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Energieträger

WP-Strompreise aufgrund der fairen Verteilung von Netzkosten

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Die Bundesnetzagentur hat am 30. August 2024 die Festlegung zur Verteilung der Mehrkosten ab 2025 veröffentlicht, die in Verteil­netzen mit besonders viel erneuerbarer Strom­er­zeugung entstehen. So wirkt sie sich auf die Stromkosten von Wärmepumpen aus.

„Die Energiewende ist eine Gemeinschaftsaufgabe, und Investitionen in die Netze kommen allen zugute. Wir schaffen nun faire Netzentgelte für die Menschen und Unternehmen, die in Regionen mit einem starken Ausbau der Erneuerbaren leben und wirtschaften“, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA).

Die BNetzA-Festlegung gibt einen Rahmen vor, mit dem Netzbetreiber mit besonders hohen Kosten durch den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung identifiziert werden, um alle Stromverbraucher fairer an diesen Mehrkosten zu beteiligen.

Rückblick: Im Dezember 2023 hatte die Bundesnetzagentur dazu ein Eckpunktepapier und im Mai 2024 den Entwurf zur Festlegung konsultiert. Das Modell zur Festlegung wurde auf Basis der Konsultationsergebnisse weiterentwickelt. Beispielsweise wurden Anforderungen an Daten präzisiert und Besonderheiten beim Netzbetrieb mit aufgenommen. Zur Veröffentlichung der Festlegung

Abschätzungen zum Ausgleich der Mehrkosten, dem sogenannten Wälzungsvolumen, und zu den konkreten Entlastungen bei einzelnen Netzbetreibern sind erst ab Mitte Oktober 2024 möglich. Die Bundesnetzagentur wird diese Zahlen veröffentlichen.

Die Entlastungsbeträge werden über einen Aufschlag für besondere Netznutzung auf den Strompreis bei allen Stromverbrauchern refinanziert, der durch die ÜNB am 25. Oktober 2024 veröffentlicht wird. Den Finanzierungsbetrag müssen auf diesem Weg auch die entlasteten Stromkunden mittragen.

Gestuftes Modell

Die Bundesnetzagentur sieht ein gestuftes Modell vor. Der erste Schritt ist die Ermittlung, ob ein Netzbetreiber von einer besonderen Kostenbelastung aus dem Ausbau der Erneuerbaren betroffen ist. Hierzu legt die Bundesnetzagentur eine Kennzahl fest. Diese setzt die ans Netz angeschlossene erneuerbare Erzeugungsleistung ins Verhältnis zur Verbrauchlast im Netzgebiet.

Die entlasteten Netzbetreiber erhalten einen finanziellen Ausgleich für die Mehrbelastung. Die Kosten hierfür können über alle Stromverbraucher bundesweit gleichmäßig verteilt werden.

Konkret beabsichtigt die Bundesnetzagentur, den Mechanismus nach § 19 StromNEV zu nutzen. Dieser bewirkt schon heute einen Ausgleich bestimmter Netzkosten zwischen allen Netznutzern. Die bisherige „§ 19-Umlage“ ist Bestandteil des Strompreises (2024: 0,403 Ct/kWh, netto). Sie dient derzeit dazu, entgangene Erlöse eines Netzbetreibers auszugleichen, die entstehen, weil bestimmte Verbraucher ein reduziertes Netzentgelt zahlen. Auf diese bestehende Regelung soll „bürokratiearm und rechtssicher“ aufgesetzt werden. Der deutlichen Entlastung der betroffenen Regionen würden damit überschaubare zusätzliche Kosten für alle Stromverbraucher gegenüberüberstehen.

Auswirkung auf Wärmepumpen-Stromtarife

Die Auswirkungen auf Wärmepumpenstromtarife sind höchst unterschiedlich: Wenn Mehrkosten auftreten, liegen sie in einem typischen Bereich (6200 kWh/a im Einfamilienhaus) unter 60 Euro/a. In Verteilnetzgebieten mit besonders viel erneuerbarer Stromerzeugung kann die Kostenentlastung hingegen bei 250 Euro/a liegen.

Wie hoch der EE-Integrationszuschlag auf die § 19 StromNEV-Umlage ausfällt, ist offen. Eine beispielhafte Modellrechnung der Bundesnetzagentur legt eine Größenordnung zwischen 0,6 und 0,8 Ct/kWh (netto) nahe. Dieser Betrag nivelliert die über einen langen Zeitraum aufgelaufene unterschiedliche Belastung. Die Erhöhung in der Zukunft dürfte somit wesentlich geringer sein. Die Entlastung lag in der BNetzA-Modellrechnung mit älteren Daten im Bereich 0 bis 4,60 Ct/kWh (netto).

In allen Verteilnetzen ohne Entlastung durch die BNetzA-Festlegungen schlägt der EE-Integrationszuschlag auf die „§ 19-Umlage“ zuzüglich Mehrwertsteuer 1:1 durch. Das gilt unabhängig vom Jahr der Inbetriebnahme für Wärmepumpen ohne und mit separatem Stromzähler / WP-Stromtarif gleichermaßen (siehe Spalte B in den Tabellen 1 bis 3).

Ob / wann der Stromlieferant den Liefervertrag anpasst ist, ist jedoch offen, da er den EE-Integrationszuschlag zunächst im Kontext der Entwicklung bei den anderen Strompreisbestandteilen bewerten wird. Bei einer Netzentnahme von 6200 kWh/a Wärmepumpenstrom würde ein EE-Integrationszuschlag von 0,8 Ct/kWh Mehrkosten von 59 Euro/a (brutto) bedeuten.

In Verteilnetzen mit Entlastung durch die BNetzA-Festlegungen führt der EE-Integrationszuschlag auf die „§ 19-Umlage“ nicht automatisch zu einer Entlastung von Wärmepumpen-Stromtarifen. Hintergrund ist eine andere BNetzA-Festlegung zur § 14 EnWG für steuerbare Verbrauchseinrichtungen im Modul 1 und Modul 2.

Gerastert zeigen die Tabelle 1 (Modul 2, Netzstromentnahme der WP 6200 kWh/a) sowie die Tabellen 2 und 3 (Modul 1, Netzstromentnahme der WP 6200 und 3100 kWh/a) die Be- bzw. Entlastung. Im Ergebnis deutet sich an, dass für den Wärmepumpenhochlauf die Chancen überwiegen: Die Mehrkosten sind überschaubar, aber in Gebieten mit bisher besonders hohen Strompreisen verbessern sich die Randbedingungen ab 2025 schlagartig.

Modul 2 (WP mit separatem Stromzähler)

In Modul 2 reduziert der Verteilnetzbetreiber den Netzentgelt-Arbeitspreis um 60 %. Diese Dämpfung gilt nicht für die bisherige und auch nicht für die künftig erweiterte § 19 StromNEV-Umlage. In einer Region mit hohem Netzentgelt-Arbeitspreis (NAP) von 15 Ct/kWh beträgt 2024 das Modul-2-NAP nur 6 Ct/kWh. Beträgt hier die EE-Entlastung (EE-E) beispielsweise 1 Ct/kWh, sinkt der Modul-2-NAP nur um 0,4 Ct/kWh. Liegt der EE-Integrationszuschlag darüber, verteuert sich der WP-Strom. Oder allgemein: WP-Strom vergünstigt sich nur, wenn der EE-Integrationszuschlag kleiner als EE-E / (1 − 0,6) ist. Bei vor 2024 installierten WP muss der Faktor 0,6 durch den individuellen Wert im Verteilnetz ersetzt werden (er liegt in einem Bereich von bei 0,03 bis 0,85).

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Modul 1 (WP ohne separaten Stromzähler)

Im Modul 1 entsteht in Entlastungsgebieten aufgrund der anderen Netzentgelt-Reduzierung eine ganz andere Dynamik, die zudem von der tatsächlichen Netzentnahme für die Wärmepumpe abhängig ist: Die EE-Entlastung gilt für die gesamte Netzentnahme, jedoch sind davon die EE-Entlastung für 750 kWh abzuziehen, da sich auch die pauschale Modul-1-Netzengeltreduzierung verringert. Zudem wird die gesamte Strommenge mit dem EE-Integrationszuschlag belastet.

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Hintergrund

Viele Stromverteilnetze sind noch nicht hinreichend digitalisiert und ausgebaut. Dies ist aber auch für die Aufnahme und den Weitertransport des regional erzeugten erneuerbaren Stroms erforderlich. Kosten von Ausbau und Digitalisierung treten bundesweit in unterschiedlichem Maße auf. Grund dafür ist, dass Windenergieanlagen vorwiegend im Norden und großflächige Freiflächen-Photovoltaik in überwiegend ländlichen Regionen entstehen.

Alle Netzkosten werden über die Netzentgelte durch die Stromkunden refinanziert. Hierbei tragen die Kunden in den Netzregionen, die jetzt entlastet werden sollen, derzeit alle Kosten für die Integration der erneuerbaren Stromerzeugung. Damit verteilen sich die Kosten aktuell nicht gleichmäßig auf alle Netznutzer. In weiten Teilen Nord- und Nordostdeutschlands sind die Netzentgelte – als Bestandteil der Stromkosten – merklich höher als in anderen Regionen Deutschlands. In einigen Netzgebieten betragen die Netzentgelte bis zu rund 15 Ct/kWh, während es Regionen gibt, in denen diese unter 5 Ct/kWh betragen. Auch innerhalb einiger Bundesländer wie zum Beispiel Bayern und Baden-Württemberg unterscheiden sich die Netzentgelte deutlich.

Mit der Novelle des Energiewirtschaftsrechts im Dezember 2023 hat die Bundesnetzagentur die Kompetenz erhalten, entsprechende Entscheidungen zu den Netzkosten zu treffen. Hierzu wird die Behörde in den kommenden Monaten zahlreiche Festlegungen treffen müssen. Die Beschlusskammern der Bundesnetzagentur treffen Regulierungsentscheidungen in Netzzugangs- und Entgeltverfahren sowie im Rahmen der sektorspezifischen Missbrauchsaufsicht. Die Beschlusskammern tragen den besonderen europarechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Transparenz und Unabhängigkeit der Entscheidungsmechanismen in der Regulierung Rechnung. ■
Quelle: BNetzA, eigene Berechnungen / jv

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