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Bundestagswahl 2021

Wahlversprechen aus Sicht der TGA-Branche

Die Wahlprogramme der sechs Parteien mit zumindest mathematischer Chance zur Regierungsbeteiligung zeigen, welche Punkte mit Einfluss auf die TGA-Branche nach der Bundestagswahl 2021 bei Koalitionsverhandlungen mit auf dem Tisch liegen können.

Bei der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag am 26. September 2021 sind etwa 60,4 Mio. Deutsche wahlberechtigt. Insgesamt 6211 Wahlbewerberinnen und -bewerber (2024 Frauen, 33 %) aus 47 Parteien stehen zur Wahl.

924 Seiten umfassen die offiziellen Wahlprogramme von CDU/CSU (140 Seiten), SPD (66), AfD (210), FDP (68), Die Linke (168) und Bündnis 90 / Die Grünen (272). Die Reihenfolge bei der Nennung der Parteien erfolgt auf Basis des amtlichen Wahlergebnisses der Bundestagswahl 2017.

Wie sich diese Parteien bei TGA-relevanten Themen für den Wahlkampf positioniert haben, zeigt eine Analyse der Wahlprogramme. Kriterien für die Auszüge sind, Auswirkungen auf die Hochbautätigkeit und auf die energetische Gebäudemodernisierung sowie Aussagen zu Gebäudesektor-relevanten Energieträgern, zur Sektorenkopplung, zur Energiewende und zu Klimaschutzzielen.

Titelseite des Wahlprogramms von CDU/CSU.

CDU/CSU

Titelseite des Wahlprogramms von CDU/CSU.

CDU/CSU

Das Wahlprogramm von CDU/CSU Das Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein modernes Deutschland. wurde am 21. Juni 2021 vorgestellt.

● „… jede eingesparte Tonne CO2 zählt – egal, wo sie eingespart wird. Wir wollen uns deshalb dafür einsetzen, dass sich die nächste Klimakonferenz in Glasgow darauf verständigt, neben den ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene auch Emissionsminderungen durch Klimaschutzprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern auf nationale Klimaziele anteilig anzurechnen. Dabei müssen Doppelanrechnungen wirksam ausgeschlossen werden.“

● „Unser Ziel ist, die Treibhausgasemissionen Deutschlands bis 2030 um 65 % gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu reduzieren, um dann auf einem konkret beschriebenen Pfad im Jahr 2040 88 % Minderung und im Jahr 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Deutschland wird hier als Industrieland eine große Verantwortung übernehmen, damit bis 2050 weltweit CO2-Neutralität erreicht wird.“

● „Wir setzen auf das Instrument des Emissionshandels und kompensieren entstehende Mehrbelastungen mit gezielten Entlastungen in den Bereichen Wohnen und Mobilität.“

● „Wir wollen den Aufwuchspfad der [nationalen] CO2-Bepreisung straffen und so schnell wie möglich zu einem Europäischen Emissionshandel für Mobilität und Wärme übergehen. Die Einnahmen aus dem Emissionshandel werden wir in vollem Umfang an die Bürgerinnen und Bürger und an die Betriebe durch Stromverbilligung zurückgeben. Als erstes schaffen wir die EEG-Umlage ab.“

● „Klimaneutralität wird ein Wettbewerbsvorteil unserer Wirtschaft werden. Investitionen in Klimatechnologien und Energieeffizienz zur CO2-Reduktion sollen künftig steuerlich besser abgesetzt werden können. Im Rahmen einer Klimaeffizienzreform wollen wir auf das Klimapaket aufbauen und energiebezogene Steuern, Umlagen und Entgelte stärker auf CO2-Ausstoß ausrichten.“

● „Mit einem Sonnenpaket werden wir den Ausbau der Photovoltaik fördern. Genehmigungsverfahren für Photovoltaik-Anlagen wollen wir möglichst einfach über eine Onlineplattform gestalten.“

● „Um die energetische Sanierung von Wohn- und Gewerbeimmobilien noch besser zu fördern, werden wir die KfW-Programme attraktiver gestalten.“

● „Die Steuerförderung der Gebäudesanierung wollen wir auf vermietete Immobilien und auf Gewerbeimmobilien ausdehnen.“

● „Wir werden gewerbliche Investitionen, die einen Beitrag zur Energieeffizienz und CO2-Reduzierung leisten, durch eine schnellere Abschreibung begünstigen.“

● „Wir werden Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien gewinnen. Neben diesem sogenannten grünen Wasserstoff werden wir in der Übergangszeit auch den blauen Wasserstoff akzeptieren.“

● „Eine Politik gegen Einfamilienhäuser ist gegen die Interessen der Menschen und mit uns nicht zu machen.“

● „Unser Ziel ist, dass bis 2025 mehr als 1,5 Mio. neue Wohnungen entstehen. Wir führen unsere Wohnraumoffensive fort und setzen auf eine starke Wirtschaftsbranche, gute Bedingungen und Wertschätzung für unser Handwerk und die Freien und Planenden Berufe.“

● „Als Investitionsanreiz werden wir die derzeit befristeten Abschreibungsmöglichkeiten beim Mietwohnungsbau verlängern. Derjenige, der neue Mietwohnungen schafft, soll auch nach Ende 2021 5 % der Anschaffungs- und Herstellungskosten zusätzlich von der Steuer absetzen können.“

● „Planungs- und Genehmigungsverfahren werden wir beschleunigen und gemeinsam mit den Ländern Umsetzungshemmnisse abbauen. Wir wollen die Anzahl der Bauvorschriften signifikant verringern. Ein Bauantrag für Wohnimmobilien soll regulär zwei Monate nach vollständiger Vorlage aller notwendigen Unterlagen abschließend bearbeitet sein – andernfalls gilt er grundsätzlich als genehmigt.“

● „Uns ist wichtig, dass Menschen möglichst lange in der eigenen Wohnung, im Haus oder im angestammten Wohnviertel leben können. Deshalb werden wir die dafür erforderlichen Investitionen in den altersgerechten und barrierefreien Umbau – insbesondere über KfW-Programme – unterstützen.“

● „Die energetische Sanierung unseres Gebäudebestands ist ein Muss. […]. Gleichzeitig müssen vor allem Mieter vor finanzieller Überlastung geschützt sein.“

● „Schrittweises Sanieren soll besser gefördert werden, da schon kleinere Maßnahmen wichtig und wirksam sind.“

● „Wir werden ‚Mieterstrom‘ voranbringen und noch bestehende Hemmnisse abbauen – auch um lokale Zusammenschlüsse zu erleichtern. Mieter sollen genauso von der Energiewende profitieren wie Eigenheimbesitzer.“

● „Wir werden das KfW-Wohneigentumsprogramm für Familien ausweiten. Wer Kinder hat, soll stärker davon profitieren. Dazu sollten Darlehen, Tilgungszuschüsse oder Zinsverbilligungen nach Anzahl der Kinder gestaffelt werden.“

● „Den Ländern werden wir ermöglichen, einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer beim erstmaligen Erwerb selbstgenutzten Wohnraums von 250 000 Euro pro Erwachsenen plus 100 000 Euro pro Kind zu gewähren.“

Titelseite des SPD-Wahlprogramms.

SPD

Titelseite des SPD-Wahlprogramms.

SPD

Das SPD-Wahlprogramm Das Zukunftsprogramm. Wofür wir stehen. Was uns antreibt. Wonach wir streben. wurde am 9. Mai 2021 veröffentlicht.

● „Unser Ziel: Leben, Arbeiten und Wirtschaften hat spätestens 2045 keine negativen Auswirkungen mehr auf unser Klima. Die Energieversorgung Deutschlands basiert dann vollständig auf erneuerbaren Energien, unsere Gebäude werden effizient mit erneuerbaren Energien beheizt. Unsere Industrie ist auf den Weltmärkten weiterhin führend, gerade weil sie CO2-neutral produziert und Technologien exportiert, die die klimaneutrale Welt von morgen braucht.“

● „Mit dem [Bunds-]Klimaschutzgesetz haben wir dafür gesorgt, dass das Klimaabkommen [von Paris] konkret wird: Es bietet einen wirkungsvollen Kontrollmechanismus zur Erreichung der Klimaziele. Dementsprechend werden wir im Einklang mit den europäischen Klimazielen unser Minderungsziel für 2030 deutlich (auf 65 %) anheben; auch für 2040 werden wir ein Minderungsziel festschreiben (88 %).“

● „Um in Deutschland bis spätestens 2045 treibhausgasneutral leben, arbeiten und wirtschaften zu können, werden wir dafür sorgen, dass wir unseren Strom spätestens bis zum Jahr 2040 vollständig aus erneuerbaren Energien beziehen.“

● „Damit die Energiewende vor Ort zur Win-Win-Situation für alle wird, laden wir Bürger*innen und Gemeinden zum Mitmachen ein, indem wir Mieterstrom und gemeinschaftliche Eigenversorgung stärken, kommunale Beteiligungsmodelle ausweiten und nachhaltige Stromanleihen auflegen.“

● „Wir wollen dafür sorgen, dass alle dazu geeigneten Dächer eine Solaranlage bekommen. In einem ersten Schritt sorgen wir dafür, dass auf öffentlichen Gebäuden und gewerblichen Neubauten Solarstrom erzeugt wird. Unser Ziel ist eine Solaranlage auf jedem Supermarkt, jeder Schule und jedem Rathaus.“

● „Um den Einsatz erneuerbarer Energien im Verkehr und der Gebäudewärme zu unterstützen (‚Sektorenkopplung‘), werden wir die EEG-Umlage in der bestehenden Form bis 2025 abschaffen und aus dem Bundeshaushalt finanzieren. Dazu dienen auch die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung.“

● „Mit dem Ansteigen des CO2-Preises werden wir für weitere sozial gerechte Ausgleichsmaßnahmen sorgen. Einen Pro-Kopf-Bonus werden wir prüfen.“

● „Auch der Gebäudesektor muss schrittweise CO2-neutral werden. Mit dem CO2-Preis wollen wir vor allem Investitionen lenken und Vermieter*innen zur Modernisierung motivieren. Gerade im Bestands-Mietwohnungsbau gibt es noch viel zu tun. Wir haben das Ziel, dass bis 2030 5 Mio. Häuser über innovative Heiz- und Energiesysteme (z. B. Wärmepumpen) versorgt werden. Wir werden gesetzliche Regelungen schaffen, dass der CO2-Preis von den Vermieter*innen getragen wird. Dabei orientieren wir uns am Ziel der Warmmieten-Neutralität. Zugleich werden wir Investitionen in Wärmenetze und Quartierskonzepte staatlich fördern.“

● „Wir werden bezahlbaren Wohnraum erhalten und neuen schaffen. Dazu werden wir alle Beteiligten an einen Tisch bringen. Kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften, aber auch private Wohnungsunternehmen und Vermieter*innen, die sich einer sozialverträglichen Vermietung verpflichtet fühlen, sollten dabei sein wie auch die Bauwirtschaft und die Gewerkschaften.“

Titelseite des AfD-Wahlprogramms.

AfD

Titelseite des AfD-Wahlprogramms.

AfD

Die AfD hat ihr Wahlprogramm Deutschland. Aber normal. auf ihrem Bundesparteitag am 10./11. April 2021 beschlossen und am 20. Mai 2021 veröffentlicht.

● „Die Grundsteuer und Gebühren wie die EEG-Umlage […] sind zu streichen.“

● „Familien brauchen bezahlbaren Wohnraum. Neben der Schaffung günstiger Mietwohnungen wollen wir auch möglichst viele Familien in eigene vier Wände bringen. Dazu wollen wir Bauland vergünstigt an Familien abgeben und die Konditionen der KfW verbessern: Statt teurer Förderung von Energieeffizienzhäusern wollen wir gestaffelte Teilerlasse nach Kinderzahl.“

● „Insbesondere für junge Familien ist das Erbbaurecht als kostengünstiger Einstieg in das Eigentum auszubauen. Wohnungsbaugenossenschaften sollen bei Vergabe von Wohnbauland bevorzugt werden, um mehr Bürgern den Einstieg in das Wohneigentum zu erleichtern. Staatliche Bürgschaften als Eigenkapitalersatz für bis zu 10 % des Objektwertes sollen den Kauf von Wohnraum erleichtern. Wir fordern eine steuerliche Sonderabschreibung für die eigengenutzte Immobilie.“

● „Den Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung und Dekarbonisierungsmaßnahmen lehnt die AfD ab.“

● „Das Pariser Klimaabkommen vom 12. Dezember 2015 ist zu kündigen. Deutschland muss aus allen staatlichen und privaten „Klimaschutz“-Organisationen austreten und ihnen jede Unterstützung entziehen.“

● „Jegliche Form der CO2-Besteuerung ist abzuschaffen.“

● „Wir lehnen den „Green Deal“ der EU […] ab.“

● „Wir wollen das EEG ersatzlos streichen und die Vorrangeinspeisung beenden. Die sichere Energieversorgung eines Industrielandes erfordert einen breiten Energiemix. Eine komplette Umstellung unserer Energieversorgung auf volatile ‚erneuerbare‘ Energielieferanten ist unökologisch unrealistisch und daher abzulehnen.“

● „Die AfD lehnt das neue GEG (Gebäudeenergiegesetz) ab, denn es führt zu weiteren Mietsteigerungen ohne angemessene ökologische Verbesserungen.“

Titelseite des FDP-Wahlprogramms.

FdP

Titelseite des FDP-Wahlprogramms.

FDP

Das FDP-Wahlprogramm Nie gab es mehr zu tun. Wahlprogramm der Freien Demokraten liegt seit dem 16. Mai 2021 vor.

● „Wir Freie Demokraten wollen den EU-Emissionshandel […] schnellstmöglich auf alle Sektoren und geographisch ausweiten. Die Politik gibt vor, wieviel CO2 im Jahr ausgestoßen werden darf. Für den Ausstoß müssen Zertifikate erworben werden, die von Jahr zu Jahr weniger und damit teurer werden. Wer hingegen besonders viel CO2 spart, muss weniger Zertifikate kaufen und spart Geld und wer CO2 speichert, muss dafür Geld erhalten. So schaffen wir Anreize für Investitionen in klimafreundliche Technologien.“

● „Wir bekennen uns ausdrücklich zu dem Ziel aus dem Pariser Abkommen, die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Deutschland und Europa haben sich zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 verpflichtet. Dieses Ziel können wir durch ein striktes und jährlich sinkendes CO2-Limit in einem umfassenden Emissionshandelssystem zuverlässig erreichen.“

● „Wir […] wollen eine Klimadividende einführen und die Energiebesteuerung drastisch absenken. So müssen auch die sozialen Kosten des Klimaschutzes abgemildert werden. Da die kontinuierliche Verknappung der Zertifikate auf der einen Seite zu steigenden Preisen und auf der anderen Seite zu höheren staatlichen Einnahmen führen wird, wollen wir die EEG-Umlage […] abschaffen sowie die Stromsteuer, die unabhängig von der Erzeugungsart und damit der Umweltwirkung erhoben wird, auf den niedrigsten nach aktuellem EU-Recht möglichen Satz absenken und so schnell wie möglich komplett streichen. Darüber hinaus wollen wir Aufkommensneutralität durch die Rückzahlung eines jährlich zu berechnenden pauschalen Betrages, also einer Klimadividende, an jede Bürgerin und jeden Bürger gewährleisten.“

● „Wir wollen [Strom]Speicher [..] als eigenständige Säule des Energiesystems neben Produzenten, Netzen sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern rechtlich definieren und für einen wirtschaftlichen Betrieb von Abgaben und Umlagen befreien.“

● „Wir […] wollen erneuerbare Energien vollständig in den Wettbewerb überführen und die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beenden. Gesetzlich vorgegebene Ausbaupfade für einzelne Technologien und staatlich garantierte Abnahmepreise lehnen wir ab. […] Ein steigender CO2-Preis wird fossile Energie weiter unattraktiv machen und dazu führen, dass der Zubau erneuerbarer Energien stärker nachfragegetrieben erfolgt. Auch die Eigenversorgung mit erneuerbarem Strom […] wollen wir vereinfachen.“

● „Wir […] wollen die Bürgerinnen und Bürger beim Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum entlasten. Dazu wollen wir bei der Grunderwerbsteuer einen Freibetrag von bis zu 500 000 Euro für natürliche Personen einführen. Der Freibetrag soll wiederauffüllbar sein, damit er bei einem Verkauf für einen neuen Erwerb wieder zur Verfügung steht.“

● „Wir […] wollen Bauen günstiger machen. Durch die Vielzahl von Vorschriften entstehen massive Kosten. Daher wollen wir einen Baukosten-TÜV einführen, der neue Regelungen auf ihre Kosten für Bauen und Wohnen ermittelt. Unser Ziel ist es, kostenverursachende Normen zu vermeiden […].“

● Wir […] wollen die Genehmigungsverfahren vor dem Bauen beschleunigen. Dazu wollen wir die Chancen des seriellen und modularen Bauens nutzen sowie ein digitales und teilautomatisiertes Baugenehmigungsverfahren entwickeln. Die Bauordnungen aller Länder müssen harmonisiert werden, sodass dort einheitliche Anforderungen an den modularen und seriellen Bau enthalten sind. Ferner muss die sogenannte Genehmigungsfiktion gesetzt werden: Wenn die Bauherrin oder der Bauherr alle Unterlagen vorlegt und die Behörde nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums auf den Antrag reagiert, gilt er als genehmigt und die Bautätigkeit kann beginnen.“

Titelseite des Wahlprogramms von Die Linke.

Die Linke

Titelseite des Wahlprogramms von Die Linke.

Die Linke

Zeit zu handeln! Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit. hat Die Linke ihr auf dem Bundesparteitag am 19./20. Juni 2021 beschlossenes Wahlprogramm überschrieben und am 20. Juli 2021 veröffentlicht.

● „Derzeit fehlen mehr als 5 Mio. Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen, von denen viele in Einpersonenhaushalten leben. In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Zahl von Sozialwohnungen fast halbiert. Denn geförderte Sozialwohnungen dürfen teilweise schon nach 15 Jahren wieder teuer vermietet werden. Mit 15 Mrd. Euro im Jahr wollen wir dagegenhalten – indem wir den sozialen Wohnungsbau retten, den kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau ankurbeln, den vorhandenen Wohnungsbestand energetisch und demografiefest umbauen, über Förderung und Belegungsrechte die soziale Wohnraumversorgung stärker nutzbar machen und einen nicht profitorientierten Wohnungssektor aufbauen.“

● „Wir wollen bezahlbaren Wohnraum vorrangig im Bestand schaffen. Bauordnungen müssen hierfür neu ausgerichtet werden, sodass Bauen im vorhandenen Bestand erleichtert wird.“

● „Bei Entscheidungen über die Zulässigkeit von Abriss- und Neubaumaßnahmen müssen soziale Ziele und Ziele der energetischen Nachhaltigkeit mehr Gewicht bekommen.“

● „Die Modernisierungsumlage wollen wir abschaffen […]. Aufschläge auf die Miete sollen nur noch in Höhe der erreichten Einsparung bei Heizung und Warmwasser zulässig sein.“

● „Wir wollen einen bundesweiten Klimacheck aller Gebäude bis 2025. Mit verbindlichen gebäudescharfen Stufenplänen, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt flexibel zu erreichende Energieeffizienzniveaus zum Inhalt haben, wollen wir bis 2035 einen klimaneutralen Gebäudebestand garantieren […]. […] Die CO2-Steuer darf nicht auf die Miete umgelegt werden.“

● „Die Sanierungsquote muss mindestens verdreifacht werden und zwar sozialverträglich, also nahezu warmmietenneutral und mietrechtlich abgesichert.“

● „Vermieter*innen, die die Kosten einer energetischen Sanierung nicht tragen können, können sich unter den Schirm der Wohnungsgemeinnützigkeit begeben. Dadurch erhalten sie Zugang zur vollen öffentlichen Förderung der Sanierungskosten und verpflichten sich im Gegenzug zur gemeinnützigen Bewirtschaftung ihrer Wohnungen.“

● „Wir wollen Weiterbildungs- und Zertifizierungsprogramme für Handwerker und Baubetriebe auflegen, um zu qualitativ guten und preiswerten energetischen Sanierungen zu kommen.“

● „Die Neubaustandards wollen wir gesetzlich auf den Effizienzstandard KfW 40 anheben. Fördermittel, die gegenwärtig noch in die Neubaueffizienzförderung fließen, müssen vollständig umgeleitet werden in die sozialverträgliche energetische Sanierung.“

● „Neben der Steigerung der Gebäudeeffizienz ist der Restenergiebedarf schrittweise – aber mit deutlich höherem Tempo – durch regenerative Energie zu decken. Die zentrale Rolle spielt für uns dabei die Wärmepumpe. Der Einbau fossiler Heizungen muss dabei schnellstmöglich gestoppt werden.“

● „Bei der Vergabe von Fördermitteln zur energetischen Sanierung ist nicht nur die Reduzierung des Energieverlusts pro Quadratmeter, sondern auch die Reduzierung des Energieverbrauchs bei der Produktion und Verarbeitung von Baustoffen über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu berücksichtigen. Die Förderung energetischer Sanierung ist auf die Nutzung nachhaltiger Baumaterialien auszuweiten. Verwendete Baumaterialien müssen klar und nachvollziehbar dokumentiert werden, um Sanierungen zu erleichtern.“

● „Um das Klima zu retten, müssen erneuerbare Energien bis 2035 das System der fossilen Energien ersetzen. […] Wir wollen, dass die Bundesrepublik bis 2035 klimaneutral ist. Bis 2030 müssen die Emissionen um mindestens 80 % im Vergleich zu 1990 gesenkt sein. Das Ziel muss im Klimaschutzgesetz festgeschrieben werden.“

● „Den Emissionshandel als Leitinstrument im Klimaschutz lehnen wir ab. Primär müssen verbindliche Klimaziele und Emissionsgrenzen den Konzernen klare Vorgaben machen.“

● „Wir wollen eine strukturelle Reform des EEG. Der Ökostromanteil muss so schnell wie möglich auf 100 % erhöht werden.“

● „In den Jahren bis 2025 wollen wir pro Jahr mindestens 10 GW Photovoltaik installieren […].“

● „Die Linke fordert, Wasserstoff und dessen Folgeprodukte künftig nur auf Basis von Ökostrom zu gewinnen und ausschließlich dort einzusetzen, wo keine effizienteren Alternativen dazu vorhanden sind […]“.

Titelseite des Wahlprogramms von Bündnis 90 / Die Grünen.

Bündnis 90 / Die Grünen

Titelseite des Wahlprogramms von Bündnis 90 / Die Grünen.

Bündnis 90 / Die Grünen

Bündnis 90 / Die Grünen hat auf der Bundesdelegiertenkonferenz vom 11. bis 13. Juni 2021 ein 136-seitiges Wahlprogramm beschlossen. Die endgültige Version des Wahlprogramms Deutschland. Alles ist drin. wurde Mitte Juli 2021 veröffentlicht und umfasst 272 Seiten.

● „Klimaneutralität heißt: raus aus den fossilen Energien. Nicht nur der Strom, auch das Benzin in unseren Autos, das Kerosin im Flugzeugtank, das Schweröl im Schiff, das Öl für die Heizung und das Gas im Industriebetrieb müssen auf erneuerbare Energien umgestellt werden.“

● „Im Bereich Solarenergie werden wir den Ausbau von beginnend 10 bis 12 GW auf 18 bis 20 GW pro Jahr steigern ab Mitte der 2020er.“

● „Mit einer umfassenden Steuer- und Abgabenreform wollen wir dafür sorgen, dass die Sektorenkoppelung vorankommt und Strom zu verlässlichen und wettbewerbsfähigen Preisen vorhanden ist. Das Energiemarktdesign ändern wir, sodass erneuerbarer Strom nicht länger ausgebremst wird.“

● „Wir werden das noch immer ungenügende [Bundes-]Klimaschutzgesetz generationen- und budgetgerecht nachschärfen, jahres- und sektorenscharf ausbuchstabieren, die Rolle des Expertenrates für Klimafragen stärken und das deutsche Klimaziel 2030 auf mindestens minus 70 % anheben. Unser Ziel ist es, 100 % erneuerbare Energien bis 2035 zu erreichen. So kann Deutschland in 20 Jahren klimaneutral werden.“

● „Unser Ziel ist eine Wirtschaft, in der die nachhaltigsten Produkte auch die günstigsten sind. Das wollen wir durch einen klugen Mix aus CO2-Preisen, Anreizen und Förderung sowie Ordnungsrecht und Abbau von umweltschädlichen Subventionen ändern [gemeint ist mutmaßlich „erreichen“ und nicht „ändern“]. Wollte man die Klimaziele allein über die Bepreisung von CO2 erreichen, würde das unweigerlich zu erheblichen sozialen Unwuchten führen. Einige könnten sich rauskaufen, andere nicht mehr teilhaben. Wir sehen in der CO2-Bepreisung also ein Instrument von vielen – und werden es wirksam und sozial gerecht einsetzen.“

● „Wir wollen die Erhöhung des CO2-Preises [für fossile Kraft- und Brennstoffe] auf 60 Euro[/tCO2] auf das Jahr 2023 vorziehen. Danach soll der CO2-Preis so ansteigen, dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben die Erreichung des neuen Klimaziels 2030 absichert.“

● „Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, wollen wir die Einnahmen aus dem nationalen CO2-Preis direkt an die Bürger*innen zurückgeben. Dazu streben wir neben der Senkung der EEG-Umlage ein Energiegeld an, das jede*r Bürger*in erhält. Über das Energiegeld geben wir alle zusätzlichen Einnahmen transparent an die Menschen zurück und entlasten sie direkt, indem sie eine Rückerstattung pro Kopf bekommen. So wird klimafreundliches Verhalten belohnt und es findet ein sozialer Ausgleich im System statt.“

● „Mit einer CO2-Bremse machen wir Klimaschutz zur Querschnittsaufgabe, indem wir Gesetze auf ihre Klimawirkung hin prüfen, die Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen und dem CO2-Budget sicherstellen und den möglichen Einsatz von klimafreundlichen Alternativen gewährleisten.“

● „Unser Ziel sind 1,5 Mio. neue Solardächer in den kommenden vier Jahren. Deshalb werden wir Solardächer fördern und zum Standard machen. Beginnend mit Neubauten, öffentlichen und Gewerbegebäuden sowie Dachsanierungen wollen wir diesen neuen Standard perspektivisch auf den Bestand ausweiten.“

● „Die Mieterstrom-Regeln werden wir deutlich vereinfachen und Mieterstromprojekte fördern. Bürokratische Hürden für die Nutzung des Stroms vom eigenen Dach wollen wir abbauen, Eigenverbrauch und Direktvermarktung stärken.“

● „Die direkte Nutzung von Strom über Batterien oder Wärmepumpen ist in der Regel viel effizienter [als grüner Wasserstoff oder auf dieser Basis produzierte synthetische Kraftstoffe]. Es gilt daher, Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe gerade dort zum Einsatz zu bringen, wo sie wirklich gebraucht werden: etwa in der Industrie, in der Schifffahrt oder beim Flugverkehr.“

● „Das EEG entwickeln wir so von einem Förder- zu einem Absicherungsinstrument des Erneuerbaren-Ausbaus weiter. Die EEG-Umlage wird damit langfristig automatisch auslaufen.“

● „Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und Bauwerke inklusive der Baustoffe im gesamten Lebenszyklus klimaneutral geplant werden und entsprechend umfassende energetische Sanierungen erfolgen. Dreh- und Angelpunkt ist die Festlegung hoher Bau- und Sanierungsstandards: bei Neubauten KfW 40 […], im Gebäudebestand nach Sanierung KfW 55 – mit Ausnahmen für denkmalgeschützte Gebäude. Die KfW-Förderprogramme werden wir weiterentwickeln, auch in Bezug auf die Verwendung nachhaltiger Baustoffe.“

● „Die Sanierungsquote muss sehr schnell verdoppelt und weiter gesteigert werden. Der Einsatz von serieller Sanierung kann hier ein Weg sein. Die öffentliche Hand muss mit ihren Gebäuden als Vorbild vorangehen. Für den Bestand muss gelten: Bei jedem Eigentümerwechsel muss ein Sanierungsfahrplan vorgelegt werden. Bei der Umsetzung des Sanierungsfahrplans können Förderprogramme unterstützend wirken.“

● „Wenn im Gebäudebestand ein Heizungsaustausch ansteht oder umfassend saniert wird, aber auch im Neubau, sollen, wo möglich, ausschließlich erneuerbare Wärmequellen zum Einsatz kommen. Wir legen dazu ein Investitionsprogramm für 2 Mio. hocheffiziente Wärmepumpen bis 2025 auf.“

● „Auch die Fern- und Nahwärme wollen wir dekarbonisieren und richten die Förderung an klimaneutralen Lösungen aus. Für die Energieeffizienz ist es maßgeblich, von der Einzelbefeuerung weg und hin zu verknüpften Systemen zu kommen, in denen aus verschiedenen Erneuerbaren-Quellen wie Abwärme, Geo- oder Solarthermie Wärme eingespeist und gespeichert wird. Dabei werden wir auch Industrie und Wirtschaft in die Wärmesysteme einbinden. Solche verbundenen klimaneutralen Energiesysteme werden wir fördern, besonders in städtischen Gebieten.“

● „Die Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die Mieter*innen abgewälzt werden können.“

● „Bei der CO2-Bepreisung im Wärmebereich erreichen wir Lenkungswirkung, wenn diejenigen dafür aufkommen, die die Klima-Investitionen auch tätigen: die Hauseigentümer* innen.“

● „Wir streben an, die Modernisierungsumlage weiter abzusenken und auf maximal 1,50 Euro/m2 zu begrenzen, damit energetische Sanierungen perspektivisch warmmietenneutral möglich sind.“

● „Wir können die Klimaziele nur mit einer konsequenten Bauwende hin zu ressourcenschonendem und nachhaltigem Bauen erreichen. Bei jeder Städtebau- und Gebäudeplanung sind künftig der gesamte Stoff- und Energieverbrauch für Bau, Betrieb und späteren Rückbau umfassend zu berücksichtigen. Eine Lebenszyklusbetrachtung soll verpflichtend für alle Baumaßnahmen werden, Erhalt und Aufbau auf Bestehendem bekommt Vorrang vor Neubau. Ziel ist eine komplette stoffliche Wieder- oder Weiterverwertung. Dafür setzen wir auf eine Veränderung der ökonomischen Rahmenbedingungen, ein Gebäude-Ressourcen-Gesetz und verbindliche Klimaschutzstandards bei allen gesetzlichen Vorgaben, Normen und Bauordnungen sowie eine nachhaltige Holzbaustrategie, damit künftig energie- und ressourcenschonend und giftfrei gebaut wird.“

● „Um Gebäude kreislaufgerecht planen, bauen und modernisieren zu können, führen wir einen digitalen Gebäude-Materialpass mit allen relevanten Informationen über die verwendeten Materialien ein – unsere Gebäude und Bauschuttdeponien werden so zu Rohstoffminen.“

● „Die Bundesverwaltung muss klimaneutral werden. Das umfasst sowohl die Versorgung mit Ökostrom und den Fuhrpark der Bundesbehörden als auch die Gebäude des Bundes, die mit erneuerbaren Heiz- und Kühlsystemen ausgestattet und umfassend energetisch modernisiert werden. Mit der Einführung eines Solarstandards über Neubauten hinaus werden die Dächer der Bundesbehörden zu Kraftwerken.“

Sie haben die Wahl

Ein Quervergleich der Wahlprogramme zeigt wie schon in den Wahlprogrammen 2017 eine große Spannbreite beim Klimaschutz – Klimaneutralität 2050, 2045, 2040 oder sogar schon 2035 – das lässt sich nicht einfach mit höheren Quoten und schnellerem Zubau realisieren, wobei die AfD einen Ausstieg aus der Energiewende will.

Beim Wohnungsbau ist die Richtung bei allen Parteien identisch, es soll deutlich mehr gebaut werden – die Konzepte, Grundsätze und die Detaillierung der Maßnahmen unterscheiden sich allerdings auch hier deutlich.

Bei den anderen TGA-relevanten Aspekten ist kaum auszumachen, wie kompatibel sie zwischen den Parteien sind, weil viele Aussagen zu allgemein gehalten sind. Beispielsweise deuten mehrere Programme an, dass CO2-neutraler Wasserstoff für Niedertemperaturwärme eher nicht zum Einsatz kommen soll, eine klare Positionierung dagegen oder dafür hat aber keine der Parteien abgegeben.

Selbst für unentschlossene Wähler aus der TGA-Branche kann der Extrakt aus 924 Wahlprogrammseiten bei der Bundestagswahl bestenfalls ein Zünglein an der Waage sein. Spitzere Aussagen bieten die Antworten auf Wahlprüfsteine, die auch zahlreiche Branchen-Organisationen inzwischen veröffentlicht haben. Ein breiteres Spektrum lässt sich mit dem Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) abdecken. Bei der letzten Bundestagswahl wurde er insgesamt 15 693 732-mal genutzt.

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