Kompakt informieren
Die Stadt Bietigheim-Bissingen hat die neue Kälteerzeugung für die Veranstaltungsräume des Kronenzentrums mit einem
R290-Kaltsolesatz realisiert.
Im Vergleich zu den zunächst geplanten Kälteerzeugern mit dem Kältemittel R410A konnte das GWP der Kältemittelfüllmenge drastisch gesenkt werden.
Durch die Verwendung eines natürlichen Kältemittels konnte das Anlagenkonzept über das Förderprogramm Kälte- und Klimaanlagen mit einem Investitionszuschuss gefördert werden. Die verbliebenen Investitionskosten waren damit geringer als bei einer Kältemaschine mit einem HFKW- oder HFO-Kältemittel.
Bietigheim-Bissingen bietet mit dem Kronenzentrum die größte Veranstaltungshalle der Stadt für alle Anlässe: Konferenzen, Konzerte, Tanzveranstaltungen, Theateraufführungen, Messen, Ausstellungen und Familienfeiern (2) finden hier das passende Ambiente in zentraler Lage in der Bietigheimer Altstadt. Durch die hohe Anzahl der Veranstaltungen gestaltete sich der Austausch der Kältetechnik herausfordernd.
Die bisherige Kältemaschine mit dem Kältemittel R22 war schon längere Zeit außer Betrieb. Zunächst sollte diese durch einen R410A-Kaltsolesatz ersetzt werden. Hierzu wurden zu Beginn der Planungsphase zwei Varianten mit dem Kältemittel R410A betrachtet. Mit einer R410A-Anlage in gesplitteter Ausführung wäre bei einer Füllmenge von ca. 200 kg Kältemittel ein GWP (Global warming potential; Treibhauspotenzial; CO2-Äquivalent) von 417 600 (!) zusammengekommen. Auch die zweite Variante, eine Kompaktmaschine mit ca. 30 kg Füllmenge, kam auf ein GWP von 62 640. Die beiden Varianten wurden jedoch nach der Beratung durch Skadec verworfen. Der schließlich ausgeführte R290-Kaltsolesatz (1) mit 5 kg Füllmenge pro Kältekreislauf kommt auf einen Gesamt-GWP von 45. Die Kältemittelfüllmenge hat damit ein wesentlich geringeres Treibhauspotenzial als bei den R410A-Varianten.
Förderung durch das BAFA
Auch öffentliche Auftraggeber können Projekte mit besonders energieeffizienter Anlagentechnik und natürlichen Kältemitteln über das vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) administrierte Förderprogramm „Kälte- und Klimaanlagen“ gefördert bekommen1). In Summe hat die Stadt Bietigheim durch das nachhaltige Anlagenkonzept 43 000 Euro Fördermittel erhalten. Dadurch wurde die zukunftssichere Investition zusätzlich deutlich günstiger als beim Einsatz von Kältemaschinen mit einem HFKW- oder HFO-Kältemittel. Gefördert werden über das Programm unter anderem stationäre Kälte- und Klimaanlagen, die mit nicht-halogenierten Kältemitteln betrieben werden, wenn diese neu errichtet bzw. neu installiert werden oder die Kälteerzeugungseinheit neu erstellt wird, jedoch das Kühlmittelsystem (Wasser-, Sole-, Luftverteilsystem) bestehen bleibt.
Das Skadec-Konzept basiert auf einem 290-kW-Propan-Kaltsolesatz mit drei redundanten Kreisläufen. Propan wird als natürliches Kältemittel auch in Zukunft nicht von den Beschränkungen und Verboten der F-Gase-Verordnung betroffen sein. Durch die Teilung der Kälteleistung in drei redundante Kreise ist in jedem Kreislauf nur 5 kg Kältemittel erforderlich. Zum Vergleich: Das GWP der Kältemittelfüllmenge von 45 entspricht damit nur dem CO2-Äquivalent, das bei rund einer Volllastbetriebsstunde der Kältemaschine mit Strom aus dem deutschen Kraftwerkspark (Stromix 2018, 474 gCO2/kWhel) emittiert wird.
Propan-Kaltsolesatz
Für die bedarfsgerechte Regelung der Kälteleistung hat die Kältemaschine drei frequenzgeregelte Hubkolbenverdichter von Bitzer (3). Durch die feine Lastanpassung wird ein Takten der Verdichter vermieden. Die Energieeffizienz der Anlage steigt dadurch und die Anlagenlebensdauer wird deutlich erhöht. Um die Anlageneffizienz zu optimieren, wurde jeder Kreis mit einem inneren Wärmeübertrager ausgestattet. Die Microchannel-Verflüssiger in Kombination mit EC-Ventilatoren von ebm-papst steigern zusätzlich die Leistungszahl des Kaltsolesatzes.
Insgesamt stehen 290 kW Kälteleistung zur Verfügung. Die Dimensionierung der einzelnen Kältekreise ist so kalkuliert, dass das Kronenzentrum auch beim Ausfall eines Kältekreislaufs an Sommertagen mit über 30 °C noch ausreichend klimatisiert werden kann. Die integrierte SPS-Maschinenregelung auf Industriestandard garantiert Betriebssicherheit und eine hohe Anlagenverfügbarkeit. Die Bedienung erfolgt intuitiv über ein Touchpanel (5) – Fachpersonal kann damit selbst ohne Betriebsanleitung schnell Einstellungsänderungen tätigen und die richtigen Betriebsparameter finden.
Dem Verbrauchernetz ist ein mit Glykolgemisch befülltes Sekundärnetz mit zwei 1500-l-Pufferspeichern vorgeschaltet. Das zugehörige Hydraulikmodul ist im Kaltsolesatz integriert und mit einer frequenzgeregelten Hocheffizienzpumpe von Wilo ausgestattet.
Wegen der Brennbarkeit von Propan (Sicherheitsklasse A3) wurde die neue Kältemaschine auf dem Dach aufgestellt. Um der Innenstadtlage gerecht zu werden, ist die Maschine auch hinsichtlich des Schalldruckpegels, speziell im Nachtbetrieb, optimiert.
Im Technikraum befinden sich weiterhin die Pufferspeicher, Pumpen und Wärmeübertrager zur Systemtrennung. Die hydraulische Verrohrung ist in WIG-geschweißtem Stahlrohr ausgeführt. Zur Einbringung der Großkomponenten und dem Absetzen der Kältemaschine auf dem Dach waren umfangreiche Straßensperrungen in der Altstadt Bietigheims notwendig (4). Der neue Aufbau ist nun wesentlich servicefreundlicher, da die Anlagenkomponenten nun gut zugänglich sind.
Das Projekt beinhaltete auch die Demontage der alten Kältemaschine und Hydraulik im Technikraum. Dazu mussten alle Komponenten zum Abtransport per Kran über das Dach zerlegt werden.
Steuerung und Regelung
Zusätzlich zur SPS-gestützten Maschinenregelung wurde auch zur Reglung des Sekundärkreislaufs die Softwarelösung von Skadec eingesetzt. Das Zusatzmodul für das Puffermanagement wurde in einem separaten, innen aufgestellten Schaltschrank platziert. Es überwacht und steuert zwei Kältepufferspeicher, sowie alle zugehörigen Ventile und Ladepumpen.
Die direkte Kommunikation zum Kaltsolesatz ermöglicht es, zur weiteren Energieoptimierung der Gesamtanlage verschiedene Prozesssollwerte, beispielsweise die Vorlauftemperatur des Kaltsolesatzes, permanent an die Anforderungen anzupassen. Zusätzlich Überwachen die beiden Gewerke sich gegenseitig im Hinblick auf Funktion und Prozesssicherheit. Das im Schaltschrank verbaute 15“-Touchpanel erlaubt es dem Bediener, komfortabel auf die Visualisierung beider Gewerke zuzugreifen und diese vor Ort zu bedienen.
Auch langfristig wird sich durch den Einsatz von neuster Reglungstechnik und perfekter Abstimmung der Gewerke die Investition positiv bemerkbar machen. Ziel ist es, die Betriebssicherheit zu steigern und die Betriebskosten zu senken. Die Bedienmöglichkeiten der Anlage sowie der Platzgewinn durch Verlagerung der Kältemaschine in den Außenbereich erleichtern zusätzlich die Wartungsarbeiten.
Risikomanagement
Das Skadec-Sicherheitskonzept war bei diesem Objekt sehr einfach umzusetzen. Betrachtet wurden die Risiken bei einer Außenaufstellung mit sehr geringer Kältemittelfüllmenge. Der Zugang auf das Dach ist beschränkt und nur für unterwiesenes Personal möglich. Des Weiteren ist innerhalb der Maschine ein Propan-Gassensor installiert, der über zwei Schaltstufen die Anlage spannungsfrei schaltet. Die EX-geschützten Anlagenbauteile sind mit einer separaten Zuleitung versorgt. Ein integrierter EX-Lüfter belüftet das Gehäuse und garantiert, dass sich kein explosives Gemisch bilden kann.
Die Skadec GmbH
ist ein aus der Kratschmayer Gruppe, Waldenburg, hervorgegangenes eigenständiges Unternehmen und vertreibt unter der Marke Skadec als Systemlieferant und Partner für Fachplaner und -handwerk, Industrie und Anlagenbau eigenentwickelte Kaltwassersätze und Wärmepumpen sowie Pufferspeicher und Rückkühler.
Schwerpunkt sind projektspezifisch konfigurierbare Maschinen mit dem natürlichen Kältemittel Propan (R290), mit einfach zu bedienender Regelung sowie uneingeschränktem Fernzugriff.
www.skadec.de www.kratschmayer.de