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Dekarbonisierung

Auch der Winter-Strommix ist grün genug für Wärmepumpen

Bild 1 Bei der Energiewende sind der jährliche Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch und der Emissionsfaktor für den Strommix wichtige Messlatten. Ein Emissionsfaktor für den von Wärmepumpen genutzten Netzstrom gibt es bisher nicht. Er würde einen Kritikpunkt entschärfen.

Stefan Loss – stock.adobe.com

Bild 1 Bei der Energiewende sind der jährliche Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch und der Emissionsfaktor für den Strommix wichtige Messlatten. Ein Emissionsfaktor für den von Wärmepumpen genutzten Netzstrom gibt es bisher nicht. Er würde einen Kritikpunkt entschärfen.

Der CO2-Emissionsfaktor für den deutschen Strommix ist alles andere als eine Konstante. Dennoch sind nur kalenderjährliche Mittelwerte mit sinkendem Trend bekannt. So bleibt für den Lastfall Wärmepumpe unbekannt, wie hoch der hierfür relevante CO2-Emissionsfaktor ist. Zeitaufgelöste Daten zeigen, dass auch im Winter der deutsche Strommix bereits sehr grün ist.

Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Obwohl zurzeit durch LNG-Anteile im Erdgasnetz die Treibhausgasemissionen steigen und der Erneuerbare-Energien-Anteil im Strommix bereits sehr hoch ist, wird die „Farbe“ des für Wärmepumpen verwendeten Stroms pauschal kritisiert.
■ Eine Analyse feinaufgelöster Emissionsfaktoren im deutschen Strommix (nationale Erzeugung) zeigt jedoch, dass der Netzstrom in der Heizperiode keineswegs einen besonders hohen CO2-Emissionsfaktor aufweist.
■ Ein theoretischer Vergleich sowie die Gegenüberstellung einer energieeffizient betriebenen Gas-Heizung und einer Luft/Wasser-Wärmpumpe vor / nach einer Heizungsumstellung ergeben ein erhebliches CO2-Minderungspotenzial für die Wärmepumpe.
 

Oft wird behauptet: „Wärmepumpen sind nicht klimafreundlich – weil sie im Winter hauptsächlich mit Kohlestrom betrieben werden und dadurch für das Klima nicht besser (oder sogar schlechter) als eine Gas-Heizung sind.“ Stimmt das (noch)?

In Ermangelung offizieller monatlicher oder saisonaler CO2-Emissionsfaktoren für die Stromerzeugung kann dem Mythos und der oft populistisch geführten Diskussion leider auch kaum unmittelbar substanziell etwas entgegengesetzt werden. Denn der bekannte jährliche CO2-Emissionsfaktor für den Strommix wird dem Lastprofil einer Wärmepumpe und der Winterproblematik nicht ohne Weiteres gerecht. Es fehlt eine faktenbasierte Abschätzung der tatsächlichen Zusammensetzung für den Strommix im Winter bzw. in der Heizperiode.

Damit das CO2-Minderungspotenzial einer Wärmepumpe im Vergleich zu anderen Heizsystemen mit höherer Genauigkeit ermittelt werden kann, und um den Kohlestrom-Mythos zu widerlegen, wurden fünf wichtige Zusammenhänge und Aspekte einem Faktencheck unterzogen. In diesem Fachbeitrag werden zunächst die Ergebnisse zu den Punkten 1 und 2 vorgestellt; die Punkte 3 bis 5 werden nachfolgend aufbereitet.

1. Zeitaufgelöste CO2-Emissionsfaktoren für den deutschen Strommix: Hierzu wurden grafische sehr anschauliche Heatmaps für „die Farbe“ des Strommixes (Agorameter-Daten 2018 bis 2023) entwickelt und per Auszählung die Stunden mit „Dunkelflaute“ bzw. mit Überangebot an „grünem Strom“ ermittelt und gegenübergestellt. Bemerkenswert ist dabei die hohe Korrelation von CO2-Emissionsfaktor und Spotmarktpreis an der Strombörse EPEX (siehe Info-Kasten).

Strompreis und Emissionsfaktor

Wann Strom „grün“ oder eher „grau“ ist, lässt sich gut am Börsenstrompreis abschätzen, denn der Börsenstrompreis (EEX Leipzig, Spotmarkt, EPEX Spot) korreliert durch den Vorrang für Strom aus erneuerbaren Energien, das Merit-Order-Prinzip und den Emissionshandel sehr gut mit dem Angebot an EE-Strom. Bei einem hohen Angebot an EE-Strom ist die Wahrscheinlichkeit somit hoch, dass der Börsenstrompreis niedrig ist. Deshalb wird die Bedeutung von dynamischen Stromtarifen für die Sektorenkopplung ganz allgemein und insbesondere für den Betrieb steuerbarer / dimmbarer Wärmepumpen steigen. Werden Wärmepumpen zukünftig netzdienlich und „emissionsdienlich“ betrieben, steigt ihre Wirtschaftlichkeit und sie zahlen noch mehr auf die Klimaziele ein.

2. Moderne Luft/Wasser-Wärmepumpe „schlägt“ Gas-Brennwertheizkessel: Eine theoretische, aber anschauliche Abschätzung des CO2-Minderungspotenzials für eine Wärmepumpe gegenüber einer Gas-Heizung zeigt, dass ihr Vorsprung schon heute beachtlich ist. Gestützt wird dies durch die Auswertung eines Verbrauchsmonitorings für eine Luft/Wasser-Wärmepumpe in einem teilsaniertem Altbau im Vergleich zu dem demontierten, aber stets energieeffizient betriebenen Gas-Brennwertheizkessel. Auch die Verbrauchsmessungen zeigen klar den Vorteil der real betriebenen Wärmepumpe gegenüber dem zuvor real betriebenen Gas-Brennwertheizkessel.

3. Keine Wärmepumpe ohne Betriebsoptimierung: Ein Verbrauchsmonitoring hilft den Heizbetrieb einer Wärmepumpe zu optimieren. Ein Stromeinsparpotenzial von 10 % (und mehr) ist machbar, wenn die Wärmepumpe statt mit „Werkseinstellung“ mit einer optimierten und an das Gebäude angepassten Reglereinstellung betrieben wird.

4. Wärmepumpenhochlauf: Was hilft, die „Winterlücke“ zu schließen? Insbesondere der Ausbau der Windenergie, aber auch eine Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung nützt (Luft/Wasser-)Wärmepumpen vor allem im Kernwinter. Auch ein kräftiger Photovoltaik-Zubau kann in diesem Zeitraum keinen gleichwertigen Beitrag leisten. Somit lässt sich abschätzen, was die Installation von 500 000 Wärmepumpen pro Jahr für den Zubau von Windkraft bedeutet, wenn der aus dem Wärmepumpenhochlauf resultierende Strombedarf (bilanziell) mit Windstrom gedeckt werden soll.

5. Wärmepumpen müssen netzdienlich betrieben werden (können): Das mit einer Wärmepumpe beheizte Gebäude kann als „kostengünstiger Stromspeicher“ genutzt werden. Dafür werden flexible, dynamische Stromtarife und ein Smart Meter für jede Wärmepumpe benötigt. Nur so kann ein wichtiges Signal genutzt werden: Der Strompreis an der Börse ist niedriger, wenn der Strom grüner ist, und teurer, wenn er kohlelastiger und damit schmutziger ist. Doch wie kommt das Strompreissignal in die Regelung der Wärmepumpen?

Bild 2 Auswertung der Agorameter-Daten für den Strom-Mix 2022 mit Darstellung der EE-Anteile (Biomasse, Wasser, Wind, PV / Leistung in GW) sowie des täglichen, wöchentlichen und des monatlichen gewichteten und des jährlichen CO2-Emissionsfaktors in gCO2/kWhel.

Imkeller-Benjes / Datenquelle: Agorameter

Bild 2 Auswertung der Agorameter-Daten für den Strom-Mix 2022 mit Darstellung der EE-Anteile (Biomasse, Wasser, Wind, PV / Leistung in GW) sowie des täglichen, wöchentlichen und des monatlichen gewichteten und des jährlichen CO2-Emissionsfaktors in gCO2/kWhel.

1: Zeitaufgelöste CO2-Emissionsfaktoren

Es gibt seit Langem monatliche Wetterdaten, um beispielsweise bei Energieverbräuchen eine Witterungskorrektur vorzunehmen. Nun ist es an der Zeit, auch monatliche CO2-Emissionsfaktoren für alle Akteure der Wärmewende frei zugänglich zu machen. Monatliche CO2-Emissionsfaktoren für den Strommix erlauben es, die Klimawirksamkeit der Wärmepumpen-Strategie – eine der wichtigen Säulen der Wärmewende – dichter an der energiewirtschaftlichen Realität aufzuzeigen und Kritik qualifiziert zu begegnen.

Deshalb wurden exemplarisch zeitlich aufgelöste (stündlich, wöchentlich, monatlich) CO2-Emissionsfaktoren auf Basis der Datensätze für den deutschen Erzeugungsstrommix für die Jahre 2018 bis 2023 (Agorameter Daten & Tools, www.agora-energiewende.de) ermittelt (Bild 2).

Die Datenanalyse widerlegt die oben benannte Behauptung, dass im Winter bzw. in der Heizperiode Kohlestrom überwiegt. Mit einer Heatmap-Darstellung kann der Verlauf des CO2-Emissionsfaktors als Monatswert (Bild 3) und über 24 Stunden des Tages im Monatsmittel (Bild 4) anschaulich dargestellt werden.

Bild 3 zeigt: In windreichen Wintermonaten dominiert grüner Strom (< 400 gCO2/kWhel) nahezu ganztägig, aber auch in windarmen Wintermonaten liegen die CO2-Emissionsfaktoren im Monatsmittel unter 500 gCO2/kWhel – obwohl laut den Kritikern hier kohlelastiger Strom („rot“ > 600 gCO2/kWhel) vorherrschen müsste. Tatsächlich ist Kohlestrom aber überwiegend im Sommer in der Nacht (Dunkelflaute) vorzufinden – wenn Wärmepumpen gar nicht arbeiten müssen und Klimaanlagen am Tage bei hohem Solarstromangebot laufen können.

Bild 3 Heatmap-Darstellung der monatlichen CO2-Emissionsfaktoren im deutschen Erzeugungs-Strommix und farbliche Abgrenzung der Klassen und nach der „Qualität“ (Eignung für Wärmepumpen).

Imkeller-Benjes / Datenquelle: Agorameter

Bild 3 Heatmap-Darstellung der monatlichen CO2-Emissionsfaktoren im deutschen Erzeugungs-Strommix und farbliche Abgrenzung der Klassen und nach der „Qualität“ (Eignung für Wärmepumpen).

Gut erkennbar ist auch am Tage der Photovoltaik-Einfluss, je nach Jahreszeit ab etwa 8:00 bis 18:00 Uhr mit einem Maximum zur Mittagszeit. Der Strommix in Sommernächten bzw. in der abendlichen Verbrauchsspitze wird künftig immer mehr durch den Zubau dezentraler Stromspeicher entlastet. Auch Verbrauchsverlagerungen möglichst in die Mittagszeit können helfen. Über bevorzugte Zeitfenster oder echte Signale könnten hier auch kombiniert genutzte Wärmepumpen oder separate Wärmepumpen zur Trinkwassererwärmung einen Beitrag leisten.

Stellt man den Erzeugungsmix für das Jahr 2018 mit 472 gCO2/kWhel (hier waren noch 7 Kernkraftwerke mit einer Leistung von ca. 9,8 GW am Netz) den Daten für das Jahr 2023 (Streckbetrieb von drei Kernkraftwerken bis 15. April 2023) gegenüber, ist ersichtlich, dass der Zubau an erneuerbaren Stromerzeugungskapazitäten in den dazwischen liegenden 6 Jahren den Atomausstieg mehr als ausgleichen konnte: 2023 lag der Erzeugungsmix bei 404 gCO2/kWhel, was einer Minderung um 14 % gegenüber 2018 entspricht.

Anmerkung: Zwischen den beiden Jahren hat sich auch der grenzüberschreitende Stromhandel hin zu höheren Importen verändert. Eine CO2-Bilanzierung des grenzüberschreitenden Stromhandels mit länderspezifischen CO2-Emissionen der jeweiligen Nachbarländer ist jedoch sehr komplex und kann an dieser Stelle nicht vertieft werden (siehe: Import und Export | Energy-Charts; www.energy-charts.info). Es gilt aber auch hier die Tendenz, dass preisgetriebene Stromimporte tendenziell grüner sind.

Bild 4 Heatmap-Darstellung der monatlichen Mittelwerte der Zeitstunden im Erzeugungs-Strommix für 2018 bis 2023 (German Net Power Generation, Consumption and Commercial Exports), farbliche Abgrenzung Klassen gemäß Bild 3.

Imkeller-Benjes / Datenquelle: Agorameter

Bild 4 Heatmap-Darstellung der monatlichen Mittelwerte der Zeitstunden im Erzeugungs-Strommix für 2018 bis 2023 (German Net Power Generation, Consumption and Commercial Exports), farbliche Abgrenzung Klassen gemäß Bild 3.

Dunkelflauten vs. Überangebotszeiten

Die zeitlich feine Auflösung von CO2-Emissionsfaktoren ermöglicht es, zwei Fragen zu beantworten: Wie viele Dunkelflauten mit viel Kohlestrom (CO2-Faktor > 600 gCO2/kWhel) gibt es in den Wintermonaten und wie lange dauern sie an? Und: Wie viele Stunden mit einem Überangebot an erneuerbaren Strom (CO2-Faktor < 300 gCO2/kWhel) gibt es im gleichen Monat, die die Dunkelflauten kompensieren können?

Allgemein lautet die Antwort: Ja, es gibt die in der Frage definierten Dunkelflauten, aber es gibt bereits ebenso viele Stunden mit einem Überangebot an grünem Strom. Am Beispiel des Erzeugungsmixes für das „kritische“ Jahr 2022 (Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine ab Februar 2022, Gas-Mangellage, verstärkte Stromproduktion aus Braun- und Steinkohle bei teilweiser Reduzierung der Gas-Verstromung und ein hoher Importbedarf von Frankreich; aber auch geringe Stromnachfrage der Industrie) und dem Jahr 2023 (Vollzug des Atomausstiegs; weiterhin geringe Stromnachfrage der Industrie) kann folgender Sachverhalt aus dem Lastgang abgeleitet werden: In der Heizperiode (rund 7 Monate mit ca. 5100 h) überkompensieren die Stunden mit einem Überangebot an EE-Strom (839 / 1549 h; 2022/23) die Stunden mit Dunkelflaute und hohem Kohlestromanteil (685 / 632 h; 2022/23).

Auch in den Hauptmonaten der Heizperiode Dezember und Januar halten sich Zeiten mit Dunkelflaute und Zeiten mit einem Überangebot an erneuerbarem Strom gut die Waage. Im gesamten Kernwinter (November bis Februar), wo typischer Weise mehr als 60 % des Wärmepumpenstroms nachgefragt wird, stehen 2022 in Summe den 409 h mit Dunkelflaute 543 h mit einem Überangebot an erneuerbarem Strom gegenüber. Für den Kernwinter 2023 ergeben sich 500 h mit Dunkelflaute und 925 h mit hohem EE-Stromangebot.

In der Sommerperiode (5 Monate, ca. 3700 h) ist die Bilanz in 2022 mit Dunkelflauten (341 h) und Überangebot (352 h) ausgeglichen, in 2023 dominiert das Überangebot an erneuerbaren Energien in 1072 h, das Kriterium Dunkelflaute wurde für 427 h erreicht.

Kaum bekannt und deshalb mehr als bemerkenswert ist, dass der Strom im Kernwinter durch den hohen Anteil an Windenergie ebenso grün wie im Sommerhalbjahr ist (Bild 5). Damit kann der Mythos, dass Wärmepumpen im Winter verstärkt mit Kohlestrom betrieben werden, klar widerlegt werden: Strom aus Windkraft und Solarstrahlung ergänzen sich zu vielen Stunden und kompensieren gegenseitig in erheblichem Umfang das saisonal unterschiedliche Angebot.

Wärmepumpen nutzen somit in der gesamten Heizperiode im Mittel einen niedrigen Emissionsfaktor und bewirken auch im Kernwinter gegenüber einer Gas-Heizung eine maßgebliche Minderung bei den CO2-Emissionen. Wie in der nachfolgenden theoretischen Überlegung gezeigt wird, bleibt der Vorteil der Wärmepumpe gegenüber der Gas-Heizung auch dann bestehen, wenn künftig grüne Gase im Wärmemarkt eingesetzt werden.

Bild 5 Auszählen der Stunden mit Dunkelflauten und Überangebot an EE-Strom für die Jahre 2022 und 2023 und CO2-Emissionsfaktoren des jeweiligen Zeitraums.

Imkeller-Benjes / Datenquelle: Agora Energiewende

Bild 5 Auszählen der Stunden mit Dunkelflauten und Überangebot an EE-Strom für die Jahre 2022 und 2023 und CO2-Emissionsfaktoren des jeweiligen Zeitraums.

2: Vergleich von L/W-Wärmepumpe und Gas-Brennwertheizkessel

Anhand einer einfachen theoretischen Abschätzung wird das CO2-Minderungspotenzial von Wärmepumpen gegenüber Gas-Heizungen anschaulich. Mit einem optimistischen Jahresnutzungsgrad der Gas-Heizung von 1,02 (bezogen auf den Heizwert Hi bei hoher Brennwertnutzung) und einem nicht zu vernachlässigenden Stromverbrauch für Hilfsenergie (Umwälzpumpen, Abgasventilator etc.) von etwa. 250 kWh/a ergibt sich ein kombinierter Emissionsfaktor von 223 gCO2/kWhth.

Bei einem ungünstigen Strommix im Winter (> 500 gCO2/kWhel) liefert eine eher durchschnittlich effiziente Wärmepumpe bei einer Jahresarbeitszahl von 3,0 nutzbare Heizwärme mit 167 gCO2/kWhth. Bei einer System-Jahresarbeitszahl (SJAZ) von 3,5 und Strom mit 400 gCO2/kWhel liefert sie die Heizwärme mit 115 gCO2/kWhth. Das ergibt eine CO2-Eisparung von 25 % bzw. 49 % gegenüber der Gas-Heizung (Bild 6).

Nur bei einer wenig effizienten Wärmepumpe mit einer SJAZ unter 2,5 würden die CO2-Emissionen bei kohlelastigem Strom (600 gCO2/kWhth) über denen der Gas-Heizung liegen. Dies gilt jedoch nur, wenn ein optimistischer Jahresnutzungsgrad und ein geringer Hilfsstromverbrauch beim Gas-Brennwertheizkessel auch tatsächlich realisiert werden –, was in der Heizungspraxis jedoch nicht der Standard ist. Eine Wärmepumpe wird somit in fast allen Konstellationen per se einen geringeren CO2-Ausstoß als eine Gas-Heizung aufweisen.

Bild 6 Vergleich Wärmepumpe mit Gas-Brennwertheizkessel mit Erdgas (100 % fossil, kein LNG).

Imkeller-Benjes

Bild 6 Vergleich Wärmepumpe mit Gas-Brennwertheizkessel mit Erdgas (100 % fossil, kein LNG).

Trends bei CO2-Emissionen für Erdgas

Während im Strommix die CO2-Emissionen künftig immer weiter zurückgehen, gibt es bei fossilem Erdgas einen gegenläufigen Trend. Bei einem geplanten Anteil von importiertem Flüssigerdgas (LNG) von etwa 30 % und mehr erhöhen sich die Treibhausgasemissionen über die Vorketten. Je nach Herkunftsland, Transportweg und Transportmittel liegt der Emissionsfaktor von LNG zwischen etwa 260 und 300 gCO2/kWhHi. Bei einem Anteil von 30 % LNG im Erdgasmix ergibt sich für die Wärmelieferung aus einer Gas-Brennwertheizung ein Emissionsfaktor von etwa 244 gCO2/kWhth (Bild 7). In dieser Konstellation zeigt eine durchschnittlich effiziente Wärmepumpe (SJAZ = 3,0 bzw. 3,5) eine erhöhte CO2-Einsparung von 32 % bzw. 53 % gegenüber der Gas-Heizung.

Bild 7 Vergleich Wärmepumpe mit Gas-Brennwertheizkessel mit Erdgas (100 % fossil, davon 30 % LNG).

Imkeller-Benjes

Bild 7 Vergleich Wärmepumpe mit Gas-Brennwertheizkessel mit Erdgas (100 % fossil, davon 30 % LNG).

Künftig soll und muss es durch grüne Gase aber in die andere Richtung gehen. Sollte ein wettbewerbsfähiger Markt mit einem 65-%-Anteil an EE-Methan oder GEG-konformen Wasserstoff entstehen, kann damit ein effizient betriebener Gas-Brennwertheizkessel Wärme mit Emissionen von etwa 100 gCO2/kWhth liefern (Bild 8). Dies wird aber erst realistisch, wenn die grünen Gase mit überschüssigem EE-Strom generiert werden. Das bedeutet wiederum, dass sehr viel grüner Strom zur Verfügung steht. Der Strommix wird dann auch hierzulande deutlich unter 250 bis 200 gCO2/kWhel liegen. Eine Wärmepumpe würde dann Wärme mit weniger als 60 gCO2/kWhth zur Verfügung stellen.

Bild 8 Vergleich Wärmepumpe mit Gas-Brennwertheizkessel mit grünem Gas (35 % fossil, 65 % EE).

Imkeller-Benjes

Bild 8 Vergleich Wärmepumpe mit Gas-Brennwertheizkessel mit grünem Gas (35 % fossil, 65 % EE).

Verbrauchsmonitoring über 12 Monate

Alles nur graue Theorie? Nein, ein Verbrauchsmonitoring für die Gas-Heizung über 48 Monate und für die Wärmepumpe über 12 Monate bestätigt die Annahmen auch in der Praxis.

Der stets energieeffizient betriebene Gas-Brennwertheizkessel (gemessene Kondensatmenge: 1,0 lH2O/m3 Erdgas bei − 6 °C bis − 8 °C Tagestemperatur) wird für den Vergleich wie oben mit einem Jahresnutzungsgrad von 1,02 (Hi) bewertet. Dafür standen monatliche Gasverbräuche zur Verfügung. Zudem konnte der gemessene Stromverbrauch der Gas-Heizung (rund 300 kWhel/a) in die CO2-Bilanz aufgenommen werden.

Die CO2-Bilanz der Wärmepumpe wurde aus den monatlich gemessenen Stromverbräuchen des gesamten Wärmepumpensystems (inklusive aller Pumpen, Regelung etc.) und den monatlichen CO2-Emissionsfaktoren im Strommix für den Zeitraum (November 2022 bis Oktober 2023) erstellt.

Messkonzept

Bei dem Objekt handelt es sich um ein freistehendes Einfamilienhaus mit 150 m2 beheizter Wohnfläche. Errichtet wurde es 1959. 1999 erfolgte eine energetische Sanierung mit Anbau. Danach lag der Gasverbrauch für Raumwärme und Trinkwassererwärmung zwischen 16 000 und 17 000 kWh/a bezogen auf den Brennwert (Hs). Die Wärmeübergabe erfolgt ausschließlich über Plattenheizkörper. Im Rahmen einer Heizungsoptimierung für die Installation der Wärmepumpe wurden drei Heizkörper vergrößert.

Durch einen sorgfältigen Hydraulischen Abgleich des Heizsystems und drei vergrößerte Heizkörper konnte die Systemtemperatur auf niedrige Werte von ca. 41/37 °C abgesenkt werden. Daraus resultiert eine für Luft/Wasser-Wärmepumpen hohe System-Jahresarbeitszahl (SJAZ) für die Raumheizung von 4,0 (externe Messung, Bild 9) bzw. 3,6 für die interne Anzeige des Wärmepumpen-Reglers.

Auch für die Trinkwassererwärmung (55 °C) wurde eine gute Jahresarbeitszahl von 2,9 über die externe Messung und von 2,7 über die interne Anzeige ermittelt. Das Gesamtsystem weist mit der externen Messung eine SJAZ von 3,7 und von 3,4 mit der internen Anzeige auf.

Der Stromverbrauch des elektrischen Heizstabs wird gesondert erfasst und ist bei der externen Messung für die System-Jahresarbeitszahl SJAZ eingerechnet (72 kWh). Der Stromverbrauch aller Umwälzpumpen und der Regelung inklusive Heizkreis-Mischer und Fernanzeige ist ebenfalls im Gesamtverbrauch enthalten.

Abtauenergie, Speicherverluste

Die Abweichung zwischen interner Anzeige und externer Messung beträgt für die Raumheizung etwa 9 % und für die Trinkwassererwärmung etwa 3 %. Die Abweichung bei den Strommessungen liegt hingegen unter 1 %.

Mit dem Messaufbau kann die Abtauenergie (entnommene Wärme aus dem Heizungspufferspeicher für die Prozessumkehr) durch die externen Wärmezähler nicht getrennt erfasst werden. Die entnommene Abtauenergie wird aber zuvor als „Nutzen“ erfasst, der dem Gebäude jedoch nicht als Nutzwärme zur Verfügung steht. Ein Abzug der Bereitschaftsverluste des Pufferspeichers und der Abtauenergie verringert die Gesamteffizienz und reduziert entsprechend die SJAZ.

Ob die Abtauenergie bei der internen Messung bereits korrigiert wird, konnte beim Wärmepumpen-Hersteller bisher nicht erfragt werden. Eine Recherche unter Fachkollegen ergab, dass bei anderen Herstellern die Abtauenergie und die Anzahl der Abtauvorgänge in der (nur dem Servicetechniker zugänglichen) dritten Systemebene aufgezeichnet und vermutlich für die interne Messung und die JAZ-Berechnung berücksichtig werden. Ob dies eine Ursache für die Differenz von der externen zur internen JAZ-Bestimmung ist, muss hier offen bleiben.

Bild 9 Messkonzept zur Bestimmung der System-Jahresarbeitszahl mit Bilanzgrenze. Messproblem: Die Abtauenergie (Wärme aus dem Heizungspufferspeicher mit Prozessumkehr) und der Bereitschaftsverlust des Pufferspeichers können nicht getrennt erfasst werden, beide Verluste werden als „Nutzen“ gezählt und können nur rechnerisch korrigiert werden.

Imkeller-Benjes

Bild 9 Messkonzept zur Bestimmung der System-Jahresarbeitszahl mit Bilanzgrenze. Messproblem: Die Abtauenergie (Wärme aus dem Heizungspufferspeicher mit Prozessumkehr) und der Bereitschaftsverlust des Pufferspeichers können nicht getrennt erfasst werden, beide Verluste werden als „Nutzen“ gezählt und können nur rechnerisch korrigiert werden.

Um die Größenordnung rechnerisch abzuschätzen, wurde der Bereitschaftsverlust des Pufferspeichers aus den Angaben des Energielabels mit den realen Temperaturen skaliert (214 kWhth/a). Die Abtauenergie wurde durch das Auslitern der Schmelzwassermenge eines Abtauvorgangs und einer errechneten Anzahl der Abtauvorgänge (325 Stück) auf der Basis von Standortdaten auf 242 kWhth/a abgeschätzt.

Werden die errechneten Verluste von rund 456 kWhth/a von dem Messwert der Wärmebereitstellung (der die Verluste nicht berücksichtigt) abgezogen, korrigiert sich die SJAZ für die Raumheizung auf 3,8 (externe Messung) bzw. 3,5 (interne Anzeige). Es ergibt sich also ein Abschlag auf die SJAZ von rund 0,2 Punkten für den Heizbetrieb, wenn die Verluste eines typischen Luft/Wasser-Wärmepumpensystems mit großem Pufferspeicher berücksichtig werden. Die Verluste des Trinkwassererwärmers (449 kWh/a) wurden nicht angerechnet, da beim Vergleichssystem ebenfalls ein Trinkwassererwärmer vorhanden war.

Vergleich der gemessenen SJAZ mit dem Online-JAZ-Rechner des BWP

Im BWP-Online-Rechner „Berechnung der Jahresarbeitszahl zur Bewertung der Effizienz von Wärmepumpen nach VDI 4650-1“ sind die vom Hersteller / Prüfinstitut auf Labor-Prüfständen unter optimalen Bedingungen ermittelten Teillast-Arbeitszahlen hinterlegt. Mit dem Online-Rechner ergeben sich für die verwendete Wärmepumpe bei Systemtemperaturen von 40/35 °C und 55 °C Warmwassertemperatur (Anteil von 15 %) und einer Auslegungstemperatur von − 9 °C eine JAZ von 4,7 für die Raumheizung und eine JAZ von 3,5 für die Trinkwassererwärmung.

Beide Werte liegen damit rund 20 bis 25 % über den SJAZ, die unter realen Bedingungen (und mit realer Witterung) und bei regelmäßigen Verbrauchskontrollen ermitteltet wurden. Insbesondere bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen sind deshalb entsprechende Abschläge oder genauere Verfahren zu empfehlen. Das sollte auch für eine realitätsnahe Bewertung von CO2-Bilanzen gelten.

Bilanz und Systemvergleich

Aus den Messdaten für die 12 Monate umfassende Messperiode (2022/23) der Wärmepumpe lässt sich aufgrund der sehr gut bekannten Daten des vorherigen Wärmeerzeugers ein ersetzter Gasverbrauch von 16 200 kWhHs errechnen. Für das Wärmepumpensystem wurde inklusive Hilfsenergie eine gemessene Strommenge von 3620 kWh eingesetzt, die sich auf 2760 kWh für die Raumheizung, 860 kWh für die Trinkwassererwärmung und 72 kWh (2 %) für den Heizstab aufteilen. Eine leicht zu ermittelnde Kennzahl für die Praxis ist das Verhältnis vom bisherigen Gasverbrauch zum gesamten Stromeinsatz für die Wärmepumpe. Es liegt hier bei rund 4,5.

Aus dem Weiterbetrieb der Gas-Heizung hätte sich inklusive der CO2-Emissionen für 220 kWh/a Hilfsenergie ein CO2-Ausstoß von 3,07 t für die Messperiode ergeben. Anmerkung: Eine neue Gas-Heizung hätte aufgrund des bereits hohen Jahresnutzungsgrads von 1,02 (Hi) diesen Wert bestenfalls geringfügig verringern können.

Für die Wärmepumpe beträgt der CO2-Ausstoß unter Berücksichtigung monatlicher Emissionsfaktoren 1,59 t/a und mit einem Emissionsfaktor als Jahresmittelwert 1,56 t/a. Daraus ergibt sich für den Strommix eine Einsparung von 1,48 t/a (− 48 %) bzw. 1,51 t/a (− 49 %). Mit dem tatsächlichen Stromliefervertrag würde die Einsparung 2,6 t/a (− 85 %) gegenüber Erdgas aus fossilen Quellen betragen (Bild 10).

Die Bilanz zeigt, dass eine aktuelle Luft/Wasser-Wärmepumpe in einem (teil-)sanierten Bestandsgebäude ohne Fußbodenheizung gegenüber einem sehr energieeffizient betriebenen Gas-Brennwertheizkessel deutlich geringere CO2-Emissionen verantwortet. Dies gilt auch für die relativ ungünstigen CO2-Emissionsfaktoren im deutschen Strommix im Messzeitraum 2022/23. Auch im Kernwinter (November 2022 bis Februar 2023) ergibt sich eine deutliche Minderung beim CO2-Ausstoß. Die absehbare Entwicklung bei der Strombereitstellung wird dazu führen, dass der Minderungsbeitrag künftig weiter steigt.

Bild 10 Absolute monatliche CO2-Emissionen in kg, sowie monatliche Emissionsfaktoren in g/kWh sowie die S(J)AZ der Luft/Wasser-Wärmepumpe (skaliert mit Faktor 100) für den Messzeitraum November 2022 bis Oktober 2023 (in monats-kalendarischer Reihenfolge).

Imkeller-Benjes

Bild 10 Absolute monatliche CO2-Emissionen in kg, sowie monatliche Emissionsfaktoren in g/kWh sowie die S(J)AZ der Luft/Wasser-Wärmepumpe (skaliert mit Faktor 100) für den Messzeitraum November 2022 bis Oktober 2023 (in monats-kalendarischer Reihenfolge).

Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier Wärmepumpe

Literatur

[1] Agorameter: Der Strommix von heute und morgen: Aktuelle, historische und künftige Darstellungsmöglichkeit des Stromverbrauchs und der Stromerzeugung aus konventionellen und Erneuerbaren Energien.

Dipl.-Phys. Ulrich Imkeller-Benjes
ist seit 1991 im Bereich Energieberatung und Energieeffizienz tätig und seit 2009 Projektmanager bei der BEKS Energie-Effizienz GmbH, 28195 Bremen, imkeller-benjes@beks-online.de, www.beks-online.de

Alexander Fanslau

Jesse Polster
hat als Werkstudent bei der BEKS Energie-Effizienz GmbH an der Auswertung mitgewirkt, Student im Fach Wirtschafts- und Nachhaltigkeitswissenschaften an der Universität zu Köln für den Abschluss B.Sc Management, Economics and Social Sciences

Jesse Polster

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