Mit den Plänen der Ampel muss sich die Branche schneller neu orientieren. Wird die 65-%-Klausel für erneuerbare Energien in der Bundesförderung für effiziente Gebäude vorgezogen, wird das die Wärmewende massiv beschleunigen.“
Viel Lob hat Dr. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), für seine eigentlich ernüchternde „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ vom 11. Januar 2022 erhalten. „Zeitpunkt, Umfang und Inhalt der Präsentation machen deutlich, dass die neue Hausspitze im BMWK den dringenden Handlungsbedarf beim Klimaschutz und für einen zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort erkannt hat und den mangelnden Elan der letzten Jahre schnell in eine neue Dynamik umwandeln will“, so Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE).
Die „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“, ein 37 Seiten umfassender Statusbericht (Download), sei notwendig, um aufzuzeigen, wo Deutschland bei den einzelnen Handlungsfeldern – Klimaziele in den verschiedenen Sektoren, Ausbau der erneuerbaren Energien und Netzausbau – stehe, so Habeck. Die Eröffnungsbilanz zeige, wie sehr der Klimaschutz in Deutschland hinter den Erwartungen liegt. Habeck: „Wir starten mit einem drastischen Rückstand. Die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen sind in allen Sektoren unzureichend. Es ist absehbar, dass die Klimaziele der Jahre 2022 und 2023 verfehlt werden.“
Handlungsbedarf im Gebäudebereich ist erheblich
Die Eröffnungsbilanz sei der Startschuss für die Arbeit an einem Klimaschutz-Sofortprogramm, mit dem die neue Bundesregierung alle notwendigen Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen so auf den Weg bringt, dass die Verfahren bis Ende 2022 abgeschlossen sind. Das erste Paket soll zu Ostern vorliegen.
Aus der Eröffnungsbilanz: „Der Handlungsbedarf im Gebäudebereich ist erheblich, der Sektor ist vor große Herausforderungen gestellt. Der Endenergiebedarf in Wohngebäuden ist in den letzten Jahren sogar noch gestiegen anstatt zu fallen. Zudem steigt der Anteil von erneuerbaren Energien und Wärmepumpen am Heizungsbestand nur sehr langsam.“
Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen will das BMWK durch eine zügige Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes eine verlässliche Planungsgrundlage für Investitionen schaffen. Dazu sollen Neubauten und Gebäudesanierungen auf das Ziel der Klimaneutralität 2045 sowie einen deutlich reduzierten Energiebedarf ausgerichtet werden. Im Koalitionsvertrag sind dafür 2025 (Neubau) und 2024 (wesentliche Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden) als Starttermine genannt.
Im Heizungsmarkt müssen Fehlinvestitionen verhindert werden
Zudem soll die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag, dass ab 2025 jede neu eingebaute Heizung (auch bei der Heizungsmodernisierung) auf der Basis von mindestens 65 % erneuerbarer Energien betrieben wird (65-%-Klausel für erneuerbare Energien), zeitnah umgesetzt werden. Dies soll (Fehl)Investitionen, die nicht mit den Klimazielen vereinbar sind, verhindern und insbesondere den Markthochlauf von Wärmepumpen voranbringen. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) soll parallel dazu zügig angepasst werden; sie soll die neuen Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes flankieren und bis 2025 den Markt durch effiziente Anreize an diese Schritte heranführen.
Das bedeutet für die Heizungsindustrie, für TGA-Planer und SHK-Betriebe, sich noch stärker und schneller neu zu orientieren. Wird die 65-%-Klausel für erneuerbare Energien in der BEG zeitnah vorgezogen, wird das die Wärmewende massiv beschleunigen.
Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de
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