2024 sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland laut Umweltbundesamt auf 649 Mio. t CO2-Äquivalent deutlich unter das zulässige Budget gesunken. Aus heutiger Sicht sind auch die Klimaziele bis 2030 erreichbar. Trotzdem sind zusätzliche Anstrengungen im Gebäudesektor und im Straßenverkehr erforderlich.
Laut Berechnungen des Umweltbundesamt (UBA) sind m Jahr 2024 die Treibhausgasemissionen in Deutschland um 3,4 % gegenüber dem Vorjahr gesunken. Verblieben sind Treibhausgasemissionen von rund 649 Mio. t CO2-Äquivalente (CO2e). Das entspricht rechnerisch Pro-Kopf-Emissionen von 7,76 t CO2e.

Umweltbundesamt 11.03.2025
Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz: „Deutschland schließt seine Klimaschutzlücke und ist auf Klimakurs. Als drittgrößte Wirtschaftsnation weltweit können wir sagen: weniger Treibhausgase sind möglich, auch mit wachsender Konjunktur in den kommenden Jahren. Der starke Ausbau erneuerbarer Energien und der Netze sowie der Emissionshandel sind Garanten für den kontinuierlichen Rückgang klimaschädlicher Treibhausgase.
Die Daten zeigen: Kärnerarbeit, Hartnäckigkeit und Konsequenz lohnen sich. Wir haben in diesen drei Jahren Deutschland beim Klimaschutz auf Kurs gebracht und den Weg bereitet. Er muss nun entschieden und ehrgeizig verfolgt werden. Alle Sektoren müssen ihren Beitrag leisten – vor allem bei Verkehr haben wir großen Nachholbedarf, bei Gebäuden haben wir die wichtigen Weichen gestellt, es braucht aber eine konsequente Umsetzung und Kontinuität.“ Aufgabe der zukünftigen Bundesregierungen müsse es deshalb sein, weiter in die Transformation der Wirtschaft zu investieren, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen.“
KSG-Gesamtziel für 2024 deutlich unterschritten…
Die im Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) erlaubte, angepasste Jahresemissionsgesamtmenge von 693,4 Mio. t CO2e ist 2024 recht deutlich unterschritten worden. Die UBA-Projektionsdaten 2025 zeigen zudem, dass das Ziel, die THG-Emissionen bis 2030 um 65 % gegenüber 1990 zu mindern, mit den schon implementierten klimapolitischen Instrumenten weiter in greifbarer Nähe ist – vorausgesetzt, dass diese weiterhin konsequent umgesetzt werden.
Bis 2030 würden die Treibhausgasemissionen dann um 63 % gemindert und im Zeitraum 2021 bis 2030 die sektorübergreifende Jahresemissionsgesamtmenge sogar mit 81 Mio. t CO2e übererfüllt. Das gelinge aber nur, weil durch die fortschreitende Energiewende die Emissionen in der Energieerzeugung überproportional sinken und so die Zielverfehlungen der Sektoren Verkehr und Gebäude nach dem KSG ausgleichen.
… ESR-Zeile werden wohl gerissen
Es bestätigt und verschärft sich hingegen, dass Deutschland seine Ziele zur EU-Klimaschutzverordnung (Effort Sharing Regulation, ESR) zwischen 2021 und 2030 deutlich zu verfehlen droht. Die voraussichtliche Gesamtlücke im Zeitraum 2021 bis 2030 beträgt derzeit 226 Mio. t CO2e. Dies liegt vor allem begründet in den unzureichenden Fortschritten in den Sektoren Verkehr und Gebäude, die mittel- und langfristig auch zum Problem für die Transformation zur Klimaneutralität werden können.
Ohne schnelle Nachsteuerung in diesen Sektoren drohen sprunghaft ansteigende CO2-Preise sowie hohe „Strafzahlungen“ an andere EU-Staaten. Die Gelder für Letzteres sollten besser für Investitionen zur Transformation und Treibhausgasminderung in Deutschland eingesetzt werden.

Umweltbundesamt 11.03.2025
Stromerzeugung leistet überproportionalen Beitrag
Aktuell und in Zukunft leistet die Energiewirtschaft – und hier insbesondere die Stromerzeugung – einen überproportionalen Beitrag zur Emissionsminderung. So ist die Minderung 2024 vor allem auf einen starken Rückgang der Emissionen aus der fossilen Energiewirtschaft um rund 17,6 Mio. CO2e zurückzuführen – und das trotz des vollständigen Ausstiegs aus der Kernenergie im Jahr 2023.
Maßgeblich dafür war der starke Anstieg der erneuerbaren Energien beim Bruttostromverbrauch in Deutschland mit einem Anteil von rund 54 %. Der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien und ein schnelles Ende der Kohleverstromung sind die zentralen Pfeiler für die Klimaschutzziele bis 2030. Werden sie unbeirrt weiterverfolgt, wird die Energiewirtschaft Laut UBA-Projektionen bis 2030 weiterhin einen überproportionalen Beitrag zur Treibhausgasminderung leisten und ihre kumulierten Ziele im Zeitraum 2021 bis 2030 mit 250 Mio. t CO2e sogar übererfüllen.
Der Sektor Verkehr liegt weit hintern den Zielen
Aktuell und auch bis zum Jahr 2030 bleibt der Sektor Verkehr weit entfernt von seinen Zielen. Im Jahr 2024 trägt er rund 143,1 Mio. t CO2e zu den Gesamtemissionen bei, ein Rückgang von nur rund 1,4 % gegenüber 2023, rund 18 Mio. t über dem Ziel. Der Sektor verfehlt auch die kumulierten Jahresemissionsmengen zwischen 2021 und 2030 um 169 Mio. t CO2e.
UBA-Präsident Dirk Messner: „Die zurückhaltende Nachfrage nach batterieelektrischen Autos sorgt mich. Der Markhochlauf von Elektroautos muss wieder deutlich mehr Fahrt aufnehmen.“ Staatlich geförderte Leasingmodelle für kleine und effiziente Elektroautos mit geringen monatlichen Raten (sogenanntes social leasing) können den Hochlauf nach französischem Vorbild unterstützen und klimafreundliche Mobilität dort ermöglichen, wo einkommensschwache Menschen auf das Auto angewiesen sind. „Am vereinbarten Ausstieg aus dem fossilen Verbrenner-Pkw 2035 sollte unbedingt festgehalten werden – das ist sowohl für den Klimaschutz als auch für die Planungssicherheit der Unternehmen wichtig. Entscheidend ist das Festhalten an den Zielvorgaben für 2030.“
Gebäudesektor: Emissionsrückgang zu träge
Auch im Gebäudesektor werden die Emissionsvorgaben nicht eingehalten, zugleich zeigt sich ein nur träger Emissionsrückgang um rund 2,4 Mio. t CO2e oder 2,3 % gegenüber 2023, auf 100,5 Mio. t CO2e, zulässig waren 95,8 Mio. t CO2e. Wesentlicher Treiber für den leichten Rückgang ist die milde Witterung, wodurch weniger geheizt wurde. Bis 2030 verfehlt der Sektor die kumulierten Jahresemissionsmengen zwischen 2021 und 2030 ohne zusätzliche Maßnahmen um 110 Mio. t CO2e.

Umweltbundesamt 11.03.2025
Konjunktur dämpft Emissionen der Industrie
Im Industriesektor sind die Emissionen 2024 mit einem leichten Plus von 0,1 % auf 153 Mio. t CO2e nahezu konstant geblieben. Ein Anstieg der Emissionen in der Eisen- und Stahlindustrie und der chemischen Industrie wurde durch Rückgänge in der Zementindustrie ausgeglichen. Bis 2030 liegt die Industrie weiter auf Kurs und übererfüllt ihr Ziel kumuliert im Vergleich zu den Projektionen 2024 mit 73 Mio. t CO2e. Unter anderem langsamer steigende Preise im EU-Emissionshandel für die Industrie (ETS I) bis 2035 sorgen für mehr Emissionen. Zugleich führen die aktuellen Konjunkturentwicklungen und deren Berücksichtigung bis 2030, insbesondere in energieintensiven Branchen, zu weniger Emissionen als in den Projektionsdaten des Vorjahres.
Die Projektionen zeigen mit Blick auf die Dekade nach 2030, dass die langfristige Transformation noch nicht ausreichend implementiert ist. Hierfür braucht es den schnelleren Ausbau von Infrastrukturen, insbesondere für Strom- und Wasserstoffnetze, und insgesamt mehr Planungssicherheit, beispielsweise durch grüne Leitmärkte, also staatlich geschaffene oder geförderte Märkte für treibhausgasneutrale Produkte, sowie die Sicherung von Förderinitiativen wie der „Bundesförderung für Dekarbonisierung der Industrie“.
Für die Zeit nach 2030 noch nicht auf dem Zielpfad
Sektorübergreifend und langfristig besteht noch nicht ausreichend Planungssicherheit für die Transformation zur Treibhausgasneutralität. Mit den jetzigen Maßnahmen erreicht Deutschland bis zum Jahr 2040 eine Minderung um rund 80 % gegenüber 1990, das KSG-Ziel sieht aber eine Minderung von mindestens 88 % vor. Für eine dauerhafte Treibhausgasneutralität ab 2045 ist es deshalb wichtig, sämtliche Minderungspotenziale zu heben, um den Bedarf an ausgleichenden Negativemissionen so klein wie möglich zu halten.
Die Projektionsdaten 2025 zeigen, dass die Instrumente und Maßnahmen im Bereich natürlicher Kohlenstoffsenken weder auf eine Erhöhung noch auf Resilienz und Ausbau der Senke hinreichend ausgerichtet sind. Für die Stärkung der natürlichen Senkenleistung braucht es unter anderem die verstärkte Förderung von Waldumbau, Waldmehrung, Aufbau des Holzproduktspeichers (mehr langlebige Holzprodukte) und Humusaufbau, also Erhöhung des Kohlenstoffgehalts in mineralischen Böden.

Umweltbundesamt 11.03.2025
Zu den Daten
Die vorliegenden Emissionsdaten für das Jahr 2024 stellen die gegenwärtig bestmögliche Berechnung dar. Sie sind insbesondere aufgrund der zu diesem Zeitpunkt nur begrenzt vorliegenden statistischen Berechnungsgrundlagen mit entsprechenden Unsicherheiten verbunden. Die Berechnungen leiten sich aus einem System von Modellrechnungen und Trendfortschreibungen der im Januar 2025 veröffentlichten detaillierten Inventare der THG-Emissionen des Jahres 2023 ab. Die vollständigen, offiziellen und detaillierten Inventardaten zu den THG-Emissionen in Deutschland für das Jahr 2024 veröffentlicht das UBA im Januar 2026 mit der Übermittlung an die Europäische Kommission.
Für die Erstellung der Projektionsdaten beauftragt das UBA regelmäßig ein unabhängiges Forschungskonsortium, welches in Zusammenarbeit mit dem Johann Heinrich von Thünen Institut in einem integrierten Modellierungsansatz abschätzt, wie sich die aktuelle Klimaschutzpolitik auf die Treibhausgasemissionen Deutschlands auswirkt. Der Fokus liegt auf den Ergebnissen in den Sektoren bis zum Jahr 2030 und auf dem Jahr 2050. Das UBA koordiniert die Arbeiten in enger Abstimmung mit den zuständigen Ressorts aller Sektoren auf Bundesebene (Energiewirtschaft, Verkehr, Industrie, Gebäude, Abfallwirtschaft, Landwirtschaft sowie Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft). ■
Quelle: BMWK; Umweltbundesamt / jv
Im Kontext:
SRU: Deutschlands 1,5-Grad-CO2-Budget ist aufgebraucht
Strompreissenkung macht effizienten Klimaschutz bezahlbar
Verbände fordern Klarheit und Verlässlichkeit für Wärmewende
2024: Deutscher Strommix so sauber wie nie
2024: Einnahmen aus dem Emissionshandel auf Rekordniveau