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Energieträger

Was Erdgas kostet, wenn CO2-Preis und Netz­ent­gelte steigen

Gaskunden müssen sich mindestens aufgrund der CO2-Bepreisung auf steigende Preise einstellen.

finecki – stock.adobe.com

Gaskunden müssen sich mindestens aufgrund der CO2-Bepreisung auf steigende Preise einstellen.

Gewarnt wird oft, aber selten konkret: Erdgas wird bald teurer. Wir haben deshalb exem­pla­risch an den künftigen Preis­schrauben CO2-Kosten und Netzentgelt gedreht.

Erdgas beziehungsweise die Gas-Heizung ist bis heute Messlatte der Kosten für das Heizen von Gebäuden: Im direkten Vergleich für niedrige Kosten der erforderlichen Technik und über viele Jahre im direkten Vergleich auch für günstige Energiepreise. Das erklärt eine Erdgasquote von 56 % (Zensus 2022) an den beheizten Wohnungen und von fast 47 % bei den rund 19,5 Mio. beheizten Wohngebäuden (BDEW „Wie heizt Deutschland?“ 2023).

Durch die Klimaziele ist fossiles Erdgas jedoch ein Auslaufmodell, ab 2045 soll es für die Beheizung von Gebäuden nicht mehr eingesetzt werden dürfen und vorher deutlich teurer werden. Das uneingeschränkt kompatible Biomethan (aufbereitetes Biogas) bzw. synthetisch hergestelltes Methan ist eine technisch bestechend einfache Lösung, da nur das Gas ausgetauscht wird. Es ist jedoch nicht in ausreichenden Mengen zu einem mit der Erdgasbeschaffung vergleichbaren Preis verfügbar. Dies gilt in den nächsten Jahren auch für Wasserstoff, wobei dann zusätzlich der Wärmeerzeuger ausgetauscht oder umgestellt (100-%-H2-ready-Geräte) werden muss. Alle gasseitigen Optionen zur Wärmewende sind somit in den kommenden Jahren teurer als Erdgas heute ist.

Der Kostendruck wird steigen

Energiepolitisch gibt es zwei Hebel für einen „freiwilligen“ Rückzug aus der Gas-Heizung: Die vorhandene Förderung von Heizungsanlagen mit erneuerbaren Energien und die CO2-Bepreisung fossiler Brennstoffe.

Konsequenz der Verdrängung von Erdgas bzw. der leitungsgebundenen Gas-Versorgung ist eine sinkende Absatzmenge. Müssen die Kosten für die Gasinfrastruktur auf eine kleinere Gasmenge umgelegt werden, steigt die Umlage auf die Kunden: das Netzentgelt.

Zu erwarten ist zudem, dass künftig Teile der Gasinfrastruktur stillgelegt werden, weil zu viele Kunden abgesprungen sind oder keine Perspektive für den Betrieb ab 2045 besteht. Deshalb sollen noch in diesem Jahr verkürzte Abschreibungen der Gasnetze ab 2025 ermöglicht werden.

Minimaler Gaspreis heute, mögliche Gaspreise morgen

Um mögliche kostenseitige Konsequenzen aufzuzeigen, ist es sinnvoll, den Gaspreis in seine Bestandteile zu zerlegen. Dann kommt man im Bundesmittel zu den folgenden Größen (netto, BDEW-Gaspreisanalyse, Haushaltskunden, Februar 2024):

● 1,97 Ct/kWh für Netzentgelte inkl. Messung und Messstellenbetrieb
● 0,03 Ct/kWh als Konzessionsabgabe
● 0,55 Ct/kWh als Energiesteuer
● 0,82 Ct/kWh für die CO2-Bepreisung (45 Euro/tCO2) und
● 0,19 Ct/kWh für die Gasspeicherumlage (ab Juli 2024: 0,25 Ct/kWh)

Der Kostenbestandteil „Beschaffung, Vertrieb und Marge“ war krisenbedingt in den Jahren 2022 und 2023 deutlich höher als zuvor und war Anfang 2024 für einen künftigen Zeitraum (wohl) nicht repräsentativ. In der „Normalpreisphase“ 2014 bis 2021 lag das arithmetische Mittel der Jahreswerte aus der BDEW-Gaspreisanalyse bei 2,99 Ct/kWh mit einem Minimum von 2,65 Ct/kWh im Jahr 2017, jeweils netto. Für eine kurz- oder mittelfristig längere Phase mit niedrigeren Werten ist kein Spielraum erkennbar. Deshalb wird das Mittel aus beiden Werten von 2,82 Ct/kWh (als minimale Untergrenze) übernommen. Die Ausrichtung am minimalst möglichen Gaspreis basiert auf der Überlegung: „Wenn schon damit die Alternative wirtschaftlicher ist, muss man nur noch die Details für die eigene Heizungswende klären.“

In der Grafik sind alle oben genannten Gaspreisbestandteile inklusive 19 % Mehrwertsteuer außer der Konzessionsabgabe und der Gasspeicherumlage in „Gaspreis Min, 2024“ mit insgesamt 7,33 Ct/kWh berücksichtigt. Viele Gaskunden dürften aktuell deutlich höhere Tarife haben. Die Konzessionsabgabe wurde aufgrund der geringen Bedeutung nicht berücksichtigt, die Gasspeicherumlage würde in einer längeren Phase mit anhaltend geringem Einkaufspreis gegen null tendieren (siehe auch: Kann Erdgas zum Heizen wieder dauerhaft „günstig“ werden?).

Wie sich das Netzentgelt (netzspezifisch) und der CO2-Preis (allgemein) künftig entwickeln, kann hier nicht beantwortet werden. Um trotzdem die Auswirkungen transparenter zu machen, zeigt die Grafik als Erweiterung zu „Gaspreis Min, 2024“ drei Szenarien mit um 33 %, 67 % und 100 % steigenden Netzentgelt (bzw. Anstieg um: 0,774…1,571…2,344 Ct/kWh brutto) jeweils kombiniert mit fünf CO2-Preisen von 55 Euro/t (Festlegung für 2025) sowie exemplarisch für 80, 100, 150 und 200 Euro/t.

Wie stark sich Erdgas für Haushaltskunden bei unterschiedlichen CO2-Preisen und unterschiedlich steigendem Netzentgelt gegenüber dem „minimalen Gaspreis 2024“ verteuern würde.

JV

Wie stark sich Erdgas für Haushaltskunden bei unterschiedlichen CO2-Preisen und unterschiedlich steigendem Netzentgelt gegenüber dem „minimalen Gaspreis 2024“ verteuern würde.

Bewertung

Betrachtet man die Balken mit einem CO2-Preis von 55  Euro/t (netto), fällt dieser Preistreiber kaum ins Gewicht, da der CO2-Preis 2024 bereits bei 45 Euro/t liegt. Die prozentuale Erhöhung des Netzentgelts würde sich deutlich stärker bemerkbar machen. In der „günstigsten“ Konstellation steigt der Gaspreis um 13,5 %, beim verdoppelten Netzentgelt (solche Sprünge sind aber für 2025 nicht zu erwarten) sind es 35 %.

Ein dauerhaft niedriger CO2-Preis bei einem Abschmelzen der verfügbaren Zertifikate ist nicht zu erwarten, bzw. würde schelle und kontinuierliche Schritte bei der Dekarbonisierung von Kraft- und Brennstoffen oder einen entsprechenden Absatzrückgang erfordern. Die sind jedoch erst bei hohen CO2-Preisen oder günstigeren Alternativen zu erwarten. Günstigere Alternativen würden wiederum den Gasabsatz verringern und das Netzentgelt erhöhen.

Der CO2-Preis ergibt sich ab voraussichtlich 2027 nicht mehr über eine nationale Festlegung der Politik, sondern europaweit über das europäische Emissionshandelssystem EU-ETS II für die CO2-Emissionen fossiler Kraft- und Brennstoffe. Mehrere Studien gehen in den Jahren nach dem Start des ETS II von mittleren CO2-Preisen von deutlich über 100 Euro/t aus. Bei 100 Euro/t würde der Gaspreis in Kombination mit dem höheren Netzentgelt um 27 bis 48 % und bei 200 Euro/t um 56 bis 78 % steigen.

Wechsel zur Wärmepumpe wird deutlich attraktiver

Aus der Gaspreisentwicklung wird bereits bei den unteren Werten der fiktiven Annahmen ersichtlich, dass sich zunehmend Kunden nach Einsparmöglichkeiten oder Alternativen umschauen werden. Die wichtigste Alternative dürften elektrisch angetriebene Wärmepumpen sein. Hier ermöglicht das Strom-/Gaspreisverhältnis (SGV) eine erste Einordnung: Ein SGV unter 2,5 gilt als gute Voraussetzung zur Refinanzierung der Mehrkosten für eine Wärmepumpen-Installation.

Die Übertragung der Gaspreise auf das SGV bei einem effektiven Arbeitspreis von 20, 22 und 24 Ct/kWh zeigt die angekoppelte Grafik. Dabei ist zu beachten, dass der effektive Arbeitspreis für Erdgas bei Neukundenverträgen zurzeit regional bereits um etwa 0,5 bis 1,3 Ct/kWh höher als „Gas Min, 2024“ liegt. Ersichtlich ist, dass sich das SGV auch mit den optimistischen Grundannahmen für den Gaspreis sehr schnell verringert und schon kurzfristig deutlich unter 2,5 fallen kann. ■
Quellen: BDEW, Destatis, eigene Berechnungen / jv

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