Am 7. Oktober 2030 ist im EU-Parlament über das Europäische Klimagesetz und das darin enthaltene Ziel zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030 abgestimmt worden. Die EU-Kommission hatte eine Reduktion um mindestens 55 % gegenüber 1990 vorgeschlagen. Das Parlament ist über dieses Ziel hinausgegangen und hat mehrheitlich eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 60 % bis 2030 beschlossen.
Das Parlament ist damit Empfehlungen von Umweltausschuss und Wissenschaft gefolgt, die ein höheres Ziel zur Erreichung der Ziele des Pariser Übereinkommens vom 5. Oktober 2015 für nötig halten.
Unerwartetes Votum
Hintergrund für das unerwartete Votum, bei dem Grüne und auch Sozialdemokraten und Liberale die Christdemokraten überstimmt haben, war offenbar auch, dass mehrere Fraktionen verärgert über neue Berechnungsmethoden der EU-Kommissionsind. Sie will künftig die Speicherung von CO2 in den Wäldern Europas berücksichtigen und auf das Klimaziel anrechnen. Das mag in der Sache richtig sein, verändert aber die bisherige Betrachtung grundlegend.
Der Beschluss des Parlaments ist aber nur eine Etappe bei der Festlegung des neuen Klimaziels. Das Europäische Klimagesetz unterliegt dem Mitentscheidungsverfahren – Parlament und Rat erlassen dabei gemeinsam die Gesetze. Im EU-Ministerrat wurde vor dem Beschluss des EU-Parlaments auf der Ebene der 27 Umweltminister eine Mehrheit für das 55-%-Ziel als wahrscheinlich gehandelt. Bei abweichenden Beschlüssen wird ein Kompromiss ausgehandelt.
Deutschlands KSG-Ziel reicht in jedem Fall nicht aus
Deutschland hat mit dem Bundes-Klimaschutzgesetzt (KSG) Ende 2019 eine Minderung der Treibhausgasemissionen von mindestens 55 % gegenüber 1990 bis 2030 gesetzlich verankert. Im Kontext eines europäischen 55- oder 60-%-Ziels – mit oder ohne Berücksichtigung von Wäldern als CO2-Senke – wäre eine deutliche Anhebung erforderlich. Das im KSG festgeschriebene Klimaschutzziel wurde schon 2010 von der Bundesregierung beschlossen.
Eine Orientierung, was das Pariser Übereinkommen von 2015 erfordert, gibt eine Studie von Agora Verkehrswende (deutsche Zusammenfassung: Auf dem Weg nach Paris?). Darin berechnet die Denkfabrik, was die Bundesregierung zu tun hätte, wenn Deutschland seinen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung um 1,5 K leisten will: Der inländische Treibhausgasausstoß bis 2030 müsste im Vergleich zu 1990 um 73 % sinken.
Doch auch das ist noch nicht die ganze Wahrheit. Agora Verkehrswende: „Soll die nationale Aufteilung der global notwendigen Emissionsvermeidung Gerechtigkeitskriterien folgen, müsste Deutschland seine gesamten Emissionen bis 2030 nicht nur um 73 %, sondern sogar um 87 % mindern. Um die Lücke zwischen ‚fairer‘ und ‚kostenminimierender‘ Emissionsminderung zu schließen, müsste Deutschland neben der inländischen Emissionsminderung sein internationales Engagement im Klimaschutz deutlich verstärken.“
Konsequenzen für Gebäudesektor sehr wahrscheinlich
Die Anhebung des EU-Klimaziel und die dann notwendige Anpassung des nationalen Ziels in Deutschland wird voraussichtlich auch Konsequenzen für das Bauen und die Gebäudemodernisierung haben. Eine schnellere sozialverträgliche Verringerung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor dürfte nur über eine nochmalige Verbesserung der Förderkonditionen und eine schnellere Verdrängung fossiler Brennstoffe aus den Gebäuden (Wärmewende) erreichbar sein. ■