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- Die Modernisierung einer Kleinbäckerei wurde dazu genutzt, die Abwärme aus zwei Wagenöfen und einem Kälteaggregat zur Trinkwassererwärmung und Raumheizung zu erschließen.
- Durch das Konzept konnten die Stromkosten deutlich gesenkt werden und die auf den Umsatz bezogen Energiekosten sind nach der Modernisierung um etwa 2 % gegenüber dem Vorjahr gesunken.
Als Thomas Koch 2014 die Leitung der Bäckerei Koch von seinem Vater übernahm, hatte die Familie bereits Modernisierungspläne geschmiedet. Nachdem es den vorigen Generationen gelungen war, die traditionsreiche Bäckerei zu einem Betrieb mit 48 Mitarbeitern und drei Filialen auszubauen, sollte nun der älteste Standort in Balingen-Engstlatt aufgewertet werden Abb. 1.
„Wir hatten Investitionen in das Café, den Verkaufsbereich und in die Technik ins Auge gefasst“, sagt Thomas Koch. „Wir wollten den Bürgern in unserem Ortsteil signalisieren: Wir sind für Euch da!“ Dass im Zuge der Modernisierung auch die Backstube profitieren sollte, stand für ihn außer Zweifel. „Unsere Kunden schätzen es, dass wir keine Massenware vertreiben, sondern unsere Backwaren und Torten selbst erzeugen“, sagt er und verweist stolz auf die breite Palette an Produkten, die großenteils nach dem Motto „aus der Region für die Region“ Rohstoffe aus der Umgebung enthalten.
Förderung für Standorttreue
Die Standorttreue wurde vom Land Baden-Württemberg belohnt: Das Land förderte das Projekt mit 200 000 Euro aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum. Das Programm unterstützt zum Beispiel Investitionen, die Arbeitsplätze an einem ländlich geprägten Ort erhalten oder die der Infrastruktur zugute kommen. Hier trifft beides zu: Das große Café der Bäckerei Koch ist ein beliebter Treffpunkt für die Einwohner und nachmittags die einzige Möglichkeit am Ort, sich zum Ratschen, Spielen oder Kaffeetrinken zu treffen. Zudem bietet der Betrieb neben den eigenen Erzeugnissen etliche andere Lebensmittel an. Das kommt vielen Ortsansässigen entgegen, denn in fußläufiger Entfernung gibt es keinen Lebensmittelladen oder Supermarkt.
Insgesamt flossen rund 1,5 Mio. Euro in das Modernisierungsprojekt – das entspricht etwa zwei Dritteln des Jahresumsatzes. Von den Investitionen profitiert das Café, das nun mehr Platz für Gäste bietet und dessen neue Terrasse im Sommer zum Verweilen einlädt. Im Zuge der Erweiterung wurden auch Effizienzmaßnahmen im Lokal umgesetzt, zum Beispiel die konsequente Umstellung auf LED-Beleuchtung und ein Bodenbelag, der mit der neuen Fußbodenheizung harmoniert.
Effizienter arbeiten und Energie sparen
Die Bäcker profitieren von zwei neuen, gasbefeuerten Stikkenöfen (Wagenofen nach dem Konvektionsprinzip mit Schwadenapparat und Entschwadung) Abb. 3, die zwei alte ölbetriebene Öfen gleicher Bauart ersetzten. Zudem sind nach wie vor zwei ölbetriebene Etagenöfen sowie ein Holzofen im Einsatz. „Mit den neuen Öfen können wir schneller arbeiten und sparen dabei auch noch Energie“, stellt Koch fest. Denn im Gegensatz zu den alten Öfen ermöglichen die beiden neuen Stikkenöfen das Auskoppeln von Abwärme aus dem Abgas bei 90 °C. Auch das neue Kälteaggregat, das mit den drei neuen Kühlzellen angeschafft wurde, stellt Abwärme zur Verfügung. Zwar beträgt die Temperatur am Kondensator nur 45 °C, aber selbst auf diesem Niveau ist die Wärmerückgewinnung lohnenswert.
Abwärme wird also zu Nutzwärme, und die kommt dank eines zentralen Wärmemanagements und einer maßgeschneiderten Speicherlösung allen Wärmeverbrauchern im Gebäude zugute: Die Energie kann zum Heizen oder zur Trinkwassererwärmung genutzt werden. So profitieren nicht nur die Gewerbespülmaschinen davon, sondern auch die Küche, die Duschen, die Büroräume im Obergeschoss oder das Café.
Wärmemanagement
Um die Abwärme bestmöglich zu nutzen und die Anlageneffizienz zu steigern, bot sich eine Optimierung der Heizungsanlage an. Heizungsexperte Rainer Staiger aus Balingen schlug vor, den Brenner für den Heizkessel zu erneuern, die Trinkwassererwärmer auf hygienische Frischwassererwärmer umzurüsten und eine Regelung anzuschaffen, die alle Wärmequellen und -senken einbinden kann. Herzstück der ganzen Lösung sind jedoch die Wärmespeicher. Sie entkoppeln Wärmeerzeugung und -bedarf, halten sie temperaturgeschichtet vor, um sie den Abnehmern auf dem jeweils passenden Niveau zuzuführen. Das erspart in den meisten Fällen eine Nacherwärmung oder das wenig effiziente Zumischen von Kaltwasser.
Realisiert wurde das Konzept mit zwei Schichtwärmespeichern von varmeco mit je 3000 l Inhalt Abb. 4, die mit der Abwärme aus den Öfen und bei Bedarf vom Heizkessel geladen werden. Ein zusätzlicher 500-l-Speicher dient ausschließlich der Trinkwassererwärmung über die Frischwassererwärmung Abb. 2. Im Gegensatz zu den 3000-l-Speichern in der Garage befindet er sich im Gebäude nahe der Waschräume und der Backstube. „Dadurch ergeben sich kurze Strecken in der Warmwasserverteilung“, argumentiert Staiger.
Für die übergeordnete Regelung ist der kleine Speicher ein Verbraucher der beiden großen, denn er wird beim Unterschreiten einer Mindesttemperatur geladen. Staiger: „Das geschieht sozusagen schwallweise und ist deutlich effektiver, als wenn bei jedem Warmwasserbedarf geringe Mengen an Wärme transportiert würden.“
Die vier Heizkreise des Objektes werden direkt aus den 3000-l-Speichern versorgt. Das Wärmemanagement mit der Steuerung VarCon 380 Pro Abb. 5 stellt durch eine Vorrangregelung sicher, dass die Abwärme priorisiert wird. Nur bei Spitzenbedarf, etwa zum Heizen des Cafés, des Büros und der Sozialräume im Winter, wird der Heizkessel zugeschaltet. Er ist an die varmeco-Steuerung über eine 0…10-V-Schnittstelle angebunden. Über die VarCon 380 Pro können Koch und Staiger Betriebsdaten und -parameter auch aus der Ferne am PC oder am Smartphone ablesen und gegebenenfalls Änderungen vornehmen.
„Wärmerückgewinnung rentiert sich“
Koch ist sehr zufrieden mit der neuen Wärmerückgewinnung. Zwar kann er keinen Vergleich mit den Energiekosten früherer Jahre anstellen, weil die neuen Öfen und der Heizkessel nun mit Flüssiggas statt mit Öl befeuert werden und das Café vergrößert wurde. Deutlich gesunken sind die Stromkosten und bezogen auf den Umsatz sind die Energiekosten um etwa 2 % niedriger als im Vorjahr. Unabhängig davon ist sich Koch sicher: „Die Wärmerückgewinnung rentiert sich.“ Denn vor dem umfangreichen Umbau hatte er unabhängige Energieberater um ihre Einschätzung gebeten. „Sie haben mich schnell von der Wirtschaftlichkeit der Wärmerückgewinnung überzeugt.“Ralf Dunker
Frischwassererwärmer …
… ermöglichen eine hygienische, energiesparende Trinkwarmwasserbereitung: Es wird kein Trinkwasser im erwärmten Zustand bevorratet, sondern bei Bedarf in einem Wasser/Wasser-Wärmeübertrager erhitzt. Aufgrund des Durchlaufprinzips können sich Krankheitserreger wie Legionellen kaum vermehren. Die Warmwasser-Verweilzeit – also die Dauer vom Eintritt des Wassers in den Trinkwassererwärmer bis zur Entnahme – ist gegenüber konventionellen Systemen um bis zu 85 % kürzer. Ein Erhitzen über 65 °C – essenziell zum Abtöten von Keimen bei einem Trinkwarmwasserspeicher – ist bei Frischwassererwärmern deshalb in der Regel nicht notwendig. Durch den fast senkrechten Einbau des Wärmeübertragers (Kaltwasser oben, Warmwasser unten) kühlt das Wasser in den Frischwasserstationen von varmeco schnell wieder ab und der Wärmeübertrager neigt kaum zum Verkalken.