Eine Analyse zur Wärmeversorgung durch Gas im Wissenschaftsmagazin „Nature Communications Earth & Environment“ zeigt, dass der Ersatz von Gas-Heizungen durch Wärmepumpen den Gasverbrauch am schnellsten senkt.
Ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlern aus dem Umfeld der Scientist for Future (S4F) zeigt in einer detaillierten Modellrechnung, dass Deutschland in nur drei Jahren bis zu 60 % der Gasmenge reduzieren kann, die vormals durch russisches Erdgas abgedeckt wurde.
Fachkräftemangel
Das Team hat einen gangbaren Wandel der Wärmeversorgung durchgerechnet und sich dabei zum ersten Mal auch auf Interviews in Handwerksbetrieben gestützt. Es stellt sich als erstes das Problem des Fachkräftemangels. Die 380 000 Beschäftigten in deutschen Sanitär- und Heizungsbetrieben installieren jedes Jahr etwa 1 Mio. Heizungen, im Durchschnitt sind dies nur etwa drei Heizungen pro Beschäftigten und Jahr.
Aber: von 50 000 Betrieben bauen nur 10 bis 20 % regelmäßig Wärmepumpen ein. Eine wichtige Steuergröße ist deshalb die etwa 5-tägige und obligatorische Weiterbildung für Handwerker, damit diese die Wärmepumpen einbauen können.
Betriebe brauchen politische Planungssicherheit
Voraussetzung für den notwendigen, zügigen Einbau von Wärmepumpen ist der Studie zufolge die bereits angelaufene Zusammenarbeit zwischen Regierung, Fachunternehmen und Kunden. Hauptautor der S4F-Studie ist Pietro Altermatt, Leiter der internationalen Energie-Modellierungsgruppe „gpvsim“, Hannover. Politische Unentschlossenheit verzögere den Klimaschutz: „Mit Wärmepumpen können wir das praktisch unbegrenzte Wärmepotenzial der Außenluft nutzen, statt begrenzte und teure Gasreserven zu verfeuern. Die Betriebe brauchen dafür politische Planungssicherheit.“
„Wärmepumpen sind auch ökonomisch die richtige Antwort“
Unterstützt wird er durch S4F-Mitglied und Ko-Autorin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung: „Ein stark beschleunigter Austausch von Gas-Heizkesseln durch Wärmepumpen ist auch ökonomisch die richtige Antwort auf die Energiekrise. Wir werden in Zukunft weiterhin durch schwankende Gaspreise finanziell belastet. Zudem bietet der Umstieg eine realistische Lösung dafür, dass die Bundesregierung auf langfristige Gaslieferverträge verzichten kann, denn diese untergraben das Pariser Klimaabkommen.“
„Wärmepumpeneinbau meistens in drei Tagen erledigt“
Für die privaten Haushalte ist Wärmeversorgung die energetische Kernfrage. Die detaillierten Berechnungen des S4F-Forschungsteams gehen vom heutigen Stand der Wärmedämmung im Gebäudebestand aus. Auch sollen in den meisten Gebäuden weiterhin Heizkörper installiert bleiben.
„Moderne Wärmepumpen sind technisch ausgereift und können in der Mehrheit der Gebäude innerhalb von etwa drei Tagen direkt ohne große Änderungen eingebaut werden. Das spart Zeit und vor allem Kosten“, sagt Mitautor Jens Clausen von Borderstep, Hannover.
Ausstieg aus der Kohle ist trotzdem zu schaffen
Bleibt ein kritischer Punkt: Wärmepumpen brauchen Strom und sind nur dann klimaneutral, wenn dieser Strom grün ist. Daher befinden sich Wärmepumpen mit anderen Nutzern in Konkurrenz um nachhaltig erzeugte Elektrizität. Die Berechnungen der Studie zeigen aber, dass trotz Wärmepumpen genug erneuerbarer Strom verfügbar bleibt, um den Ausstieg aus der Kohle und der Einstieg in die E-Mobilität weiterhin zu schaffen.
Obwohl an manchen dunklen, windfreien Tagen im Winter zum Teil Gaskraftwerke den Strom für die Wärmepumpen liefern werden, werden nach den Berechnungen durch den Umstieg bis 2025 gasbedingte Emissionen von mehr als 180 Mio. t an CO2-Emissionen vermieden. Die Modellanalyse untersuchte zwar Deutschland, ist aber methodisch auf andere Länder übertragbar. ■
Quelle: S4F / jv
Originalpublikation: Pietro Altermatt et al., (2023): „Replacing gas boilers with heat pumps is the fastest way to cut German gas consumption“, Nature Communications Earth & Environment, www.nature.com/articles/s43247-023-00715-7
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