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Energieträger

Was Wärmepumpenstrom kostet, wenn das Netzentgelt steigt

Für das künftig erforderliche Stromnetz sind Investitionen erforderlich, die typischerweise langfristig über das Netzentgelt refinanziert werden. Ein steigendes Netzentgelt verteuert Wärmepumpenstrom nicht in gleichem Maße.

@nt – stock.adobe.com

Für das künftig erforderliche Stromnetz sind Investitionen erforderlich, die typischerweise langfristig über das Netzentgelt refinanziert werden. Ein steigendes Netzentgelt verteuert Wärmepumpenstrom nicht in gleichem Maße.

Ein zukunftsfähiges Strom­system erfordert um­fang­reiche Investitionen, die mit dem Netzent­gelt über den Strom­preis finanziert werden. Wie wirkt sich das auf Wärme­pumpen-Stromtarife aus?

Die Geschwindigkeit der Heizungswende wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Beispielsweise Planbarkeit, Förderprogramme, Kosten der verfügbaren Lösungen sowie die Preise der Energieträger heute und in der Zukunft. Wie sich die Preise der Energieträger entwickeln, lässt sich naturgemäß nicht genau vorhersagen.

Unter definierten Bedingungen kann aber gezeigt werden, wie sich der Preis für Energieträger durch bestimmte Entwicklungen verändert. Für das im Wärmemarkt dominante Erdgas hat die TGA+E-Redaktion kürzlich Überlegungen zu einem „minimalen Gaspreis“ veröffentlicht und darauf aufbauend gezeigt, was Erdgas kostet, wenn der CO2-Preis und das Netzentgelt steigen.

Mehr Transparenz über die Preisauswirkungen möglicher Entwicklungen bei Erdgas ist jedoch für „strategische“ Entscheidungen bei einer Heizungsmodernisierung allein nicht hinreichend. Insbesondere beim Umstieg auf eine Wärmepumpe sind mögliche Entwicklungen beim Strompreis entscheidend. Denn weder der erste Blick in die Vergangenheit (der zweite Blick in die Vergangenheit: Wärmepumpenhochlauf: Bis 2021 war die Politik nur Zuschauer) noch zahlreiche Diskussionen rund um die Transformation des Stromsystems versprechen stabile oder sogar sinkende Strompreise.

Allerdings: Für eine Investitionsentscheidung besser geeignet ist eine gemeinsame Bewertung, beispielsweise mit dem Strom-/Gaspreisverhältnis.

Beim Strompreis werden insbesondere steigende Netzentgelt und eine steigende § 19 StromNEV-Umlage diskutiert.

Preis für Haushaltsstrom und Wärmepumpenstrom

Der Haushaltsstrompreis setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen:

● Netzentgelt (Arbeitspreis und zumeist auch Grundpreis)
● Messung- und Messstellenbetrieb
● Beschaffung, Vertrieb, Marge (BVM)
● Konzessionsabgabe
● Stromsteuer
● § 19 StromNEV-Umlage
● KWK-Umlage
● Offshore-Netzumlage
● Umlage für abschaltbare Lasten (ist 2023 entfallen)
● EEG-Umlage (ist ab Juli 2022 entfallen) und
● 19 % Mehrwertsteuer

Alle Preisbestandteile gelten auch für Wärmepumpenstrom mit drei Ausnahmen:

● Beim gemeinsamen Bezug von Haushalts- und Wärmepumpenstrom über nur einen Stromzähler gibt es für eine ab 2024 in Betrieb genommene Heizungs-Wärmepumpe mit einer elektrischen Anschlussleistung über 4,2 kW eine pauschale Entgeltreduzierung zwischen etwa 115 und 200 Euro/a (abhängig vom Verteilnetz vor Ort). Diese Anschlussart (Modul 1 nach § 14a EnWG) ist heute nur bei einem geringen Strombezug der Wärmepumpe (Hybridsystem oder gut gedämmtes Ein- oder Zweifamilienhaus) günstiger und wird hier nicht betrachtet.

● Beim Bezug des Wärmepumpenstroms über einen separaten Stromzähler und einen Wärmepumpen-Stromtarif (WP-Stromtarif) reduziert sich für eine ab 2024 in Betrieb genommene Heizungs-Wärmepumpe mit einer elektrischen Anschlussleistung über 4,2 kW der Netzentgelt-Arbeitspreis um 60 % und es wird kein Netzentgelt-Grundpreis erhoben (Modul 2 nach § 14a EnWG).

● Für Heizungs-Wärmepumpen, die über einen separaten Stromzähler betrieben werden, sieht § 22 EnFG zudem (Anspruch muss angemeldet werden) eine Befreiung von der KWK-Umlage und der Offshore-Netzumlage. Dieser Privilegierung fehlt momentan noch die beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission (§ 68 EnFG).

Berücksichtigung der fixierten Strompreisbestandteile

Das Netzentgelt wird in jedem Verteilnetz immer für ein Kalenderjahr im Voraus ermittelt. Laut der BDEW-Strompreisanalyse liegt es für den Abnahmefall Haushalskunde (3500 kWh/a) im Jahr 2024 bei einem Mittelwert von 11,35 Ct/kWh. Die geringen Kosten für Messung und Messstellenbetrieb sind darin berücksichtigt.

Die Stromsteuer beträgt seit vielen Jahren 2,05 Ct/kWh (netto). Die geringe Konzessionsabgabe für Sonderverträge von zumeist 0,11 Ct/kWh (netto) wird bei der folgenden Analyse nicht berücksichtigt. Die weiteren Umlagen gelten ebenfalls immer für ein Kalenderjahr:

Die KWK-Umlage (2024: 0,275 Ct/kWh, netto) und die Offshore-Netzumlage (2024: 0,656 Ct/kWh, netto) werden in der Analyse zu einem Wert zusammengefasst. Für den zusammengefassten Wert ergab sich in den letzten Jahren eine leicht steigende Tendenz auf 0,931 Ct/kWh bzw. 1,108 Ct/kWh /brutto).

Die § 19 StromNEV-Umlage liegt im Jahr 2024 mit 0,643 Ct/kWh (netto) auf dem bisher höchsten Stand und wird voraussichtlich 2025 durch die noch nicht abschließend vorliegende „Festlegung der Bundesnetzagentur zur fairen Verteilung von Netzkosten aus der Integration Erneuerbarer Energien“ deutlich steigen. Die Festlegung verteilt jedoch insbesondere Lasten gleichmäßiger zwischen den Verteilnetzbetreibern. Für die Analyse wurde ein exemplarischer Rechenwert der Bundesnetzagentur für das Jahr 2024 von 0,605 Ct/kWh (brutto) auf 0,7 Ct/kWh (brutto) erhöht und zur Übersichtlichkeit als „Zuschlag § 19 StromNEV-Uml.“ separiert.

Berücksichtigung von „Beschaffung, Vertrieb, Marge“

Von einem Energielieferanten ist nur der Strompreisbestandteil „Beschaffung, Vertrieb, Marge (BVM)“ zu beeinflussen. Zurzeit gibt es bei diesem Strompreisbestandteil als Nachwirkung der Energiepreiskrise sehr große Differenzen zwischen noch laufenden Lieferverträgen und neu angebotenen Lieferverträgen. Zudem gibt es einen erheblichen Preisunterschied zwischen Verträgen der Grundversorgung, Verträgen mit dem Grundversorger außerhalb der Grundversorgung und Verträgen mit Lieferanten, die nicht der örtliche Grundversorger sind.

Bei der Heizungsmodernisierung mit einer Wärmepumpe, die über einen separaten Stromzähler betrieben wird, muss ein neuer Liefervertrag abgeschlossen werden. Zur Heizkostenminimierung wird dies zumeist kein Angebot des Grundversorgers sein. Insofern macht es keinen Sinn, den in der BDEW-Strompreisanalyse ermittelten BVM-Mischwert von 17,94 Ct/kWh (netto, brutto: 21,35 Ct/kWh) zu verwenden.

Stattdessen wurde auf der Basis am 1. August 2024 auf dem Vergleichsportal Verivox überregional angebotener Stromtarife ohne Boni mit 12 Monaten Preisgarantie für „Beschaffung, Vertrieb, Marge“ ein Wert von 14,09 Ct/kWh (brutto) für 3500 kWh/a Haushaltsstrom (13,04 Ct/kWh bei 6200 kWh/a) und von 14,26 Ct/kWh (brutto, 6200 kWh/a) für Wärmepumpenstrom nach Modul 2 durch eine Komponentenzerlegung rechnerisch ermittelt.

Grafik 1: Wie stark sich Wärmepumpenstrom (WP-Stromtarife im Modul 2 nach § 14 EnWG) für Haushaltskunden bei unterschiedlich steigendem Netzentgelt verteuern würde. Die Auswertung 3 basiert auf der Fiktion, dass Erdgas dauerhaft mit einem „minimal möglichen“ Wert von 2,82 Ct/kWh (netto) für „Beschaffung, Vertrieb, Marge“ angeboten wird (errechnet mit Werten für 2014 bis 2021). Die Fiktion bedeutet nicht, dass Erdgas dann ebenfalls insgesamt sehr günstig ist, da beispielsweise steigende CO2-Preise davon entkoppelt sind.

JV

Grafik 1: Wie stark sich Wärmepumpenstrom (WP-Stromtarife im Modul 2 nach § 14 EnWG) für Haushaltskunden bei unterschiedlich steigendem Netzentgelt verteuern würde. Die Auswertung 3 basiert auf der Fiktion, dass Erdgas dauerhaft mit einem „minimal möglichen“ Wert von 2,82 Ct/kWh (netto) für „Beschaffung, Vertrieb, Marge“ angeboten wird (errechnet mit Werten für 2014 bis 2021). Die Fiktion bedeutet nicht, dass Erdgas dann ebenfalls insgesamt sehr günstig ist, da beispielsweise steigende CO2-Preise davon entkoppelt sind.

Analyse und Bewertung

Grafik 1 zeigt auf dieser Basis als mittlere Vergleichswerte den „Haushaltsstrom 2024“ (32,1 Ct/kWh bei 3500 kWh/a) und mit „WP-Strom, Modul 2 (M2)“ einen entsprechenden Wärmepumpen-Stromtarif für ab 2024 neu angeschlossene Wärmepumpen (23,4 Ct/kWh bei 6200 kWh/a).

Anmerkungen: WP-Stromtarif-Angebote mit Boni liegen bei 20,8 Ct/kWh. Der Vergleichswert WP-Strom, Modul 2 (M2)“ liegt somit 2,6 Ct/kWh über dem Mittel der zwei günstigsten Angebote. Die spezifischen Strompreise sind effektive Arbeitspreise, es sind also alle Grundgebühren berücksichtigt, deshalb sind sie zumeist etwas höher als die tariflichen Arbeitspreise.

Grundlage der errechneten Tarife ist ein angenommener Netzentgelt-Grundpreis von 86 Euro/a (netto; berücksichtigt 66 Euro/a Netzentgelt und 20 Euro/a für die Messstelle) und ein Netzentgelt-Arbeitspreis von 9,644 Ct/kWh (netto) im Standardlastprofil, rechnerisch ermittelt aus dem BDEW-Netzentgelt von 11,53 Ct/kWh. Das Netzentgelt bei „WP-Strom, Modul 2 (M2)“ berücksichtigt zusätzlich 30 Euro/a für die Messstelle.

Wie sich der WP-Stromtarif durch ein steigendes Netzentgelt und eine steigende §19 StromNEV-Umlage auswirkt, zeigen in Grafik 1 zunächst die beiden mittleren Fortschreibungen. In Auswertung 1 und 2 wurde vorauseilend der oben beschriebene Zuschlag zur § 19 StromNEV-Umlage berücksichtigt. Er wirkt sich 1:1 auf den Wärmepumpenstromtarif aus. In Verteilnetzen, in denen dadurch das Netzentgelt etwas sinkt, kommt dies durch den reduzierten Netzentgelt-Arbeitspreis nur gedämpft im WP-Tarif an.

Die Dämpfung (um 60 %) ist beim steigenden Netzentgelt-Arbeitspreis hingegen ein großer Vorteil: Selbst wenn das Netzentgelt im Laufe der Jahre um 12 Ct/kWh (brutto) steigt und sich damit etwas mehr als verdoppelt, verteuert sich der WP-Stromtarif „nur“ um 4,8 Ct/kWh.

In Auswertung 2 wird angenommen, dass die Privilegierung von Wärmepumpenstrom nach § 22 EnWG in Anspruch genommen werden kann. Sie wirkt sich 1:1 auf den Wärmepumpenstromtarif aus.

Sonderbetrachtung mit BVM-Verhältnis

In der Auswertung 3 wird eine seit Jahren zu beobachtende „Abhängigkeit“ genutzt, nach der bei Haushaltskunden-Tarifen die spezifischen Werte in Ct/kWh für „Beschaffung, Vertrieb und Marge (BVM)“ bei Strom und Erdgas in einem engen Bereich liegen: Von 2014 bis 2023 lag das Verhältnis (BDEW) zwischen 2,16 und 2,59 mit einer gut nachvollziehbaren Ausnahme im Jahr 2022 von 1,47. Für 2024 ergibt sich momentan ein Wert von 2,79, wobei der Stand der Eingangsdaten mit Februar für Erdgas und mit Juli für Strom weit auseinander liegt.

Nimmt man an, dass sich das frühere Verhältnis zumindest im Mittel einer Periode künftig wieder einstellt, kann man einen Wärmepumpen-Strompreis auf Basis des „minimalen Gaspreises“ ableiten. Die Auswertung 3 berücksichtigt ein erhöhtes BVM-Verhältnis von 2,8, den vorauseilenden Zuschlag zur „§ 19 StromNEV-Umlage“, die Privilegierung von Wärmepumpenstrom nach § 22 EnFG und wie in den anderen Auswertungen die drei exemplarischen Erhöhungen des Netzentgelt-Arbeitspreises.

Grafik 2: Verhältnis des Energiepreisbestandteils „Beschaffung, Vertrieb, Marge“ mit beobachteten Werten (BDEW und Monitoringberichte von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt) für Strom und Erdgas für Haushaltskunden (Mischwerte).

JV

Grafik 2: Verhältnis des Energiepreisbestandteils „Beschaffung, Vertrieb, Marge“ mit beobachteten Werten (BDEW und Monitoringberichte von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt) für Strom und Erdgas für Haushaltskunden (Mischwerte).

Der „minimale Gaspreis zeigt, dass es einen Gaspreis gibt, der ohne (verzichtende) Eingriffe in die Preisfindung nicht zu unterschreiten ist und sich künftig mindestens über steigende CO2-Preise und ein potenziell steigendes Gas-Netzentgelt erhöht. Berücksichtigt eine „Wette“ auf eine längere Periode mit günstigen Werten für „Beschaffung, Vertrieb und Marge“ für Gas ein relativ konstantes BVM-Verhältnis, ergibt sich daraus kein Vorteil gegenüber Wärmepumpen-Strompreisen.

Beim „Lesen“ von Grafik 1 ist wichtig:

● Die Grafik zeigt keine Prognose von Preisen oder Preisbestandteilen. Sie zeigt lediglich, wie sich angenommene Änderungen bei Preisbestandteilen aufgrund von regulatorischen Festlegungen oder aufgrund von Thesen auf Preise oder Preisbestandteile für das Jahr 2024 auswirken würden.

● Verwendet wurde ein mittleres Strom-Netzentgelt von 11,53 Ct/kWh (netto) für das Jahr 2024 analog zur „BDEW-Strompreisanalyse Juli 2024“. In jedem Verteilnetz wird das Netzentgelt individuell ermittelt. 2023 variierte es laut dem „Monitoringbericht 2023 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt“ auf Ebene der Bundesländer gewichtet für Haushaltskunden zwischen Bremen mit 6,27 Ct/kWh (netto) und Brandenburg mit 12,45 Ct/kWh (netto). Bei der Kalkulation von Energietarifen ergeben sich regionale Unterschiede fast ausschließlich aufgrund des Netzentgelts und in einem erheblich kleineren Umfang aufgrund der Konzessionsabgabe. In der BDEW-Strompreiszusammensetzung sind „Messung und Messstellenbetrieb“ berücksichtigt.

● Die Preisermittlung basiert jeweils auf einer definierten Netzentnahme von 3500 kWh/a für Haushaltsstrom und 6200 kWh/a für Wärmepumpenstrom. Die Netzentnahme für die Wärmepumpe ist bei einer Jahresarbeitszahl von 3,0 mit dem Gasverbrauch von 20 000 kWh/a einer Gas-Heizung mit einem guten Jahresnutzungsgrad von 0,93 kompatibel. ■
Quellen: BDEW, Bundesnetzagentur, eigene Berechnungen / jv

Im Kontext:
Was Wärmepumpenstrom kostet, wenn das Netzentgelt steigt
Broschüre: Inbetriebnahme und Wartung von Wärmepumpen
In Ein- und Zweifamilienhäusern fast nur noch Wärmepumpen
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