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- Gefahrenmeldeanlagen aus den 1990er-Jahren entsprechen nicht mehr den aktuellen Regelwerken. Oft fehlen übergeordnete Funktionen, um Informationen schnell und zentral zu erfassen und strategisch angemessen zu alarmieren. Typisch sind zudem Fehlalarme sowie steigende Wartungs- und Servicekosten.
- Für den Regierungsstandort Potsdam wurde unter Berücksichtigung von vorhandenen (meist separaten) Anlagen ein neues Brandschutz- und Sicherheitskonzept als Gesamtlösung mit einer neuen Sicherheitszentrale und einem ausbaufähigen Zentralennetzwerk entwickelt.
- Für die neuen brandschutz- und sicherheitstechnischen Anlagen wurde eine Mietlösung über eine Laufzeit von 15 Jahren vereinbart.
Viele Brand- und Einbruchmeldeanlagen in öffentlichen Liegenschaften stammen noch aus den 1990er-Jahren. Oft entsprechen sie nicht mehr den heutigen Vorschriften. Dadurch sind Gebäude nicht ausreichend geschützt; Fehlalarme nehmen zu.
Typisch für große Liegenschaften sind gewachsene Strukturen, das heißt, es existieren mehrere Fabrikate von Gefahrenmeldeanlagen aus unterschiedlichen technologischen Generationen. Die Leitstände in diesen Immobilien bestehen deshalb meist aus mehreren parallelen Systemen, die sich – wenn überhaupt – nur mit sehr hohem Aufwand auf ein übergeordnetes Gefahrenmanagementsystem aufschalten lassen.
Im Alarmfall ist die Bedienung dieser Anlagen häufig problematisch, da die Meldungen, Sprachanrufe und Alarme aus mehreren Systemen ankommen. Dadurch sind die Reaktionszeiten deutlich länger als bei integrierten Systemen. Hinzu kommen hohe Kosten für die laut Regelwerk notwendigen wiederkehrenden Wartungs- und Servicearbeiten. Auch neigen technisch veraltete Brandmeldeanlagen zu Fehlalarmen. Zusätzliche Kosten für den Feuerwehreinsatz sind die Folge.
Sicherheitstechnik aus Nach-Wendezeit
Auf der Liegenschaft Heinrich-Mann-Allee 107 des Regierungsstandortes Potsdam Abb. 1 wurden seit der Wiedervereinigung die unterschiedlichsten Brandmelde-, Einbruchmelde- und Sprechanlagen installiert. Damals war es üblich, Gebäude für Gebäude zu sanieren, mit jeweils separat ausgeschriebenen sicherheitstechnischen Anlagen.
Diese Vorgehensweise führte dazu, dass in der zentralen Leitstelle der Liegenschaft beziehungsweise beim Pförtner für jedes System ein separates Bedienfeld, jeweils mit Monitor, Sprechstelle, Telefon und Protokolldrucker eingerichtet wurde. Da ein übergeordnetes Gefahrenmanagementsystem fehlte, konnten Aktionen und Gespräche weder zentral protokolliert noch die Alarmierungen nachvollzogen werden.
Typisch für die alten analogen Anlagen sind Fehlalarme sowie steigende Wartungs- und Servicekosten. Außerdem muss der Betreiber damit rechnen, dass einzelne Systeme durch die Hersteller abgekündigt werden und damit intakte Bestandsanlagen nicht in neue Systeme migriert werden können.
Gesamtlösung integriert alte Technik
Das Land Brandenburg, vertreten durch den BLB, entschied sich im Jahr 2008, für den Regierungsstandort Potsdam ein völlig neues Brandschutz- und Sicherheitskonzept als Gesamtlösung zu entwickeln. Erste Erfahrungen mit modernen Gefahrenmeldeanlagen machte der BLB im Zeitraum 2009/10 bei der Modernisierung der Brandmeldeanlagen im Justizministerium.
Damals erhielt Siemens den Auftrag, in diesem Gebäude eine neue Brandmeldezentrale, neue Brandmelder sowie eine Sirenenalarmierung zu installieren. Eingebaut wurde eine netzwerkfähige Sinteso FS20-Zentrale. Sie setzte gegenüber den teilweise mehr als 20 Jahre alten Bestandsanlagen neue Maßstäbe hinsichtlich Bedienkomfort, Datenerfassung, Alarmierung und Protokollierung.
Seit der Neuinstallation gehen von diesem Gebäude keine Fehlalarme mehr aus. Unter der fachlichen Begleitung durch das Ingenieurbüro VPA-Ingenieure, Berlin-Brandenburg, wurde daraufhin für die Liegenschaft Heinrich-MannAllee 107 ein umfassendes Brandschutz- und Sicherheitskonzept entwickelt. Ein wichtiges Anliegen des BLB war es, die noch intakten Anlagen und Komponenten in das neue System zu integrieren.
Bei der öffentlichen Ausschreibung des Projekts wurde deutlich, dass viele der neu angebotenen Brandmeldeanlagen auch heute noch nicht migrationsfähig sind. Im Gegensatz dazu können die Brand- und Gefahrenmeldeanlagen von Siemens auch alte analoge Systeme in die neuen, zentral vernetzten Systeme integrieren. Selbst analoge Rauchmelder aus den 1970er-Jahren lassen sich auf die neuen digital arbeitenden Zentralen vom Typ Sinteso FS20 aufschalten. Bei der Vergabe der Bauleistung war das Konzept von Siemens nicht nur zukunftssicherer als das anderer Anbieter, sondern unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen auch preisgünstiger und damit langfristig wirtschaftlicher.
Mieten statt kaufen
Gefahrenmeldeanlagen müssen vierteljährig gewartet werden. Hinzu kommen wiederkehrende Prüfungen durch Sachverständige sowie der in den Normen und Vorschriften festgelegte periodische Austausch von Rauchmeldern. Neben den Investitionskosten müssen deshalb bei der Anschaffung von Gefahrenmeldeanlagen auch die Kosten für Wartung und Service sowie die Softwarepflege der Zentralen eingeplant werden.
Als Alternative zur investiven Lösung und den separat ausgeschriebenen Dienstleistungen bot Siemens dem BLB ein Mietmodell an, das folgende Leistungen enthielt:
- Aufbau eines vernetzten Brandmeldesystems für 16 Dienstgebäude auf der Liegenschaft Heinrich-Mann-Allee 107 auf der Basis von Sinteso FS20-Zentralen mit Aufschaltung auf die separat ausgeschriebene Sicherheitszentrale
- Einbau einer netzwerkfähigen Transliner Ringbus-Einbruchmeldezentrale vom Typ IC1000
- Lieferung und Installation einer Türsprech- und Videoanlage mit Aufschaltung auf die Sicherheitszentrale
- Vertrag über alle periodischen Wartungs- und Servicearbeiten
- Übernahme der Kosten für wiederkehrende Prüfungen durch Sachverständige
- Übernahme der Kosten für den Austausch von Rauchmeldern nach DIN-Vorgabe
- Bereitstellung von Ersatz bei Ausfall von Hard- und Software
- Aktualisierung der Software für die Zentralenvernetzung bei Netzausbau durch Aufschaltung weiterer Anlagen und Gebäude
- Übernahme der Kosten für einen Feuerwehreinsatz bei Fehlalarm in Höhe von bis zu 2000 Euro pro Einsatz
Bei der Gegenüberstellung der investiven Lösung und der Mietlösung kam der BLB zum eindeutigen Ergebnis, dass die Mietlösung über eine Laufzeit von 15 Jahren für die Liegenschaft Heinrich-Mann-Allee 107 die wirtschaftlichere ist. Ausschlaggebend dafür ist die Einbeziehung aller Dienstleistungen in den Mietvertrag, inklusive der Softwarepflege. Der Vertrag beinhaltet auch, die Anlagen über den Zeitraum von 15 Jahren auf dem neuesten Stand der Technik zu halten.
Redundantes Zentralennetzwerk
Durch die Wahl des leistungsstarken Zentralennetzwerks FC-Net kann die jetzige Basisinstallation beliebig mit Gefahrenmeldeanlagen erweitert werden Abb. 2. Ein Ringbus als industrielles LAN (Local Area Network) gewährleistet die rückwirkungsfreie Aufschaltung weiterer Systeme wie Video- oder Einbruchmeldeanlagen.
Die Ausbaufähigkeit beschränkt sich also nicht nur auf zusätzliche Gebäude, sondern auch auf die funktionale Erweiterung der Gefahrenmeldeanlagen in den bestehenden Gebäuden. Zudem ist durch das Zentralennetzwerk FC-Net auch eine hohe Ausfallsicherheit gewährleistet. Sollte beispielsweise eine Einbruchmeldeanlage oder eine Gefahrenmeldeanlage einmal ausfallen, schaltet sich die defekte Anlage automatisch auf die Parallelbedienebene beim Informations- und Lagedienst um.
Außerdem kann von jeder FS20-Zentrale über den Ringbus auf jede andere Brandmeldezentrale gleichen Typs zugegriffen werden. Weitere Bedienplätze befinden sich im Pförtnerhaus. Von dort aus können die Anlagen auch außerhalb der Arbeitszeiten des Informations- und Lagedienstes überwacht werden.
Videoanlagen
Im Zuge der Modernisierungsmaßnahmen an den Gefahrenmeldeanlagen wurde die alte analoge Kameratechnik komplett durch moderne Videokameras in HD-Qualität abgelöst. Im Gegensatz zu früher, als für jedes Gebäude ein eigener Bildschirm mit Sprechstelle, Telefon und Türöffner installiert war, sind jetzt alle Videobilder, Sprachmeldungen sowie die Tür- und Torsteuerungsanlagen auf den in der Sicherheitszentrale neu installierten Gefahrenmeldeanlagen-Manager aufgeschaltet Abb. 3 .
Dabei wird der jeweilige Standort des Anrufes an den Türen und Toren unmittelbar auf dem Bildschirm dargestellt. Auch Notrufe werden entsprechend erfasst. Zusätzlich sind die bereits installierten Einbruchmeldeanlagen in das LAN-Netzwerk eingebunden und damit beliebig erweiterbar.
Topsis für schnelle Alarmbearbeitung
Auch bei der Vergabe des Auftrags „Lieferung und Installation einer Sicherheitsleitzentrale“ wurde vom BLB geprüft, inwieweit dafür ein Mietmodell infrage kommt. Unter Abwägung der Rahmenbedingungen entschied sich der BLB für eine investive Lösung, da diese – bezogen auf den vorgenannten Standort – langfristig wirtschaftlicher ist.
Installiert ist eine Topsis-Sicherheitsleitzentrale mit dem Gefahrenmeldeanlagen-Manager (GMA-Manager), der alle aufgeschalteten Systeme zu einer Gesamtlösung verbindet Abb. 4. Für das Personal des Informations- und Lagedienstes bedeutet die neue Sicherheitsleitzentrale eine wesentliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Dazu zählen der Platzgewinn durch den Wegfall mehrerer firmenspezifischer Alarmierungsgeräte und deren Peripherie, die gebündelten, bereits aufbereiteten Informationen über den Status der Anlagen, die Dokumentation der Alarme sowie deren Rückverfolgbarkeit. Auch ist die Alarmbearbeitung mithilfe des GMA-Managers jetzt weniger komplex, da alle relevanten Funktionen gemeinsam überwacht und einheitlich gesteuert werden können.
Insgesamt ist die Transparenz durch den GMA-Manager deutlich höher, da die Lage und der Status der einzelnen Gefahrenmeldeanlagen im Gebäude, auf dem Stockwerk und in den zu überwachenden Räumen jederzeit abgebildet werden kann. Dadurch können Gefahrensituationen frühzeitig erkannt, entsprechende Maßnahmen selektiv und schnell eingeleitet und dadurch Paniksituationen vermieden werden. Nicht minder wichtig für das Sicherheitspersonal und die Projektverantwortlichen des BLB ist die hohe Funktionssicherheit der Brandmeldelinien. Seit der Neuinstallation gab es keinen einzigen Fehlalarm.
Fazit
Die neue Topsis-Sicherheitsleitzentrale mit dem Integrations- und Visualisierungssystem GMA-Manager bündelt alle relevanten Meldungen und Alarme. Dadurch kann das Wachpersonal schnell und entscheidungssicher reagieren.
Die Ablösung der alten analogen Insellösungen durch ein hochintegriertes, vernetztes System auf der Basis eines LAN bietet eine hohe Redundanz und gewährleistet die einfache Aufschaltung zusätzlicher Brandmeldeanlagen in den bestehenden Gebäuden. Auch lassen sich die Bestandsanlagen beliebig erweitern und zusätzliche sicherheitsrelevante Systeme, wie beispielsweise Zugangskontrollsysteme, aufschalten.•
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Von Napoleons Kavallerie-Depot zum Regierungsstandort
Der Regierungsstandort Potsdam besteht aus den Liegenschaften Henning-von-Tresckow-Straße, Heinrich-Mann-Allee 103 und Heinrich-Mann-Allee 107. Bei der Entwicklung der Stadt Potsdam zum „Herz der Militärmonarchie“ unter Friedrich Wilhelm I. Anfang des 17. Jahrhunderts spielte die Bebauung des ehemaligen Waldstücks eine maßgebliche Rolle. Napoleons Truppen besetzten Potsdam im Jahr 1806 und machten das Gelände der heutigen Heinrich-Mann-Allee 107 zu ihrem Hauptkavallerie-Depot. Kurz vor Abzug der Franzosen wurden die dort unter Friedrich II. ab 1747 angelegten Maulbeerplantagen gefällt; die Gebäude brannten zum Teil aus.
In den Jahren 1900 bis 1912 wurde die noch vorhandene Bausubstanz grundlegend erneuert. Dabei entstand auch das klassizistische Hauptgebäude, das 1910 nach den Plänen des Architekten Robert Klingelhöffer im Stil des Neobarock umgestaltet wurde. Bis zum Versailler Vertrag diente es den Kadetten als Unterrichtsgebäude, danach als Staatliche Bildungsanstalt. 1933 erfolgte die Umwandlung in die Nationalpolitische Erziehungsanstalt Napola. Bei einem Luftangriff am 14. April 1945 erlitten alle Gebäude auf dem Areal schwere Schäden. In den ersten Nachkriegsjahren wurden die Gebäude und die Gesamtanlage notdürftig saniert. Im Jahr 1946 zogen die Provinzialbehörde und 1947 die Landesbehörde ein. Nach Auflösung der Bundesländer in der damaligen DDR übernahm der „Rat des Bezirks Potsdam“ den Standort.
Seit der Neugründung des Landes Brandenburg im Rahmen der Wiedervereinigung beherbergt diese Liegenschaft die Staatskanzlei, die Ministerien für Wirtschaft und Europaangelegenheiten, der Justiz, der Finanzen und für Bildung Jugend und Sport, eine Bibliothek und die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung. Der Brandenburgische Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB), der unter anderem auch für die Modernisierung der Gefahrenmeldeanlagen und die Einrichtung der Sicherheitsleitzentrale verantwortlich ist, ist ebenfalls vor Ort.
BLB
Der Brandenburgische Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) wurde am 1. Januar 2006 durch das Gesetz zur Neuorganisation der Liegenschaft- und Bauverwaltung im Land Brandenburg gegründet. Gegenwärtig befinden sich mehr als 200 Liegenschaften mit rund 700 Immobilien und einer Nettogrundfläche von etwa 1,2 Mio. m2 im wirtschaftlichen Eigentum des BLB. Der Dienstleistungsbetrieb bietet folgende Service-Bausteine an:
- Bauprojekte, von der Planung bis zur Errichtung
- Gebäude, von der Verwaltung bis zur Erhaltung
- Fahrdienste und Fuhrparkmanagement
Besonderes Augenmerk legt der BLB auf eine nachhaltige Bewirtschaftung der Liegenschaften mit Absicherung der bereits festgelegten Investitionen bei gleichzeitiger Wertsteigerung. Dabei ist der BLB bereit, auch neue Wege zu gehen, zum Beispiel die Umsetzung moderner Finanzierungslösungen ohne investives Budget. Auch bei der Modernisierung der sicherheitstechnischen Anlagen wählte der BLB einen neuen Ansatz und entschied sich für ein Mietmodell, das sowohl die Hardware als auch Wartung und Service umfasst.
Detlef Hoffmann
Brandenburgischer Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen, Potsdam
Bernd Marx Siemens AG, Building Technologies Division, Berlin