Ein Datenprotokoll wie BACnet spart allein noch keine Energie. Als offener und herstellerneutraler Kommunikationsstandard ist BACnet aber die Basis dafür, dass Geräte die hierzu notwendigen Daten austauschen können. Um ein energieeffizientes Zusammenwirken der energierelevanten Anlagen, insbesondere für Heizung, Lüftung, Klima, Lichtsteuerung und Beschattung zu ermöglichen, müssen liegenschaftsspezifische Einsparpotenziale zunächst aufgespürt und die von der Gebäudeautomationsanlage zu leistenden Energiesparanwendungen definiert werden.
Durch das BACnet-Protokoll kann die Festlegung dieser Anwendungen flexibel und schrittweise erfolgen, da Geräte unterschiedlicher Hersteller und aus verschiedenen Bereichen integriert werden können. BACnet bietet zahlreiche Möglichkeiten, um Einsparpotenziale eines konkreten Gebäudes zu erkennen und um entsprechende Aktionen in der Gebäudeautomation zu realisieren. Informationen, die hierfür zwischen den einzelnen Komponenten ausgetauscht werden müssen, werden in dem Datenprotokoll als „Objekte“ abgebildet. Wichtige Objekte werden nachstehend kurz vorgestellt. Sie sorgen in dem anschließend beschriebenen Projekt für eine deutliche Reduzierung des Energieverbrauchs und ermöglichen die Identifizierung und Nutzung weiterer Einsparpotenziale.
Objekte bilden Informationen ab
Die zeitgesteuerte Auslösung von Kommandos spielt bei der Einsparung von Energie in Gebäuden eine wichtige Rolle, beispielsweise wenn auf die Beheizung oder Klimatisierung von Büroräumen am Wochenende verzichtet werden kann. Einmal vordefiniert soll diese Funktion automatisch und rechtzeitig an die Anlage gesendet werden. Für solche Zeitschaltfunktionen stehen in BACnet gleich zwei Objekte zur Verfügung: Mit dem Calendar-Objekt lässt sich ermitteln, ob das aktuelle Tagesdatum einem Eintrag in eine zugehörige Datumsliste entspricht. Diese Liste kann zum Beispiel die lokalen Ferientermine enthalten, damit die Existenz eines Ferientags ermittelt werden kann. Neben einfachen Daten und Datumsbereichen lassen sich in der Datumsliste auch die Wochen eines Monats definieren.
Das Schedule-Objekt ermöglicht es, den Wochenschaltplan oder den Ausnahmeschaltplan dezentral zu speichern und bestimmte Aktionen zu entsprechenden Zeitpunkten auszuführen. Die Gültigkeit des Zeitplans kann zusätzlich auf einen bestimmten Datumsbereich beschränkt werden.
Das Setzen bestimmter Szenen, etwa der Nacht- oder Tagesbetrieb eines Gebäudes, lässt sich mit dem Command-Objekt umsetzen, in dem sich sämtliche hierfür erforderliche Einzelaktionen hinterlegen lassen. Der Lighting-Output-Objekt-Typ, welcher die Abbildung von Beleuchtungseinrichtungen erlaubt, stellt beispielsweise eine Dimmerfunktion zur Verfügung, mit der sich Energieeinsparungen während des Tages realisieren lassen. Das Hin- und Herschalten zwischen dem Normal- und einem Sparprogramm lässt sich mit dem Programm-Objekt bewerkstelligen, das den Zugriff auf das Anwendungsprogramm eines BACnet-Controllers ermöglicht.
Aktives Abschalten von nicht benötigten Verbrauchern zu Spitzenzeiten lässt sich mithilfe des Load-ControlObjekts umsetzen. Es kann die Eigenschaften von Höchstlastbegrenzung (E-Max) in einem BACnet-Gerät abbilden.
Überwachung von Grenzwerten
Nur gut gewartete und regelmäßig kontrollierte Anlagen ermöglichen es, vorhandene Einsparpotenziale bestmöglich zu nutzen. BACnet ermöglicht dafür die Abbildung binärer Informationen, u.a. Funktionen wie Zählung der Kontaktspiele (Change_of_state) sowie die Berechnung der gesamten Einschaltdauer (ElapsedActivetime). Für reale Messgrößen und Vorgabewerte sowie berechnete Informationen stellt der BACnet-Standard neun Objekte für analoge, binäre und mehrstufige Daten bereit. Regelkreise werden über das Loop-Objekt realisiert, die Regelparameter sind bereits Eigenschaften des Objekts und müssen nicht separat über weitere Objekte abgebildet werden.
Damit das Über- oder Unterschreiten bestimmter Werte zuverlässig erkannt wird, greift BACnet auf zwei Methoden zurück: Bei der einfachen Grenzwertüberwachung wird der aktuelle Wert entweder analog auf Grenzwerte beziehungsweise binär oder mehrstufig auf einen bestimmten Zustand oder bestimmte Zustände überwacht. Im Falle eines abnormen Zustands wird der Wert als Alarm oder Ereignis gemeldet.
Für die Überwachung weiterer Eigenschaften verwendet BACnet das Event-Enrollment-Objekt. Hier definieren insgesamt neun verschiedene Algorithmen die Art der Grenzwertüberwachung. Das Verfahren „Floating Limit“ für gleitende Grenzwerte ist dabei für die Energieoptimierung besonders interessant. Grenzwerte werden hiermit anhand der tatsächlichen Umgebungsparameter wie der Außentemperatur nachgeführt. Gegenüber einer statischen Festlegung erlauben gleitende Grenzwerte eine optimierte Überwachung. Mit dem Event-Enrollment-Objekt können auch Informationen aus Geräten ohne eigene Alarmerkennung überwacht werden.
Einsparpotenziale erkennen
Transparenz beim Gesamtenergieverbrauch und bei aktuellen Energiemengen ist für das Sparen von Energie in Gebäuden von zentraler Bedeutung. BACnet stellt hierfür zwei kombinierbare Objekte zur Verfügung: Das Accumulator-Objekt ermöglicht die Abbildung gezählter Impulse und liefert somit die Rohdaten. Mit dem Pulse-Converter-Objekt können auf Basis der gezählten Impulse Werte in einer Energieeinheit bereitgestellt werden. Die Zuordnung von Verbrauchswerten zu bestimmten Bereichen eines Gebäudes realisiert das Structured-View-Objekt, mit dem eine Anlagenstruktur hierarchisch gegliedert werden kann.
Auch die langfristige Aufzeichnung von Messwerten gekoppelt an den Zeitpunkt ihrer Änderung kann für die Entdeckung von Einsparpotenzialen eines Gebäudes wichtig sein. Aus historischen Werten lassen sich beispielsweise Trends und Prognosen ablesen. Bei der Sammlung der Rohdaten für Langzeitspeicher helfen die Trendlog-Objekte. Die Aufzeichnung der sogenannten Log-Records erfolgt entweder periodisch oder beim Überschreiten eines bestimmten Schwellenwerts. Das Trendlog-Objekt bildet genau einen Speicher für Trenddaten ab; mit dem Trendlog-Multiple-Objekt können mehrere Trendspeicher, beispielsweise zur parallelen Datenaufzeichnung, genutzt werden. Die Ausstattung beider Objekte mit Alarmfunktionen sorgt dafür, dass ein bevorstehendes Überschreiben von Speichern an ein übergeordnetes System gemeldet wird. Gesammelte Langzeit-Beobachtungen können zum Beispiel mit meteorologischen Daten oder mit Benchmarks abgeglichen werden.
BACnet in der Praxis
Bei der Renovierung der ASHRAE-Hauptgeschäftstelle [1] in Atlanta, USA, war die Nachhaltigkeit des Gebäudes eine zentrale Anforderung. BACnet wird bereits seit 1987 als offener Standard unter Federführung von ASHRAE entwickelt. Es lag also nahe, dass die Gebäudeautomation in dem innovativen Modellprojekt mit einer Vielzahl von Produkten unterschiedlicher Hersteller kommunizieren sollte. Heute integriert hier BACnet Informationen von 23 großen Gerätegruppen und sieben verschiedenen Herstellern in ein Benutzer-Interface. Es bietet eine Grafik mit 1800 Datenpunkten sowie zusätzlichen Datenwerten zu Trends, Zeitplänen, Konfigurationseigenschaften und Detailbildern. Die Regler, die die allgemeinen Gebäudebedingungen überwachen, sind mit einem BACnet/IP-Backbone verbunden. Zusätzlich ist ein System zur Überwachung der Luftqualität in den Innenräumen vorhanden.
Mit wenigen Mausklicks kann jetzt zwischen der Gebäudewetterstation, den Stromverbrauchswerten und Zonensollwerten navigiert werden. Zudem besteht die Möglichkeit, bestimmte Punkte aus der Vielzahl von Systemen zu betrachten.
Der erste Stock des Gebäudes wird durch VRF-Multisplit-Geräte geheizt und gekühlt. Die Frischluftzufuhr wird durch ein Lüftungsgerät eines anderen Herstellers übernommen, welches Luft an VAV-Boxen leitet, die wiederum durch Regler eines dritten Herstellers gesteuert werden. Die durch BACnet ausgeführte Einbindung von Zeitplänen, Übersteuerungsmöglichkeiten, Sensormesswerten und anderen Schlüsseldaten ist essentiell zur Gewährleistung eines korrekten Zusammenwirkens der Komponenten.
Die Beleuchtung wird durch BACnet-geregelte Leistungsschalter gesteuert, die mit dem IP-Netzwerk verbunden sind. Bereiche in der Nähe der Außenwände sind mit Fotozellen ausgestattet, die die künstliche Beleuchtung automatisch zurückfahren, wenn natürliches Licht vorhanden ist. Die Belüftung der VRF-Bereiche und die für andere Gebäudeteile eingesetzten Wärmepumpen nutzen BACnet-Controller über einen ARCNET-Feldbus. Dieser ist durch einen BACnet Router mit dem Haupt-IP-Backbone verbunden. Da sich auf beiden Seiten des Routers BACnet-Netzwerke befinden, ist der Transfer komplexer Daten wie Alarme, Zeitpläne und Trends möglich. Der Router transferiert die BACnet-Nachrichten von einem Medium zum anderen.
Der Energieverbrauch des Gebäudes soll künftig rund 30 % niedriger sein als im Jahr 2007. Es gibt aber noch weitere Einsparpotenziale: Bestimmte Systeme werden erst noch in Betrieb genommen, andere weiter verbessert. Die Gebäudeleittechnik hilft bei der Identifizierung von Bereichen, die im Hinblick auf die Energieeffizienz noch optimiert werden können. Dadurch ist es möglich, die ursprünglichen Ziele für das Gebäude, welches kürzlich die LEED-NC Platin-Bewertung erhielt, noch zu übertreffen.
Ausblick
Auch wenn Datenprotokolle alleine noch keine Energie sparen können, bilden sie als Kommunikationsbasis in der Gebäudeautomation die notwendige Grundlage, damit Geräte bzw. Anlagen gemeinsam Energieeinsparungen realisieren können. Ein offener Kommunikationsstandard wie BACnet, der als Norm DIN EN ISO 16484-5 international anerkannt ist, erleichtert dabei die Integration umweltfreundlicher Technologien in bestehende und in noch zu planende Systeme. Bereits heute unterstützt BACnet viele Produkte verschiedener Gewerke von unterschiedlichen Herstellern.
Der Standard wird zudem ständig erweitert, auch im Hinblick auf die Umsetzung weiterer Energieeffizienzmaßnahmen. Das amerikanische BACnet-Komitee mit Mitgliedern aus Asien und Europa hat in diesem Zusammenhang neben erweiterten Beleuchtungs- und Zugangskontrollen auch eine standardisierte Kommunikation zur Laststeuerung zwischen Gebäuden und Energieversorgungsunternehmen entwickelt. Der Energieverbrauch eines Gebäudes während Spitzenzeiten kann beispielsweise durch Maßnahmen wie Echtzeitpreisgestaltung und reduzierte Nachfrage verringert werden. Sind diese neuen Energiessparstrategien verfügbar, lassen sie sich auch auf jedes BACnet-sprechende Gebäude übertragen. Genau das macht BACnet zum Standard für effiziente Gebäude.
Literatur
[1] Zur Energieeffizienz der ASHRAE-Hauptgeschäftstelle ist ein Artikel von Steve Tom, Automated Logic Corporation, im BACnet Europe Journal Nr. 12 erschienen: Tom, Steve: ASHRAE adopts BACnet in Headquarters Building. BACnet Europe Journal 12 04-2010, Download auf https://bacnet.org/
Glossar
BACnet: Data Communication Protocol for Building Automation and Control Networks. (Kommunikations-Protokoll für Datennetze der Gebäudeautomation und Gebäuderegelung). Neutraler Kommunikationsstandard für die Gebäudeautomation, der den Datenaustausch zwischen den Gebäudesystemen verschiedener Hersteller ermöglicht und so die Interoperabilität von unterschiedlichen Komponenten und Systemen fördert.
Objekte: Informationsabbilder in BACnet, die aus Eigenschaften (Properties) bestehen. Diese Eigenschaften transportieren verschiedene Informationseigenschaften, wie beispielsweise den Wert selbst, Beschreibungstexte, Einheiten oder Grenzwerte.
ASHRAE: American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers. Amerikanischer Berufsverband der Branchen Heizungs-, Kühlungs-, Lüftungs- und Klimaanlagenbau unter dessen Federführung BACnet seit 1987 entwickelt wird.
LEED: Leadership in Energy and Environmental Design. Internationales Bewertungsverfahren um die Nachhaltigkeit eines Gebäudes nachzuweisen.
Frank Schubert
ist Leiter Vertrieb & Marketing bei der MBS GmbH, Krefeld, und Mitglied des Advisory Boards und der Arbeitsgruppe Technik der BACnet Interest Group Europe (BIG EU), https://www.big-eu.org/
Mario Weis
MarDirect, Dortmund, https://mardirect.de/