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- Zwischenergebnisse aus dem Modellvorhaben „Bewusst heizen, Kosten sparen“ belegen wirtschaftliche Energieeinspareffekte durch eine monatliche Verbrauchsinformation zum Heizenergieverbrauch.
- Über die monatliche Verbrauchsinformation lassen sich Energieeinsparungen weitgehend unabhängig von der Energieeffizienzklasse des Gebäudes, also auch in bereits energetisch modernisierten Gebäuden, realisieren.
- Auch die nicht am Projekt teilnehmenden Bewohner (Indirekt Beeinflusste) in den am Modellvorhaben beteiligten Gebäuden benötigten weniger Heizenergie.
Als wesentliche Faktoren zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden werden üblicherweise kostenintensive Maßnahmen, wie die Dämmung der Gebäudehülle oder die Modernisierung der Anlagentechnik, genannt. Dabei lässt sich der Energieverbrauch einer Immobilie bereits mit der Optimierung des Nutzerverhaltens der Bewohner deutlich senken.
Dies belegen die Zwischenergebnisse des Modellvorhabens „Bewusst heizen, Kosten sparen“: Hier konnten die rund 200 Projektteilnehmer durch eine monatliche, transparente Verbrauchsinformation durchschnittlich etwa 16 % Heizenergie einsparen. In den teilnehmenden Liegenschaften sank der Wärmeverbrauch um durchschnittlich 12 %. Dabei wirkte sich die Energieeffizienzklasse des jeweiligen Gebäudes nicht wesentlich auf die erzielten Einsparungen aus. Grund genug für Planer, die monatliche Verbrauchsinformation als niedriginvestive Ergänzung zu konventionellen Maßnahmen näher zu betrachten.
Monatliche Verbrauchsinformation
Das Modellvorhaben wird von der Deutschen Energie-Agentur (dena) in Zusammenarbeit mit dem Energiedienstleister ista, dem Deutschen Mieterbund sowie dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit von 2013 bis 2016 durchgeführt. Untersucht werden die möglichen Einspareffekte beim Wärmeverbrauch durch eine regelmäßige, transparente Verbraucherinformation sowie die Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahme.
Dazu erhalten fast 200 Haushalte in Berlin, München und Essen über ein Webportal, eine Smartphone-App oder per Post monatlich aktualisierte Daten zum eigenen Energieverbrauch. So können sie ihre aktuellen Verbrauchswerte mit denen des Vormonats, des Vorjahres oder mit dem Durchschnittsverbrauch der anderen Haushalte innerhalb des Gebäudes vergleichen und ihr Heizverhalten dementsprechend anpassen.
Die in diesem Zusammenhang gewonnenen Daten werden von der dena laufend ausgewertet und die Verbräuche der Mietergruppen sowie einer Kontrollgruppe (zu den jeweiligen Mietergruppen, siehe Info-Kasten) verglichen. Der gewählte Betrachtungszeitraum, Oktober bis April, entspricht der in der Energieeinsparverordnung (EnEV) definierten Heizperiode. Dabei führt die dena eine Klimabereinigung gemäß VDI 3807 durch und setzt außerdem die Verbrauchsentwicklung in Bezug zu den Flächen der einzelnen Liegenschaften. So wird bei der Auswertung der flächenmäßige Anteil der Gebäude berücksichtigt.
Die am Modellvorhaben teilnehmenden Liegenschaften gehören zur Allbau AG in Essen, zur Münchener GWG-Gruppe sowie zum Vaterländischen Bauverein e. G. in Berlin, die als weitere Partner am Projekt beteiligt sind. Die Immobilien der drei Wohnungsbaugesellschaften besitzen zwischen zwölf und 278 Wohneinheiten und wurden zwischen 1905 und 2009 erbaut. Bei dieser Auswahl sind sowohl komplett sanierte Objekte als auch Häuser vertreten, die in den letzten Jahren keine energetische Sanierung erfahren haben.
Erhebliche Einspareffekte
Die aktuellen Ergebnisse der Heizperiode 2014/15 (HP 2) bestätigen die bereits im Vorjahr beobachteten, erheblichen Einspareffekte. Die zentrale Erkenntnis ist, dass die insgesamt 190 Teilnehmer und Wirkungstester des Projekts mit der monatlichen Verbrauchsinformation im Vergleich zur Heizperiode 2012/13 (HP 0) durchschnittlich etwa 16 % Energie einsparten. Ihr Wärmeverbrauch pro Heizperiode wurde von 116 auf 97 kWh/m2 vermindert. Der Energieverbrauch in der Kontrollgruppe hingegen stieg im Verlauf der Heizperioden leicht von 134 auf 136 kWh/m2 an Abb. 2.
Angesichts der deutlichen Energieeinsparungen äußerten sich fast 80 % der Teilnehmer des Modellvorhabens im Rahmen zweier im März und Mai 2015 durchgeführter Umfragen zufrieden bis sehr zufrieden mit dem Projekt. Gleichzeitig führten mehr als 70 % der Nutzer an, dass sie seit Projektbeginn sparsamer mit Heizenergie umgehen Abb. 3. Neun von zehn Projektteilnehmern, deren Umgang mit Heizenergie sich verändert hat, machen hierfür die regelmäßigen Daten zum Wärmeverbrauch verantwortlich.
Unterschiede in den Modellregionen
Bemerkenswert ist, dass auch die nicht am Projekt teilnehmenden Bewohner – die sogenannten indirekt Beeinflussten – durchschnittlich 11 % weniger Heizenergie benötigten Abb. 4. Ihr Wärmeverbrauch pro Heizperiode fiel von 119 kWh/m2 (HP 0) auf 106 kWh/m2 in HP 2. Dies hängt vermutlich mit der erhöhten Sensibilisierung der Bewohner in den Liegenschaften und dem Austausch innerhalb der Nachbarschaft zusammen. Zusammengefasst für alle drei Mietergruppen sank der durchschnittliche Wärmeverbrauch in den teilnehmenden Liegenschaften von 118 auf 104 kWh/m2 je Heizperiode – und damit um 12 %.
Wie die Ergebnisse in den jeweiligen Modellregionen zeigen, liegen die Einsparungen in manchen Fällen jedoch deutlich höher. So reduzierten etwa die Teilnehmer aus München ihren Wärmeverbrauch um 26 % (von 115 auf 85 kWh/m2) und damit im Vergleich zur HP 0 am stärksten. In Berlin fiel der Verbrauch von 116 kWh/m2 in HP 0 auf 94 kWh/m2 in HP 2 (– 19 %).
Die Ausnahme ist Essen. Hier ist bei den Projektteilnehmern eine geringere durchschnittliche Verbrauchsreduktion von 2 % zu beobachten. Dabei sind die Einsparungen in zwei der drei teilnehmenden Mehrfamilienhäusern durchaus mit den positiven Ergebnissen in Berlin und München vergleichbar. In einer Essener Liegenschaft stieg der Verbrauch jedoch sowohl bei den Teilnehmern als auch bei den indirekt beeinflussten Nachbarn an. Dieses stark gegen den Trend laufende Ergebnis soll im weiteren Verlauf des Projekts genauer analysiert werden. Insgesamt erzielte die überwiegende Mehrheit der Mieter – insbesondere in Berlin und München – jedoch deutliche Einsparerfolge.
Einsparpotenzial bei allen Gebäuden
Die Energieeinsparungen sind dabei weitestgehend unabhängig vom energetischen Standard der Liegenschaften. Die naheliegende Vermutung, dass in Wohnhäusern mit besseren Energieeffizienzklassen geringere Einsparpotenziale vorhanden sind, bestätigte sich nicht.
Die Bewohner der Liegenschaften mit guten und durchschnittlichen Energieeffizienzklassen (B bis E nach EnEV 2014) konnten ihren Verbrauch im Vergleich zur HP 0 deutlich reduzieren. Die Bandbreite reicht hier von 9 bis 20 %. In den energetisch schlechteren Liegenschaften mit den Effizienzklassen F und G wurde ein Verbrauchsanstieg beobachtet, der allerdings allein auf den Sonderfall in Essen zurückzuführen ist. Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass auch in energetisch sanierten Gebäuden mit der monatlichen Verbrauchsinformation noch zusätzlich Energie eingespart werden kann.
Heizkosteneinsparung von 100 Euro/a
Zur Umsetzung der monatlichen Verbrauchsinformation nutzen die Projektverantwortlichen das von ista entwickelte Energiedatenmanagement. Funkfähige Energiezähler und Heizkostenverteiler ermöglichen hier die regelmäßige, komfortable Fernauslesung des aktuellen Energieverbrauchs Abb. 5. In vielen Liegenschaften in Deutschland ist die technische Infrastruktur als Voraussetzung für die monatliche Verbrauchsinformation bereits vorhanden, sodass lediglich Kosten für die monatliche Visualisierung der Verbrauchswerte über das Webportal entstehen. Hier rechnet der Energiedienstleister mit Aufwendungen von 21 Euro pro Wohnung und Jahr. Ist die Aufrüstung elektronischer Zähler oder die Umrüstung klassischer Verdunster auf Funk-Fernauslesung notwendig, steigen die jährlichen Kosten auf 33 bzw. 41 Euro.
Demgegenüber konnten die Teilnehmer und Wirkungstester des Modellvorhabens mithilfe des Energiedatenmanagements durchschnittlich 102 Euro an Heizkosten pro Jahr einsparen. Für die beiden Gruppen handelt es sich hierbei um Netto-Einsparungen, weil sie die monatliche Verbrauchsinformation kostenlos nutzen dürfen. Doch selbst unter Berücksichtigung der oben genannten Kosten bliebe den Nutzern noch eine Ersparnis von 61 bis 81 Euro pro Jahr.
Wirtschaftlichkeit ist wichtiger Faktor
Dies bedeutet für Mieterhaushalte zugleich, dass sich die Maßnahme bereits bei einer geringen Senkung des Wärmeverbrauchs lohnt. Je nach vorhandener Technik zur Verbrauchserfassung liegt die Rentabilitätsschwelle bei Einsparungen von 3,3 bis 6,5 % Abb. 6. Ausgehend von den durchschnittlichen Energieeinsparungen in Höhe von 16 % wäre die monatliche Verbrauchsinformation damit für fast alle Projektteilnehmer wirtschaftlich.
Gerade die Wirtschaftlichkeit ist den Mietern dabei offensichtlich besonders wichtig. So gaben fast 90 % der Teilnehmer des Modellvorhabens an, die Kosten für das Energiedatenmanagement übernehmen zu wollen, sofern die Heizkostenersparnis höher ist. Über 70 % der Nutzer wären sogar zur Kostenübernahme bereit, wenn die Maßnahme nur kostenneutral wäre Abb. 7. Angesichts der im Rahmen des Modellprojekts erzielten Kosteneinsparungen kann man also von einer hohen Akzeptanz für das Energiedatenmanagement ausgehen. Dass 86 % der Befragten ihren Nachbarn, Freunden oder Arbeitskollegen die Nutzung eines Energiedatenmanagements empfehlen würden, unterstreicht diese Annahme Abb. 8.
Ausblick
Wie die Zwischenergebnisse des Modellvorhabens „Bewusst heizen, Kosten sparen“ zeigen, ermöglicht die Optimierung des Nutzerverhaltens mithilfe einer monatlichen Verbrauchsinformation deutliche Energieeinsparungen im Gebäudesektor. Als einfache und kostengünstige Ergänzung zu den klassischen, kapitalintensiven Lösungen leistet die Maßnahme damit einen beachtlichen Beitrag zur Energieeffizienz einer Immobilie. Dabei hält sie selbst für Bewohner energetisch sanierter Gebäude erhebliche Einsparpotenziale bereit. Für den weiteren Verlauf des Modellvorhabens haben 71 zusätzliche Mieter aus Berlin ihre Teilnahme zugesagt, sodass die Gesamtzahl der Nutzer der monatlichen Verbrauchsinformation auf mehr als 250 steigt. Die finalen Ergebnisse sollen im Herbst 2016 vorliegen.
Mietergruppen des Modellvorhabens
Teilnehmer: Diese 139 Mieter entschlossen sich in der Heizperiode 2013/14 (HP 1) zur Teilnahme am Projekt. Sie erhalten die monatliche Verbrauchsinformation bereits seit zwei Heizperioden, sodass sich anhand ihrer Ergebnisse Rückschlüsse auf die Nachhaltigkeit der Maßnahme ziehen lassen.
Wirkungstester: Zu Beginn der Heizperiode 2014/15 (HP 2) kamen 51 nachträglich gewonnene Projektteilnehmer aus München und Berlin hinzu. Hier zeigt sich die Wirkung der Maßnahme auf Mieter, die 2013/14 nicht teilgenommen hatten. Die Mitglieder dieser Gruppe heißen daher Wirkungstester.
Indirekt Beeinflusste: Hierbei handelt es sich um die nicht am Modellvorhaben teilnehmenden Mieter in den Liegenschaften. Obwohl diese nach wie vor lediglich ihre jährliche Heizkostenabrechnung erhalten, könnten sie als Nachbarn der Projektteilnehmer sensibilisiert worden sein und sind daher als Kontrollgruppe ungeeignet.
Kontrollgruppe: Die Kontrollgruppe wurde aus mehreren Tausend Liegenschaften mit insgesamt 7955 Wohneinheiten in ganz Deutschland gebildet. Dabei befinden sich die Gebäude in einem energetisch vergleichbaren Zustand wie diejenigen des Modellvorhabens. Die Bewohner wurden nicht angesprochen und erhalten keine unterjährigen Informationen zu ihrem Heizenergieverbrauch.
Dipl.-Ing. Tim Geßler
ist Fachredakteur bei der Fachpresseagentur Kommunikations-Management Schellhorn, 45721 Haltern am See, Telefon (0 23 64) 10 81 99, info@die-agentur.sh, www.die-agentur.sh