Robert Habeck hat die Ressort-Abstimmung zur EEG-Novelle eingeleitet. Neben Maßnahmen zum schnelleren EE-Zubau sieht der Referentenentwurf auch Entlastungen für Wärmepumpen-Strom vor.
Alles andere wäre nach den bisherigen Ankündigungen eine Überraschung gewesen: Die Bundesregierung hat die notwendigen Schritte zur vorgezogenen Abschaffung der EEG-Umlage ab dem 1. Juli 2022 eingeleitet. Im Koalitionsvertrag ist dies ab 2023 vorgesehen. Strom soll sich dadurch für die nicht privilegierten Stromkunden um 3,723 Ct/kWh verbilligen. Für Endverwender sind es dann inklusive Mehrwertsteuer 4,43 Ct/kWh. Bei einer Stromabnahme von 3500 kWh/a für einen Musterhaushalt entspricht dies in einem vollständigen Kalenderjahr einer Entlastung von 190 Euro/a.
Bei den Betreibern von Heizungs-Wärmepumpen ist die EEG-Umlage ebenfalls Bestandteil der Strompreis. Inklusive Mehrwertsteuer wird ihr Stromtarif also ebenfalls um 4,43 Ct/kWh entlastet. Bei einer durchschnittlichen Abnahme von 5000 kWh/a entspricht dies in einem vollständigen Kalenderjahr einer Entlastung von fast 221 Euro/a (weitere Entlastungen siehe unten).
Da die Maßnahme allein und ausschließlich der kurzfristigen Entlastung der Stromkunden dient, soll die Weitergabe dieser Kostenentlastung an die Letztverbraucher für den Zeitraum Juli bis Dezember 2022 gesetzlich abgesichert werden. Dazu hat die Bundesregierung einen „Entwurf eines Gesetzes zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher“ vorgelegt. Die dauerhafte Haushaltsfinanzierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) soll dann in einem zweiten Schritt durch die bevorstehende EEG-Novelle geregelt werden.
Ob der Strompreis in nächster Zeit durch die Abschaffung der EEG-Umlage tatsächlich günstiger wird, bleibt jedoch abzuwarten. Solange die Einkaufspreise für Strom so hoch wie aktuell bleiben, werden die Versorger nicht umhin kommen, ihre Mehrkosten an die Endabnehmer weiterzureichen.
Referentenentwurf für die EEG-Novelle
Während die Vorlage für das Artikelgesetz zur Absenkung der Kostenbelastung auf zwei Seiten Platz finden, umfasst der Referentenentwurf für die EEG-Novelle (Bearbeitungsstand 28.02.2022) 125 Seiten und 255 Seiten inklusive Vortext und Begründung. Die EEG-Novelle soll grundsätzlich am 1. Januar 2023 in Kraft treten, allerdings werden punktuell Regelungen bereits vorab in Kraft gesetzt, um eine abwartende Haltung der Marktakteure zu verhindern.
Strom ab 2035 nahezu zu 100 % aus Erneuerbaren
Schon im zweiten Satz des ersten Absatzes („Problem und Ziel“) wiederholt der Referentenentwurf, was nach der „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ von Dr. Robert Habeck am 11. Januar 2022 lange fast ohne jede Resonanz blieb:
„Deutschland richtet seine gesamte Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5-Grad-Klimaschutz-Pfad aus, zu dem sich die Europäische Union im Rahmen des Übereinkommens von Paris verpflichtet hat. Die Stromversorgung soll daher bereits im Jahr 2035 nahezu vollständig auf erneuerbaren Energien beruhen. Dafür schafft dieses Gesetz die erforderlichen Rahmenbedingungen.“
Im Ampel-Koalitionsvertrag hatten SPD, Bündnis 90 / Die Grünen (272) und FDP folgendes vereinbart: „Wir richten unser Erneuerbaren-Ziel auf einen höheren Bruttostrombedarf von 680 – 750 TWh im Jahr 2030 aus. Davon sollen 80 % aus erneuerbaren Energien stammen.“
Zum Vergleich: Das geltende EEG 2021 sieht einen Anstieg des Anteils der erneuerbaren Energien am deutschen Bruttostromverbrauch auf 65 % im Jahr 2030 vor und strebt eine treibhausgasneutrale Stromerzeugung vor dem Jahr 2050 an. Mit der EEG-Novelle folgt Deutschland der Empfehlung der Internationalen Energieagentur (IEA) und zieht mit anderen OECD-Staaten wie den USA und dem Vereinigten Königreich gleich, die ebenfalls für 2035 eine klimaneutrale Stromversorgung anstreben, heißt es in den Vorbemerkungen.
Allein für das 80-%-Ziel bis 2030 sind gewaltige Anstrengungen erforderlich: 2021 lag der EE-Anteil am Bruttostromverbrauch 2021 bei rund 42 %, gleichzeitig wird sich der Stromverbrauch von zuletzt rund 560 TWh/a auf 680 bis 750 TWh/a im Jahr 2030 durch die zunehmende Elektrifizierung von Industrieprozessen, Wärme und Verkehr erhöhen. Zur Zielerreichung muss deshalb die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von knapp 240 TWh im Jahr 2021 auf 544 bis 600 TWh im Jahr 2030 weit mehr als verdoppelt werden.
Wesentliche Inhalte der EEG-Novelle aus Gebäudesicht
● Das EEG 2023 verankert das Ziel, dass die inländische Stromerzeugung bereits im Jahr 2035 nahezu treibhausgasneutral ist, also nahezu vollständig durch erneuerbare Energien erfolgen soll.
● Das Ausbauziel für 2030 wird auf 80 % des Bruttostromverbrauchs, wobei dieser mit 715 TWh unterstellt wird, angehoben. Daraus folgt, dass im Jahr 2030 insgesamt rund 572 TWh in Deutschland aus erneuerbaren Energien bereitgestellt werden sollen.
● Um das neue Ausbauziel für 2030 zu erreichen, werden die Ausbaupfade und Ausschreibungsmengen für Wind an Land und Solar angehoben. Die Ausbauraten werden auf ein Niveau von 10 GW/a bis 2027 bei Windenergie an Land und auf 20 GW/a bis 2028 bei Solarenergie gesteigert.
● Die Rahmenbedingungen für die Solarenergie werden durch ein großes Bündel an Einzelmaßnahmen für die verschiedenen Anlagentypen (Dachanlagen, Freiflächenanlagen, besondere Solaranlagen) verbessert. Die Ausschreibungsmengen werden angehoben, die Bagatellgrenzen für die Ausschreibungen ebenso. Neue Dachanlagen, die ihren Strom vollständig in das Netz einspeisen, sollen wieder eine angemessene Förderung erhalten. Dies soll zugleich die optimale Ausnutzung der Dachflächen anreizen. Die Degression der gesetzlich festgelegten Vergütungssätze wird grundlegend neu gestaltet. Bei Freiflächenanlagen wird die Flächenkulisse maßvoll erweitert, und die besonderen Solaranlagen erhalten eine dauerhafte Perspektive.
● Neue Biomethan- und neue KWK-Anlagen werden auf Wasserstoff ausgerichtet werden („H2-ready“).
● Der Finanzierungsbedarf für die erneuerbaren Energien wird künftig über den Bundeshaushalt ausgeglichen und die EEG-Förderung über den Strompreis beendet. Rechtstechnisch wird dies durch entsprechend hohe Bundeszuschüsse auf das EEG-Konto der Übertragungsnetzbetreiber umgesetzt. Zur Vermeidung eventueller Finanzierungsrisiken bei den Übertragungsnetzbetreibern bleibt die bisherige Möglichkeit zur Refinanzierung der EEG-Förderkosten hilfsweise erhalten.
● Die Wälzung der verbleibenden Umlagen im Stromsektor wird vereinheitlicht und in dem neuen Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG) geregelt. Die KWKG-Umlage und die Offshore-Netzumlage werden nur für die Entnahme von Strom aus dem öffentlichen Netz erhoben. Im Zuge der Rechtsvereinheitlichung würde dies auch gelten, falls die EEG-Umlage hilfsweise ganz oder teilweise in der Zukunft wiederaufleben würde. Für diesen – laut Referentenentwurf unwahrscheinlichen Fall – braucht so keine zusätzliche Bürokratie vorgehalten zu werden, die nicht ohnehin für die Erhebung der anderen Umlagen erforderlich ist.
● Infolge dessen fallen künftig keine Umlagen mehr auf Eigenverbräuche und Direktbelieferungen hinter dem Netzverknüpfungspunkt an. Hierdurch wird Bürokratie abgebaut, hiervon profitieren auch Speicher. Zugleich wird die Eigenversorgung deutlich attraktiver.
Keine Umlagen für Wärmepumpen-Netzstrom
Im Interesse der Sektorenkopplung werden neben den vorgenannten Fällen zudem Wärmepumpen von den verbleibenden Umlagen befreit. Dazu sieht der Referentenentwurf in „§ 22 Umlageerhebung bei elektrisch angetriebenen Wärmepumpen“ vor:
(1) Der Anspruch auf Zahlung der Umlagen verringert sich auf null für die Netzentnahme von Strom, der in einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe verbraucht wird, wenn
1. die Wärmepumpe über einen eigenen Zählpunkt mit dem Netz verbunden ist und
2. die nutzbare Wärmemenge erzeugt wird mit mindestens einer Jahresarbeitszahl von
a) 3,5 im Fall einer Luft/Wasser- oder Luft/Luft-Wärmepumpe oder
b) 4,0 im Fall einer anderen elektrisch angetriebenen Wärmepumpe.
(2) Im Rahmen der Mitteilung nach § 52 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 [Netznutzer, die für eine Netzentnahme eine Verringerung der Umlagen nach diesem Gesetz in Anspruch nehmen wollen, müssen dem zur Erhebung der Umlagen berechtigten Netzbetreiber unverzüglich folgende Angaben mitteilen…] ist das Erfüllen der Anforderung nach Absatz 1 Nummer 2 durch eine Fachunternehmererklärung nachzuweisen.
Zusätzlich zur EEG-Umlage soll Wärmepumpen-Strom damit von der KWKG-Umlage und die Offshore-Netzumlage befreit werden können (über das EEG keine Befreiung von der §19-StromNEV-Umlage und der Abschaltbare-Lasten-Umlage). Für das Jahr 2022 beträgt die Offshore-Netzumlage 0,419 Ct/kWh und die KWKG-Umlage 0,378 Ct/kWh. Zusammen und inklusive Mehrwertsteuer ergibt sich damit eine Senkung des Stromtarifs um 0,797 Ct/kWh. Bei einer durchschnittlichen Abnahme von 5000 kWh/a für eine Heizungs-Wärmepumpe entspricht dies in einem vollständigen Kalenderjahr einer Entlastung von knapp 40 Euro/a.
In Kombination mit dem Entfall der EEG-Umlage ergibt sich eine Entlastung von 261 Euro/a und bezogen auf eine Nutzungsdauer von 15 Jahren unverzinst eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit um 3915 Euro. Das gilt allerdings nur, wenn dabei 5000 kWh/a Netzstrom angesetzt werden. Künftig wird eher die Kombination einer Wärmepumpe mit einer Photovoltaik-Anlage der Regelfall sein und die Entnahme aus dem Stromnetz geringer ausfallen.
Weitere wesentliche Inhalte der EEG-Novelle
● Für die nun anstehende Phase des weiteren Ausbaus wird im Rahmen dieses Gesetzes geprüft, ob die Finanzierung der erneuerbaren Energien über die Marktprämie künftig durch weitere Regelungsansätze ergänzt oder ersetzt wird, z. B. durch sogenannte Differenzverträge („Contracts for Difference“ – CfDs). [Anmerkung: Die CfDs sind innerhalb der Ampel noch umstritten.].
● Zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien in allen Rechtsbereichen wird im EEG der Grundsatz verankert, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Wesentliche Hemmnisse für die Windenergie an Land bestehen in anderen Bereichen (z.B. Natur- und Artenschutzrecht) und sollen durch gesonderte Gesetzgebungsverfahren abgebaut werden.
● Wind- und Solarprojekte von Bürgerenergiegesellschaften werden von den Ausschreibungen ausgenommen und können dadurch unbürokratisch realisiert werden.
● Die Förderung der Biomasse wird stärker fokussiert auf hochflexible Spitzenlastkraftwerke. Bioenergie soll so ihre Stärke als speicherbarer Energieträger zunehmend systemdienlich ausspielen und einen größeren Beitrag zu einer sicheren Stromversorgung leisten.
● Auf Basis einer neuen Verordnung sollen Anlagenkombinationen aus erneuerbaren Energien mit lokaler wasserstoffbasierter Stromspeicherung gefördert werden, um die erneuerbare Erzeugung zu verstetigen und deren Speicherung in Wasserstoff und Rückverstromung zu erproben. Die Verordnung soll noch 2022 Jahr erlassen werden.
● Auf Basis einer neuen Verordnung sollen Anlagenkombinationen aus erneuerbaren Energien mit lokaler wasserstoffbasierter Stromspeicherung gefördert werden, um die erneuerbare Erzeugung zu verstetigen und deren Speicherung in Wasserstoff und Rückverstromung zu erproben. Die Verordnung soll noch 2022 Jahr erlassen werden.
● Die Besondere Ausgleichsregelung, die infolge der EEG-Haushaltsfinanzierung nur noch für die KWKG-Umlage und die Offshore-Netzumlage benötigt wird, wird an die neuen Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der EU-Kommission angepasst und in das neue EnUG überführt.■
⭳ Download des BMWK-Referentenentwurfs für das EEG 2023 (Bearbeitungsstand 04.03.2022 16:14).
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