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Standpunkt

Wie die 65-Prozent-EE-Vorgabe wirklich 65 % EE erreicht

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Der BMWK/BMWSB-Vorschlag zur Umsetzung der 65-Prozent-EE-Vorgabe lässt keine zukunftstaugliche 65-%-Strategie erkennen. Wenn man die eigentlichen Ziele etwas weiter denkt, kann man mit den richtigen Anforderungen und Vorgaben auch darauf verzichten. Ein Standpunkt von Kati Jagnow und Dieter Wolff.

Das gemeinsam vom BMWK und vom BMWSB vorgelegt Konzept zur Umsetzung der 65-Prozent-EE-Vorgabe – also der Umsetzung einer Pflicht, das ab 2024 alle neu installierten Heizungen in Neubauten und im Gebäudebestand mit mindestens 65 % zu betreiben sind – kam mitten in die Sommerpause „hineingeschneit“ – bei Außentemperaturen in Deutschland zwischen 30 und 40 °C.

Positiv: In die eingeleitet öffentliche Konsultation sind alle Verbände und die Gesellschaft einbezogen. Zuletzt gab es dies in diesem Bereich für den 2016 veröffentlichten Klimaschutzplan 2050 mit den klimaschutzpolitischen Grundsätze und Zielen der Bundesregierung (Große Koalition, Kabinett Merkel III). Außen- und europapolitisch dominierte in dieser Legislatur (2013 bis 2017) u.a. ab 2014 die Annexion der Krim durch Russland.

Worauf sollen sich die 65 % beziehen?

Auch nach der Vorlage des Konzepts zur Umsetzung der 65-Prozent-EE-Vorgabe fragt sich die Fachwelt: Worauf sollen sich die 65 % beziehen?

● Auf die Endenergie als Input (Gebäudegrenze bzw. künftig eigentlich die Grundstücksgrenze bzw. die Grenze einer Liegenschaft / eines Qurtiers) oder

● auf den Wärmeenergiebedarf als Output einer Wärmeerzeugungsanlage, so wie es aktuell im Gebäudeenergiegesetz (GEG) und auch früher im EEWärmeG aus Sicht der Autoren falsch geregelt wurde und dadurch in Nah- und Fernwärmesystemen zu vielen ineffektiven solarthermischen Lösungen geführt hat, nur um einen 15-%-Anteil erneuerbare Energie nachzuweisen, oder

● auf den Primärenergiebedarf oder

● im besten Falle im erweiterten Sinne auf die CO2-Emissionen, was aus Sicht der Autoren am sinnvollsten und zukunftstauglich wäre?

Und beim Bezug auf die CO2-Emissionen auf welche CO2-Emissionen? Aus dem Gebäudesektor, aus dem Verkehrssektor und auch aus dem Sektor Energiewirtschaft? Denn, wenn man die Vorschläge aus dem 13-seitigen BMWK/BMWSB-Konzept mit den vielen Fragen an alle Verbände verstehen will, stellen sich zuvor einige Fragen, die zunächst beantwortet werden sollten:

„Gemeinsam“ verantwortlich machen

Wenn zukünftig (am besten 2035 und spätestens 2045) nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz alle Energie aus Sonne, Wind und in begrenztem Umfang aus „fester, flüssiger oder gasförmiger nachhaltiger Biomasse (was ist das?)“ stammen soll, dann macht die Unterscheidung der Emissionsminderung in den verschiedenen Sektoren (Ministerien) wirklich keinen großen Sinn mehr.

Denn dann könnten alle Emissionen des „Gebäudesektors für Strom und Wärme“ nur noch dem Sektor „Energiewirtschaft“ zugeordnet werden. Denn es gibt dann ja fast nur noch Strom und Fernwärme als Endenergien. Daraus folgt: Alle beteiligten Ministerien bzw. die Regierung als Gesamtheit müssen sich „gemeinsam“ verantwortlich machen. Ein Adjektiv, das heute in jedem zweiten Satz von Politikern zu hören ist . Macht die Zuordnung der Verantwortlichkeit noch Sinn, wenn wir doch alles „gemeinsam“ erreichen wollen und auch können?

Wie sollte das noch verfügbare CO2-Budget für alle Sektoren eingehalten werden? Also „gemeinsam“, wenn für die bisher übliche Fortschreibung eines Gesetzes – hier das GEG – die seit Jahrzehnten übliche Änderung einzelner Paragraphen geplant ist, anstatt einen konsequenten Neuaufschlag zu machen? Also z. B. Energiewirtschaft, Verkehr und Gebäude „gemeinsam“ zusammen?

GEG-Nachweis in Gebäuden, die klimazielkompatibel sind

Wie sollte zukünftig ein GEG-Nachweis aussehen, wenn ein Neubau oder ein modernisiertes Bestandsgebäude umfassend mit Photovoltaik – mit oder ohne eigenen Batteriespeicher – kombiniert und der Solarstrom auch überwiegend selbst genutzt wird, eine Wärmepumpe eingesetzt wird und der Batteriespeicher eines E-Autos bidirektional sowohl für Haushalts- und Wärmepumpenstrom als auch für die Netzstabilisierung durch den Energieversorger genutzt werden kann?

Die Fachwelt sagt, das sind die zukünftig sinnvollen Lösungen, die heute bereits marktverfügbar und auch wirtschaftlich sind, insbesondere bei kontinuierlich steigenden Preisen fossiler Energieträger, was u. a. die nationale CO2-Bepreisung leisten soll(te).

Letztendlich geht es immer um das Einhalten des noch verfügbaren CO2-Budgets, um mindestens das ursprüngliche „2-Grad-Ziel“ noch zu erreichen. Das 1,5-Grad-Ziel ist nach übereinstimmender Ansicht angesehener Klimaforscher bereits überschritten bzw. realistisch nicht mehr einzuhalten!

Fossile müssen sehr schnell ersetzt werden

Für eine erfolgreiche Energiewende müssen fossile Energieträger für die Hausheizung und für Wärmeanwendungen sehr schnell ersetzt werden. Besonders Photovoltaik-Anlagen und elektrisch angetriebene Wärmepumpen – weniger der Ausbau von Wärmenetzen – bieten sich für die Energie- und Wärmewende in Gebäuden an, siehe: Wie man die Energie- und Wärmewende beschleunigt.

Auf der Basis mehrerer Studien und Gutachten wurde eine Rechenhilfe entwickelt, die verschiedene Energieträger für Wärme und Strom in Ein- und Mehrfamilienhäusern bilanziert und die oben gestellten Fragen mindestens teilweise beantworten kann. Dabei haben sich zwei entscheidende Resultate herauskristallisiert:

● Die schnellstmögliche Umstellung auf Wärmepumpen mit PV auf dem eigenen Dach und mittelfristig, wenn örtlich bedingt erforderlich, den Wechsel von warmer/heißer Nah- und Fernwärme zu kalter Nah-/Fernwärme mit dezentralen Wärmepumpen.

● Der Aus- und Neubau warmer und heißer Fernwärmenetze ist nicht weiter sinnvoll. Ausnahme: hochtemperierte Abwärmequellen, wie z. B. Müllverbrennungsanlagen stehen dauerhaft zur Verfügung. Aber auch mit fossilen Energieträgern „erzeugter“ Müll muss langfristig vermieden werden.

Verbrenner schnellstmöglich stilllegen

Eine echte Energiewende – das ist die tragende Säule des schon vor sieben Jahren in Paris international vereinbarten Klimaschutzabkommens. Die Empfehlung „Einhalten eines Emissionsbudgets“ nach den Vorschlägen des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU, 2020, 2021 aktualisiert) ist damit als einziger Lösungsweg vorgegeben und wird allgemein akzeptiert, doch wie schaffen wir es in Deutschland und auch weltweit, die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich weiter zu senken? Für den Gebäudesektor gelingt dies mit folgenden Maßnahmen:

● Fossile Energieträger für die Hausheizung, die Kraft-Wärme-Kopplung sowie Nah- und Fernwärmenetze schnellstmöglich ersetzen,

● Wärmepumpen in Gebäuden sowie Photovoltaik-Anlagen auf allen verfügbaren Dächern installieren,

● grünen Wasserstoff weiter fördern, ihn aber nicht in Gas-Heizungen oder Fernwärmesystemen zu verheizen und

● die Preisbildung fossiler Brennstoffe und Strom als Endenergieträger auf Basis gemeinsamer Emissionszertifikate nach dem vom Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) vorgesehenen Up-Stream-Prinzip „gemeinsam“ für alle Sektoren anpassen, siehe: Ein Treibhausgas-Budget muss die Agenda sein.

Vom SRU berechnete CO2-Budgets für Deutschland und die EU-27 ab 2022.

SRU 2022; Datenquellen: IPCC 2021

Vom SRU berechnete CO2-Budgets für Deutschland und die EU-27 ab 2022.

Fernwärme hinterfragen

Der „grüne“ Ausbau von Nah- und Fernwärme mit verschiedenen Wärme- und Abwärme-Quellen gehört nach Auffassung vieler Energieexperten auf den Prüfstand. Es ist leicht nachvollziehbar, dass die Netzverluste anteilig mit zunehmender Gebäudeeffizienz steigen und beim Verteilen von Wärme aus zukünftigen Power-to-Heat-Anlagen oder aus Großwärmepumpen über Fernwärmenetze unnötig hohe Verluste auftreten.

Auch der Einsatz synthetischer Energieträgern, wie Methan oder synthetisches Heizöl, die aus grünem Wasserstoff hergestellt werden, wird aufgrund der hohen Umwandlungsverluste und aufgrund des dafür erforderlichen Entwicklungszeitraums als kritisch angesehen. Um mit synthetischen Substituten die Brennstoffe von Gas- und Öl-Heizkessel sowie Blockheizkraftwerken inklusive Brennstoffzellen zu ersetzen, müssten gegenüber dezentralen Wärmepumpenlösungen zwei- bis achtmal so viele Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen mit dem dafür erforderlichen Flächenbedarf gebaut werden.

Die Allokation und CO2-Bewertung von Nah- und Fernwärme gehört damit ebenfalls auf den Prüfstand des neu zu novellierenden GEG. Eine gleichberechtigte energetische Allokation und damit eine gemeinsame Bewertung von Strom und Wärme im Gebäude sollte in einem zukünftigen GEG gefordert werden, wenn dieses dann überhaupt noch notwendig ist.

Einfach Lösungen für die Energie- und Wärmewende

Die Zusammenhänge werden mit der entwickelten Excel-Rechenhilfe für die Energie- und Emissions-Bilanzierung von Ein- und Mehrfamilienhäusern abgebildet. Das Programm berechnet Szenarien für die Zeiträume 2020, 2035 und 2050 mit verschiedenen Energieträgern für Wärme und Strom in Wohngebäuden unterschiedlicher Effizienzstandards, bei typischem oder sparsamem Nutzerverhalten für Trinkwarmwasser und bei heute typischer und veränderter Energiepreisbildung.

Anwender erhalten mit dem Programm Angaben zur Nutzenergie, zur Endenergie und zu den Emissionen (CO2-Äquivalent) sowie zu Investitions- und Betriebskosten jeweils für Heizung, Trinkwarmwasser und Haushaltsstrom. Neben der Rechenhilfe steht auch eine ausführliche Programmbeschreibung kostenlos zur Verfügung: Standardbilanz für Wohngebäude

Unter den eben genannten Voraussetzungen und mit der Annahme eines vereinfachten GEG-Nachweises in Form von Einzelanforderungen und einer vereinfachten Gesamtbilanz für Strom und Wärme von Gebäuden müssten nur noch zwei Hauptanforderungen gestellt werden:

● Einhalten eines CO2-Budgets in kgCO2/m2 ∙ a) bezogen auf die beheizte Wohnfläche AEB für Strom und Wärme oder verschärft, wenn anstelle des Flächenbezugs ein Personenbezug hergestellt wird, und hierfür maximal 20 – 45 m2 pro Person angenommen wird.

● Anstelle der heutigen Nebenanforderung für HT` tritt eine zweite Hauptanforderung an die spezifischen Transmissions- und Lüftungswärmeverluste HT und HV pro m2 beheizte Wohnfläche AEB [Vorschläge für ein GEG 2025].

Unter diesen Voraussetzungen kann an einer 65-%-Regelung, wie von BMWK und BMWSB vorgeschlagen, festgehalten werden. Dies müsste dann aber spätestens ab 2025 im Fünfjahrestakt um jeweils 10 Prozentpunkte angehoben werden, um frühestens ab 2040 einigermaßen klimaneutral zu werden. Einfacher wäre es, ein verbindlich zu vereinbarendes CO2-Restbudget für alle Sektoren endlich „gemeinsam“ festzulegen, und dieses jährlich durch einen unabhängigen Expertenrat zu überprüfen, wie es seit 2020 für die einzelnen Sektoren erfolgt. Ein auf dieser Basis neu ausformuliertes GEG könnte drastisch vereinfacht werden.

Die im 13-seitigen Papier von BMWK und BMWSB an alle Beteiligten (neudeutsch Stakeholder) gestellten Fragen könnten dann wie folgt beantwortet werden:

1. Wie beurteilen Sie die Einführung eines Stufenverhältnisses bei den Erfüllungsoptionen?

Eine Differenzierung in unterschiedliche Erfüllungsoptionen „auf einer Ebene“ oder „mit Stufenverhältnis“ wären nach den oben beschriebenen Vorschlägen nicht mehr erforderlich, wenn alle fossilen Energieträger mit ihren Emissionsfaktoren berücksichtigt werden und alle „nicht fossilen Energieträger“ den Emissionsfaktor „Null“, wie künftig zu 100 % erneuerbarer Strom ab 2035, grün erzeugte Biomasse und erneuerbare flüssige und gasförmige „Fuels“, aufweisen.

2. In welchem Verhältnis sollen Wärmepumpen zu Wärmenetzen stehen? Soll es auch möglich sein, eine dezentrale Wärmepumpe einzubauen, wenn vor Ort ein Wärmenetz vorhanden und der Anschluss daran möglich ist?

Es könnte zur Begrenzung und Minimierung des Flächenbedarfs für den zukünftigen Photovoltaik-, Windkraft-, Geothermie- und Biomasseausbau für die verschiedenen Erzeugertechnologien auf die in der Fachwelt noch nicht ausreichend diskutierte Erkenntnis zurückgegriffen werden:

● Schnellstmögliche Umstellung auf Wärmepumpen mit Photovoltaik auf dem eigenen Dach und mittelfristig Wechsel von warmer/heißer Nah- und Fernwärme zu kalter Nah-/Fernwärme mit dezentralen Wärmepumpen ergibt den geringsten Flächenbedarf für den Ausbau von Windkraft, PV, Geothermie und Biomasse.

● Anschlusszwang und eine Konkurrenz zwischen Fernwärme und Wärmepumpen wären dann nicht mehr das ausschlaggebende Thema, wenn diese physikalischen Zusammenhänge im Diskussionsprozess verstanden und dann keine für den Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen geplanten staatlichen Förderungen volks- und betriebswirtschaftliche Fehlentwicklungen weiter unterstützen würden.

3. Ist die Frist für die Vorlage eines Transformationsplans für die Wärmenetzbetreiber ausreichend? Wie kann die Einhaltung der Voraussetzung nachgewiesen werden?

Im Gegenteil, die Fristen müssten verkürzt werden, um Fehlinvestitionen zu vermeiden. So wie heutige Stromlieferanten auf jeder Endkundenrechnung den Herkunftsnachweis für ihren gelieferten Strom transparent darstellen müssen, sollte dies auch für Fernwärme und Gas so schnell wie möglich eingeführt und gesetzlich vorgeschrieben werden. Dann könnte das Einhalten eines steigenden (Pflicht)Anteils von 65 – 95 % erneuerbarer Endenergieträger in den nächsten 13 bis 18 Jahren jährlich transparent nachgewiesen werden.

4. Falls der Transformationsplan nicht oder nicht richtig umgesetzt wird: Wie sollte dann die Anrechnung erfolgen?

Nur die energetische gleichberechtigte Allokation der CO2-Emissionen auf Strom und Wärme aus Kraft-Wärme-Kopplung erlaubt eine saubere Bilanzierung, die jährlich überprüft werden kann.

5. Kann Abwärmenutzung bei RLT-Anlagen als EE eingestuft und berücksichtigt werden?
6. Sollte die Einführung einer zu Wärmepumpen vergleichbaren äquivalenten Leistungszahl der Wärmerückgewinnung vorgesehen werden?
7. Sollten die hybriden Systeme (beispielsweise der Einbau einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung) ausgeweitet werden?

Die Wärmerückgewinnung in RLT-Anlagen und in Wohnungslüftungsanlagen sollte nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern dem Markt überlassen werden, wenn die anderen Anforderungen (siehe Antworten zu den Fragen 1 und 2) eingehalten werden. Der Schwerpunkt sollte hier auf den sommerlichen Kühllastbedarf ausgerichtet werden und dieser durch entsprechende Vorschriften zum Fensterflächenanteil, außenliegendem Sonnenschutz,… begrenzt werden (vergleiche Regelungen im Stadtstaat Hamburg). Dennoch muss gelten: die rückgewonnene Wärme muss bilanziell positiv gewürdigt werden.

8. Welche weiteren erneuerbaren Erfüllungsoptionen sehen Sie?

Es wird empfohlen, dass der Erfolg von Neubau- und Modernisierungs-Maßnahmen durch ein in Heiz- und Regelungssysteme integriertes Betriebs-Monitoring mit Endenergie- und Wärmemengenzählern und automatisierten jährlichen Effizienzmessungen zur Gebäude- und Anlagentechnik im zukünftigen GEG gefordert wird [Vorschläge für ein GEG 2025]. Gleiches gilt für alle Bereiche der Qualitätssicherung, die nicht mehr gefördert, sondern im GEG gefordert werden sollten.

9. Vor dem Hintergrund, dass alle Heizungen in Deutschland bis spätestens 2045 klimaneutral Wärme erzeugen müssen, stellt sich folgende Frage: Sollte der fossile Anteil bei Hybridanlagen nur zeitlich befristet zugelassen werden?

Ja, eindeutig sollten die angedachten Nutzungsdauern von fossilen Erzeugern (20 Jahre, 15 Jahre) zur Begrenzung hybrider Systeme gesetzlich vorgeschrieben und eigentlich noch verkürzt und damit die Anforderung verschärft werden.

10. Welche Nachhaltigkeitskriterien halten Sie für flüssige, feste und gasförmige Biomasse für erforderlich?

Die Biomassenutzung ist aufgrund des sehr hohen Flächenbedarfs von Energiepflanzen in Wärme- und Stromanwendungen aus Kraft-Wärme-Kopplung gegenüber dem Photovoltaik- und Windkraftausbau und Wärmepumpen mit Umweltenergie als Wärmequellen nicht mehr zeitgemäß. Deshalb sollten für den Gebäudebereich keine hohen Nachhaltigkeitsanforderungen formuliert werden, sondern eher für andere Anwendungen, z. B. im Industriebereich, wo es keine anderen Lösungsmöglichkeiten gibt.

11. Wie sollte die Umsetzung erfolgen, wenn aufgrund von Fachkräftemangel und Materialmangel der Einbau einer Wärmeerzeugungsanlage auf der ersten Stufe nicht möglich ist?

Wärmepumpen werden bereits heute und mit hohen Marktanteilen in Monoblock-Bauweise angeboten. Dadurch können sie ohne Eingriff in den Kältemittelkreislauf von Fachkräften des Heizungsbaus bereits heute mit einem ähnlichen Aufwand wie bei herkömmlichen Heizkessel erforderlich installiert werden. Materialmangel ergibt sich erst bei bestimmten wärmepumpenspezifischen Komponenten, wenn diese noch nicht in gleichem Maße wie Komponenten heutiger Thermen verfügbar sind. Je schneller der Markthochlauf gelingt, desto schneller wird sich auch der Markt wandeln. Denn: auch in jedem Kühlschrank steckt eine kleine Wärmepumpe und hier ist bis heute Materiamangel nicht bekannt.

Die weiteren Fragen des BMWK/BMWBS-Konzepts zu den Themen „Härtefälle und Sonderfälle“ und „Begleitende Maßnahmen“ werden im Folgenden zusammengefasst beantwortet:

Die vorgeschlagenen Fristen erscheinen teilweise zu lang gesetzt. Die Inkraftsetzung sollte möglichst schon vor dem 1. Januar 2024 erfolgen. Drei Jahre und in durch Sachverständige begründeten Ausnahmefällen fünf Jahren sollten bei einem außerplanmäßigen Heizungstausch mit Übergangslösung, für Gasetagenheizungen, für Nachtspeicherheizungen und Einzelöfen und für besondere Regelungen für Wohnungseigentümergemeinschaften, für den Anschluss an ein bis 2045 klimaneutrales Wärmenetz mit verbindlichen Regelungen zur Umstellung der Wärmenetzstruktur, als verbindliche Frist gelten. So stünde bis 2030 ein bundesweit flächendeckender Systemplan der gesamtem Strom- und Wärmeversorgung zur Verfügung, der auch mit den Zielen der Sektoren Energiewirtschaft und Verkehr „gemeinsam“ abgeglichen werden könnte.

Zwischenlösungen mit temporär gemieteten oder geleasten Geräten, wie auch weitere Härte- und Sonderfälle sollten im Rahmen der oben genannten Fristen bis spätestens 2030 abgeschlossen sein.

Kredit- und Förderprogramme für Investoren und Eigentümer sind mit anhaltend zu erwartenden hohen Preisen für fossile Energieträger aus wirtschaftlichen Gründen immer weniger Notwendig und sollten zunehmend auch nach sozialen Kriterien ausgereicht werden. Verbessert werden sollten für Investoren steuerliche Maßnahmen (EnSanMV, Verkürzung von Abschreibungszeiten etc.).

Auch Contracting-Angebote sollten nicht mit staatlicher Unterstützung gefördert werden, sondern sich rein nach markt- und betriebswirtschaftlichen Maßstäben durchsetzen oder eben nicht.

Das Thema „Energieberatung“ und „ Sachkunde“ sowie Digitalisierungsmöglichkeiten zur effizienten Betriebskontrolle sollte zukünftig zusammengefasst werden, um auch die Verantwortlichkeiten gerecht zu verteilen.

Der Vorschlag, das Schornsteinfegerhandwerk in die Überprüfung der vom GEG zukünftig geforderten Qualitätssicherungsmaßnahmen einzubeziehen, wird als sinnvoll angesehen. Hierzu gehören die Überprüfung des Hydraulischen Abgleichs und der optimierten Einstellung der Regler. In Wiederholung der oben bereits formulierten Forderungen wird empfohlen, dass der Erfolgsnachweis von Neubau- und Modernisierungsmaßnahmen durch ein in Heiz- und Regelungssystemen und genauer festzulegendes integriertes Betriebs-Monitoring-System mit Endenergie- und Wärmemengenzähler und automatisierten jährlichen Effizienzmessungen zur Gebäude- und Anlagentechnik im zukünftigen GEG gefordert wird. Hierzu könnte die Energieanalyse aus dem Verbrauch EAV, die bereits in mehreren Normen [u. a. DIN V 18599] in Bezug genommen wird, eingesetzt und die Gebäude- und Anlagenqualität jährlich automatisch überprüft werden.

Prof. Dr.-Ing. Kati Jagnow
lehrt Anlagentechnik und Energiekonzepte an der Hochschule Magdeburg-Stendal – Fachbereich Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit, www.bauwesen.hs-magdeburg.de

Jagnow

Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolff
Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Campus Wolfenbüttel, Fakultät Versorgungstechnik, d.wolff@ostfalia.de, www.ostfalia.de

Wolff