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Heizungswende

Ein neuer BILD-„Heiz-Hammer“ der gar keiner ist

ImageSine – stock.adobe.com

Zurzeit werden die EU-Mindestanforderungen an die Energieeffizienz von Heizgeräten aktualisiert. Für die BILD ein noch „härterer Heiz-Hammer“. Was wirklich dahinter steckt.

Für die BILD, die schon ihren Lesern mit der Desinformation rund um das Gebäudeenergiegesetz einen schlechten Dienst erwiesen hat, war die Sache sofort klar (6. Juni 2023, 23:59 Uhr auf bild.de): „Geht’s noch? EU plant härteren Heiz-Hammer als Habeck“. Und weiter: „Aus Brüssel droht neues Ungemach. BILD erfuhr: Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen (64, CDU) plant ebenfalls einen Heiz-Hammer. Und der könnte die Bundesbürger noch härter treffen als der von Habeck.“ Dass es in beiden Fällen auch darum geht, dass die Bundesbürger in der Zukunft kein Heizkosten-Hammer trifft, erfahren die BILD-Leser nicht. Denn die Neuanschaffung der vehement verteidigten Gas- und Öl-Heizung kommt voraussichtlich in der Nutzungszeit teurer als beispielsweise eine Wärmepumpe.

Neue Vorgaben für Heizungen – erst ab 2029

Tatsächlich werden von der EU-Kommission im Rahmen der seit 10 Jahren geltenden Ökodesign-Rechtsvorschriften derzeit Durchführungsbestimmungen über Heizgeräte aktualisiert. Das ist ein normales Verfahren, für andere Energieverbrauchende Produkte ist dies bereits erfolgt. Ziel ist es, die Vorgaben für neue Heizungen ab 2029 auf ein Niveau zu aktualisieren, das mit dem heutigen Stand der Technik – auch mit Heizkesseln in Kombination mit Solarthermie oder einer kleinen elektrischen Wärmepumpe – einfach erreicht werden kann. Die Vorgaben werden wie bisher nur das Inverkehrbringen neuer Anlagen gelten, für bereits existierende Anlagen haben sie keine direkten Auswirkungen. Im Rahmen der Durchführungsbestimmungen dürfen zudem nach 2029 auch gebrauchte Heizkessel eingebaut werden.

In den Entscheidungsprozess sind das Europäische Parlament und der Rat der EU-Staaten einbezogen. Der Entwurf der EU-Verordnung wird derzeit noch mit den EU-Ländern und Verbänden diskutiert und muss von einer qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten unterstützt werden. Die EU-Kommission hat am 08. Juni 2023 erklärt, dass sie keine Entscheidungen über Grenzwerte triff, bevor die laufenden Konsultationsverfahren und Diskussionen abgeschlossen sind, sondern im Lichte der Ergebnisse entscheiden wird. Der Rat und das Europäische Parlament haben die Möglichkeit, den endgültigen Entwurf abzulehnen.

Wirkungsgrad: Effizienzanforderung von 115 %

Die in der Konsultation der Mitgliedstaaten und Verbände erwähnte vorgeschlagene Effizienzanforderung von 115 % entspricht der Effizienz, die von heutigen Wärmepumpen problemlos erreicht werden kann. Ein solcher Wirkungsgrad kann jedoch auch schon heute durch Hybridsysteme erreicht werden, die sowohl Energie aus Brennstoffen als auch Energie aus einer Wärmepumpe oder Solarkollektoren nutzen. In diesem Sinne sind „Brennstoffe“ beispielsweise Erdgas, Biogas, Biokraftstoff oder synthetische Kraftstoffe.

Anmerkung: Bei der geplanten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes geht es im Bereich Heizungen nicht um eine klassische Effizienzanforderung, sondern um einen Anteil von mindestens 65 % erneuerbaren Energien beim Betrieb künftig neu installierter Heizungen (bisherige Planung: ab 2024; es gibt aber bereits Andeutungen über ein gestaffeltes Inkrafttreten der Anforderungen).

Die neuen EU-Mindestnormen für die Energieeffizienz von Heizgeräten sollen ab dem Jahr 2029 vollständig umgesetzt werden. Die Branche soll sich an energie- und klimafreundlichen Lösungen orientieren und die verbleibenden sechs Jahre nutzen, um solche energieeffizienten Geräte zum Standardangebot auf dem europäischen Markt zu machen – so wie die aktuelle Ökodesign-Verordnung vor zehn Jahren Brennwertheizkessel EU-weit zum „neuen Normal“ gemacht hat.

Aus Sicht der EU-Kommission bestünde ohne ein solches Signal für Neuinstallationen ab 2029 das Risiko, dass die Klimaschutzmaßnahmen der privaten Haushalte ausgebremst werden und auf Seiten der Industrie wünschenswerte Innovation in Richtung energiesparender Technik stagniert. Technisch veraltete Anlagen mit schlechter(er) Energieeffizienz würden noch unnötig lange weiter neu installiert werden.

Was die Marktentwicklung für Wärmeerzeuger in Deutschland von 2000 bis 2022 verändert hat.

EU-Kommission: „Wärmepumpen in der Gesamtschau wohl günstiger als Gas-Heizkessel“

Die EU-Kommission schätzt, dass die Gesamtkosten für die Verbraucher für Wärmepumpen bis 2029 niedriger sein werden als für Gas-Heizkessel, wenn man den Gerätepreis, die Brennstoff- und sonstigen Betriebskosten, die Skaleneffekte durch verstärkte Investitionen und den Wettbewerb bei der Herstellung und Installation von Wärmepumpen, die durch die 115-%-Anforderung gefördert werden, berücksichtigt.

In Deutschland sind aufgrund der hohen Förderzuschüsse im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) auch bei den aktuell hohen Gesamtkosten für die Installation einer Wärmepumpe weisen letztere in typischen Fällen bereits geringere Gesamtkosten als neue (und weiter betriebene abgeschriebene) Gas-Heizungen auf, siehe:

Kostencheck belegt Wirtschaftlichkeit der Wärmepumpe
Nur mit Wärmepumpen sind niedrige Heizkosten realisierbar

In Schweden und Finnland ist das Heizen mit Wärmepumpen bereits heute die dominierende Heizungsart, dort wo es keine Fernwärme gibt. Die Niederlande erwägen aktuell die Einführung eines schrittweisen Verbots von Einzelkesseln ab Januar 2026. In Frankreich ist die Installation neuer Öl-Heizungen ab Juli 2023 verboten, Gas-Heizungen dürfen seit Januar 2022 nicht mehr in neuen Wohnungen installiert werden. Anfang Juni 2023 hat die französische Regierung zudem Gespräche über ein schrittweises Verbot neuer Gas-Heizungen in bestehenden Wohnungen aufgenommen. Auch in anderen Ländern, etwa Belgien und Dänemark, sind ähnliche Vorschriften bereits erlassen worden oder werden derzeit geprüft. ■
Quellen: EU-Kommission, bild.de / jv

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