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- Über DIN 13779 wird ein Messpunkt zur Bestimmung der Thermischen Behaglichkeit von 0,6 m über dem Fußboden festgelegt.
- Dieser Messpunkt steht im Widerspruch zu den bisher angewendeten und teilweise noch gültigen allgemein anerkannten Regeln der Technik.
- Plausible Messpunkte zur Bestimmung der Thermischen Behaglichkeit sind der Knöchel- sowie der Kopf- und Nackenbereich von sitzenden und stehenden Personen.
In DIN 1946-2 [1] war für die Bewertung der Thermischen Behaglichkeit festgelegt, dass „die operative Raumtemperatur in den Höhen 0,1 m (entspricht dem Knöchelbereich), 1,1 m (Kopf/Nackenbereich einer sitzenden Person) und 1,7 m (Kopf/Nackenbereich einer stehenden Person) über dem Fußboden zu ermitteln ist“. Diese Festlegungen waren und sind plausibel.
DIN EN 13779 [2] ist seit 2007 der Ersatz für DIN 1946-2. Sie legt den Messpunkt für die Bestimmung der thermischen Behaglichkeit in einer Höhe von 0,6 m über dem Fußboden fest – wenn nichts anderes vereinbart wird (Abschnitt. 7.3.3 in [2]). Dies ist unverständlich, da ein Bezug zum Ort des Behaglichkeitsempfindens beim Menschen nicht erkennbar ist. Trotzdem folgt dieser Festlegung auch der zweite Entwurf zu VDI 4706 [3] – die Richtlinie ist als nationaler Anhang der DIN EN 15251 [4] vorgesehen.
Woher diese Festlegung kommt, ist kaum nachvollziehbar, zumal in DIN EN ISO 7726 [5] – die schon vor dem Erscheinen von [2] eine verbindliche Norm war – in Tabelle 5 Abb. 2 die empfohlenen Höhen für die Anordnung der Messwertaufnehmer zur Messung der Klimagrößen den bisher bekannten Werten entsprechen. Die in [2] und [3] ausgewiesenen Messpunkte sind deshalb mindestens als „irritierend“ zu bewerten.
DIN EN 15726
Die Norm DIN EN 15726 [6] gilt für die Messung einiger Parameter der thermischen und akustischen Behaglichkeit in einem Raum mit einer Luftverteilungsanlage und bezieht sich auf DIN EN 13779 [2] und auch auf DIN EN ISO 7726. Bei der Definition des Aufenthaltsbereiches wird ebenfalls auf [2] verwiesen bzw. für Labore spezifiziert.
Man könnte anführen, dass diese Norm [6] nur für Räume mit Luftverteilungsanlagen nach DIN EN 12599 [8] gilt und nicht allgemein für Aufenthaltsräume. Eine diesbezügliche Trennung ist aber aus [3] kaum explizit erkennbar.
Die Messebenen und Höhen sind in [6] sowohl für die Messungen der Luftgeschwindigkeiten inklusive der Turbulenzen und der Lufttemperaturen als auch der Schalldruckpegel in Anlehnung an [5] beispielhaft und schematisch dargestellt. Die Norm kann vor Ort oder im Labor zur Durchführung von Messungen im Originalmaßstab angewendet werden und gilt für Lüftungs- oder Klimaanlagen, die dafür ausgelegt sind, die Behaglichkeitsbedingungen in Gebäuden aufrechtzuerhalten. Auch hier ist zu hinterfragen, wie diese Lüftungs- und Klimaanlagen definiert sind und ob sie das gesamte Spektrum der Raum(luft)konditionierungsanlagen beinhalten (siehe auch [9] bzw. Abb. 3 nach [9]), da sie ja alle dem Raum den hygienisch erforderlichen Mindestaußenluftvolumenstrom zuführen müssen.
DIN EN 15726 gilt nicht für Anlagen zur Regelung der Umgebung industrieller oder sonstiger spezieller Prozesse [es kann jedoch in solchen Fällen unter Umständen auf die Norm Bezug genommen werden]. Detailliert werden der Prüfaufbau, die Prüfbedingungen, die Vorgehensweise bei der Prüfung und der Prüfbericht erläutert. Bei den Messungen wird in zwei Stufen unterschieden:
- Stufe 1: einfache und schnelle Überprüfung am [an den] Bezugspunkt[en]
- Stufe 2: ausführliche Überprüfung (zuvor sind Prüfungen der Stufe 1 durchzuführen)
Stufe 1 beinhaltet bezüglich des Luftvolumenstroms die Sichtbarmachung von Luftstrahlen [besser: der Luftbewegung], die Temperaturmessung an den Bezugspunkten bzw. -höhen und den Schall[druck]pegel an den Bezugspunkten bzw. an dem Punkt, an dem der höchste Schall[druck]pegel zu erwarten ist. Hinsichtlich der Messung der mittleren Strahlungstemperatur und der Strahlungsasymmetrie wird auf [5] verwiesen, d.h. unter anderem bei sitzenden Personen 1,1 m und bei stehenden Personen 1,7 m über dem Fußboden.
Der normative Anhang A dokumentiert die Betriebs- und Umgebungsbedingungen. Die informativen Anhänge B bis E beinhalten: typische Strömungsbilder, impulsartig auftretende Luftströme und Zugluftrisiko, Abschätzung der Luftgeschwindigkeiten im Aufenthaltsbereich für verschiedene Arten von Luftstrahlen und die Messung der Lüftungseffektivität.
Die im informativen Anhang B aufgezeigten Strömungsbilder sind unvollständig im Hinblick auf die heute im Allgemeinen angewendeten technischen Lösungen für die Zuführung der Zuluft (Quelllüftung oder Dralllüftung über die Decke bzw. den Fußboden). Hier wäre ein Verweis auf oder die Übernahme der Strömungsbilder aus VDI 3804 [7] sinnvoll gewesen.
Schlussfolgerungen
- Auch wenn in [3] unter Bezug auf [2] ein „irritierender“ Messpunkt für die Bewertung der thermischen Behaglichkeit von 0,6 m über dem Fußboden ausgewiesen wird, so sollten doch die Angaben der DIN 15726 unter Bezug auf DIN EN ISO 7726 bzw. die bisher bekannten Werte der (zurückgezogenen) DIN 1946-2 in der Praxis Anwendung finden.
- Bei der Erstellung der angesprochenen Richtlinien – insbesondere der VDI 4706 – hätte man mehr Sorgfalt und eine richtige Literaturanalyse vornehmen sollen.
- Es zeigt sich erneut, dass eine eindeutigere Definition der Raumlufttechnik in der Normungsarbeit notwendig ist. •
Literatur
[1] DIN 1946-2 Raumlufttechnik – Gesundheitstechnische Anforderungen (VDI-Lüftungsregeln). Berlin: Beuth Verlag, Januar 1994, inzwischen zurückgezogen
[2] DIN EN 13779 Lüftung von Nichtwohngebäuden- Allgemeine Grundlagen und Anforderungen an Lüftungs- und Klimaanlagen. Berlin: Beuth Verlag, September 2007
[3] VDI 4706 (Entwurf) Kriterien für das Raumklima. Berlin: Beuth Verlag, April 2011
[4] DIN EN 15251 Eingangsparameter für das Raumklima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden – Raumluftqualität, Temperatur, Licht und Akustik. Berlin: Beuth Verlag, August 2007
[5] DIN EN ISO 7726 Umgebungsklima – Instrumente zur Messung physikalischer Größen. Berlin: Beuth Verlag, April 2002
[6] DIN EN 15726 Lüftung von Gebäuden – Luftverteilung – Messungen im Aufenthaltsbereich von klimatisierten/belüfteten Räumen zur Bewertung der thermischen und akustischen Behaglichkeit. Berlin: Beuth Verlag, Dezember 2011
[7] VDI 3804 Raumlufttechnik – Bürogebäude (VDI-Lüftungsregeln). Berlin: Beuth Verlag, März 2009
[8] DIN EN 12599 Lüftung von Gebäuden – Prüfverfahren für die Übergabe eingebauter raumlufttechnischer Anlagen. Berlin: Beuth Verlag Februar 2000 bzw. Entwurf Januar 2011
[9] Trogisch, A.: Planungshilfen Lüftungstechnik. Berlin, Offenbach: VDE-Verlag, 4. Auflage, November 2011
Mehr Infos zum Thema in den TGAdossiers Regelwerk und Regelwerk-Update: Webcode 723 bzw. 728
Prof. Dr.-Ing. Achim Trogisch
Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (FH), Fakultät Maschinenbau / Verfahrenstechnik, Lehrgebiet TGA. Telefon (03 51) 4 62 27 89, trogisch@mw.htw-dresden.de, https://www.htw-dresden.de/