Verordnungen, Regelwerke und Ansprüche der Bauherren und Modernisierer verlangen von den Baubeteiligten zunehmend gewerkeübergreifende Fachkompetenz. Ohne diese sind die heute umzusetzenden Energiestandards bei Neu- und Altbauten nicht bauschadensfrei zu realisieren. Sprach man früher vom „Blick über den Tellerrand“, ist heute neben der gelernten Fachdisziplin die zusätzliche Qualifikation als Generalist immer stärker gefragt.
Eine bisher bundesweite Besonderheit bietet das Angebot der Akademie der Ingenieure ADI, Stuttgart, seit Herbst 2007 an. Geschäftsführer Jochen Lang: „Der Fachingenieur für Energieeffizienz ist eine Weiterentwicklung des seit vielen Jahren existierenden Lehrgangs zur energetischen Modernisierung für den Wohnungsbau. Dieser klassische Energieberaterlehrgang wurde um neue Schwerpunkte, etwa erneuerbare Energien und ein stark praxisorientiertes Zusatzmodul für die Energieanalyse im Nichtwohnungsbau – DIN V 18599 ergänzt. Im September 2008 wird der Fachingenieur-Lehrgang noch um ein drittes Modul zum Passivhaus-Fachplaner erweitert. Zielgruppe sind jeweils TGA-Planer, Architekten, Bauingenieure und Bauphysiker.
Relativ kleine Gruppen von bis zu 25 Personen zahlen sich für die Lehrgangsteilnehmer aus. „Größere Gruppen werden schnell statisch und die wichtige Diskussion mit den Lehrgangsteilnehmern kommt schlechter in Gang. Wir suchen sehr gerne den Dialog. Fragen und Diskussionen schaffen einen größeren Praxisbezug und sind meistens eine Bereicherung für alle Teilnehmer“, berichtet Dr. Peter Kaiser, Referent für das Thema Wärmebrücken.
Sichtbarer Lohn des Lehrgangs sind für Mitglieder der Südwest-Ingenieurkammern die Möglichkeit zur Eintragung in die Südwest-Ingenieurfachliste „Energieeffizienz“ (Hessen, Saarland, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg) und der Titel „Fachingenieur für Energieeffizienz“. Die Hauptmotivation der Teilnehmer ist aber einfach dazuzulernen, im Job besser zu sein und auch besser rüberzukommen. Nikolai Pauli, angehender Fachingenieur für Energieeffizienz und selbstständiger Bauleiter: „Von der Ausbildung profitiere ich durch vergrößertes Fachwissen und sichereres Auftreten, das habe ich schon nach den ersten Unterrichtseinheiten gemerkt. Fachkenntnisse erzeugen eine ganz selbstverständliche Autorität. Wenn man die naturgemäß problembehafteten Schnittstellen sauber erklärt, wird Handwerkern sehr schnell klar, dass man sich nicht auf Kompromisse einlässt. Das kommt der Gebäudequalität zugute, aber ich gewinne auch ganz persönlich dadurch. Denn die Aufraggeber nehmen es deutlich wahr, wenn es auf der Baustelle gut läuft und das Ergebnis gut ist. Das hilft mir, neue Aufträge und auch neue Auftraggeber zu bekommen. Mir geht es ganz massiv um die Praxis. Bei Kollegen aus der Planung steht aber auch der Energieausweis mit auf der Liste.“
Die berufliche Fortbildung wird von Ingenieuren übrigens überwiegend als persönliche Verpflichtung gesehen. Neben der investierten Zeit sind mehr als drei Viertel Selbstzahler, fast alle Lehrgänge werden berufsbegleitend gebucht. Jochen Vorländer
Ausbildungsplan
Die Qualifikation „Fachingenieur für Energieeffizienz“ der Akademie der Ingenieure ADI besteht aus zwei Modulen.
Modul 1 „Energetische Sanierung im Wohnungsbau“ umfasst 120 Unterrichtsstunden und folgende Einheiten: Dämmstoffe, Beschichtungen und Feuchteschäden, Energiesparende Gebäudetechnik, Bericht eines Energieberaters, EDV-Tools und Rechenverfahren zur Integralen Planung, Workshop zum Energiebedarfsausweis, Baurecht und Haftung, Wärmebrücken, Solarenergienutzung, Tageslichttechnik, Künstliche Beleuchtung, Wärmeschutz, Gebäudetypologie, Förderprogramme und Wirtschaftlichkeit und den Abschluss-Workshop Energetische Gebäudesanierung.
Modul 2 „DIN V 18599“ umfasst 50 Unterrichtsstunden und folgende Einheiten, die speziell auf die Bewertungsnorm ausgerichtet sind: Gebäudehülle, Anlagentechnik, Beleuchtung und einen Praxisworkshop.
Die Akademie der Ingenieure ADI startet neue Lehrgänge zum Fachingenieur für Energieeffizienz in 2008 am 11. April und am 19. September, beide in Ostfildern. Weitere Lehrgänge sind an anderen Orten geplant.