Viele der ab 2024 in bestehende Gebäude eingebauten Gas-Heizungen müssen ab 2029 die Grüne-Brennstoff-Quote erfüllen. Das wird dort das Heizen mit Gas weiter verteuern.
Würde heute publik, dass sich Erdgas bei einem für Einfamilienhäuser typischen Gasverbrauch von 20 000 kWh/a zum nächsten Jahreswechsel um 275 Euro/a verteuert, ein Aufschrei wäre vorprogrammiert. Anfang November 2024 entspricht dies den durchschnittlichen Mehrkosten in zwölf Referenzorten, wenn dort statt der günstigsten Neuvertragsangebote mit 100 % Erdgas die Gaslieferung auf Erdgas mit einem Anteil von 15 % Biomethan umgestellt wird. Bei den wenigen das Gasgemisch auch über Vergleichsportale anbietenden Unternehmen liegt der Aufpreis innerhalb der eigenen Preisliste bei etwa 180 Euro/a.
Die Preisentwicklung bei Erdgas Anfang 2025 hat wenig mit Biomethan zu tun, vielmehr sind es des Netznutzungsentgelt und die Beschaffung. Der genaue Preis von Erdgas mit „Grüner-Brennstoff-Quote“ im Jahr 2029 wird sich erst in zwei bis drei Jahren genauer abzeichnen. Allerdings lässt sich heute schon abschätzen, wie stark der Pflichtanteil Gas am unteren Rand verteuern wird. Für den Vergleich von Heizungssystemen ist dieser Wert wichtiger als der absolute Preis.
Grüne-Brennstoff-Quote
Was aber bekannt ist: Bei vielen Gas-Heizungen, die ab 2024 in bestehende Gebäude neu eingebaut werden, muss ab 2029 der Brennstoff einen auf den Energieinhalt bezogenen Anteil von mindestens 15 % „Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate“ aufweisen. Im Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist festgelegt, dass der Pflichtanteil nur bilanziell nachgewiesen werden muss. Es gibt somit für die Gaskunden keine technischen Auswirkungen.
Jedoch sind finanzielle Konsequenzen auf der Energielieferrechnung praktisch unvermeidbar. Denn Biomasse oder grüner oder blauer Wasserstoff und daraus hergestellte Derivate sind 2029 höchstwahrscheinlich weiterhin teurer als fossiles Erdgas – wäre es nicht so, würden sie (bei Kompatibilität mit der Infrastruktur und den Kundenanlagen) durch ihren Preisvorteil Erdgas kurzfristig verdrängen und müssten in großem Umfang verfügbar sein. Nichts deutet bei dem aktuellen Preisniveau darauf hin. Aufgrund der tatsächlichen Verfügbarkeit ist zu erwarten, dass die Grüne-Brennstoff-Quote zunächst mit Biomasse und ganz konkret mit Biomethan hinterlegt wird. Biomethan ist zu 100 % kompatibel mit Erdgas.
Biomethan-Aufpreis Anfang November 2024
Welchen Preis GEG-Erdgas mit 15 % Biomethan im Jahr 2029 bei dann zusätzlich sprunghaft steigender Nachfrage hat, ist von mehreren Faktoren mit hoher Unsicherheit abhängig. Zudem werden für die Produktion von Biogas auch erhebliche Kraftstoffmengen und für die Aufbereitung zu Biomethan Strom benötigt. Die Unsicherheit beim Preis existiert mit dem aktuellen Regelwerk somit vorwiegend nach oben. Was man Anfang November 2024 bei den sehr wenigen angebotenen Energieliefertarifen für eine Gasmenge von 20 000 kWh/a sehen kann:
● Die günstigsten drei Angebote (mit durchschnittlich 13,3 % Biomethan) liegen im Mittel der zwölf Referenzorte für das WP-Strom-/Gaspreis-Barometer der TGA+E-Redaktion 1,37 Ct/kWh über dem Mittelwert der drei günstigsten Erdgastarife.
● Vergleicht man die drei günstigsten Angebote (mit durchschnittlich 13,3 % Biomethan) an den 12 Referenzorten mit den günstigsten hausinternen Erdgastarifen der Anbieter, liegen sie rund 0,9 Ct/kWh über dem Erdgas-Preis. Der Biomethan-Anteil ist damit hausintern etwa 6,97 Ct/kWh höher als der Erdgas-Anteil (ohne CO2-Kosten) bepreist.
In einem Markt mit höherer Wettbewerbsintensität für einen 15-%-Anteil Biomethan im Erdgas könnte man im November 2024 (ohne den Effekt einer stark steigenden Nachfrage) somit überschlägig von einem um 0,9 Ct/kWh höheren Gaspreis ausgehen.
Möglicher 15-%-Biomethan-Aufpreis 2029
Friert man alle den Gaspreis beeinflussenden Parameter außer der CO2-Bepreisung auf dem Stand November 2024 ein, kann man den auf die Grüne-Brennstoff-Quote zurückzuführenden Mehrpreis auch in der Zukunft isolieren. Nimmt man für den unteren Rand (optimistisch) an, dass bis 2029 keine Kostensenkung bis zur Einspeisung von Biomethan generiert wird, ist dann die Beschaffung von Biomethan weiterhin 6,97 Ct/kWh teurer als für Erdgas (ohne CO2-Kosten) im November 2024.
Abzusehen ist jedoch, dass der CO2-Preis bis 2029 steigt. Bei einer flachen Preiskurve würde der CO2-Preis auf beispielsweise 80 Euro/t (netto) und bei einer mittleren Preiskurve auf 120 Euro/t (netto) steigen. Mit diesen CO2-Preisen würde Erdgas mit 15 % Biomethan-Anteil dann rechnerisch 0,79 Ct/kWh oder 0,66 Ct/kWh teuer als Erdgas inkl. CO2-Bepreisung sein. Der sinkende Kostenabstand resultiert aus der möglichen Befreiung von der CO2-Bepreisung für GEG-konformes Biomethan. 2024 ist der beobachtete Preisabstand 0,9 Ct/kWh bei einem CO2-Preis von 45 Euro/t (netto).
Der sinkende Kostenabstand sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich das Brenngas bis 2029 von 8,7 Ct/kWh (100 % Erdgas) auf 10,24 Ct/kWh (85 % Erdgas mit 80 Euro/t und 15 % Biomethan) bzw. 10,98 Ct/kWh (85 % Erdgas mit 120 Euro/t und 15 % Biomethan) verteuert, siehe Grafik 1. Mögliche Kostenänderungen in anderen Preisbestandteilen wie Beschaffung von Erdgas sowie Biomethan und das Netznutzungsentgelt wären zusätzlich zu berücksichtigen.
In den beiden CO2-Preis-Szenarien erhöht sich der Gaspreis (ohne die Preisentwicklung beim Netzentgelt) von 2024 ohne Biomethan bis 2029 bei 15 % Biomethan-Anteil um 1,54 Ct/kWh bzw. 2,58 Ct/kWh.
Preisfaktor Verfügbarkeit
Falls für 1 Mio. Gas-Heizungen mit einem durchschnittlichen Gasverbrauch von 20 000 kWh/a ab 2029 die Grüne-Brennstoff-Quote greift, würden sie etwa 27 % des 2023 in das Erdgasnetz eingespeisten Biomethans beanspruchen. Eine sprunghaft steigende Nachfrage schwächt nur selten den Preis.
Zu beachten ist auch dass der gesamte Prozess für die Aufbereitung von Biogas zu Biomethan inklusive der (momentan) erforderlichen Netzeinspeisung kostenintensiv ist, für jede Anlage eine hohen projektspezifischen Anteil hat und viel Zeit für die Realisierung benötigt. Zumeist wird es auch erforderlich sein, dass für Biogasanlagen mit neuer Biomethan-Aufbereitung und Einspeisung in das Erdgasnetz zunächst die netztechnischen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, wobei ein Teil der Investitionskosten über das Netzentgelt auf den Gaspreis gewälzt wird.
Es gibt außerdem konkurrierende Abnehmer: Schon seit einiger Zeit steigt die Nachfrage nach verflüssigtem Biomethan für die Betankung von Lkw. Die notwendigen Aufbereitungs- und Verflüssigungsanlagen werden dezentral errichtet.
Die Einspeisung von grünem Wasserstoff und synthetisch erzeugtem Methan in das deutsche Erdgasnetz hat 2024 noch keine relevante Größe erreicht. Teile der Gaswirtschaft hatten sich übrigens schon in der Vergangenheit für eine Grüne-Gase-Quote im Erdgas ausgesprochen, allerdings eher um das eigene Geschäftsmodell zu verlängern. ■
Quelle: Verivox, Bundesnetzagentur, BDEW, eigene Berechnungen / jv
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Grüne-Brennstoff-Quote im GEG
§ 71 Absatz 9 GEG: „Der Betreiber einer mit einem flüssigen oder gasförmigen Brennstoff beschickten Heizungsanlage, die nach Ablauf des 31. Dezember 2023 und vor [dem offiziellen Vorliegen der Wärmeplanung] eingebaut wird und die nicht die Anforderungen des Absatzes 1 erfüllt, hat sicherzustellen, dass ab dem 1. Januar 2029 mindestens 15 Prozent, ab dem 1. Januar 2035 mindestens 30 Prozent und ab dem 1. Januar 2040 mindestens 60 Prozent der mit der Anlage bereitgestellten Wärme aus Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate erzeugt wird. § 71f Absatz 2 bis 4 ist entsprechend anzuwenden.“
Die Grüne-Brennstoff-Quote gilt nicht, wenn eine Heizung auf 100 % Wasserstoff umrüstbar ist (100-%-H2-ready) und infolge der Wärmeplanung zu einem bestimmten Zeitpunkt ein verbindlicher Fahrplan für die Umstellung des Gasnetzes auf Wasserstoff in der Gemeinde vorliegt, der von der Bundesnetzagentur genehmigt wurde (H2-ready-Privileg). Auch wenn der örtliche Fernwärme-Anbieter den Anschluss an ein Wärmenetz innerhalb von zehn Jahren zusagt, wird die Quoten-Regelung ausgesetzt. Lässt sich allerdings eine Wärmeversorgung über das Wasserstoff- oder das Wärmenetz trotz verbindlicher Planung nicht realisieren, muss die Heizung dann innerhalb von drei Jahren nach Bekanntgabe dieser Änderung mit mindestens 65 % erneuerbaren Brennstoffen betrieben werden bzw. GEG § 71 Absatz 1 erfüllt werden.
Auch Biomethan hat einen CO2-Fußabdruck
„Grüne-Brennstoff-Quote“ ist ein Begriff aus der offiziellen Information zur GEG-Beratungspflicht bei Brennstoff-Heizungen. Biomethan ist allerdings nicht CO2-neutral. Einen Überblick bietet LichtBlick mit der Einordnung seiner Gastarife:
● Für 100 % Erdgas verwendet LichtBlick in seiner Kalkulation den Emissionsfaktor des TÜV Nord in Höhe von 0,21162 kgCO2e/kWh bezogen auf den auf den Brennwert (Hs) für die spezifischen Treibhausgasemissionen in CO2-Äquivalent (CO2e).
● Bei einem 10%igen Biomethan-Anteil sinken die spezifischen Treibhausgasemissionen gegenüber Erdgas um rund 6 % auf 0,198 kgCO2e/kWh.
● Bei einem 30%igen Biomethan-Anteil sinken die spezifischen Treibhausgasemissionen gegenüber Erdgas um rund 19 % auf 0,171 kgCO2e/kWh.
● Bei 100 % Biomethan sinken die spezifischen Treibhausgasemissionen gegenüber Erdgas um rund 64 % auf 0,077 kgCO2e/kWh.