Der Prüfaufbau für die Zulassung von Abschottungsmaßnahmen für brennbare Abwasserleitungen deckt wichtige Szenarien, bei denen durch eine Brandweiterleitung trotz der Verwendung zugelassener Rohrabschottungen nachweislich Sekundärbrände entstehen können, nicht ab. Für Installationsschächte gibt es jedoch eine zugelassen Brandschutzlösung, die diese Szenarien berücksichtigt und weitere Vorteile bietet.
Kompakt zusammengefasst
■ Brandprüfungen und orientierende Versuche zeigen, dass durch den bisherigen Prüfaufbau für die Abschottung brennbarer Abwasserleitungen ein Sicherheitsrisiko entsteht:
■ Es ist unter anderem notwendig, eine Übertragung von Feuer und Rauch nicht nur vom Brand abgewandt nach oben, sondern auch nach unten zu prüfen.
■ Sonst ist die Wirksamkeit der Abschottungen nicht für alle Szenarien sichergestellt und es können Sekundärbrände innerhalb von Installationsschächten in anderen Geschossen oder bei freiliegenden Rohrleitungsabschnitten entstehen.
■ Abhilfe bietet die EBD Technologie, bei der die Installationsschächte hohlraumfrei mit nichtbrennbarer mineralischer Dämmung maschinell befüllt werden. Für die Gewerke Sanitär, Heizung und Elektro können dann die üblichen Einzelabschottungen in der Geschossdecke und in den Schachtwandungen entfallen.
Die durch den IZEG-Brandversuch 2021 [1] ausgelösten Diskussionen über wirksame Brandschutzlösungen für brennbare Abwasserleitungen sind überfällig. Das zeigt auch ein ergänzend durchgeführter Brandversuch der Firma Austroflex, der beim Materialprüfamt NRW in Erwitte im November 2020 stattgefunden hat.
In Abstimmung mit dem Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) wurde für die EBD Technologie (Einblasdämmtechnik), eine maschinelle Brandschutzlösung für Installationsschächte, erstmalig ein dreigeschossiger Brandversuch durchgeführt. Analog zum etablierten dreigeschossigen Brandversuch für Lüftungssysteme nach DIN 18 017-3, wurden hierbei brennbare und nichtbrennbare Abwasserleitungen nicht nur normgerecht nach oben, sondern auch praxisgerecht nach unten brandschutztechnisch auf eine Übertragung von Feuer und Rauch geprüft.
Bereits nach wenigen Minuten konnte im Brandversuch festgestellt werden, dass die brennbaren Rohrsysteme unterhalb des Brandraumes versagten und durch abtropfendes Kunststoffmaterial Feuer fingen. Hintergrund für das schnelle Versagen ist die Prüfung mit offenen Anschlüssen, also ohne installierte Sanitärobjekte. Dies ist allerdings durchaus praxisgerecht, weil bei einem Brand ein „Verschluss“ der Abwasseranschlüsse während der Feuerwiderstandsdauer nicht gewährleistet ist.
Auswirkungen auf die Praxis
In erster Linie kommt es nun darauf an, wie die aus den Brandversuchen abzuleitenden Risiken hinsichtlich des vorbeugenden baulichen Brandschutzes zu bewerten sind. Vor allem in den Gebäudearten, wo Menschenansammlungen stattfinden – im Wohnungsbau, im Hotelbau, in Wohnheimen und in öffentlichen Gebäuden –, entsteht durch Sekundärbrände Gefahr für Leib und Leben. Die Wirksamkeit des vorbeugenden baulichen Brandschutzes ist hier also dringend zu hinterfragen.
Die Praxis zeigt auch, dass in den genannten Gebäudearten Abwasserleitungen im Nutzungsbereich nie frei und offen, sondern vollständig in Schächten unterschiedlicher Konstruktionsart (Leichtbau, Massivbau) verlegt werden.
Ferner ist es durch die Grundrissgestaltung nicht immer möglich, Abwasserleitungen vertikal versatzfrei durch die Gebäude zu führen. Selbst kleinere Versprünge in den Abwasserfallleitungen können aber dazu führen, dass sich innerhalb von Kunststoffrohren brennend abtropfendes Material nicht nur am Ende der Abwasserleitung (z. B. im Untergeschoss), sondern auch in den Geschossen sammeln kann. Dies führt wiederum dazu, dass sich durch weitere Brandlasten innerhalb der Schachtkonstruktionen, wie brennbare Dämmungen, Kabel und sonstige brennbare Einbauten, Sekundärbrände in den Geschossen ausbreiten.
Die Verlegung brennbarer Abwasserleitungen innerhalb von Schachtkonstruktionen bedeutet im Brandfall auch, dass der fehlende Temperaturzugang nach unten dazu führt, dass Rohrabschottungen mit intumeszierenden Baustoffen erst verzögert reagieren können [2]. Als Folge hieraus ist die Prüfpraxis mit frei und offen verlegten Abwasserrohren zu hinterfragen – denn die Konzeption von Brandschutzlösungen wird naturgemäß an den Prüfanforderungen ausgerichtet.
Bild 2 stellt mögliche Risiken im Installationsschacht schematisch dar. Das Problem der Sekundärbrände kann überall dort auftreten, wo sich abtropfendes und brennbares Material ansammeln kann. Dies ist neben dem Schachtfuß auch in Leitungsversätzen oder abzweigenden Formstücken, und somit auch innerhalb der Geschosse möglich. Hier kann z. B. die EBD Technologie, bei der die Installationsschächte hohlraumfrei mit nichtbrennbarer mineralischer Dämmung maschinell befüllt werden, den Folgen entgegenwirken: Eine brennende Abwasserleitung ist dann durch die Befüllung von anderen Brandlasten im Schacht getrennt.
Verfüllte Installationsschächte
Die EBD Technologie Austroflex Fire Floc ist eine zukunftsweisende maschinelle Bautechnik zur gewerke- und funktionsübergreifenden Erfüllung der bauphysikalischen Anforderungen in Installationsschächten. Bei dieser Bautechnik wird der gesamte Hohlraum des Installationsschachtes zwischen den Ver- und Entsorgungssystemen sowie den Schachteinbauten mit einem nichtbrennbaren Dämmmaterial maschinell verfüllt, im Normalfall mit geflockter Mineralwolle mit einem Schmelzpunkt > 1000 °C (Bild 1).
Der Anwendungsbereich ist, gemäß den landesrechtlichen Vorschriften aus der Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie (M-LüAR) bzw. der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) – siehe auch: Neue Ausgaben: MLAR und M-LüAR überarbeitet –, für feuerwiderstandsfähige Schächte mit einer Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten gegeben. Als Verwendbarkeitsnachweise für Austroflex Fire Floc / Austroflex Fire Floc GBK liegen eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung abZ Z-41.9-704 sowie eine allgemeine Bauartgenehmigung aBG Z-41.9-705 vom Deutschen Institut für Bautechnik vor.
Das mit definierter Dichte homogen eingebrachte Material erfüllt insbesondere die Anforderungen des vorbeugenden Brandschutzes der Gewerke Sanitär, Heizung, Elektro und Lüftung. Darüber hinaus lassen sich Installationsgeräusche und Schallpegel reduzieren, Wärme- und Kältedämmungen verbessern und Geruchsübertragungen vermeiden.
Im Brandschutz zeichnet sich die EBD Technologie auch dadurch aus, dass für die Gewerke Sanitär, Heizung und Elektro die üblichen Einzelabschottungen sowohl in der Geschossdecke als auch in den Schachtwandungen entfallen können (bei feuerwiderstandsfähiger Schachtkonstruktion, siehe unten). Eine klassifizierte Deckenabschottung inklusive Vermörtelung ist somit nicht erforderlich, dies führt zu einer deutlichen Vereinfachung in Planung und Ausführung.
Die Rohrabstände sämtlicher Ver- und Entsorgungssysteme minimieren sich auf 30 mm untereinander, was zu größerer Montagefreiheit führen kann. Die EBD Technologie kann mit marktüblichen Metallunterkonstruktionen (CW/UW-Profile ab 50 mm) für die Leichtbauweise oder abweichend mit sanitären Installationssystemen zum Einsatz kommen.
Nichtbrennbare oder brennbare Ver- und Entsorgungssysteme, Kabel und Lüftungen nach der DIN 18 017-3 können herstellerneutral installiert werden. Als Beplankung können sowohl einfache (z. B. 2 × 12,5 mm GKB/GKBI-Gipskarton-Beplankungen, abG Z-41.9-705) als auch feuerwiderstandsfähige Konstruktionen mit Beplankungen (z. B. 2 × 20 mm GKF, abZ Z-41.9-704) zum Einsatz kommen. Letztere vereinfacht zusätzlich den Einsatz, weil der Deckendurchgang im Installationsschacht nicht verschlossen werden muss und die feuerbeständige Beplankung für brandschutztechnische Lüftungsbauteile, z. B. Absperrvorrichtungen nach DIN 18 017-3 oder Brandschutzklappen nach DIN EN 15 650, verwendet werden kann.
Die Abwasserleitungsführung wird bei der EBD Technologie im Brandversuch mit offenen Anschlüssen im Brandraum und ohne Rohrschottungen in den Hauptleitungen ausgeführt. Sämtliche Abwasserhaupt- und -anschlussleitungen im befüllten Installationsschacht sind über die Wirksamkeit der Dämmung geschützt, schachtverlassende und freiliegende Leitungen, z. B. am Schachtfuß oder Schachtende, müssen je nach Anforderungen ausgeführt werden (Bild 3).
Schlussendlich übernehmen die vom prüfenden Institut der EBD Technologie zertifizierten EBD-Fachfirmen mit einer Übereinstimmungserklärung die Verantwortung und entbinden somit die beteiligten Gewerke vom Brandschutz für den Installationsschacht.
Rauchübertragung verhindern
Die Mehrzahl der in Deutschland jährlich beklagten etwa 400 Brandopfer stirbt an Rauchvergiftungen. Deshalb kommt der Übertragung von Rauch im vorbeugenden Brandschutz ein besonderer Stellenwert zu. Prüfinstitute und Zulassungsstellen haben deshalb gerade bei Gebäudearten mit Menschenansammlungen ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, wie praxisgerechte Prüfungen durchzuführen sind.
Brandprüfungen und orientierende Versuche zeigen, dass durch den bisherigen Prüfaufbau für die Abschottung brennbarer Abwasserleitungen ein Sicherheitsrisiko entsteht: Es ist notwendig, eine Übertragung von Feuer und Rauch nicht nur vom Brand abgewandt nach oben, sondern auch nach unten zu prüfen. Sonst können Sekundärbrände innerhalb von Installationsschächten in anderen Geschossen oder bei freiliegenden Rohrleitungsabschnitten entstehen und große Rauchgasmengen freisetzen – was gesetzlich geregelt zu verhindern ist.
Eine wirksame Abhilfe ist die hohlraumfreie mineralische Befüllung der Installationsschächte, sie verhindert eine Brand- oder Rauchausbreitung und eine Brand- und Rauchübertragung innerhalb von Installationsschächten. Als „All in One“-Lösung ist die EBD Technologie mit Austroflex Fire Floc vor allem in komplexen Installationen, wo es darum geht, gewerke- und funktionsübergreifende Anforderungen zu erfüllen, im Vorteil. Neben einem sicheren Brandschutz zeigen sich deutliche Verbesserungen im Schall- und Wärmeschutz sowie bei der Übertragung von Gerüchen.
Literatur
[1] Brandenburg, Karl-Heinz; Lorbeer, Gerhard: Brandweiterleitung nach unten bei Abwasserrohren – Abschottung muss in alle Richtungen wirken. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 08-2021
[2] Brandversuch der IZEG unter: www.izeg.de/brandversuch-2021
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