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Heizungswende

Jede Gas-Heizung ein Kostentreiber

„Es ist ziemlich unsinnig, von ei­nem durch die Ent­ste­hung der GEG-Novelle aus­ge­lös­ten Boom bei Gas- und Öl-Hei­zun­gen zu spre­chen. Einen Boom hat es nicht ge­ge­ben und eine stille Novelle hätte die Bi­lanz kaum ver­än­dert.“

GV

Wir werden auf immer mutmaßen müssen, wie die BDH-Absatzstatistik 2023 ausgesehen hätte, wenn im Februar 2023 nicht ein Vorentwurf für das Gebäudeenergiegesetz durchgestochen worden wäre – sondern ein mit der FDP geeinter Gesetzentwurf, den der Deutsche Bundestag einige Wochen später ohne größere Diskussionen zusammen mit der jetzt gültigen Richtlinie für die Heizungsaustauschförderung und dem heutigen Wärmeplanungsgesetz beschlossen hätte.

Einiges spricht dafür, dass mit diesem oft geäußerten Wunschszenario weniger Wärmepumpen und noch weniger Biomasse-Heizungen abgesetzt worden wären. Zwar ist die Höhe der anrechenbaren Kosten für den Förderzuschuss in der BEG-EM-2024 deutlich verringert worden – letztendlich aber nur auf ein auskömmliches Maß. In Kombination mit den prozentualen Zuschüssen ermöglicht die aktuelle Deckelung in typischen Fällen die Installation einer zukunftsfähigen Heizungsanlage mit geringer Kostendifferenz gegenüber der reinen Erneuerung einer Gas- oder Öl-Heizung. Und vieles spricht dafür, dass die bezuschusste Heizung geringere Lebenszykluskosten für den Betreiber aufweist. Entschlossene Umsteiger hätten also auf die BEG-EM-2024 gewartet.

Wärmeerzeuger, Marktentwicklung in Deutschland, 2000 bis 2023

Stille Novelle – vermutlich das gleiche Ergebnis

Wer eine andere Erwartung zur langfristigen Energiepreisentwicklung oder ganz individuelle Gründe für die 1:1-Erneuerung einer Gas- oder Öl-Heizung hat, hätte auch mit einer leisen GEG-Novelle den Austausch 2023 versucht. Schlichtweg, weil der Austausch aus der genannten Perspektive mit einer Nutzung zu 100 % fossiler Brennstoffe bis maximal Ende 2044 eine flexible Option war*). Gegenüber 2022 hat die Industrie 2023 „nur“ 192 000 mehr Gas- und 56 000 mehr Öl-Heizungen verkauft. Gemessen an einem Bestand von 14,1 Mio. Gas- und 5,2 Mio. Öl-Heizungen haben diese „Verkäufe über dem normalen Marktvolumen“ für die Wärmewende nur eine sehr kleine Bedeutung.

Es ist also ziemlich unsinnig, von einem durch die Entstehung der GEG-Novelle ausgelösten Boom bei Gas- und Öl-Heizungen oder sogar von einer Niederlage für Robert Habeck zu sprechen. Bei aller berechtigten und notwendigen Kritik zum Ablauf der GEG-Novelle – auch ein „normales“ Gesetzgebungsverfahren mit der üblichen Übergangsfrist von sechs Monaten hätte am vorgezogenen Austausch von Gas- und Öl-Heizungen wenig geändert.

Ausstieg aus fossilen Brennstoffen kommt ohnehin

Aufgrund des 2027 beginnenden Europäischen Emissionshandels für die verbrennungsbezogenen CO2-Emissionen von Kraft- und Brennstoffen – mit einer Bildung der CO2-Preise auf Basis einer sinkenden Verfügbarkeit der Zertifikate – ist der Ausstieg aus fossilem Erd- und Flüssiggas sowie Mineralöl vorgezeichnet. Mit diesem Mechanismus ist jede erneuerte Gas- und Öl-Heizung eine vertane Chance und damit ein Kostentreiber. Der CO2-Bepreisung kann man zwar durch die Beimischung grüner Brennstoffe ausweichen, wer davon eine Kostensenkung erwartet, muss aber auf eine verordnete Preisbildung oder auf signifikante Überkapazitäten hoffen. Beides ist nicht erkennbar.

Die Grundidee der CO2-Bepreisung ist, dass die Betroffenen handeln, wenn der Umstieg geringere Kosten als der Verbleib im System ermöglicht. Eine heute auf den Verbleib ausgerichtete Investition erschwert und verteuert diesen Umstieg. In die Investitionsentscheidung für eine neue Heizung sollte deshalb die Bewertung möglicher CO2-Preisszenarien einfließen. Zumeist wird man damit Kunden aufzeigen, dass der Verbleib im System nur mit sehr optimistischen Annahmen mit finanziellem Vorteil aufgehen kann.

Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA+E Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de

Alle TGAkommentare finden Sie im TGAdossier TGA-Leitartikel

*) Unabhängig von der privaten Einschätzung der eigenen Situation vor dem 1. Januar 2024 gilt nach § 102 GEG weiterhin, allerdings mit Beweispflicht:

„(1) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben auf Antrag des Eigentümers oder Bauherren von den Anforderungen dieses Gesetzes zu befreien, soweit
1. die Ziele dieses Gesetzes durch andere als in diesem Gesetz vorgesehene Maßnahmen im gleichen Umfang erreicht werden oder
2. die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen.

Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer, bei Anforderungen an bestehende Gebäude innerhalb angemessener Frist durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können, das heißt, wenn die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag stehen. Eine unbillige Härte liegt auch vor, wenn die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen. Hierbei sind unter Berücksichtigung des Ziels dieses Gesetzes die zur Erreichung dieses Ziels erwartbaren Preisentwicklungen für Energie einschließlich der Preise für Treibhausgase nach dem europäischen und dem nationalen Emissionshandel zu berücksichtigen. Eine unbillige Härte liegt auch vor, wenn aufgrund besonderer persönlicher Umstände die Erfüllung der Anforderungen des Gesetzes nicht zumutbar ist.

(2) […]

(3) Die Erfüllung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Eigentümer oder der Bauherr darzulegen und nachzuweisen. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann auf Kosten des Eigentümers oder Bauherrn die Vorlage einer Beurteilung der Erfüllung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 durch qualifizierte Sachverständige verlangen.

[…]

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