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Heizungswende

Wie man die GEG-Novelle pragmatisch reformieren könnte

Mirko Raatz – stock.adobe.com

Der Kern der geplanten GEG-Novelle, die 65-%-EE-Pflicht beim Einbau neuer Heizungen ab 2024, hat Diskussionen wie schon lange kein Gesetzentwurf mehr ausgelöst. Und vermutlich muss man auch lange nach einem derart substanzlosen Schlagabtausch zurückschauen. Konstruktive Vorschläge für Verbesserungen des „Heizungsgesetzes“ existieren trotz des Angebots, pragmatisch vorzugehen, bisher kaum. Dabei ließen sich die übergeordneten Ziele mit mehr Markt und technologieoffen einfach erreichen.

Am heftigsten kritisiert wird das Quasi-Verbot von Gas- und Öl-Heizungen. Ein echtes Verbot ist zwar nicht vorgesehen – aber die Herausforderung, beim Einbau einer neuen Gas-Heizung für diese einen 65-%-EE-Anteil im Brennstoff zu realisieren, hat dieselbe Wirkung.

Die Vorgabe dürfte somit dazu führen, dass ineffiziente alte Gas-Heizungen länger als notwendig und geplant betrieben werden. Eine Pflicht, die man kaum erfüllen kann und will, bringt die Heizungswende nicht voran. 

Alle Gasverbraucher in die Pflicht nehmen

Die Alternative: Wird künftig eine Gas-Heizung eingebaut, muss die Gaswirtschaft gewährleisten, dass für diese eine der EE-Pflicht entsprechende Menge nachhaltig erzeugter grüner Gase im Gasnetz „beigemischt“ wird und die dafür notwendigen Kosten auf alle vom GEG erfassten Gasverbräuche solidarisch aufgeteilt werden. In zunächst geringem Umfang würde es eine steigende anteilige Gegenfinanzierung durch entfallende CO2-Kosten geben. Über eine Adaption oder Erweiterung des nationalen Emissionshandelssystems (nEHS) könnten die Inverkehrbringer fossiler Brennstoffe ihre administrative Pflicht durch die Löschung am Markt erworbener Zertifikate mit geringem Aufwand erfüllen.

Ein pragmatisches Vorgehen zur Ermittlung der Grüngasmenge wäre, dass parallel zu der ohnehin erforderlichen Anlagenfreigabe der Schornsteinfeger ein Melderegister aufgesetzt wird, das alle neuen Gas-Heizungen mit einfach zu erhebenden Zusatzdaten für eine Verbrauchsprognose erfasst. Die damit abgeschätzte Grüngasmenge könnte mittels repräsentativer Stichproben regelmäßig über gemessene Gasverbräuche an die tatsächliche Pflicht angeglichen werden. Durch die Festlegung einer Gasmenge (oder einer Quote) jeweils ein oder zwei Jahre im Voraus hätten die Gaswirtschaft und die Grüngaserzeuger Planungssicherheit. Falsch eingeschätzte Mengen und witterungsbedingte Einflüsse würden in folgenden Jahren ausgeglichen. Eine (begrenzte) nachträgliche Pflichterfüllung ermöglicht einen geordneten Markthochlauf.

Die Gaswirtschaft beim Wort nehmen

„Die Fronten beim ‚Heizungsgesetz‘ sind verhärtet, Verbesserungs­vorschläge jedoch rar. Mit einer Verlagerung der 65-%-EE-Pflicht zu den Inverkehrbringern fossiler Brennstoffe ließen sich die größten Vorbehalte auflösen.“

GV

Der DVGW hat sich bei der Konsultation zur 65-Prozent-EE-Vorgabe für neue Heizungen ab 2024 im August 2022 so geäußert: „Die Anerkennung von klimaneutral betriebenen Gasheizungen unterstützen wir ausdrücklich. Die benötigten Mengen dieser Gase können durch die richtigen politischen Rahmenbedingungen rechtzeitig gehoben werden.

Nach Berechnungen des DVGW würde für die Erfüllung des 65-%-Anteils für 600 000 verbaute Gas-Heizungen pro Jahr ein jährlicher zusätzlicher Grüngasbedarf von 8 bis 16 TWh bei einem durchschnittlichen Heizwärmebedarf bestehen [Anmerkung: Aktuell werden rund 11 TWh/a Biomethan in das Erdgasnetz eingespeist; die Biogasproduktion in Deutschland liegt bei etwa 95 TWh/a und kann noch deutlich erhöht werden.]. Diese Menge wäre in Form von Biomethan ab 2024 etwa durch eine sukzessive Umrüstung des Biogasanlagenbestands zu heben und könnte dem Endkunden bilanziell zur Verfügung gestellt werden.“ Nun sollte man die Gaswirtschaft auch beim Wort nehmen. Es sollte aber auch allen beteiligten einschließlich der Gaskunden klar sein: Hält sie nicht Wort – inklusive dem oft gegebenen Versprechen, dass Gas auch in einer grünen Zukunft eine preisgünstige Energie ist – wird ihr Geschäftsmodell kollabieren. 

Erfüllungsoption H2-ready könnte entfallen

Mit der Verlagerung der 65-%-EE-Pflicht zu den Inverkehrbringern fossiler Brennstoffe könnte die Erfüllungsoption H2-ready entfallen. Eine Pflicht, entsprechende Gasgeräte im Vorgriff auf eine anstehende Transformation einzubauen, sollten die Gasnetzbetreiber über die Anschlussbedingungen regeln.

Analog zu Erdgas könnte bei Heizöl und Flüssiggas verfahren werden. Strengere Vorgaben oder Verbote bei Neubauten muss die Politik nicht festlegen, der Markt ist dem bereits vorausgeeilt. Ausnahmen für über 80-Jährige bräuchte es ebenfalls nicht.

Modernisierer vor Fehlinvestitionen schützen

Im Bestand sollte der Einbau von Gas- und Öl-Heizungen jedoch an eine einfach gehaltene, aufklärende Pflichtberatung gekoppelt werden, um Modernisierer vor Fehlinvestitionen zu schützen. Dabei sollte für einen Zeitraum von z. B. 20 Jahren mit standardisiertem Verfahren und einheitlichen Werten ein Gesamtkostenvergleich für alternative Systeme (Wärmepumpe, Biomasse-Heizung, Solarthermie-Integration …) erstellt und dokumentiert werden. Dies lässt sich weitgehend digitaliseren.

Um zeitlichen Problemen bei einer Heizungshavarie aus dem Weg zu gehen und um ggf. auch eine vorgezogene Heizungsmodernisierung anzustoßen, könnte man eine Beratungsempfehlung ab einer bestimmten Betriebsdauer anregen, beispielsweise im Rahmen der Feuerstättenschau. Eine Alternative wäre, „offizielle“ Betrachtungen für typische Gebäude in die Breite zu tragen. Auch in beratenden Fachkreisen sind die sich daraus fast zwangsweise ergebenden Empfehlungen wenig bekannt.

Notwendig ist es auch, die BEG-EM-Förderung für Wärmepumpen und Biomasse-Heizungen durch eine zeitnahe Auszahlung, eine von der Heizleistung abhängige Förderung und (ggf. einkommensabhängig) zinsverbilligte Kredite für den Eigenanteil an den tatsächlichen Bedarf anzupassen. An Unkenntnis, der Wirtschaftlichkeit oder an einer Überforderung würde ein marktgetriebener Schwenk der Nachfrage weg von Öl und Gas dann jedenfalls nicht scheitern. Momentan ist es aber schlichtweg so, dass Öl- und Gas-Heizungen als günstige Heizlösung propagiert und empfohlen werden, was bei genauerem Hinsehen in den meisten Fällen nicht stimmt.

Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA+E Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de

Alle TGAkommentare finden Sie im TGAdossier TGA-Leitartikel

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