Die Bundesnetzagentur hat eine Festlegung zur Anpassung von kalkulatorischen Nutzungsdauern und Abschreibungsmodalitäten von Erdgasleitungen veröffentlicht. Sie könnte das Gas-Netzentgelt künftig geordnet erhöhen und Erdgas verteuern, bevor dies der erwartete Mengenrückgang bewirkt.
Mit den angepassten kalkulatorischen Nutzungsdauern und Abschreibungsmodalitäten von Erdgasleitungsinfrastrukturen (KANU 2.0) werden für die Gas-Netzbetreiber bundesweit die Abschreibungen flexibilisiert. Die Festlegung der Bundesnetzagentur (BNetzA) flankiert damit regulatorisch die Transformation der Gasnetze. Die Gasnetztransformation soll hierbei so ausgestaltet werden, dass die Kunden zu jedem Zeitpunkt sicher versorgt werden und hierfür angemessene Netzentgelte erhoben werden.
Hintergrund: Die trotz sinkender Absatzmengen weiterhin anfallenden Kosten der Vorhaltung einer breiten Infrastruktur und der Versorgungssicherheit sollen zeitlich so auf die nächsten Jahre und Jahrzehnte bis 2045 verteilt werden können, dass sie noch von möglichst vielen Kunden getragen werden können. Diese Kosten werden damit zeitlich verschoben. So soll laut BNetzA verhindert werden, dass Kunden, die langsamer als andere aus der Erdgasnutzung aussteigen können, zu hohe Belastungen tragen müssen. Ohne diese Maßnahme müssten die verbleibenden Nutzer über die Zeit immer höhere Entgelte tragen.
Gleichzeitig soll die BNetzA-Festlegung gewährleisten, dass Netzbetreiber ihre notwendigen Investitionen in die Erdgasnetze weiterhin amortisieren können.
Kürzere Nutzungsdauern und degressive Abschreibungen
Die Festlegung erlaubt den Netzbetreibern kürzere Nutzungsdauern als bisher. So können Teile von Gasnetzen in Ausnahmefällen bis zum Jahr 2035, in der Regel bis 2045 abgeschrieben werden.
Zusätzlich werden in besonderen Fällen degressive Abschreibungen mit einem Satz von bis zu 12 Prozent erlaubt. Damit können die Abschreibungen an sinkende Absatzmengen angepasst werden. Die Netzbetreiber können dadurch ihre Investitionen weitestgehend amortisieren und ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für den Transformationsprozess sichern.
Generell gehen schnellere Abschreibungen in der Anfangsphase der Gasnetztransformation mit höheren Netzentgelten einher. Diese hängen jeweils stark von der regionalen Umsetzung der Wärmewende und dem Rückgang der Zahl der Gasnutzer ab. Die Festlegung wird nach Einschätzung der Bundesnetzagentur zu einem eher moderaten Anstieg der Entgelte führen.
Im Mittel liegt das Netzentgelt für die Belieferung von Haushaltskunden bei rund 1,9 Ct/kWh (netto), wobei es sich über mehrere Netzebenen ergibt. Bei einer Gasentnahme von 20.000 kWh/a als typischer Referenzwert für ein Einfamilienhaus beträgt das Netzentgelt rund 450 Euro/a brutto. Das Netzentgelt variierte regional im Jahr 2023 allerdings zwischen rund 0,8 und 4 Ct/kWh netto, sodass es vor Ort dann zwischen 190 und 950 Euro/a brutto liegen kann. Das Netzentgelt ist bei Haushaltskunden Bestandteil von Energielieferverträgen und wird vom Energieversorger an den Gas-Verteilnetzbetreiber abgeführt.
KANU 2.0 kann ab 2025 angewendet werden
Die KANU-2.0-Regeln können in den Netzentgelten ab dem Jahr 2025 angesetzt werden. Die Netzbetreiber sind nicht verpflichtet, sie zu einem bestimmten Zeitpunkt anzuwenden. Sie können beispielsweise auch die Verabschiedung von kommunalen Wärmeplanungen vor einer Umstellung der Abschreibungsmodalitäten abwarten.
Es liegt somit in der Eigenverantwortung der Netzbetreiber, ihre Entgelte an die regional sehr unterschiedliche Entwicklung der Gasnetznutzung anzupassen. Die Netzbetreiber haben die Verantwortung, die jeweiligen Planungen für die Transformation sorgfältig zu beobachten und zu begleiten und stehen in der Pflicht, die Ziele einer beschleunigten Abschreibung und dem Ziel nach möglichst geringen Entgeltanstiegen auszutarieren.
Die Bundesnetzagentur hat die Flexibilität bei den Abschreibungen mit strengen Begründungspflichten kombiniert. Die Netzbetreiber dürfen die beschleunigte Abschreibung nur nutzen, wenn sich diese auch als plausibel erweist. Ohne Anlass ist eine beschleunigte Abschreibung nicht zulässig. Die Netzbetreiber müssen diesen Anlass nachweisen. Insbesondere wenn der Anstieg unplausibel hoch erscheint, sollen die Annahmen der Netzbetreiber zum Schutz der Kunden geprüft werden.
Warum ist die KANU 2.0 erforderlich?
Die Bundesnetzagentur beschreibt die Notwendigkeit der KANU 2.0 so: „Die Bedeutung von Erdgas wird bereits mittelfristig in vielen Sektoren abnehmen. Ein größerer Rückgang der Gasanschlüsse ist derzeit zwar noch nicht zu verzeichnen. Jedoch ist bereits absehbar, dass es zu regional unterschiedlichen Bedarfen und Nutzungen der Gasnetze kommen wird.
Ein erheblicher Teil des Erdgasnetzes wird über das Jahr 2045 hinaus nicht mehr genutzt werden. Einige Länder und Kommunen planen einen noch schnelleren Ausstieg aus der Gasversorgung. Teile des Fernleitungsnetzes und vereinzelt des Verteilernetzes werden für den Transport von Wasserstoff genutzt werden. Der verbleibende Teil des Netzes wird stillgelegt.
Prognoserechnungen der Bundesnetzagentur zeigen, dass eine Anpassung der Abschreibungsmöglichkeiten für Bestandsanlagen unabdingbar ist. Andernfalls würden sich zum 31. Dezember 2044 nicht amortisierte Restwerte in Höhe von mehreren Milliarden Euro ergeben. Zudem wäre ein erheblicher Anstieg der Netznutzungsentgelte zu Lasten der verbleibenden Netzkunden zu erwarten.“
Man darf nun gespannt sein, wie die Energieanbieter auf die noch nicht absehbaren Auswirkungen reagieren. Wer überregional anbietet, kann die Risiken gut verteilen. Wer nur regional anbietet, wird vermutlich nicht umhin kommen, das Risiko für Neuverträge einzupreisen. ■
Quelle: Bundesnetzagentur / jv
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