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Heizungswende

In Ein- und Zweifamilienhäusern fast nur noch Wärmepumpen

Ausschnitt: Entwicklung des primären Heizsystems mit Differenzierung für Wärmepumpen und Gas-Heizungen in neu genehmigten Ein- und Zweifamilienhäusern, monatlich von September 2020 bis Mai 2024.

JV

Ausschnitt: Entwicklung des primären Heizsystems mit Differenzierung für Wärmepumpen und Gas-Heizungen in neu genehmigten Ein- und Zweifamilienhäusern, monatlich von September 2020 bis Mai 2024.

Im Mai 2024 wurde für 3695 Ein- und Zwei­familien­häu­ser eine Bau­ge­neh­mi­gung er­teilt. 101 dieser Häu­ser soll eine Gas-Hei­zung und 3170 eine Wärme­pumpe heizen.

Im Wohnungsneubau ist die Heizungswende praktisch abgeschlossen. Im Zeitraum Januar bis April 2024 lag auf der Basis „primärer Energieträger / primäres Heizsystem“ für neu genehmigte Wohnungen in neu zu errichtenden Gebäuden der Marktanteil der Gas-Heizung nur noch bei 5,2 %. Unser Bericht dazu wurde von einem Leser wie folgt kommentiert:

„Eine prozentuale Angabe ist natürlich erstmal eine feine Sache, allerdings bin ich mir nicht sicher ob man sich wirklich darüber freuen kann, wenn man die Anzahl dahinter sieht …
Mir war so, dass wir mehr Wohnraum brauchen, oder? Ist also das GEG mit der gesetzlich verordneten Wärmepumpe eine Baubremse???“

Dass die Genehmigungsstatistik seit vielen Monaten rückläufig ist und in größerem Umfang (bezahlbare) Wohnungen insbesondere in Ballungsräumen fehlen, ist hinlänglich bekannt. Es gibt zwar im GEG keine gesetzliche Verordnung von Wärmepumpen (es gab auch keine solchen Pläne), jedoch ist gut vorstellbar, dass durch die hitzige Debatte um die Anforderungen für neu eingebaute Heizungen entsprechende Mythen existieren.

Blick auf Ein- und Zweifamilienhäuser

Um eine Antwort zu finden, kann ein tieferer Blick in die Genehmigungsstatistik hilfreich sein. Für das Gebäudesegment Ein- und Zweifamilienhäuser ist sie monatsscharf auch für das in der Baugenehmigung eingetragene primäre Heizsystem verfügbar. Gleichzeitig ist bei diesen Bauherren die größte Unsicherheit über das anzuwendende Regelwerk zu vermuten.

Beim Blick in die Statistik ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Antrag für die erteilten Baugenehmigungen schon mehrere Wochen vorher gestellt worden sein kann. Insbesondere im ersten Jahr der Coronavirus-Pandemie wurde regional über Genehmigungsstaus berichtet. Typischerweise liegen zwischen Antrag und Genehmigung etwa 3 Monate, im vereinfachten Verfahren weniger als 6 Wochen. Zudem gibt es vor jedem Bauantrag einen längeren Vorlauf und irgendwann eine Zeitpunkt ab dem Änderungen Kosten verursachen. Die Reaktion auf ein Ereignis kann sich also auch erst mit einigen Wochen Versatz markieren.

Bringt man nun die Daten mit der genannten Einschränkung zusammen, ergibt sich in der Grafik links der jeweilige Anteil für Wärmepumpen, Gas-Heizungen und Sonstige (insbesondere Holzpellets und Holz, Biomethan, Strom und Solarthermie, nur selten: Heizöl). Die rechte Grafik zeigt die absolute Entwicklung bei der geplanten Heizungstechnik in den neu genehmigten Ein- und Zweifamilienhäusern. Zwischen den beiden Grafiken sind bestimmte Ereignisse zeitlich eingeordnet.

Langfristige Trends und Reaktionen

Im März 2021 sieht man auf der rechten Seite, in welchem Umfang Bauherren und Genehmigungsbehörden auf besondere Umstände reagieren können, hier endete zum Monatsende die Antragsfrist für das Baukindergeld, wozu ein Kaufvertrag oder eine Baugenehmigung notwendig war. In der linken Grafik würde man den kleinen Ausschlag kaum als Auffälligkeit einstufen.

Ansonsten erkennt man in der linken Grafik, dass es bezogen auf den relativen Marktanteil über Jahre einen sehr stetigen, nahezu vorhersehbaren Anstieg bei der Wärmepumpe und korrespondierend einen Abstieg bei der Gas-Heizung gab. Bei der von Biomasse-Heizungen dominierten Zusammenfassung „Sonstige“ ist der Anteil relativ konstant. Mitte 2022 ändert sich das Bild: Der Anstieg bei Wärmepumpen flacht ab und die Erosion der Marktanteil bei der Gas-Heizung verlangsamt sich etwas (was auf einem Niveau von rund 10 % eher typisch als verdächtig ist). Gleichzeitig stieg zu diesem Zeitpunkt die Nachfrage nach Wärmepumpen massiv an, wodurch lange Lieferzeiten und hohe Preise bekannt wurden.

Entwicklung des primären Heizsystems mit Differenzierung für Wärmepumpen und Gas-Heizungen in neu genehmigten Ein- und Zweifamilienhäusern, monatlich von Januar 2019 bis Mai 2024. Datenquelle: Destatis, Daten der amtlichen Statistik

JV

Entwicklung des primären Heizsystems mit Differenzierung für Wärmepumpen und Gas-Heizungen in neu genehmigten Ein- und Zweifamilienhäusern, monatlich von Januar 2019 bis Mai 2024. Datenquelle: Destatis, Daten der amtlichen Statistik

In der rechten Grafik ändert sich ebenfalls Mitte 2022 das Bild: Vorher ist ein typischer saisonaler Verlauf zu erkennen, der etwa ab Juli 2022 in kontinuierlich sinkende Genehmigungszahlen übergeht. Seit August 2022 ist in jedem Monat die Zahl der Ein- und Zweifamilienhäuser mit Gas-Heizung zwischen 61 und 74 % gegenüber dem Vorjahresmonat zurückgegangen. Im Sommer 2022 war die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes im öffentlichen Raum kein Gesprächsthema. Jedoch hat der Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs im Februar 2022 mehrere Rahmenbedingungen für das Bauen deutlich verschlechtert oder eine bereits vorher vorhandene negative Entwicklung beschleunigt. Ab Oktober 2022 bis Mai 2024 ist auch in jedem Monat die Zahl der Ein- und Zweifamilienhäuser mit Wärmepumpe gegenüber dem Vorjahresmonat zurückgegangen, jedoch deutlich geringer als bei der Gas-Heizung.

Nach dem Einsetzen der Debatten rund um die GEG-Novelle ab März 2023 ist bei den erteilten Baugenehmigungen im Segment Ein- und Zweifamilienhäuser eher eine Abflachung des Rückgangs auszumachen, der im Frühjahr 2024 zusammen mit dem saisonalen Schwung eventuell die Talsohle erreicht hat. Im Februar 2023 hatte die Gas-Heizung bei den Baugenehmigungen der Ein- und Zweifamilienhäuser jedoch nur noch einen Marktanteil von 9,1 %, der sich bis März 2024 auf 4,5 % halbiert und bis Mai 2024 auf 2,7 % geschrumpft ist.

Ist das geänderte GEG eine Baubremse?

Wie die Genehmigungsstatistik ab März 2023 heute aussehen würde, wenn es keine GEG-Novelle bzw. keine Debatte darüber gegeben hätte, lässt sich nicht ermitteln. Was man aber durchaus mutmaßen kann: Dass im Mai 2024 auch ohne die GEG-Novelle kaum mehr als die nun 101 Ein- und Zweifamilienhäusern mit Gas-Heizung in die Statistik eingegangen wären. Das Niveau der 3170 genehmigten Ein- und Zweifamilienhäusern mit Wärmepumpe im Mai 2024 hatte die Gas-Heizung im Herbst 2019 verlassen.

Dass sich ab 2024 für neu gebaute (genehmigte) Ein- oder Zweifamilienhäuser die Rahmenbedingungen für eine Gas-Heizung durch höhere Energieträgerkosten verschlechtert haben, ist ein Fakt. Dass aufgrund dieser Entwicklung in einem relevanten Umfang Bauanträge nicht mehr oder zunächst nicht gestellt werden, ist in den Trends nicht zu erkennen. Von Januar bis Mai 2024 gab es zwischen 205 und 295 wenigen Baugenehmigungen mit Gas-Heizung gegenüber dem Vorjahresmonat. In den beiden Jahren davor lag die Schrumpfung im Vormonatsvergleich zwischen 800 und über 1014.

Betrachtet man nur die Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser zeigt sich, dass selbst eine tatsächliche starke Einschränkung von Gas-Heizungen im Neubau ab 2024 oder etwas später lediglich einem ohnehin vorhandenen Trend unwesentlich vorgegriffen hätte. Im hier nicht dargestellten Segment der größeren Wohngebäude existiert die Entwicklung ebenfalls, wobei hier zusätzlich Fernwärme eine Rolle spielt und 2023 der Marktanteil der Gas-Heizung auf einem etwas höheren Niveau lag. ■
Quelle: Destatis (Daten) / jv

Wärmeerzeuger, Marktentwicklung in Deutschland, 2000 bis 2023

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