzständerkonstruktion mit Hanf und Vakuum-Isolationspaneelen gedämmt und eine effiziente Lüftungsanlage ermöglichen die Einhaltung der Passivhauskriterien an verschiedensten Standorten in Europa.
Als Energiequelle dient eine 13-kWp-Photovoltaikanlage. Aufgrund der harten Behaglichkeitsanforderungen (Temperaturband 23…25 °C, Luftfeuchte 40…55 %) und der sechs- bis achtstündigen Besucherzeiten pro Tag war eine aktive Kühlung für den Standort Madrid zum Wettkampfzeitraum unumgänglich. Dies wurde mit einer flexibel einsetzbaren Wärmepumpe realisiert, deren Abwärme für die Trinkwassererwärmung diente. Zusätzlich wurde als passive Maßnahme mit Unterstützung des ZAE-Bayern eine offene nächtliche Strahlungskühlung über die Photovoltaik-Module realisiert. Als Energieübergabesystem fungieren eine Heiz-Kühldecke sowie die Lüftungsanlage. Da am Standort Madrid mit relativ kalten Nächten zu rechnen war, wurde als weitere Kühlmaßnahme ein PCM-Speicher eingesetzt, der in der Nacht über die Außenluft ausgekühlt wurde und am Tag im Umluftbetrieb bis zu 15 kWh an Wärmeenergie abführen kann.
Bereits zu Beginn des Wettkampfes stellten sich die Vorteile des Passivhausansatzes heraus. Während andere Teams aufgrund der niedrigen Außentemperaturen bis zu 10 °C heizen mussten oder die Innenraumtemperatur auf bis zu 16 °C abfiel, lag im Rosenheimer Haus ohne irgendwelche Maßnahmen der maximale Temperaturabfall bei ca. 0,5 °C. Tagsüber wurden durch einen völlig neu entwickelten außenliegenden Sonnenschutz (Zig-Zag-Fassade) und die guten Dämmwerte die externen Wärmelasten minimiert.
Das Rosenheimer Team konnte mit den Behaglichkeitskriterien, der Energiebilanz und den elektrischen Geräten sowie dem Lichtkonzept alle über Messwerte beurteilten Disziplinen für sich entscheiden und lag am Ende mit 810 Punkten nur 0,9 Punkte hinter dem siegreichen Team vom Virginia Polytechnic Institute. Die anderen deutschen Teams schlugen sich mit Platz 3 für Stuttgart, Platz 6 für Wuppertal und Platz 10 für Berlin ebenfalls beachtlich. 2012 soll der Wettbewerb wieder in Madrid stattfinden. Prof. Dr. Harald Krause
Von der Militärbrache zur Nullenergiestadt
Welche Herausforderungen auf künftige TGAIngenieure zukommen, verdeutlichte der Vortrag von Wolfgang Schroeder von B&O Wohnungswirtschaft, München. Der Sanierungsspezialist ist dabei, eine Militärbrache – bis 2004 Abhörbasis des Echelon-Systems der US-Streitkräfte in Europa – in einen Wohnpark mit NullenergieAnspruch umzuwandeln. Das Areal umfasst 72000 m2 Wohn- und Nutzfläche verteilt auf 52 Gebäudekomplexe und Wohnanlagen. Bereits im ersten Viertel der Projektlaufzeit konnte durch Energiesparmaßnahmen an den Bestandsgebäuden sowie durch hydraulische Optimierungen am Fernwärmenetz die Wärmeleistung der Energieerzeuger von ursprünglich 19,5 auf 0,8 MW zurückgebaut werden. Der typische Primärenergiebedarf der Bestandswohngebäude lag bei Übergabe durch die US-Armee bei rund 460 kWh/(m2 a). Ziel des Projektes ist eine Nullenergiestadt auf Niedrigexergie- und Passivhausniveau. Die Wärme soll durch Kraft-Wärme-Kopplung, Solarthermie, saisonale Energiespeicher und Wärmepumpen auf Basis eines Fernwärmesystems bereitgestellt werden.
Eine Besonderheit bei der energetischen Sanierung sind vorgefertigte hochwärmegedämmte Holz-Fassadenteile mit integrierter Low-Ex-Wandheizung, die die Bestandsgebäude von außen temperieren. Die Hochschule Rosenheim ist in die Nullenergiestadt Bad Aibling über ein Monitoring-Projekt eingebunden. Rund 2200 Messpunkte mit ca. 3500 Datenpunkten sollen über eine Projektlaufzeit von fünf Jahren aussagefähige Energiedaten von Gebäuden (Wärme/Strom), Energiebereitstellung, Energieverteilung sowie Angaben zu Nutzerpräsenz und Fensteröffnungszeiten liefern.
Wolfgang Schmid
ist Freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, E-Mail: wsm@tele2.de