Rund 20 Mio. Deutsche greifen regelmäßig zu Zigarette, Zigarre, Zigarillo oder Pfeife und ziehen manch missbilligenden Blick auf sich, wenn sie in Gaststätten und Gourmetlokalen, Bar oder Bahnhof ihrem Laster frönen. Der Ruf nach dem Rauchverbot, wie es beispielsweise in Norwegen und Schweden bereits existiert, wird laut(er). Nichtraucher haben gute Argumente: Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg kommen jährlich rund 3300 Nichtraucher in Deutschland durch die Folgen des passiven Mitrauchens ums Leben; und den Geruch von Zigarren oder Zigaretten findet auch nicht jeder aromatisch.
Während der Schutz der Nichtraucher am Arbeitsplatz in der Arbeitsstättenverordnung (§ 5) bereits verankert ist, ist ein Rauchverbot für die Gastronomie und öffentliche Gebäude derzeit noch in Arbeit und wird voraussichtlich auf Länderebene geregelt. Die sechsköpfige Arbeitsgruppe von Union und SPD, die Ende 2006 eine Grundlage für den Gesetzesentwurf vorbereitete, zeigte sich pragmatischen Ausnahmeregeln gegenüber aufgeschlossen. Zum Beispiel sollten bei Restaurants separate Raucherräume (Nebenräume) möglich sein; in Bars und Kneipen sollte das Rauchen erlaubt bleiben.
Auf dem Branchentag des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands am 21. November 2006 sprach sich Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) nach einem Bericht des Tagesspiegels für eine freiwillige Selbstverpflichtung der Branche aus. Eine Möglichkeit: In Nichtraucher- und Raucher-Gaststätten zu unterscheiden und diese zu kennzeichnen.
Rauch kennt keine Grenzen
Nicht nur in Bars und Cafàs ist Passivrauchen ein Thema, sondern auch an vielen weiteren Orten. Statt Raucher und Nichtraucher räumlich zu trennen, kann man den Rauch auch direkt erfassen und eine Gefährdung und Geruchsbelästigung so von vornherein ausschließen. Dazu reicht das Be- und Entlüften der Räume mit herkömmlichen Zentralanlagen allerdings nicht aus. Selbst bei extrem hohen Zuluftraten werden Geruch und Schadstoffkonzentration nur verdünnt , erklärt Dr. Hugo Blaum, Bereichsvorstand GEA Lufttechnik in Herne. Unsere Nase ist das feinste Sinnesorgan und nimmt geringe Konzentrationen an Rauch zuverlässig war.
Wirkungsvolle Geräte saugen den blauen Dunst daher in nächster Nähe ab. Wer sich nun den paffenden Opa unter einer Glocke in Trockenhaubenoptik vorstellt oder an die Gerätschaften zur industriellen Schweißrauchabsaugung denkt, schießt übers Ziel hinaus - auch wenn Industrieanwendungen Pate standen. Im Prinzip geht es sowohl bei den industriellen Anlagen als auch beim Absaugen von Rauch um das gleiche Thema: Das Entsorgen giftiger, von der Luft getragener Schadstoffe , erklärt Dr. Volkhard Nobis, Entwickler bei der GEA Lufttechnik. Ähnlich sind daher auch die Anforderungen: Vollständiges Erfassen und wirkungsvolles Filtern der mit Schadstoffen beladenen Luft.
Parallelen zu industrieller Filtertechnik
Doch während viele industrielle Prozesse in geschlossenen Gehäusen ablaufen und das Absaugen daher relativ leicht ist, müssen Modelle gegen Tabakrauch im offenen Raum operieren können und dennoch die weniger als ein Mikrometer kleinen Partikel und auch die Schadgase einfangen. Luftverwirbelungen, verursacht durch vorbeigehende Menschen und die thermischen Luftbewegungen in Räumen, machen das Erfassen des Qualms zur anspruchsvollen Aufgabe.
Marktüblich sind zum Beispiel Kabinenlösungen, die Einflüsse der Raumluftströmung durch Abschotten minimieren. Die Kabinenlösungen eignen sich gut für die Pausenzigarette am Arbeitsplatz , meint Blaum. Hier gebe es Lösungen, die innerhalb der Kabine eine raucharme, außerhalb eine rauchfreie Luft gewährleisten, zum Beispiel wenn ein Luftschleier den blauen Dunst in der Kabine hält. Die Akzeptanz solcher Kabinen in anderen Einsatzgebieten hingegen stuft er gering ein und nennt ein Beispiel: Welcher Gastronom möchte sein Interieur mit einem Gerät in Telefonhaubenoptik verunzieren? . Zudem wirke jede Wand - auch eine aus Glas - als Kommunikationskiller.
Dezente Optik für offene Architektur
Für eine moderne Innenarchitektur müssen offene Konzepte her. Die gibt es seit geraumer Zeit, doch wir haben festgestellt, dass viele den Rauch nicht hundertprozentig erfassen , berichtet Entwickler Nobis. Zum einen reiche der Luftdurchsatz oft nicht, um den Rauch effektiv einzusaugen, zum anderen erziele manches Umluftgerät eine zu geringe Filterwirkung. Beides war Ansporn für das eigene Entwicklerteam, Besseres zu bewirken. Das Resultat: GEA Clarifair.
Der Name ist Programm: Das Gerät soll die Luft reinigen (engl.: to clarify) und zu mehr Fairness zwischen Nichtrauchern und Rauchern beitragen. Es benötigt keinerlei Wände. Der Herner Anbieter hat eine Variante mit integriertem Stehtisch entwickelt - geeignet für die Gastronomie oder den Pausenraum im Büro - und eine Lösung zur Deckenmontage, etwa für Besprechungsräume und Hallen. Nach der geplanten Markteinführung im Frühling 2007 sollen weitere Bauformen folgen.
Hinsichtlich seiner Wirkung stellt GEA Clarifair alles Bisherige in den Schatten , ist Nobis von der Kreation überzeugt und nennt Gründe: Obwohl wir keine Wandelemente verwenden, können wir einen Bereich definieren, in dem Rauch vollständig erfasst wird. Wir sprechen daher von einer virtuellen Raucherkabine. Und wir erreichen bei den sehr kleinen und daher lungengängigen Schadstoffpartikeln eine Abscheideleistung von 99 %. Wenn die zuvor partikelbeladene Luft wieder aus dem Gerät kommt, sei sie sauberer als vor der Haustüre, sagt der Ingenieur, denn mit dem Rauch würden auch Staub, Ruß und mehr ausgefiltert.
100%ige Raucherfassung möglich
Den hohen Erfassungsgrad erreichen die GEA-Techniker mit einem großzügigen, rotationssymmetrischen, nach unten gerichteten Einlass. Etwa 1500 bis 2100 m3/h Luft und Qualm finden den Weg ins Gerät und werden gereinigt. Das Luftvolumen entspricht dem Inhalt eines mittelgroßen Heißluftballons. Diese Leistung genügt, um den Rauch in Gerätenähe sicher zu erfassen , verspricht Blaum. Am Gerät finden bis zu zwölf Raucher gleichzeitig Platz. Und auch wenn die Reinigungskraft jenseits des Wirkungsbereichs geringer ist, profitiert doch die Luft im ganzen Raum von GEA Clarifair. Damit das im Durchmesser etwa zwei Meter große Gerät leise arbeitet, integrierten die Konstrukteure direkt hinter dem Einlass einen Schalldämpfer.
Für Frische sorgt bei der Umluftvariante Filtertechnik: Luft und Qualm durchlaufen einen Vorfilter, anschließend einen HEPA-(Fein-) bzw. Elektrofilter (je nach örtlichen Gegebenheiten). Bevor die Luft über ein kreisrundes Band ausgeblasen wird, passiert sie noch einen Aktivkohlefilter. Dieser sichert gleich zwei Effekte. Einerseits werden gasförmige Schadstoffe in der Aktivkohle gebunden, anderseits geruchsintensive Stoffe neutralisiert.
Kompatibel zu Lüftungsanlagen
GEA Clarifair kann wahlweise auch in eine Zentrallüftung eingebunden werden. In diesem Fall ist die Filtertechnik entbehrlich. Die abgesaugte Luft wird direkt über einen Kanal zum zentralen Abluftgerät geführt. Und: Die Reinhaltung der gesamten Raumluft durch den Einsatz des GEA Clarifair ermöglicht eine geringere Luftwechselrate der Zentrallüftung; das führt zur Energieeinsparung und somit zur besseren Energiebilanz des gesamten Gebäudes , erklärt Produktmanager Franz-Josef Hoffmann.
Produkte wie GEA Clarifair finden Gefallen. Zum Beispiel Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, die sich für die Interessen der Beschäftigten in der Gastronomie engagiert, beurteilte derartige Ansätze in einem Interview mit dem WDR-Hörfunk als sehr innovative Lösung . Sie eröffnen neue Möglichkeiten: Verqualmte Rauchersalons müssen nicht sein, wenn Gaststätten und Gebäudebetreiber entsprechende Geräte installieren und den Wirkbereich kennzeichnen.
Der Vorschlag des Wirtschaftsministers, in rauchfreie und Raucherlokale zu differenzieren, ließe sich durch moderne Entrauchungsgeräte erweitern, meint Nobis. Dann könnten Lokale, die über die entsprechenden Geräte verfügen, zum Beispiel als rauchfreie Gaststätten mit Raucherlaubnis eingestuft werden. Abhängig von der installierten Technik ließe sich die Luftreinheit sogar klassifizieren , schlägt Nobis ein neues Gütesiegel vor, denn für die Feinstaubkonzentration auf der Straße gibt es Grenzwerte, für Tabakrauch in Innenräumen (noch) nicht. Ralf Dunker