Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Vergleichsmessung

Geniax gegen Thermostatventil

Ergebnisse einer Langzeit-Vergleichsmessung zum Dezentralen Pumpensystem Wilo-Geniax haben kürzlich Wilo und das Fraunhofer Institut für Bauphysik IBP präsentiert. Zentrale Aussage ist, dass sich in einem Einfamilienhaus mit typischem Nutzungsprofil (Berufstätigkeit) durch Geniax der Heizenergieverbrauch um rund 20 % und der Elektrizitätsverbrauch für den Pumpenbetrieb um 50 % senken lassen – im Vergleich zu Thermostatventilen in einem hydraulisch abgeglichenen System, aber ohne Sollwertveränderung in den zugrunde gelegten Abwesenheitszeiten. Die Ergebnisse beziehen sich auf einen Messzeitraum vom 1 Oktober 2009 bis zum 10. Januar 2010; der Versuch dauert noch an.

Für den Vergleich wurden zwei baugleiche, unbewohnte Einfamilienhäuser (Baustandard etwa 1. WSVO mit 8 cm Außendämmung) auf dem Freiland-Versuchsgelände des IBP in Holzkirchen parallel untersucht. Die energietechnische Vergleichbarkeit der Gebäude wurde dazu im Vorfeld durch einen Blower-Door-Test und zwei Nullmessungen (30-tägig bzw. 5-tägig) des Energieaufwandes zur Erzeugung identischer Raumtemperaturen sichergestellt, wie Dipl.-Ing. Almuth Schade vom IBP bei der Präsentation erläuterte. Schade hat die Untersuchung mit koordiniert.

Die Vergleichsmessung bezog sich auf die Beheizung der Erdgeschosse mit jeweils sechs Räumen auf einer Grundfläche von 82 m2. Beide Häuser werden von Gas-Zentralheizungen mit baugleichen Wärmeerzeugern beheizt. Bei dem mit Geniax ausgestatteten Haus wurden die Plattenheizkörper am Rücklauf mit den Miniaturpumpen versehen. Sie werden über den Geniax-Server und in der Nähe installierte Pumpenelektroniken anhand eines laufenden Abgleichs der Soll- und der Ist-Temperatur geregelt. Im Referenzhaus wurden manuell einstellbare Thermostatventile mit 1-K-Reglern verwendet und ein Hydraulischer Abgleich des Gesamtsystems vorgenommen. Damit ist das Referenzhaus deutlich besser konfiguriert als der durchschnittliche Hausbestand, auf den der Versuch abzielt. Oder anders ausgedrückt: Im Mittel würden im Feld bei sonst gleichen Bedingungen nach der Lehrmeinung größere Differenzen festgestellt werden.

Simulation realer Gebäudenutzung

In beiden Häusern wurde mit identischen Versuchsaufbauten eine reale Wohnsituation für eine dreiköpfige Familie nachgestellt. Dies umfasste insbesondere die Simulation interner Wärmegewinne durch Personen und Haushaltsgeräte im Tagesverlauf. Die Größenordnung der Wärmegewinne wurde nach DIN V 4108-61) berechnet. Neben einer Nachtabsenkung wurden für alle Räume individuelle realitätsnahe Solltemperaturprofile für eine zeitweise Tagabsenkung (typische Berufstätigkeit) der Temperaturen während der Nichtnutzungszeiten an den Wochentagen und am Wochenende vorgegeben.

Beide Häuser wurden jeweils mit einer Gas-Brennwerttherme im Keller beheizt. Als Brennstoff diente Flüssiggas (Propan), um eine höhere Messgenauigkeit sicherzustellen. Für die Messung der thermischen Leistungen in den Heizkreisen wurden sehr genaue PT100-Tauchfühler in Kombination mit einem magnetoinduktiven Durchflussmesser zur Erfassung der Massenströme verwendet. Zudem wurden die Ist-Temperaturprofile der beiden Häuser verglichen.

Geniax regelt besser

Über die erste Messperiode (wie oben) hat das IBP einen Gesamtheizenergieverbrauch für das Geniax-Haus von 1989 kWh (80,5 %) und für das Referenzhaus von 2470 kWh (100 %) gemessen. Laut Schade habe sich gezeigt, dass die tageszeitlich variierenden Solltemperaturprofile und die Nachtabsenkung durch das Wilo-System wegen der automatischen raumindividuellen Absenkung besser abgebildet werden. „Außerdem konnten wir feststellen, dass das Geniax-System die solaren Wärmeeinträge an sonnigen Wintertagen besser als das Referenzsystem nutzt. Außerdem haben wir in der Übergangszeit beobachtet, dass mit dem Geniax-System erst dann geheizt wurde, wenn die Räume wirklich Bedarf anmeldeten.“

Der Gesamtstromverbrauch von der Umwälzpumpe der Gastherme und der Wärmeverteilung betrug im Geniax-Haus 49 kWh (inklusive des Gesamtstromverbrauchs aller Geniax-Komponenten); im Referenzhaus wurden 102 kWh verbraucht. Diese deutlichen Unterschiede erklärte Schade damit, dass die in die Gas-Brennwerttherme integrierte, ungeregelte Umwälzpumpe im Referenzhaus innerhalb des Versuchszeitraums zur Versorgung der Heizkörper fast durchgehend in Betrieb sein musste, während sie im Geniax-Haus nur bei tatsächlichem Bedarf lief.

Die vom IBP gemessene Heizenergie- und Stromeinsparung hat Wilo zusätzlich vom TÜV Rheinland zertifizieren lassen. Jürgen Resch, Leiter der Business Unit Wilo-Geniax: „Damit werden die im Rahmen der Entwicklungs- und Pilotphase ermittelten und durch die TU Dresden im Rahmen von umfassenden Simulationen errechneten Einsparpotenziale eindrucksvoll bestätigt.“

Unseriöse Versprechungen

Eine Doppelbescheinigung von IBP und TÜV Rheinland? Für Wilo ist der unabhängige, belastbare Nachweis des Einsparpotenzials enorm wichtig. Denn mit seinem weltweit einzigartigen Miniaturpumpen-System ist der Pumpenhersteller gezielt in den „Wettbewerb um die Einsparung von Heizenergie vom Heizkörper bis zum Wärmeerzeuger“ eingestiegen. Ein konsequenter Schritt, angesichts der erreichten Performance der Hocheffizienzpumpen. Wer über Heizungspumpen künftig weitere attraktive Einsparpotenziale erschließen will, der muss den Heizenergie- und Stromverbrauch des Gesamtsystems senken. Geniax setzt dazu an drei Punkten an: Automatischer Hydraulischer Abgleich, verbesserte Regelgüte und elektronische Einzelraumregelung sowie die Optimierung der Wärmeerzeugung (weniger Takten, geringere Vorlauftemperatur, längere Laufzeiten).

20 % – besser 5,8 kWh/m2 in der Messperiode – sind ein attraktiver Wert. Vielleicht lassen sich die Werte sogar noch steigern, denn in den sehr detaillierten IBP-Messdaten haben die Wilo-Spezialisten durchaus noch Ansätze zum Feintuning entdeckt. Trotzdem hat Wilo ein Problem. Die „neuen Wettbewerber“ versprechen für günstigere Systeme auch schon einmal „bis zu 40 % Energieeinsparung“ – ohne die Randbedingungen deutlich zu machen. Das ist nicht nur unseriös, sondern in höchstem Maße bedenklich, ärgert man sich (nicht nur) bei Wilo. Denn tatsächlich realisierbare Werte verblassen daneben und den Endverwendern werden nach zweifelhaften Rabatten und risikoträchtigen Renditen nun illusorische Energieeinsparungen eingetrichtert.

Darum wäre es wünschenswert, wenn dem Vergleich Geniax und Thermostatventil ein zweiter Vergleich von Geniax mit einem Einzelraumregelungssystem folgen würde. Jochen Vorländer

https://wilo.com/de/de/

http://www.geniax.de

https://www.ibp.fraunhofer.de/

1) DIN V 4108 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 6: Berechnung des Jahresheizwärme- und des Jahresheizenergiebedarfs, Juni 2003, berichtigt durch: DIN V 4108-6 Berichtigung 1, März 2004