Hohe Energiepreise haben bei der Museumsklimatisierung schon vor einiger Zeit den Fokus in Richtung Betriebskosten verschoben – und zu einer zunehmend kritischen Haltung gegenüber technischen Klimalösungen geführt. Dabei liegen oft große und relativ einfach zu erschließende Energieeinsparpotenziale brach.
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Nicht jedes Museum benötigt technische Klimalösungen. Allerdings ist es fast immer erforderlich, dass bestimmte Anforderungen an Raumlufttemperatur und Raumluftfeuchte aus konservatorischen, hygienischen und arbeitsrechtlichen Gründen zu beachten und zu erfüllen sind.
■ Für Museen, bei denen die Anforderungen ohne Klimaanlagen nicht erfüllt werden können, zeigt eine Variantenbetrachtung, dass, wie und in welchem Umfang über fünf wesentliche Einflussgrößen der Energiebedarf für Wärme-, Kälte- und Elektroenergie verringert werden kann.
Der Klimawandel ist inzwischen endgültig in Museen, Archiven und Bibliotheken angekommen – er macht nicht vor den Türen von Kultureinrichtungen halt. Über Jahrzehnte verfestigte Klimaanforderungen werden deshalb neu hinterfragt [1, 2, 3, 4]. Lösungsansätze findet man schon in [5] und [6], technische Umsetzungsmöglichkeiten werden ausführlich in [7] und [8] beschrieben. Wie wichtig eine eindeutige Definition der einzuhaltenden Klimaparameter ist, weil sie sich damit auf den zu erwartenden Energieverbrauch auswirkt, wird in [9] erläutert.
Die Verteuerung der Energiepreise verschiebt zusätzlich den Fokus der Betrachtung immer mehr auf die laufenden Betriebskosten. Auch Architekturentwürfe für Kulturbauten als Neubau und Sanierungen werden sich zukünftig mit den Themen zur Reduzierung des Energieverbrauchs, des Energiebedarfs und der Nachhaltigkeit der Baukonstruktion bzw. des Gebäudes (Bild 2) intensiver auseinandersetzen müssen. In Diskussionen und Fachbeiträgen wird deshalb die Notwendigkeit des Einbaus von Klimaanlagen oft hinterfragt.
Die in den letzten Jahren zunehmend kritische Haltung gegenüber teuren technischen Klimalösungen für Museen begründet sich ferner damit, dass auch mit Klimaanlage die einzuhaltenden Klimaparameter einschließlich der vorgegebenen zulässigen Schwankungen nicht eingehalten würden oder die Werte sogar noch schlechter als ohne Klimaanlage seien.
Die häufig dafür verantwortlichen Ursachen, zumeist fehlendes Fachpersonal für den Betrieb und ungenügende Wartung der Anlagen, bleiben in der Kritik meist unerwähnt. Unzureichendes Monitoring und nicht durchgeführte Inspektionen sind jedoch für die beklagten Defizite von entscheidender Bedeutung. Die hierfür erforderliche Datenlage ist im Rahmen der Gebäudeautomatisierung meist verfügbar und die energetische Inspektion von Klimaanlagen nach dem Gebäudeenergiegesetz [10] und zuvor nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) eine Betreiberpflicht. Im selben Atemzug wird aber der mögliche Ausfall der Klimaanlage als besonders dramatisch dargestellt.
Wie viel Klimatechnik soll es sein?
Was ist nun gewollt: Eine Vollklimaanlage, ein „wenig Klima“ oder ganz ohne technische Anlagen?
Der Verzicht auf technische Anlagen wird meist damit begründet, dass sich historische Gebäude ohnehin relativ gut auf natürliche Weise und dennoch konservatorisch vertretbar temperieren lassen. Gerade für kleinere Museen mit eingeschränkter finanzieller Ausstattung ist es wirklich sinnvoll, über Möglichkeiten der natürlichen Klimatisierung nachzudenken. Dabei sind folgende Aspekte zu beachten:
● bauliche Gegebenheiten können präventiv wirken,
● der Außenluftwechsel sollte durch das Abdichten von Fugen eingeschränkt werden,
● auf unkontrolliertes Lüften sollte verzichtet und die Be- und Entlüftung über Fenster nur unter Berücksichtigung des jeweiligen Außenluftzustandes praktiziert werden,
● Infiltration ist durch einen Windfang im Eingangsbereich zu begrenzen,
● Ausstellungsräume sind vom Eingangsbereich und von den Treppenhäusern räumlich abzugrenzen,
● die empfindlichsten Objekte sollten in besonders geschützten Zonen des Hauses oder in Vitrinen mit Feuchtepuffer (Silicagel) ausgestellt werden,
● mit künstlicher Beleuchtung sollte sparsam umgegangen werden,
● Sonnenschutzmaßnahmen an den Fenstern (ein außenliegender Sonnenschutz ist optimal) und
● technische Maßnahmen, wie mobile Geräte für die lokale Be- und Entfeuchtung, sollten im Bedarfsfall je nach Jahreszeit und Besucheraufkommen in die Überlegungen einbezogen werden.
Für größere Museen mit großen Besucherzahlen lassen sich diese Lösungen aber in der Regel nicht umsetzen. Ausnahmen, insbesondere bei historischen Bestandsbauten, sind aber auch zu finden (Burgen und Schlösser, z. B. das Schloss Neuschwanstein). Hier werden Kompromisse bei den Anforderungen bewusst eingegangen (zulässige Raumluftbedingungen wie Raumlufttemperatur und Raumluftfeuchte).
Schon bei der Formulierung der Anforderungen (siehe auch die ausführlichen Checklisten in [8]) sollte betrachtet werden, um welche Art von Museumsgebäude es sich hier handelt:
● historisches Gebäude,
● Neubau oder
● „Kaltmuseum“ (ohne Aufsichten).
Bei der Nutzungsart mit Aufsichten ist auch das Arbeitsrecht zu beachten
Insbesondere durch die Nutzungsart mit Aufsichten sind arbeitsrechtliche Bedingungen bezüglich der Raumtemperatur und der hygienisch notwendigen Außenluftversorgung zwingend einzuhalten.
Bei unsanierten historischen Gebäuden kann überwiegend die Außenluftzufuhr in Abhängigkeit von der Besucheranzahl über Gebäudeundichtigkeiten sichergestellt werden. In Abhängigkeit vom Winddruck und thermischen Einflüssen kann hier ein Außenluftwechsel von 0,5 … 1,0 h− 1 erreicht werden, jedoch nicht gesichert und nicht kontinuierlich. Für einen 100 m2 großen und 4 m hohen Raum bedeutet das, einen natürlich zugeführten Außenluftvolumenstrom von 200 bis 400 m3/h. Für ca. 4 bis 8 dauerhaft anwesende Personen kann bei einem Zielwert von ca. 50 m3/(h ∙ Pers) damit eine ausreichende Außenluftversorgung unter vorgenannten Randbedingungen gewährleistet werden. Das entspricht allerdings nicht ganz den Hinweisen in der Literatur für Besucherzahlen für Dauerausstellungen von 10 m2/Besucher [7, 8].
Die Raumtemperatur kann im Winter mithilfe einer Heizungsanlage eingehalten werden. Im Sommer gibt es im Regelfall keine Probleme, die arbeitsrechtlichen Anforderungen für die Aufsichten zu erfüllen, wenn die äußeren Lasten gering sind (kleine Fensterflächen) und eine „reduzierte“ Kunstlichtbeleuchtung installiert ist.
Problematisch wird es erst, wenn nur die Fenster nach heutigem Dämmstandard ertüchtigt werden – wenn sich die Vorwarnstufe „Kondensat an der Scheibe“ nicht mehr zeigt und sich damit die Gefahr der Kondensat- und Schimmelpilzbildung eventuell unbemerkt in die angrenzenden Wandbereiche verlagert. Hier sind meist der Scheibenrandverbund und die Fensterlaibungen besonders gefährdet. Mit dem Einbau einer Heizungsanlage wird zwar die erforderliche Raumtemperatur eingehalten, aber die damit einhergehende zu niedrige relative Raumfeuchte im Winter zum Problem. In Verbindung mit der unkontrollierten Infiltration wird schnell eine relative Feuchte von unter 30 % gemessen. Damit entsteht in vielen Fällen die Notwendigkeit des Einsatzes von mobilen Befeuchtern. Das wiederum führt bei unzureichenden bauphysikalischen Voraussetzungen zur ungewollten Kondensation und Schimmelpilzbildung.
In Depots und teilweise auch in Museen versucht man, durch ein Absenken der Raumtemperatur dem Absinken der relativen Feuchte entgegenzuwirken. Auch eine Wandheizung kann das bauphysikalische Problem abmildern, wobei die von [11] (siehe auch [8]) propagierte „Temperierung“ keine Lösung im Sinne einer Flächenheizung sein kann. Ob die in [11] dargelegten Systemlösungen (Bild 3) als eine mögliche „Temperierung“ von Teilen der Wandkonstruktion betrachtet werden können und in wie weit diese dann eine Kompensation der Wärmeverluste sowie eine Konstanz der Raumlufttemperatur ermöglichen, erscheint sehr fraglich. In den dargelegten Beispielen [11] ist jedoch nicht erkennbar, welchen Einfluss die Lüftung, d. h. die Infiltration oder Fugenlüftung der Fensterkonstruktionen, sowohl auf die Raumerwärmung als auch auf die relative Feuchte der Raumluft hatten.
In Museumsräumen mit Aufsichten sind für den Winterfall arbeitsrechtliche Grenzen gesetzt (Raumtemperatur ≥ 19 °C). Bei Neubauten sind die Dämmanforderungen entsprechend den aktuellen Rechtsvorschriften und die Arbeitsstättenverordnungen zwingend anzuwenden. Hinzu kommen noch die kulturgutabhängigen Anforderungen an das Raumklima. Bei überwiegend in historischen Gebäuden anzutreffenden „Kaltmuseen“ (z. B. Schlösser und Burgen) sind im Einzelfall Entscheidungen zu treffen, welche Maßnahmen zur Klimastabilisierung angewendet werden können / sollen.
Variantenbetrachtung zur Energieeinsparung bei Planung und Betrieb von RLT-Anlagen
Die folgenden Betrachtungen zur Energieeinsparung beziehen sich nur auf Museen, Archive etc., wo entschieden wurde, dass die Anforderungen ohne Klimaanlagen nicht erfüllt werden können. Die Größe der raumlufttechnischen Anlage (im üblichen Sprachgebrauch „Klimaanlage“) und damit auch der Energiebedarf für Wärme-, Kälte- und Elektroenergie werden durch folgende Einflussgrößen bestimmt:
1. äußere Lasten,
2. künstliche Beleuchtung und Geräte (z. B. Computer, Projektoren)
3. Klimaanforderungen des Nutzers einschließlich der zulässigen Schwankungsbereiche von Temperatur und relativer Feuchte,
4. innere Lasten durch Besucher,
5. technische Anlagenkonzepte / Betriebsweisen,
Zu 1: Äußere Lasten
Der Einfluss der äußeren Lasten auf das Raumklima kann reduziert werden durch
● die Einhaltung der Dämmstandards für Außenbauteile und Fenster,
● die Reduzierung des Fensterflächenanteils und
● die Begrenzung der Infiltration von Außenluft.
Zu 2: Künstliche Beleuchtung / Geräte
In [8] werden die Ergebnisse (Bild 4) der Simulation zur Bewertung der Einflussgrößen Sonnenschutz, Besucher und Kunstlicht auf die Größe der Klimaanlage für ein historisches Museum (Neues Museum auf der Berliner Museumsinsel) dargestellt. Als Vergleichsbasis wird eine definierte Grundvariante (Sonnenschutz zwischen innerer und äußerer Glasebene, 10 m2/Besucher, 20 W/m2 installierte Beleuchtung) für einen historischen Ausstellungsraum auf der Ostseite des Hauses vorgegeben.
Zu beachten ist dabei allerdings, dass zum Zeitpunkt der Simulation die LED-Beleuchtung in Museen noch nicht Stand der Technik war. Mit der flächendeckenden Installation von LED-Leuchten sind niedrigere installierte Beleuchtungsleistungen (10 bis 15 W/m2) als hier in der Grundvariante dargestellt, bei gleichen Beleuchtungsergebnissen zu erwarten. Der Einfluss der Beleuchtungslast auf den Luftwechsel und damit auf die Größe der Klimaanlage ist aus (Bild 4) aber trotzdem gut ableitbar.
Die Einflussgrößen der äußeren Lasten und der Wärmebelastung durch künstliche Beleuchtung auf die Größe der Klimaanlage sollen hier aber nicht vertiefend betrachtet werden. Aufgezeigt werden sollen aber die Auswirkungen nutzerseitiger Entscheidungen bei der Vergrößerung der zulässigen Schwankungen von Temperatur und relativer Feuchte, unterschiedlicher technischer Anlagenkonzepte und Betriebsweisen.
Zu 3: Klimaanforderungen des Nutzers
Variante 0
Für die vergleichenden Betrachtungen wird hier als Bezugsvariante, in Anlehnung an die DMB-Empfehlung [1], vorausgesetzt
Sommer: 25 °C ± 1 K; 50 % ± 5 %
Winter: 20 °C ± 1 K, 40 % 5 %
Das Anlagenschema für übliche Anlagenkonfigurationen zeigt (Bild 5). Nach GEG bzw. zuvor EnEV sind grundsätzlich Wärmerückgewinnungssysteme vorzusehen. Aufgrund der abzuführenden Kühllast beträgt der Umluftanteil ca. 70 bis 80 % der Gesamtluftmenge bei RLT-Anlagen für Räume ohne Zusatzsysteme zur Kühlung (z. B. Fußbodenkühlung).
Beachte: Nachteilig für die Lösung nach (Bild 5) ist, dass der gesamte Zuluftvolumenstrom zum Entfeuchten bis z. B. 11 °C abgekühlt wird und dann wieder nachgeheizt werden muss. Die Lösung nach (Bild 6) hat den Vorteil, dass der Zuluftvolumenstrom nur trocken bis zur Zulufttemperatur gekühlt werden muss; der entfeuchtete und auf z. B. 11 °C gekühlte Außenluftvolumenstrom muss nicht nachgeheizt werden (nach der Mischung mit Umluft ist dieser warm genug).
● Im Rahmen der Planung ist zu prüfen, ob eine Anlagenkonfiguration nach (Bild 6) möglich ist. Schon damit wären Energieeinsparungen in einer Größenordnung von ca. 8 % verbunden [12, 13].
Variante 1
Einsparmöglichkeiten ergeben sich durch die Erweiterung der zulässigen Schwankungsbreite gegenüber der Variante 0 mit:
Sommer: 25 °C ± 2 K; 50 % ± 10 %
Winter: 20 °C ± 2 K; 40 % ± 10 %
● Die Einsparung von Elektro-, Wärme- und Kälteenergie gegenüber der Variante 0 liegt in einer Größenordnung von 10 bis 15 %.
Zu 4: Innere Lasten durch Besucher
Variante 2
Reduzierung des zuzuführenden Außenluftvolumenstroms: Bei der Planung lufttechnischer Anlagen ist der Außenluftvolumenstrom nicht frei wählbar – er muss nach DIN EN 16798-3 (Entwurf) [14] raumweise berechnet werden. Der hygienisch erforderliche Mindestaußenluftvolumenstrom ist abhängig von der Personenzahl, der Verunreinigung durch Gebäudeemissionen (Baustoffe, technische Einrichtungen und Mobiliar) und der einzuhaltenden Raumluftqualität.
Für Ausstellungsräume in Museen hat sich in den letzten 20 Jahren ein spezifischer Außenluftvolumenstrom von 30 m3/(h ∙ Besucher) als ausreichend erwiesen (siehe auch [8]). Im Zeitraum davor wurde entsprechend der damals gültigen DIN 1946 und AMEV „RLT-Anlagenbau 2004“ mit 20 bis 25 m3/(h ∙ Besucher) geplant. Die darauffolgende DIN EN 13779: 2007-09 (nicht mehr gültig, ersetzt durch [14, 15]) empfahl bei einer mäßigen Raumluftqualität von IDA 3 einen spezifischen Außenluftstrom von 30 m3/(h ∙ Besucher). Pauschale Festlegungen wie in früheren Ausgaben der DIN sind heute nicht mehr möglich, auch wird die Berechnung gutachterlich im Genehmigungsverfahren geprüft. DIN 16798 empfiehlt als Grundlage der Berechnung eine Zufriedenheitskategorie II. Die Gebäudekategorie „sehr schadstoffarm“ sollte nicht verwendet werden, weil es keine geeigneten Nachweismöglichkeiten gibt.
Wenn man den Empfehlungen der DIN 16798 für die Berechnung folgt, kommt man in der Regel auf ca. 50 m3/(h ∙ Besucher) Außenluft. Abweichungen von den empfohlenen Annahmen sind jedoch in Abstimmung mit dem Bauherrn möglich, dann aber auch zu begründen. Da in Museen sehr viel Wert auf den Einsatz besonders schadstoffarmer Baustoffe gelegt wird, sollte hier eine Eingruppierung „sehr schadstoffarm“ möglich sein. Auch bei der Wahl der Zufriedenheitskategorie sollte die Einordnung in die Kategorie III keine Nachteile für Besucher und Aufsichten bedeuten, da die der Berechnung zugrunde gelegten spezifischen Besucherzahlen in der Regel im Vergleich mit Konzertsälen bzw. Büros nicht kontinuierlich auftreten. Eine Reduzierung auf ca. 30 m3/(h ∙ Besucher) kann dann erreicht werden (war nach früherer Normung üblich) [8]. Die zuständigen Planungsbüros sollten nicht den Empfehlungen der DIN 16798 gedankenlos folgen, sondern die Berechnungsmöglichkeiten für den Sonderfall „Museum“ nutzen.
Im laufenden Betrieb sind weitere Einsparmöglichkeiten durch den Einbau von Luftqualitätsfühlern möglich. Mit deren Hilfe kann der Außenluftvolumenstrom der jeweiligen Belastungssituation durch die Besucher automatisch angepasst werden.
● Die Einsparung von Elektro-, Wärme- und Kälteenergie gegenüber Variante 0 liegt in einer Größenordnung von ca. 30 % (ohne Berücksichtigung der Volumenstromanpassung mithilfe von Luftqualitätsfühlern).
Zu 5: Anlagenkonzept / Betriebsweise
Variante 3
Reduzierung von Betriebszeiten: Abschaltungen der RLT-Anlagen in der besucherfreien Zeit, z. B. von 21:00 bis 4:00 Uhr (7 h), und Einschaltung vor Beginn der täglichen Reinigungsarbeiten.
In der besucherfreien Zeit, z. B. nachts, sind die äußeren Lasteinflüsse gering bzw. vernachlässigbar, die Beleuchtung ist ausgeschaltet und es befinden sich keine Besucher im Museum. Das Museum kann vereinfachend wie eine große Vitrine beschrieben werden. Unter der Voraussetzung, dass für den Winterfall eine separate Heizungsanlage vorhanden ist, sollten sich die Klimaverhältnisse nur geringfügig verändern. Zulässige größere Schwankungsbreiten gemäß Variante 1 sind hilfreich. Allerdings spielt die Dichtigkeit des Gebäudes, die großen Einfluss auf die Außenluftinfiltration hat, eine entscheidende Rolle.
● Die Einsparung von Elektro-, Wärme- und Kälteenergie gegenüber Variante 0 liegt in einer Größenordnung von ca. 20 bis 25 %.
Variante 3.1
● Erfolgt als Untervariante zur Variante 3 nur eine Abschaltung des Außenluftanteils, ergibt sich eine etwas geringere Einsparung von Elektro-, Wärme- und Kälteenergie als mit der Variante 3.
Variante 4
Kombination von Luft- und Wasser-Systemen: Die raumlufttechnische Anlage wird nur zur Sicherstellung des hygienischen notwendigen Außenluftbedarfs und zur Be- und Entfeuchtung eingesetzt. Wasserführende Fußboden-, Wand- oder Deckensysteme übernehmen die (trockene) Kühl- und die Heizfunktion.
● Es ergeben sich eine zusätzliche Einsparung von Elektroenergie und eine deutliche Reduzierung des baulichen und flächenmäßigen Bedarfs für lufttechnische Zentralen und die Luftverteilung innerhalb der gesamten Gebäudestruktur.
Bewertung
Größere Einsparungen ergeben sich, wenn die Varianten 1 bis 4 kombiniert werden. Hier sind Energieeinsparungen in einer Größenordnung von bis zu 60 % gegenüber der Variante 0 erreichbar. In [12] wurden für sogenannte Kombisysteme Primärenergieeinsparungen von ca. 40 % nachgewiesen.
In diesem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Klimaanforderungen des Nutzers, die Reduzierung der inneren (Beleuchtung, Geräte) und äußeren Lasten ebenfalls einen großen Einfluss auf die Größe der Klimaanlagen und auf den Energieverbrauch haben.
Vorhandene Klimaanlagen können gemäß den Varianten 1 bis 3.1 mit relativ geringem Aufwand baulich angepasst und getestet werden. Die Auswirkungen auf die Klimaanforderungen sind über ein begleitendes Monitoring durch Restauratoren und Betriebspersonal zu verfolgen, um gegebenenfalls zeitnah Anpassungen vornehmen zu können.
Für Museen, Archive und sonstige Ausstellungsräume mit sehr geringen Anforderungen an die Klimakonstanz, wo aber die Sicherstellung der hygienisch notwendigen Außenluftmenge nur mit technischen Anlagen möglich ist, sollten folgende Anlagenkonfigurationen und deren Auswirkungen auf die Klimaanforderungen untersucht werden:
● nur hygienisch notwendige Luftmenge als Außenluft zuführen, nur heizen oder
● nur hygienisch notwendige Luftmenge als Außenluft zuführen, heizen, kühlen, befeuchten, entfeuchten
Als Entscheidungsgrundlage können hier die Berechnungsergebnisse von thermischen Simulationen herangezogen werden. Für den jeweiligen Einzelfall sind die Ergebnisse durch eigene Simulationen zu verifizieren.
Dabei ist für den Jahresverlauf die mögliche Anzahl der Stunden, die außerhalb des gewählten Klimakorridors (Sollwert einschließlich Toleranz) liegen, anzugeben. Die Berechnungen sind für das Testreferenzjahr und auch möglichst für eine 14-tägige Schönwetterperiode durchzuführen. Die Einhaltung von geforderten Kurzzeitschwankungen im Tagesgang ist für die berechneten Varianten nachzuweisen.
Die Qualität und Aussagekraft der heutigen Softwareprogramme stellt mit den Ergebnissen eine ausreichende Entscheidungsgrundlage zur Beurteilung des möglichen Verlaufs der Klimawerte im Tages- und Jahresgang im betrachteten Raum zur Verfügung.
Es wird empfohlen, den Abwägungsprozess schon ganz am Anfang eines laufenden Planungsprozesses zu beginnen.
Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier Industrie- und Gewerbelüftung
Dipl.-Ing. Hans-Peter Thiele
ehemaliger Fachverantwortlicher TGA für alle Baumaßnahmen auf der Berliner Museumsinsel beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
Prof. (em) Dr.-Ing. Achim Trogisch
HTW Dresden, Fakultät Maschinenbau
Literatur
[1] Empfehlung zur Energieeinsparung durch die Einführung eines erweiterten Klimakorridors bei der Museumsklimatisierung. Berlin: Deutscher Museumsbund, September 2022
[2] Leitfaden Klimaschutz in Museen. Berlin: Deutscher Museumsbund, 2023
[3] Leitfaden Standards für Museen. Berlin: Deutscher Museumsbund, 2023
[4] Bizot Green Protocol – „Ökologische Nachhaltigkeit – Reduzierung des CO2-Fußabdrucks von Museen“, 2015, siehe: www.museumsbund.de/museumsklimatisierung
[5] 2019 ASHRAE Handbook – HAVC Application, Capter 24 „Museums, Galleries, Archives and Libraries“. Atlanta, Georgia, USA: American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers (ASHRAE), 2019
[6] DIN EN 15757 Erhaltung kulturelles Erbe – Festlegung für Temperatur und relative Feuchte zur Begrenzung klimabedingter mechanischer Beschädigungen an organischen hygroskopischen Materialien. Berlin: Beuth Verlag, Dezember 2010
[7] Recknagel/Sprenger/Albers: Taschenbuch für Heizungs- und Klimatechnik. Augsburg: ITM Inno Tech Medien, 81. Auflage, 2022
[8] John, M.; Thiele, H.-P.; Trogisch, A.: Kompendium Technik in Museen. Berlin, Offenbach: VDE Verlag, 1. Auflage, Februar 2023
[9] Thiele, H.-P.; Trogisch, A.: Der Klimakorridor braucht eine fachlich eindeutige Definition. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA+E 07-2023
[10] Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz – GEG) vom 8. August 2020 (BGBl I Seite 1728), zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 16. Oktober 2023 (BGBl 2023 I Nr. 280) geändert
[11] Kotterer, M; Großeschmidt, H. u. a.: Klima in Museen und historischen Gebäuden: Die Temperierung. Wien / Schönbrunn: Wissenschaftliche Reihe Schönbrunn, Bd. 9, 2004
[12] Lampert, J.: Methodische Ansätze zur Energieverbrauchsberechnung bei raumlufttechnischen Anlagen in Museen unter besonderer Berücksichtigung des Lufttransports. Dresden: TU Dresden, Dissertation, 2005
[13] Feustel, H. E.: www.tga-feustel.de/hydraulik.pdf
[14] DIN EN 16798-3 (Entwurf) Energetische Bewertung von Gebäuden – Lüftung von Gebäuden – Teil 3: Lüftung von Nichtwohngebäuden – Leistungsanforderungen an Lüftungs- und Klimaanlagen und Raumkühlsystemen – Modul M5-1, M5-4. Berlin: Beuth Verlag, Oktober 2022
[15] DIN EN 16798-1 Energetische Bewertung von Gebäuden – Lüftung von Gebäuden – Teil 1: Eingangsparameter für das Innenraumklima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden bezüglich Raumluftqualität, Temperatur, Licht und Akustik – Modul M1-6. Berlin: Beuth Verlag, März 2022