Das Informationsprogramm Zukunft Altbau warnt: Wasserstoff als Ersatzbrennstoff für aktuell mit Erdgas betriebene Heizkessel wird noch lange äußerst knapp und teuer sein.
Energiespeicher gelten als Bindeglied der Energiewende. Sie bringen das steigende Ökostromangebot in Einklang mit dem Bedarf. Denn so viel Wind wie benötigt wird, weht nicht zu jeder Zeit und die Sonne scheint auch nicht immer, wenn sie gebraucht wird. Künftig werden daher Energiespeicher immer wichtiger.
Große Vorteile bietet der chemische Energieträger Wasserstoff – er ist flexibel herstell- und einsetzbar. So kann er wesentliche Anteile erneuerbarer Energien sektorübergreifend auch in den Schwerlastverkehr und die Industrie bringen. Diese Branchen können nur teilweise elektrifiziert werden, da hier chemische Energieträger als Rohstoff oder für chemische Prozesse benötigt werden.
Auch zur Beheizung von Gebäuden soll Wasserstoff künftig eingesetzt werden können. Nach den Plänen der Bundesregierung wird ab 2024 die Installation neuer Gas-Heizungen im Heizungskeller eingeschränkt. Ausnahmen sind jedoch für Anlagen geplant, die mit klimaneutralem Wasserstoff oder Biomethan betrieben werden können. Im Fall von Wasserstoff spricht man von H2-ready-Heizungen, die zunächst ein gewisses Maß an Wasserstoff vertragen und später auf den Betrieb mit 100 % Wasserstoff (100-%-H2-ready)) umgerüstet werden können.
Grüne Gase: Zu knapp und zu teuer
Grünen Wasserstoff gibt es aktuell praktisch auch weltweit nicht. Und künftig wird vor allem die Industrie enorme Mengen davon verbrauchen, um klimaneutral zu werden. „Für den Gebäudesektor werden voraussichtlich keine relevanten Mengen zur Verfügung stehen“, sagt Dr. Martin Pehnt vom Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu). „Und diese werden relativ teuer sein.“
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Hinzu kommen die Kosten für die Umrüstung der H2-ready-Heizungen für die Verbrennung von reinem Wasserstoff. Aktuell ist dies in der Breite noch gar nicht möglich, entsprechende Geräte werden noch entwickelt. Der Brennstoff Biomethan als zusätzliche Alternative zum Wasserstoff wird ebenfalls knapp sein, bietet kaum Ausbaupotenziale und wird daher nicht in der erforderlichen Breite zur Verfügung stehen.
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Die Gasnetze in Deutschland müssen zudem erst auf Wasserstoff umgerüstet werden. Technisch ist dies möglich, man könnte neben den Heizungen auch das gesamte Erdgasnetz wasserstofftauglich machen. Die logistische Herausforderung und die Kosten sind jedoch groß: Wenn an einem bestimmten Tag von Erdgas auf Wasserstoff oder zuerst auf eine Mischung umgestellt wird, müssen alle Leitungen und alle angeschlossenen Haushalte mit ihren Geräten bereit sein, Wasserstoff zu transportieren und zu nutzen.
Deshalb gehen viele Experten davon aus, dass die Umstellung der für die Haushalte relevanten Verteilnetze kaum umsetzbar sein wird und lediglich wenige Heizungen, die an Knotenpunkten des künftigen Wasserstoffnetzes liegen, darüber versorgt werden könnten.
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Bis dies so weit ist, sind die Eigentümerinnen und Eigentümer auf Erdgas angewiesen. Und dessen Preis steigt: Die Gaspreisbremse läuft nach aktueller Rechtslage spätestens Ende April 2024 aus. Danach werden die Kosten nicht mehr so niedrig wie sein vor der Gaskrise. Weitere finanzielle Unterstützungen für den Bezug von Erdgas sind nicht geplant. Zudem endet die temporäre Absenkung der Umsatzsteuer für Erdgas von 19 % auf 7 % am 31. März 2024. Erdgas verteuert sich dann um 11,2 %.
Ab 2024 erhöht sich zudem die nationale CO2-Bepreisung. Bei Erdgas steigen die Kosten von 0,58 Ct/kWhHs (2023 mit 7 % Umsatzsteuer) auf 0,76 Ct/kWhHs (2024 mit 19 % Umsatzsteuer ab April). 2025 werden die Kosten dann bei rund 0,97 Ct/kWhHs liegen. Danach soll es jährlich teurer werden, um die Klimafolgekosten des (fossilen) Gasverbrauchs preislich nach und nach zumindest etwas mehr abzubilden. Hat ein Haushalt im Jahr 2025 einen Gasverbrauch von 20 000 kWh, werden dafür CO2-Kosten von 194 Euro fällig.
Steigt der CO2-Preis in die aktuell diskutierte Größenordnung von 200 Euro/tCO2, erhöhen sich die CO2-Kosten für den Eigentümer-Haushalt auf 863 Euro/a (4,32 Ct/kWh). Zum Vergleich: In den Jahren 2019 bis 2021 kostete Erdgas im Durchschnitt 6,4 Ct/kWh.
Durch die künftig abnehmenden Nutzerzahlen der Erdgasnetze steigen zudem die Netzkosten für die verbleibenden Verbraucher an. Der Einbau einer Gas-Heizung oder eine längere Nutzung der alten lohnt sich aufgrund der teuren Betriebskosten in den nächsten Jahrzehnten dann absehbar nicht mehr.
H2: Für die Heizung zu wenig effizient
Ein weiteres Argument gegen die Nutzung von Wasserstoff in dezentralen Gas-Heizungen ist die mangelnde Effizienz der gesamten Kette. Der Einsatz von Wasserstoff erfordert ein Vielfaches an grünem Strom im Vergleich zu einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe.
„Als Faustregel machen Wärmepumpen aus 2 kWh Strom rund 6 kWh Wärme, eine Wasserstoff-Heizung aus 2 kWh Strom aufgrund der Umwandlungsverluste nur 1 kWh Wärme“, sagt Frank Hettler von Zukunft Altbau. „Um 1 kWh Wärme aus Wasserstoff zu erzeugen, müssen also rund sechsmal mehr Windenergie- und Photovoltaik-Anlagen errichtet werden, als wenn der Strom direkt eine Wärmepumpe antreibt – volkswirtschaftlich ist das ein Unding.“
Das Fazit: Klimaneutraler Wasserstoff ist für die Energiewende eminent wichtig. Beim Beheizen von Gebäuden wird das Gas jedoch praktisch keine Rolle spielen. „Die Wasserstoff-Option im Heizungskeller ist Zukunftsmusik und wird es aller Voraussicht nach auch bleiben“, so Frank Hettler. Manche Experten sprechen auch von einem Märchen – das für Hauseigentümer teuer werden dürfte, die darauf vertrauen.
„Haus fit machen und aus Gas aussteigen“
Die Empfehlung von Zukunft Altbau: Wer ein Haus besitzt, sollte nach Möglichkeit die Gas-Heizung noch wenige Jahre weiternutzen und in der Zwischenzeit das Haus fit für eine Wärmepumpe oder ein Wärmenetz machen. Ist das Haus in einem ordentlichen energetischen Zustand, reichen oft einzelne Dämmmaßnahmen oder sogar nur größere Heizkörper aus. Anschließend kann die Gas-Heizung ausgetauscht werden.
Alternativ kann man auch schon vor den Sanierungsmaßnahmen eine Wärmepumpe einbauen und sie in Kombination mit der Gas-Heizung betreiben. Die Wärmepumpe übernimmt die Grundversorgung, an besonders kalten Tagen im Winter springt die Gas-Heizung an. Nach der Sanierung wird dann die Gas-Heizung ausgebaut. Allerdings muss man dabei auch die unterschiedlichen Förderungen im Blick haben, oft kann ein etwas größerer Schritt erheblich wirtschaftlicher sein.
Eine weitere kostengünstigere klimafreundliche Alternative in Kombination mit einer vorhandenen fossilen Heizung bieten Klimageräte, die als Luft/Luft-Wärmepumpen einen relevanten Anteil bei der Beheizung des Gebäudes übernehmen können (Wann heizen mit Luft/Luft-Wärmepumpen sinnvoll ist). ■
Quelle: Zukunft Albau / jv
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