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- Lange Zeit entsprachen die normativen Ausführungen von Übergängen zwischen innen und außen nur bedingt dem Anspruch barrierefrei. Inzwischen hat sich das Regelwerk verändert, für tatsächlich barrierefreie Lösungen stehen nun Planer, Türhersteller und Ausführende stärker in der Verantwortung.
- Sie müssen insbesondere die Beanspruchung durch Niederschlagswasser verringern, den Schwellenbereich entwässern und für eine dauerhaft sichere Abdichtung sorgen.
- Auch für die Entwässerung im Fassadenbereich gibt es wichtige Empfehlungen zur Bemessung und Ausführung. Wichtig: Regen, der durch Wind an eine Wand getrieben wird, muss berücksichtigt werden.
Bis Oktober 2008 gab es einen Widerspruch zwischen den Flachdachrichtlinien des Zentralverbands des deutschen Dachdeckerhandwerks ZVDH einerseits und den Regelwerken zum barrierefreien Bauen DIN 18024 [2] und DIN 18025 [3] andererseits. „Barrierefreie Übergänge“ zwischen innen und außen mit 2 cm oder weniger Schwellenhöhe sind laut Landesbauordnungen und Behindertengleichstellungsgesetzen erforderlich. Diese waren gemäß Flachdachrichtlinien in der Fassung von Mai 1991 allerdings nicht ausreichend für den Schutz der Gebäude vor Niederschlagswasser. Toleriert wurden lediglich Türschwellen mit 5 cm Aufkantung in Verbindung mit unmittelbar davor liegenden Gitterrostrinnen.
Neue technische Regelwerke
Mittlerweile haben sich die anerkannten Regeln der Technik geändert. Die ehemaligen Ausnahmeregelungen für barrierefreie Übergänge mit 2 cm oder weniger Schwellenhöhe gelten inzwischen – in Übereinstimmung mit den Flachdachrichtlinien – als abdichtungstechnische Sonderlösungen. Nun ist, im Rahmen der aktuellen Regelwerke, deren Anwendung zwischen Planern, Türherstellern und Ausführenden abzustimmen. Dazu gehören insbesondere Maßnahmen, die die Beanspruchung durch Niederschlagswasser verringern und die Abdichtung verbessern. Das sind unter anderem:
- Vordächer in ausreichender Größe
- Gefälle der Wasser führenden Ebene, das Wasser vom Eingang wegführend
- Rinnen und Gitterroste, unmittelbar an die Entwässerung angeschlossen und gegebenenfalls beheizt
- Türrahmen mit Flanschkonstruktion für Dichtungsmaterial
Die aktuell geltenden Regeln der Technik verdeutlichen derartige Maßnahmen mit Zeichnungen, beispielsweise Bild 10 in DIN 18195 Beiblatt 1 von Januar 2006 [4]. Die Darstellungen sind jedoch so vereinfacht, dass sie als Vorlage für die praktische Umsetzung nicht geeignet sind. Empfehlenswert ist unter anderem an Türrahmen das konsequente Weiterführen des unteren Abdichtungsabschlusses auch am seitlichen Blendrahmen. Rollladenführungen, Entwässerungsöffnungen und Leibungsflächen müssen dabei besonders berücksichtigt werden, um die Gefahr des „Hinterlaufens“ der Dichtungsebene zu vermeiden.
Prof. Rainer Oswald [1] bemerkt dazu im Jahr 2010: „Leider gibt es immer noch keine Herstellerlösungen, bei denen der seitlich dichte Anschluss der Profilenden an den Leibungsbereichen der Tür mit einbezogen wird, obwohl die Abdichtungsproblematik in diesem Bereich seit mehr als 15 Jahren bekannt ist.“ Bei der Untersuchung von typischen Schadensfällen durch das Aachener Institut für Bauschadensforschung stellte sich heraus, dass „…die seitliche Abdichtungsaufkantung deshalb, sofern sie überhaupt ausgeführt wird, häufig nicht an der Tür, sondern allenfalls an der Leibung angeschlossen wird. Die Abdichtungslücke zwischen dem Abschluss der Abdichtung und der Tür kann so bei Wasserbeanspruchung hinterlaufen werden.“
Empfehlungen für Außentürschwellen
Um niveaugleiche Außentürschwellen als Bestandteile des barrierefreien Bauens frei von Schäden durch Niederschlagswasser zu halten, muss erstens die Abdichtung besonders sorgfältig geplant, ausgeführt und überwacht werden, zweitens die direkte Bewitterung vermieden und drittens die Entwässerung des Schwellenbereichs gewährleistet werden.
Oswald und sein Autorenteam empfehlen, die Aufkantung zur Abdichtung der Türschwelle in einer Flucht verlaufen zu lassen, ohne Rücksprung in die Türleibung. Bei Sichtmauerwerk ist dies schwieriger herzustellen als bei Wärmedammverbundsystemen und hinterlüfteten Bekleidungen.
Die Türschwelle soll entsprechend der Exposition vor direkter Bewitterung geschützt angeordnet werden. Schlagregen, vom Belag hochspritzendes Wasser, Schneeverwehungen und an der Fassade herablaufendes Wasser können durch konstruktive Maßnahmen wie Laubengänge, Vordächer und Dachüberstände wirkungsvoll vermieden werden. Windrichtung und Niederschlagshöhe sowie -intensität bestimmen den Grad der Beanspruchung. Es wird eingeteilt gemäß DIN EN 927-1 [5] in gemäßigte, strenge und extreme Expositionsrichtung. Außerdem unterscheidet DIN 4108-3 [6] in geringe, mittlere und starke Schlagregenbeanspruchung. Als besonders schutzbedürftig gelten demnach Eingänge auf der südwestlichen Seite von Gebäuden, insbesondere in windreichen Gebieten oder an Hochhäusern bzw. in besonders exponierter Lage sowie bei Jahresniederschlagsmengen von mehr als 800 mm.
Laut Oswald muss „das auf die Abdichtung einwirkende Wasser dauernd wirksam so abgeführt werden, dass es keinen bzw. nur einen geringfügigen hydrostatischen Druck ausüben kann. Dazu ist ein Gefälle zwischen etwa 1 und 2 % bzw. bei genutzten Dächern mit niveaugleichen Türanschlüssen von mindestens 2 % erforderlich, welches durch Gefällestrich, Gefälle gebende Wärmedämmung etc. realisiert werden kann“ [2].
Um das an den niveaugleichen Übergängen (barrierefreien Außenschwellen) unmittelbar anfallende Wasser schnellstmöglich und ohne Rückstau abzuführen, sind zusätzlich Rinnen mit Gitterrostabdeckung erforderlich. Die Art der Abdeckung bestimmt den Grad der Spritzwasserbelastung zur Türschwelle hin. Bewährt haben sich Gitterroste mit einem Lochanteil von mindestens 50 %. Damit reduziert sich auch die Gefahr von Schneeansammlung. In schneereichen Lagen kann eine Rinnenheizung zusätzlich helfen. Ist mit Schmutzeintrag zu rechnen und die Wartung der Rinne nicht gewährleistet, sollte eine Entwässerungsleitung an die Rinne angeschlossen werden. Bei geschlossener Brüstung, wie bei Dachterrassen, Balkonen oder Loggien üblich, wird zusätzlich zum regulären Dachablauf ein Notüberlauf vorgesehen [7, 8] – um niveaugleiche Übergänge auch im Falle eines solchen Überlaufs vor eindringendem Wasser zu schützen, muss die Hochbauplanung entsprechende Konstruktionshöhen für niveaugleiche Türschwellen oberhalb der Notüberläufe berücksichtigen.
Die erforderlichen Abläufe und Entwässerungsleitungen werden nach DIN EN 12056-3 [7] und DIN 1986-100 [8] bemessen.
Empfehlungen für Fassadenrinne
Zu den über einen Gitterrost zu entwässernden abflusswirksamen horizontalen Dachflächen können, je nach Windrichtung, auch Anteile von vertikalen Fassadenflächen hinzukommen, siehe Tabelle 3 in DIN EN 12056-3, Abschnitt 4.3.4 [7]. Muss damit gerechnet werden, dass Regen durch Wind gegen eine Wand getrieben wird und auf das Dach abfließen kann, werden 50 % der Fassadenfläche zur wirksamen Dachfläche addiert.
Die Notentwässerung von Flachdächern wird mit freiem Auslauf durch die Attika auf schadlos überflutbare Grundstücksflächen entwässert. In solchen Ausnahmesituationen, für die der 100-jährige Bemessungsregen herangezogen wird, ist eine planmäßige Entwässerung mit Rinnen und Leitungen im Gelände entlang von Fassaden weder möglich noch sinnvoll.
Anders jedoch, wenn Schlagregen bei normalen und starken Niederschlagsereignissen an Fassaden relativ gleichmäßig über die Fläche verteilt Abfluss verursacht. Mit einer Entwässerung auf Geländeniveau entlang der Außenwand lässt sich Staunässe vermeiden und damit auch die optische Beeinträchtigung als Folge von Spritzwasser verringern. Kastenrinnen mit verschiedenen Bauhöhen und -breiten stehen dafür zur Verfügung. Die Art der Abdeckung bestimmt den Grad der Spritzwasserbelastung zur Fassade hin. Im Sonderfall kann auf Produkte mit variablen Bauhöhen zugegriffen werden, das heißt, die Höhe der Rinnenelemente ist vor Ort verstellbar.
Soll der Oberflächenbelag nahezu direkt an die Fassade herangeführt werden, empfiehlt sich eine Linienentwässerung. Ein im Querschnitt wahlweise symmetrischer oder asymmetrischer Rinnenkörper mit Schlitzaufsatz lässt sich dem Verlauf der Fassadenkontur anpassen und folgt auch dem Radius von Drehtüren. Zusätzlich zur Entwässerung kann eine Schlitzrinne auch zur Belagstrennung dienen. Das kann bei unterschiedlicher Gründung des Unterbaus oder wenn Arbeitsabschnitte zeitlich versetzt fertiggestellt werden sinnvoll sein.
Mit unten teilweise offenen oder geschlossenen Rinnenkörpern lassen sich unterschiedliche Entwässerungskonzepte realisieren. An der Sohle zum Gelände hin perforiert, verhält sich die Rinne wie ein Drainagerohr bzw. wie eine Rohrrigole.
Kreuzt die entlang der Fassade liegende Rinne eine Zufahrt ins Gebäude, muss im Zuge der Planung die notwendige Tragfähigkeit bzw. die zu erwartende Verkehrsbelastung festgestellt werden. Dem entsprechend kann es erforderlich werden, die Art des Rinneneinbaus zu modifizieren.
Eine dauerhafte Funktion der Entwässerung setzt die regelmäßige Wartung der Rinnen voraus. Je nach Schmutzanfall ergeben sich objektspezifische Reinigungsintervalle. Üblicherweise werden dazu Hochdruckreiniger verwendet. Spezielle Düsen des Rinnenherstellers ermöglichen die Reinigung, ohne die Abdeckungen zu lösen. •
Literatur
[1] Oswald et. al.: Schadensfreie niveaugleiche Türschwellen. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, Bauforschung für die Praxis, Band 97, 2011
[2] DIN EN 18024-2 Barrierefreies Bauen – Teil 2: Öffentlich zugängige Gebäude und Arbeitsstätten; Planungsgrundlagen. Berlin: Beuth Verlag, November 1996; zurückgezogen und ersetzt durch DIN 18024-1:1998-01
[3] DIN 18025, Barrierefreie Wohnungen, Teil 1 und 2. Beuth Verlag, beide Dezember 1992; zurückgezogen und ersetzt durch DIN 18040-2:2011-09, DIN EN 81-70:2003-12 und DIN EN 81-70:2005-09
[4] DIN 18195 Beiblatt 1 „Bauwerksabdichtungen – Beispiele für die Anordnung der Abdichtung bei Abdichtungen“. Berlin: Beuth Verlag: Januar 2006; zurückgezogen und ersetzt durch DIN 18195 Beiblatt 1:2011-03
[5] DIN EN 927-1 Beschichtungsstoffe und Beschichtungssysteme für Holz im Außenbereich – Teil 1: Einteilung und Auswahl. Berlin: Beuth Verlag, Oktober 1996; (Entwurf August 2011)
[6] DIN 4108-3 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz; Anforderungen, Berechnungsverfahren und Hinweise für Planung und Ausführung. Berlin: Beuth Verlag, Juli 2001; (Entwurf Januar 2012)
[7] DIN EN 12056-3 Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden – Teil 3: Dachentwässerung, Planung und Bemessung. Berlin: Beuth Verlag, Januar 2001
[8] DIN 1986-100 Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056. Berlin: Beuth Verlag, Mai 2008
Mehr Infos zum Thema im TGAdossier Entwässerung: Webcode 1051
Dipl.-Ing. Klaus W. König
ist öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter für die Bewirtschaftung und Nutzung von Regenwasser, Architekt und Fachbuchautor, 88662 Überlingen, Telefon (0 75 51) 6 13 05, mail@klauswkoenig.com, http://www.klauswkoenig.com